VwGH vom 14.07.2021, Ra 2021/05/0037
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der Oberösterreichischen Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zl. LVwG-152624/16/JP, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Marktgemeinde A, vertreten durch Mag. Dr. Gerald Priller, Rechtsanwalt in 5142 Eggelsberg, Salzburger Straße 6; mitbeteiligte Partei: M R in A, vertreten durch Dr. Daniel Lassingleithner, LL.M., Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Eberhard-Fugger-Straße 3), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang der Anfechtung (sohin hinsichtlich des Spruchpunktes I., mit dem der Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen die Untersagung der Benützung der „Hütte zu Wohnzwecken“ Folge gegeben und der angefochtene Bescheid insoweit aufgehoben wurde) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Mitbeteiligten unter Spruchpunkt I. die Benützung der auf einem näher bezeichneten Grundstück in der KG M. errichteten baulichen Anlage „Hütte zu Wohnzwecken“ gemäß § 44 Abs. 2 Z 1 iVm § 42 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) untersagt und ihr unter Spruchpunkt II. gemäß § 49 Oö. BauO 1994 die Beseitigung dieser konsenslos errichteten baulichen Anlage aufgetragen.
2Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der dagegen erhobenen Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. (Untersagung der Benützung) stattgegeben und der angefochtene Bescheid insoweit aufgehoben. Hinsichtlich Spruchpunkt II. wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen diese Entscheidung eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
3Begründend ging das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges davon aus, dass sich auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück neben dem Hauptgebäude eine Hütte befinde, für die eine Baubewilligung vom bestehe. Im Jahr 2016 sei diese Hütte umgebaut und dabei nahezu vollständig abgebrochen worden. Aus bautechnischer Sicht liege nunmehr ein Neubau vor. In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht - soweit für die vorliegende Revisionsentscheidung von Interesse - im Wesentlichen aus, die von der belangten Behörde herangezogene Bestimmung des § 44 Oö. BauO 1994 beziehe sich - auf Grund ihrer systematischen Stellung im 2. Abschnitt des IV. Hauptstückes - auf bewilligungspflichtige Bauvorhaben mit rechtskräftigem Baubewilligungsbescheid. Im gegenständlichen Fall handle es sich um einen Neubau einer Hütte, für den niemals eine Baubewilligung erteilt worden sei. Daher habe die Mitbeteiligte auch keine Fertigstellungsanzeige gemäß § 42 Oö. BauO 1994 einbringen können, weil sich eine solche nur auf eine erteilte Baubewilligung beziehen könne. § 44 Oö. BauO 1994 könne demnach nicht zur Anwendung gelangen, weil die Fertigstellung der gegenständlichen baulichen Anlage mangels Baukonsens nicht gemäß § 42 oder § 43 Oö. BauO 1994 anzuzeigen gewesen sei. Die Anzeige der Fertigstellung einer konsenslosen baulichen Anlage sehe die Oö. BauO 1994 nicht vor. Eine auf § 44 Abs. 2 Oö. BauO 1994 gestützte Benützungsuntersagung komme daher im gegenständlichen Fall nicht in Betracht. Eine Benützungsuntersagung könne auch nicht auf § 50 Oö. BauO 1994 oder § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 gestützt werden (wird näher ausgeführt). Vielmehr sei in einem Fall wie dem vorliegenden mit einem Beseitigungsauftrag gemäß § 49 Oö. BauO 1994 (Hinweis auf ) sowie allenfalls mit einem Verwaltungsstrafverfahren vorzugehen. Eine Rechtsgrundlage für eine Benützungsuntersagung liege nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes jedoch nicht vor.
4Gegen Spruchpunkt I. dieses Erkenntnisses (Untersagung der Benützung) richtet sich die vorliegende, auf Art. 133 Abs. 8 B-VG in Verbindung mit § 14 Oö. LVwGG gestützte, außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis im Umfang des Spruchpunktes I. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
5Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie anregte, dem Antrag der Revisionswerberin Folge zu leisten.
6Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
7Die Revision ist zulässig und begründet.
8Der vorliegende Revisionsfall gleicht in entscheidungswesentlicher Hinsicht jenem, der dem jüngst ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2019/05/0327, zugrunde liegt. Im Hinblick darauf wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Dieser Entscheidung zu Folge haben in dem Fall, dass eine bauliche Anlage, deren Fertigstellung nach § 42 oder § 43 Oö. BauO 1994 anzuzeigen ist, ohne Baubewilligung errichtet wurde, Aufträge gemäß § 44 Abs. 2 Z 1 und § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 zu ergehen.
9Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang der Anfechtung gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050037.L00 |
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