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VwGH vom 28.10.2009, 2007/01/0210

VwGH vom 28.10.2009, 2007/01/0210

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2007/01/0212

2007/01/0211

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerden der

1. E M, geboren 2006, 2. A M, geboren 2001, 3. E M, geboren 2004, alle in M, alle vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates vom 1.) , Zl. 307.462-C1/E1-I/02/06,


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2.)
, Zl. 245.812/1-I/02/06,
3.)
, Zl. 256.448/1-I/02/06, betreffend §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1, 10 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz 2005 (ad 1.), §§ 10, 11 Asylgesetz 1997 (ad 2.) und §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (ad 3.) (weitere Partei: Bundesminister für Inneres)
I. zu Recht erkannt:

Spruch

Der erst- und der drittangefochtene Bescheid werden insoweit, als damit die Ausweisung der Erstbeschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet "nach Serbien in die Provinz Kosovo" ausgesprochen (ad 1.) bzw. die durch den erstinstanzlichen Bescheid erfolgte Ausweisung der Drittbeschwerdeführerin "aus dem österreichischen Bundesgebiet" bestätigt wurde (ad 3.), jeweils wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Erst- und Drittbeschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.106,40, sohin insgesamt EUR 2.212,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerden abgelehnt.

Ein Aufwandersatz im Verfahren Zl. 2007/01/0211 findet nicht statt.

Begründung

1. Die Beschwerdeführerinnen sind (ausgehend von den angefochtenen Bescheiden) Staatsangehörige von Serbien und stammen aus dem Kosovo. Sie sind die minderjährigen ehelichen Kinder des S.M. (Vater) und der G.M. (Mutter).

2. Der Vater der Beschwerdeführerinnen reiste am in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Die Mutter der Beschwerdeführerinnen reiste am gemeinsam mit der Zweitbeschwerdeführerin in das Bundesgebiet ein und stellte für sich und die Zweitbeschwerdeführerin einen Asylerstreckungsantrag. Die Erstbeschwerdeführerin wurde am in Österreich geboren und brachte am , vertreten durch ihren Vater, einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Die Drittbeschwerdeführerin wurde am in Österreich geboren und brachte am , vertreten durch ihren Vater, einen Asylantrag ein.

3. Der Asylantrag des Vaters der Beschwerdeführerinnen wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen, am schriftlich ausgefertigten, Bescheid der belangten Behörde gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung "nach Serbien in die Provinz Kosovo" gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt. Weiters wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen, am schriftlich ausgefertigten, Bescheid der belangten Behörde der Asylerstreckungsantrag der Mutter der Beschwerdeführerinnen gemäß §§ 10 und 11 AsylG abgewiesen. Die Behandlung der dagegen eingebrachten Beschwerden wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Zlen. 2006/01/0957 und 0958, abgelehnt.

4. Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz im Instanzenzug gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) abgewiesen, ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung "nach Serbien in die Provinz Kosovo" gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 für zulässig erklärt und sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 "aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien in die Provinz Kosovo" ausgewiesen. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde der Asylerstreckungsantrag der Zweitbeschwerdeführerin im Instanzenzug gemäß §§ 10, 11 AsylG abgewiesen. Mit dem drittangefochtenen Bescheid wurde der Asylantrag der Drittbeschwerdeführerin im Instanzenzug gemäß § 7 AsylG abgewiesen, ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung "nach Serbien, Provinz Kosovo" für zulässig erklärt und ihre durch den erstinstanzlichen Bescheid erfolgte Ausweisung "aus dem österreichischen Bundesgebiet" bestätigt.

5. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu I.:

Bei der im erst- und im drittangefochtenen Bescheid jeweils verfügten Ausweisung hat die belangte Behörde verkannt, dass in Fällen wie den vorliegenden (ausgewiesen werden nur die minderjährigen Erst- und Drittbeschwerdeführerinnen, nicht jedoch deren Eltern und die Zweitbeschwerdeführerin; sog. "partielle Ausweisung"), die es möglich erscheinen lassen, dass die minderjährigen Kinder auf Grund der asylrechtlichen Ausweisung das Bundesgebiet ohne ihre Eltern zu verlassen haben, ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Familienleben der Erst- und Drittbeschwerdeführerinnen mit ihren Eltern vorliegt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/19/1054, sowie vom , Zl. 2007/01/0089, mwN).

Hinsichtlich des drittangefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde durch die unveränderte Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides über die Ausweisung der Drittbeschwerdeführerin "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides) im Übrigen verkannt, dass die Asylbehörden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/01/0625, mwN), weshalb der Bescheid auch aus diesem Grund rechtswidrig ist.

Somit waren der erst- und der drittangefochtene Bescheid in diesem Umfang wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Zu II.:

Gemäß Art 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beschwerden werfen - soweit sie sich auf die Bestätigung der Spruchpunkte I. (Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz) und II. (Verweigerung subsidiären Schutzes mit der Maßgabe, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Erstbeschwerdeführerin "nach Serbien in die Provinz Kosovo" zulässig ist) des erstangefochtenen Bescheides, der Spruchpunkte I. (Abweisung des Asylantrages) und II. (Verweigerung von Refoulementschutz mit der Maßgabe, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Drittbeschwerdeführerin "nach Serbien in die Provinz Kosovo" zulässig ist) sowie des zweitangefochtenen Bescheides beziehen - keine für die Entscheidung dieser Fälle maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerden sprechen würden, liegen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerden im erwähnten Umfang abzulehnen.

Den Verfahrensaufwand im Verfahren zu Zl. 2007/01/0211 hat die Zweitbeschwerdeführerin in diesem Fall selbst zu tragen (§ 58 VwGG).

Wien, am

Fundstelle(n):
RAAAE-88325