VwGH vom 08.06.2011, 2009/06/0049
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des Dr. FS in M, vertreten durch Dr. Josef Broinger, Mag. Markus Miedl und Mag. Klaus Ferdinand Lughofer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Khevenhüllerstraße 12, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 205-07/103/18-2009, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: T GmbH Co KG in Z, vertreten durch Mag. Andreas Köttl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Platzl 5), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem am eingebrachten Baugesuch beantragte die mitbeteiligte Partei (Bauwerberin) bei der Bezirkshauptmannschaft Z (BH) die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für Zu- und Umbauten an einem bestehenden Hotel (zugleich wurde mit gesondertem Gesuch die Erteilung der entsprechenden gewerberechtlichen Genehmigung beantragt). Vorgesehen ist insbesondere, im Erdgeschoß fünf Zimmer nach Osten um 2,60 m zu vergrößern. Davor werden 2,50 m breite Terrassen zu jedem Zimmer zugeordnet errichtet. Im zweiten Obergeschoß ist beabsichtigt, Richtung Westen zwei Zimmer durch jeweils einen Erker und einen Balkon zu vergrößern. Der Erker springt 1,5 m vor die derzeitige Hausfassade vor, der Balkon insgesamt um etwa 2,0 m. Auf dem vorspringenden Erker des zweiten Obergeschoßes soll in Richtung Westen ein Balkon errichtet werden. Schließlich sollen noch drei kleine Zimmer im Dachgeschoß zu zwei größeren Einheiten zusammengelegt werden. Die bestehende Dachgaupe wird abgetragen und stattdessen seitlich versetzt eine neue Gaupe auf einer Breite von 4,0 m errichtet.
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer zweier aneinander grenzender Grundstücke, die im Norden an das zu bebauende Areal angrenzen.
Die BH beraumte mit Erledigung vom eine Bauverhandlung (mit gesonderter Erledigung auch die gewerberechtliche Verhandlung) für den an. Diese Erledigung enthält den Hinweis, dass nur Einwendungen gegen das Vorhaben berücksichtigt werden, die der Behörde spätestens am Tag vor der Verhandlung bekanntgegeben oder während der Verhandlung vorgebracht werden. Sonst werde angenommen, dass der Betreffende dem Vorhaben zustimme.
Diese Erledigung konnte dem Beschwerdeführer nicht zugestellt werden (Postfehlbericht mit dem Hinweis "Verzogen"). Eine Ladung an andere aktenkundige Anschriften erfolgte nicht, die Verhandlung wurde ohne ihn durchgeführt.
In den Akten ist vermerkt, dass am für den Beschwerdeführer näher bezeichnete Kopien angefertigt wurden.
Der Beschwerdeführer brachte in einem Schriftsatz vom vor, er habe der Baubehörde noch am mitgeteilt, dass er sich in M aufhalte und Zustellungen dort vorgenommen werden sollten. Er habe die Ladung zur Bauverhandlung nie erhalten. Er beantrage daher die Wiederholung der Bauverhandlung. Darüber hinaus erhob er Einwendungen gegen das Vorhaben. Soweit im Beschwerdeverfahren noch erheblich, brachte er vor, der geplante Verandavorbau Richtung Osten sei zu nahe an der Grenze. Der gesetzliche Mindestabstand von drei Vierteln der Dachtraufenhöhe werde unterschritten. Der im zweiten Obergeschoß in Richtung Westen beabsichtigte Erker sei mit seiner Nordwand zu nahe an der Grundgrenze. In der Nordansicht des Einreichplanes sei der Erker nicht eingetragen.
Die geplante Dachgaupe (Richtung Norden), faktisch ein zusätzliches Stockwerk, verletze "den gesetzlichen Abstand" zu seinem Grundstück und "die gesetzliche Höhe". Bekannt sei auch, dass die bislang bestehende Gaupe niemals baurechtlich genehmigt worden sei. Der Einreichplan weise zu Unrecht Bauteile als Bestand aus, insbesondere Fenster, Gaupe und Balkone, obwohl für diese die behördlichen Genehmigungen fehlten.
Der Beschwerdeführer erstattete in der Folge mit Schriftsatz vom ein näheres, ergänzendes Vorbringen.
Die BH erteilte mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom die angestrebte Baubewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen. In der Begründung des Bescheides heißt es nach Darstellung der verschiedenen Stellungnahmen zu den Einwendungen des Beschwerdeführers:
Zum Einwand, der geplante Veranda-Vorbau verletze den gesetzlichen Mindestabstand, sei festzustellen, dass in der Verhandlungsschrift vom auf eine beigelegte Stellungnahme (Urgeländeverlauf) gemäß einem früheren Bescheid vom verwiesen worden sei. Weiters sei dieser Urgeländeverlauf in der Ostansicht eingetragen. Aufgrund dieses Verlaufes, der den Bauplatzerklärungen der Stadtgemeinde Z zu entnehmen sei, ergebe sich, dass ebendort der Mindestabstand nicht unterschritten sei (Hinweis auf § 25 Abs. 3 des Bebauungsgrundlagengesetzes - BGG, dass der Mindestabstand jedenfalls 4 m zu betragen habe und an der jeweiligen Front vom gewachsenen Gelände aus zu berechnen sei).
Zum Einwand, dass der im zweiten Obergeschoß beabsichtigte Erker mit seiner Nordwand zu nahe an der Grundgrenze sei, sei darauf zu verweisen, dass gemäß § 8 Abs. 1 des Bautechnikgesetzes (BauTG) u.a. Erker um höchstens 1,50 m in den Mindestabstand von den Grenzen des Bauplatzes vortreten dürften, wobei ein Mindestabstand von 3 m zu wahren sei. Dies sei im konkreten Fall gewährleistet, weshalb keine Unterschreitung des erforderlichen Mindestabstandes gegeben sei.
Zum Einwand hinsichtlich der geplanten Dachgaupe sei festzuhalten, dass sich auf Grund der Verschiebung und Vergrößerung der Fenster kein neuer wesentlicher Nachteil des Nachbarn im Sinne des § 25 Abs. 8 BGG ergebe und einer allfälligen Unterschreitung (des Mindestabstandes) zugestimmt werden könne.
Nach Wiedergabe des § 25 Abs. 8 BGG heißt es weiter, ein Bebauungsplan der Aufbaustufe, der der Abstandsunterschreitung entgegenstünde, bestehe nicht. Weiters sei durch die konkrete Situierung der Gaupe gewährleistet, dass Einwirkungen auf das Grundstück des Beschwerdeführers, insbesondere durch eine Beeinträchtigung einer "Tageslichtimmission", nicht gegeben seien, sei doch der Abstand unter Zugrundelegung eines Winkels von 45 Grad vom First in Richtung der Liegenschaft des Beschwerdeführers derart, dass eine exorbitante Einschränkung des Tageslichtes ausgeschlossen werden könne. Angesichts dieser "Nichtbeeinträchtigung des Nachbarn" sei der Vorteil für die Bauwerberin größer als der Nachteil für die benachbarten Grundstücke, Bauten und Anlagen.
(Die BH erteilte mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag die entsprechende gewerberechtliche Genehmigung).
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er seinen bisherigen Standpunkt wiederholte und abermals darauf verwies, dass der Abstand des Hotelgebäudes zur gemeinsamen Grundgrenze (teilweise) nur 2 m betrage, die bestehende Gaupe konsenslos sei und sich die geplante Gaupe im Bereich des Mindestabstandes befinde, daher nicht genehmigungsfähig sei.
Die belangte Behörde holte eine gutachterliche Stellungnahme eines hochbautechnischen Amtssachverständigen zu verschiedenen Fragen ein. In dieser Stellungnahme vom führte der Amtssachverständige aus:
"Gutachterliche Stellungnahme des hochbautechnischen Amtssachverständigen zu den Fragen 1. bis 5.
Frage 1: Befindet sich der geplante Verandavorbau nach Osten hin innerhalb des gesetzlichen Mindestabstandes?
In der Einreichplanung des Architekten (…) vom Februar 2008, ist in der Ostansicht das Urgelände dargestellt. Gemäß § 25, Abs. 3, bezieht sich der Mindestabstand auf das gewachsene Gelände. Die Veranda hat gemäß der Planung einen Abstand von 4 m und es überragt die Veranda gemäß der Planung den Schnittpunkt mit dem Urgelände um 1,72 m. Dadurch entsteht keine Unterschreitung des Mindestabstandes und es ist somit der erforderliche Abstand gemäß der Einreichplanung eingehalten worden.
Frage 2: Verändert der geplante Erker an der Westfront das Erscheinungsbild der Nordfassade maßgeblich?
Die Westfront ist gemäß dem Lageplan jene, die entlang der Straße GN 458 liegt. Hier wird ein Teil der bestehenden Fassade mit den Fenstern heraus genommen und es werden kleine Erweiterungen in Form von zwei Erkern und dazwischen liegenden Balkonen errichtet. Aus der Sicht der Architektur wird das bisherige Erscheinungsbild der Fassade des Hotels im Westen beibehalten. Die traditionelle Dachform mit den für das traditionelle alpine Bauen typischen Zonierungen der Geschoße, die Anzahl und Situierung der Fenster und die Verwendung der Materialien erfolgt unter Weiterentwicklung der vorhandenen Architektur. Der massige Baukörper des Hotels überschreitet bereits im Bestand jene Grenzen, welche alpine Häuser historisch gesehen als Vorbild erreichten. Das Hotel weist bereits jetzt eine Vielzahl von architektonischen Elementen auf, sodass die weitere Anbringung von Balkonen oder Erkern keine maßgebliche Veränderung weder in der Westfront noch in der Nordfassade darstellt. Der Erker tritt in der Nordfassade als vortretender Bauteil in Erscheinung. Der Erker ist nur 1 Geschoß hoch und ist deutlich vom Untergrund und vom bestehenden Dach abgesetzt. Im Sinne des § 8 BauTG darf sich so ein Erker der Bauplatzgrenze bis auf 3 m nähern.
Fragen 3 und 4: Bezüglich der an der Nordseite befindlichen Gaupe wird gefragt, ob in Folge der Größe der Gaupe ('44 Prozent') von einer neuen für die Bemessung des Mindestabstandes maßgeblichen Traufenhöhe auszugehen ist:
In der Einreichplanung des Architekten (…) ist in gelb der Abbruch einer bestehenden Gaupe auf dem höheren Dach der Nordansicht dargestellt. Daneben soll eine neue, etwas größere Dachgaupe errichtet werden. Die Gesamtlänge der Fassade entlang der nördlichen Bauplatzgrenze beträgt unter Berücksichtigung aller Bauteile, die auch in der Nordansicht dargestellt sind, mindestens 25 m. Die Länge der dargestellten Dachgaupe ist im Grundriss des Dachgeschoßes mit ca. 3,5 m dargestellt. Aus diesem Verhältnis zeigt sich, dass die Gaupe bei weitem nicht jene 44 % aus der Fragestellung erreicht. Je nach Berechnung werden durch die Gaupe ca. 14 % der Gesamtlänge in Anspruch genommen. Die Fassade befindet sich gemäß dem Lageplan im Bestand bereits auf einer Länge von ca. 18 m im Mindestabstand zur Bauplatzgrenze im Norden. Hier besteht durch das Hotel bereits eine konsensgemäße Traufe. Die Nutzung des Hotels bleibt unverändert und es ist die neue Dachgaupe so konzipiert, dass sie hinter der 45 Grad -Linie des § 33 Abs. 3 ROG zu liegen kommt. Diese Planungsabsicht ist in der Westansicht genau dargestellt. Die gesetzliche Bestimmung lautet, dass Dächer und sonstige höchstens 1-geschoßige Aufbauten unbeschadet ihrer Konstruktion und Gestaltung unter Beachtung des zulässigen höchsten Punktes des Baues eine von der zulässigen höchsten Lage des obersten Gesimses oder der obersten Dachtraufe ausgehende, 45 Grad zur Waagrechten geneigte gedachte Umrissfläche nicht überragen dürfen. Es ist demnach die Einreichplanung so konzipiert, dass die Bauhöhe bzw. die Traufenhöhe des Bestandes durch die neue Dachgaupe nicht überragt wird. Die rote Linie, welche die 45 Grad -Linie überragt, ist augenscheinlich eine Markierung des Architekten, die die neue Gaupe gegenüber dem Bestand hervorheben soll. Diese Analogie findet sich in allen Fassaden, in denen alle neu geplanten Bauteile mit roter Farbe umfahren werden. Es ist somit aus fachlicher Sicht davon auszugehen, dass die bestehende Traufenhöhe durch die Planung nicht verändert wird.
Zu Frage 5: Führt die beantragte Vergrößerung der Gaupe zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Nachbarn im Sinne des § 25 Abs. 8 lit. c) BGG?
Die bestehende Fassade befindet sich bereits auf einer Länge von rund 18 m im Mindestabstand zur nördlichen Bauplatzgrenze. Damit verbunden sind deutliche Beeinträchtigungen der nördlichen Liegenschaft. Das hohe Hotel steht im Süden vor dem Gartenbereich des benachbarten Grundstückes. Es ist damit zu rechnen und höchstwahrscheinlich auch in der Natur zu beobachten, dass je nach Jahreszeit der mächtige Baukörper des Hotels einen erheblichen Schatten konsensgemäß auf das Nachbargrundstück wirft. Berechnet man die Fassadenflächen ohne Dach, so hat der Bestand eine Fläche von ca. 148 m2, welche sich entlang der nördlichen Bauplatzgrenze befinden. Die neue Gaupe hat eine Ansichtsfläche von 4 m2. Würde man davon ausgehen, dass die Schattenwirkung nicht nur unter 45 Grad Sonnenstandswinkel erfolgt, so würde die Schattenwirkung dieser Fläche nach Abbruch der Gaupe und nach Errichtung der neuen Gaupe im Verhältnis zu den Fassadenflächen eine Vergrößerung der Fassadenfläche um 2,7 % bewirken. Dies würde jedoch nur dann Auswirkungen haben, wenn im Winter der Sonnenstandswinkel zwischen 45 Grad geneigter Linie im Verhältnis zur Traufe und der Dachneigung zu liegen kommt. Senkt sich die Sonne weiter zum Horizont, so wird der First des Hotels wiederum zur Schatten bildenden Kante für das Nachbargrundstück. Aus dieser Auflistung geht hervor, dass hinsichtlich der Belichtung und Besonnung aus fachlicher Sicht keine zusätzlichen erheblichen Beeinträchtigungen im Vergleich zur bestehenden Situation für den Nachbarn durch den Abbruch der bestehenden Gaupe und den Neubau der Dachgaupe verbunden ist."
Der Beschwerdeführer äußerte sich ablehnend und führte u.a. aus, die Anwendung des § 25 Abs. 8 BGG setze voraus, dass sämtliche in dieser Bestimmung unter lit. a bis d genannten Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Die Voraussetzung der lit. a der genannten Bestimmung liege jedenfalls nicht vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Nach Darstellung des Verfahrensganges heißt es zur Begründung, soweit der Beschwerdeführer vorbringe, er sei nicht ordnungsgemäß zur Verhandlung geladen worden, sei aus den Akten der BH nicht ersichtlich, dass er eine andere Zustelladresse angegeben hätte. Er habe in seiner Berufung vielmehr selbst vorgetragen, dass er den Amtsleiter in einem anderen Zusammenhang an seine Adresse in M erinnert habe. Er habe im Rahmen des Ermittlungsverfahrens mehrfach die Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt und zu einem Vorbringen, sei also keinesfalls präkludiert gewesen. Er habe keinen Anspruch auf Wiederholung einer Verhandlung, weshalb kein Verfahrensmangel gegeben sei.
Die gegenständliche Gaupe sei mit Bescheid der belangten Behörde vom bewilligt worden und sei somit nicht konsenslos. Im Hinblick auf das dazu erstattete Gutachten des Sachverständigen im Berufungsverfahren (dieses wird inhaltlich wiedergegeben) sei davon auszugehen, dass mit dem Abbruch der bestehenden Gaupe und der Errichtung der projektierten Gaupe hinsichtlich der Belichtung und Besonnung der Grundstücke des Beschwerdeführers keine zusätzliche erhebliche Beeinträchtigung im Vergleich zur bestehenden Situation verbunden sei.
Der Beschwerdeführer bringe vor, dass die Veranda im Westen näher als 3 m zu seiner Grundgrenze situiert sei. Laut dem Gutachten vom habe die Veranda gemäß den Planungen einen Abstand von 4 m zur Grenze und überrage den Schnittpunkt mit dem Urgelände um 1,72 m. Dadurch entstehe keine Unterschreitung des Mindestabstandes.
Gemäß dem Gutachten vom sei auch der Einwand hinsichtlich des Erkers unzutreffend.
Dem schlüssigen Gutachten vom sei der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Sein Vorbringen in seiner Stellungnahme zum Gutachten sei daher nicht geeignet, die im Gutachten geäußerte Sicht des Sachverständigen zu entkräften.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Einhaltung der Nachbarabstände verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Bauwerberin, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 25 Abs. 3 und 8 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes, LGBl. Nr. 69/1968 (BGG), lautet in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 65/2004 (Abs. 4 ist im Beschwerdefall nicht relevant):
"(3) Für den Abstand der Bauten von der Grundgrenze gegen die Verkehrsfläche gilt die Baufluchtlinie oder die Baulinie. Im übrigen müssen die Bauten im Bauplatz so gelegen sein, daß ihre Fronten von den Grenzen des Bauplatzes jeweils einen Mindestabstand im Ausmaß von Dreiviertel ihrer Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe, jedenfalls aber von 4 m, haben. Grenzt der Bauplatz an Flächen an, die ihrer Bodenbeschaffenheit nach nicht bebaubar sind (Gewässer, Böschungen u. dgl.), vermindert sich dieser Abstand um die Hälfte der Breite dieser Flächen, nicht jedoch unter 4 m. Die Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe ist an der jeweiligen Front vom gewachsenen Gelände aus zu berechnen. Nicht als oberste Dachtraufe gelten hiebei Traufen von bloß geringfügiger Länge, die keinen negativen Einfluß auf die sonst gegebenen Besonnungs- und Belichtungsverhältnisse ausüben (Traufen von Krüppel- oder Schopfwalmen).
…
"(8) Die für die Baubewilligung zuständige Behörde kann auf Antrag die Unterschreitung der in den Abs. 3 und 4 festgesetzten Abstände durch Bescheid ausnahmsweise zulassen, wenn
a) die Einhaltung nach der besonderen Lage des Einzelfalles für den Ausnahmewerber eine unbillige Härte darstellt, wie etwa, wenn bestehende Bauten nicht in einer zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung ihrer Funktion dringend erforderlichen Weise geändert werden könnten oder die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundfläche ausgeschlossen oder wesentlich beeinträchtigt wäre;
b) benachbarte Grundstücke oder Bauten und Anlagen nicht erheblich beeinträchtigt werden, insbesondere nicht ihre Bebaubarkeit bzw. das gewährleistete und erforderliche Tageslicht verlieren oder in diesen Belangen wesentlich beeinträchtigt werden;
c) insgesamt der Vorteil des Ausnahmewerbers größer ist als der Nachteil für die benachbarten Grundstücke, Bauten und Anlagen und
d) die Lage des Baues sich nicht aus einem Bebauungsplan ergibt.
Die Voraussetzung der lit a gilt nicht für zu Wohnbauten gehörige und dem Bedarf der Bewohner dienende eingeschoßige Nebenanlagen, ebenso nicht die Voraussetzung der lit d, soweit es sich nicht um Festlegungen gemäß § 29 Abs 2 Z 12 und 16 ROG 1998 handelt. Die Ausnahme kann mit der Baubewilligung verbunden werden. Parteien sind die Parteien des Baubewilligungsverfahrens. Bei der Festlegung der Lage der Bauten in einem Bebauungsplan kann in sinngemäßer Anwendung der vorstehenden Voraussetzungen eine Unterschreitung der Abstände gemäß Abs. 4 festgelegt werden."
§ 8 des Salzburger Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 75/1976 (BauTG), in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 90/2008, lautet auszugsweise:
"Vortreten von Bauteilen
§ 8
(1) Folgende Bauteile dürfen über die Baulinie oder Baufluchtlinie sowie in den Mindestabstand von den Grenzen des Bauplatzes vortreten:
…
b) Balkone, Erker u. dgl. höchstens 1,50 m, dies jedoch nur in einer solchen Anzahl und in einem solchen Ausmaß, daß sie nicht selbst den Eindruck einer Front des Baues erwecken, in Verkehrsflächen überdies nur dann, wenn diese mehr als 12 m breit sind;
c) …
…
Ein Vortreten solcher Bauteile in den Mindestabstand von den Grenzen des Bauplatzes ist jedoch nur insoweit zulässig, als ein Mindestabstand von 3 m gewahrt erscheint."
Die belangte Behörde bezog sich auf § 33 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1998, LGBl. Nr. 44/1998 (ROG), in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 108/2007. Dessen Abs. 3 und 4 lauten:
"(3) Dächer und sonstige, höchstens eingeschoßige Aufbauten unbeschadet ihrer Konstruktion und Gestaltung dürfen unter Beachtung des zulässigen höchsten Punktes des Baues eine von der zulässigen höchsten Lage des obersten Gesimses oder der obersten Dachtraufe ausgehende, 45 Grad zur Waagrechten geneigte gedachte Umrissfläche nicht überragen.
Dies gilt nicht für den der Dachform entsprechenden Giebelbereich. Bei einer Höhenfestsetzung durch die Anzahl der Geschoße ist für die 45 Grad zur Waagrechten geneigte gedachte Umrissfläche von einem 1,60 m über der Deckenoberkante des letzten Geschoßes liegenden Schnittpunkt der Außenwand mit der gedachten Umrissfläche auszugehen.
(4) Unter die Höhenbegrenzung fallen nicht:
1. im Gesamtbild des Baues untergeordnete Bauteile (Rauchfänge, einzelne Dachausbauten udgl);
2. Sonderbauten (Kirchtürme, Funk- und Fernsehtürme, Industrieschornsteine udgl); (…)"
Der Beschwerdeführer rügt, dass er dem erstinstanzlichen Verfahren (zunächst) nicht beigezogen und die Bauverhandlung ohne ihn durchgeführt worden sei, auch in der Folge sei keine Bauverhandlung unter seiner Beiziehung durchgeführt worden. Zwar habe eine übergangene Partei nicht grundsätzlich das Recht auf Wiederholung der mündlichen Verhandlung, doch könne das dort nicht gelten, wo der Gesetzgeber, wie im Baurecht, im Ermittlungsverfahren zwingend eine mündliche Verhandlung vorschreibe. Wenn schon die Bauverhandlung nicht wiederholt werde, so hätte zumindest der Amtssachverständige an Ort und Stelle und unter seiner Beiziehung über die gegebenen Sachverhalte Befund aufnehmen müssen.
Dem ist zu entgegnen, dass die Behörde erster Instanz die Parteistellung des Beschwerdeführers nicht "ignoriert" hat (wie er vorbringt), richtig ist allerdings, dass er nicht wirksam zur Bauverhandlung geladen wurde. Eine Präklusion (Verlust der Parteistellung) im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG konnte schon deshalb nicht eintreten, weil die Rechtsbelehrung in der Erledigung/Kundmachung, mit der die Bauverhandlung anberaumt wurde, nicht auf die Rechtsfolgen des § 42 Abs. 1 AVG in der geltenden Fassung, sondern in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 verwies (siehe dazu beispielsweise die in Hengstschläger/Leeb , AVG, in Rz 20 zu § 42 AVG angeführte hg. Judikatur). Der Beschwerdeführer hatte daher die Gelegenheit, im weiteren Verfahren alle seine Einwände vorzutragen. Die zwingende Durchführung einer Bauverhandlung ist im Übrigen nach der maßgeblichen Rechtslage nicht vorgesehen. Weshalb die Feststellung des (ursprünglichen, früheren) Urgeländes im Bereich der Veranda nur durch eine Verhandlung an Ort und Stelle geklärt werden könne, wie der Beschwerdeführer vorträgt, ist nicht nachvollziehbar.
Dass das Gutachten des Amtssachverständigen vom auch Rechtsüberlegungen enthält und die belangte Behörde diese übernommen hat, begründet für sich allein keinen wesentlichen Verfahrensmangel.
Die projektierte Gaupe soll im Bereich oberhalb der nördlichen Front errichtet werden (diese Front ist zu den Grundstücken des Beschwerdeführers gerichtet). Diese Front ist im Mindestabstandsbereich situiert, wobei der Abstand teilweise bloß 2 m beträgt. Zutreffend wurde erkannt, dass im Beschwerdefall für die Errichtung dieser Gaupe eine Abstandsnachsicht im Sinne des § 25 Abs. 8 BGG erforderlich ist (was im Übrigen auch unstrittig ist). Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 8 BGG müssen kumulativ vorliegen (siehe dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0071, mwN). Der angefochtene Bescheid lässt diese erforderliche gesamthafte Betrachtung vermissen, insbesondere hat sich die belangte Behörde (ebensowenig wie die Behörde erster Instanz im erstinstanzlichen Bescheid) mit den Voraussetzungen des § 25 Abs. 8 lit. a BGG befasst und nicht dargelegt, weshalb - auch ausgehend von ihrer Auffassung, die frühere, kleinere Gaupe sei baurechtlich konsentiert - die Errichtung einer größeren Gaupe an anderer Stelle den Voraussetzungen dieser lit. a leg. cit. entspräche. Schon dadurch belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Der Beschwerdeführer bestreitet allerdings auch die Annahme der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, die bestehende Gaupe sei mit dem Bescheid vom bewilligt worden.
Dem halten die belangte Behörde und die mitbeteiligte Bauwerberin in ihren Gegenschriften (im Wesentlichen übereinstimmend) entgegen, diese Gaupe sei in einem näher bezeichneten Plan vom eingezeichnet, der Grundlage des Bescheides vom gewesen sei.
Dazu ist festzuhalten, dass die Gaupe in diesem Plan (Nordansicht) als Bestand ausgewiesen ist. Es wurde damit nicht dargetan, dass die bestehende Gaupe auch baurechtlich konsentiert wurde. Zwar soll die bestehende Gaupe abgebrochen und durch die neue größere Gaupe an anderer Stelle ersetzt werden, die Frage, ob die bestehende Gaupe konsentiert ist oder nicht, kann aber (wie dies auch im Gutachten vom zum Ausdruck kommt) für die Beurteilung der Frage relevant sein, ob und inwieweit sich durch das Vorhaben für die Grundstücke der Beschwerdeführer eine größere Beeinträchtigung (§ 25 Abs. 8 lit. b BGG) ergibt als nach dem bisherigen - rechtmäßigen - Zustand.
An der Westseite des Gebäudes geht es dem Beschwerdeführer um den nördlichen Erker. Es handelt sich dabei nach den Bauplänen um einen Bauteil im Sinne des § 8 Abs. 1 BauTG, der um höchstens 1,5 m im Sinne dieser Bestimmung vortreten kann, aber nur insoweit, als ein Mindestabstand von 3 m gewahrt ist. Da das Gesetz nicht unterscheidet, gilt dieser Mindestabstand nicht nur gegenüber der westlichen Grundgrenze, sondern auch gegenüber der (seitlichen) nördlichen Grundgrenze (zu den Grundstücken des Beschwerdeführers). Die Behörden des Verwaltungsverfahrens sind zwar davon ausgegangen, dass dieser Mindestabstand von 3 m gewahrt ist, ohne das aber näher zu begründen; anhand der zugrunde liegenden Baupläne lässt sich dies nicht überprüfen, weil der Abstand zwischen dem Erker und der nördlichen Grundgrenze nicht kotiert ist. Der Lageplan im Maßstab 1:500 ist im Hinblick auf die geringe Größe der Darstellung nicht ausreichend, um die Einhaltung des erforderlichen Abstandes verlässlich überprüfen zu können. Damit liegt insofern ein wesentlicher Verfahrensmangel vor.
Die projektierte, sogenannte Veranda hält an ihrer nördlichen Seite einen Abstand zur gemeinsamen Grundgrenze von 4 m ein. Dieser wurde von der belangten Behörde auf Grundlage des Gutachtens vom , ausgehend von einem Niveau über dem Urgelände von 1,72 m, als ausreichend erachtet. Der Beschwerdeführer zieht zwar dieses Maß von 1,72 m in Zweifel (und meint, wie bereits dargestellt, nur bei einem Ortsaugenschein unter seiner Beiziehung hätte geklärt werden können, ob diese Annahme - Verlauf des früheren Geländes - zutrifft), führt aber nicht näher aus, welches Maß nach seiner Auffassung richtig sein soll. Angesichts der Abstandsregel des § 25 Abs. 3 BGG (erforderlicher Abstand von drei Vierteln der Traufenhöhe, mindestens 4 m) müsste das Urgelände nicht nur etwas, sondern viel tiefer liegen als angenommen, was der Beschwerdeführer aber nicht aufzeigt und wofür sich auch keine Anhaltspunkte ergeben. Die Beurteilung der belangten Behörde, dass hinsichtlich dieser Veranda der erforderliche Abstand zur gemeinsamen Grundgrenze gewahrt ist, ist daher unbedenklich.
Nach dem zuvor zur Gaupe und zum Erker Gesagten war der angefochtene Bescheid aber gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am