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VwGH vom 20.01.2022, Ra 2021/03/0156

VwGH vom 20.01.2022, Ra 2021/03/0156

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed, Mag. Samm und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der N Gesellschaft mbH in G, vertreten durch Mag. Andreas Fritz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salztorgasse 1/9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-1172/001-2020, betreffend Tragung von Kommissionsgebühren in einem Verfahren nach dem EisbG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptfrau von Niederösterreich), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1Nachdem der Ö AG (iF auch: Ö) mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom die Bewilligung für die dauernde Einstellung des Eisenbahnbetriebs auf dem Streckenteil von km 27,214 bis km 37,784 der ÖBB-Strecke Pöchlarn - Kienberg - Gaming erteilt worden war und die Revisionswerberin diesen Streckenteil mit einem Vertrag vom erworben hatte, blieben Genehmigungsanträge der Revisionswerberin nach § 17 EisbG zunächst erfolglos.

2Die belangte Behörde hatte der Aktenlage nach schon mit Bescheid vom  gemäß § 29 EisbG der Revisionswerberin die unverzügliche Vornahme näher bestimmter Sanierungsarbeiten an der Strecke aus Gründen der Sicherheit aufgetragen; ihr lagen - dessen ungeachtet - weiterhin Beschwerden (u.a. von Anrainergemeinden) über den mangelhaften, die Sicherheit gefährdenden Zustand der Strecke vor. Eine Aufforderung der belangten Behörde vom an die Revisionswerberin als Inhaberin des gegenständlichen Streckenabschnitts zur Bekanntgabe beabsichtigter Beseitigungsmaßnahmen und Vorkehrungen nach § 29 EisbG beantwortete diese damit, dass die Strecke „mittel- bis langfristig“ für den Betrieb einer Eisenbahn bzw. von Schienenfahrzeugen vorgesehen sei, weshalb die Aussetzung des Auflassungsverfahrens beantragt würde.

3Daraufhin beraumte die belangte Behörde für den einen Lokalaugenschein an, bei dem der eisenbahnfachliche, der wasserbautechnische und der bautechnische Amtssachverständige nach Begehung der Strecke feststellten, dass näher genannte Maßnahmen zu setzen seien, um Schäden an öffentlichem oder privatem Gut zu vermeiden.

4Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde für diese Amtshandlung Kommissionsgebühren in Höhe von Euro 828.-- fest und verpflichtete die Revisionswerberin zu deren Ersatz gemäß §§ 7677 AVG.

5Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis als unbegründet ab; die ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

6In der Begründung legte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen Folgendes dar: Die Revisionswerberin habe in der Beschwerde geltend gemacht, nicht zur Zahlung von Kommissionsgebühren verpflichtet zu sein, weil sie keinen verfahrenseinleitenden Antrag gestellt und das Tätigwerden der Behörde auch nicht verschuldet habe. Zudem sei die gegenständliche Strecke weiterhin dafür vorgesehen, der Abwicklung und dem sicheren Betrieb einer Eisenbahn zu dienen.

7Tatsächlich sei aber, so das Verwaltungsgericht weiter, im Zeitpunkt der Verhandlung, für die Kommissionsgebühren aufgelaufen seien, kein eisenbahnrechtliches Verfahren nach § 17 EisbG anhängig gewesen, ein solches sei vielmehr erst später (wieder) anhängig gemacht worden.

8Den Inhaber einer betriebseingestellten Eisenbahn treffe nach § 29 EisbG die Verpflichtung, der Behörde anzuzeigen, welche Anlagen er zu beseitigen und welche sonstigen Vorkehrungen er zu treffen beabsichtige. Zwar habe er seit der Novelle BGBl. I Nr. 124/2011 nicht mehr die Verpflichtung zur unverzüglichen Auflassung, wenn Teile der Anlage weiterhin Eisenbahnzwecken dienen sollten. Die Verpflichtung, notwendige Vorkehrungen gegen Schäden zu treffen, bestehe jedoch dessen ungeachtet.

9Im Revisionsfall sei die dauernde Einstellung des Betriebs schon im Jahr 2011 erfolgt; im Zeitpunkt des Lokalaugenscheins sei kein auf eine Nachnutzung gerichtetes Verfahren anhängig gewesen, und der Behörde nur eine Absichtserklärung der Revisionswerberin vorgelegen, die Strecke „mittel- bis langfristig“ zu Eisenbahnzwecken nutzen zu wollen. Es sei daher ein Auflassungsverfahren durchzuführen gewesen. Dieses könne als Annexverfahren zu dem durch den Antrag der Ö eingeleiteten Einstellungsverfahren gesehen werden, sodass die Revisionswerberin - als Rechtsnachfolgerin - schon deshalb zur Kostentragung verpflichtet sei. Aber auch bei isolierter Betrachtung des Auflassungsverfahrens sei die Revisionswerberin zum Kostenersatz verpflichtet: Sie treffe als Inhaberin der Eisenbahnanlage die Verpflichtung nach § 29 EisbG, alle erforderlichen Maßnahmen zu projektieren, um von der Eisenbahnanlage ausgehende Gefahren hintanzuhalten und dies der Behörde zur Kenntnis zu bringen. Aufbauend darauf habe die Behörde zu prüfen, ob diese Maßnahmen ausreichten oder ob weitere erforderlich seien. Wenn - wie im Revisionsfall - der Inhaber der Anlage dieser ihn treffenden Verpflichtung nicht nachkomme, sodass die Behörde mit verwaltungspolizeilichem Auftrag vorgehen müsse, habe er die Amtshandlung verschuldet und sei deshalb zur Kostentragung verpflichtet.

10Auf Basis der Kostentragungspflicht der Revisionswerberin und der Notwendigkeit, einen Ortsaugenschein unter Beiziehung von Amtssachverständigen, die jeweils erforderliche Maßnahmen iSd § 29 EisbG konstatiert hätten, vorzunehmen, sei der Beschwerde kein Erfolg beschieden.

11Gegen dieses Erkenntnis richtete die Revisionswerberin zunächst eine Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof. Dieser hat deren Behandlung abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten (Beschluss vom , E 579/2021-6).

12Daraufhin erhob die Revisionswerberin die vorliegende Revision, deren Zulässigkeitsbegründung im Wesentlichen geltend macht, es gebe noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Verpflichtung zur Kostentragung nach § 76 AVG im Kontext eines auf ein Verfahren nach § 28 EisbG folgenden Einstellungsverfahrens nach § 29 EisbG, wenn das vorher betriebsführende Eisenbahnunternehmen nicht mehr Inhaber der Eisenbahnanlage sei.

13Die Revision ist aus dem genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht begründet.

14Die Revisionswerberin ist auf Basis eines Kaufvertrags mit der Ö, der mit Bescheid gemäß § 28 EisbG die dauernde Einstellung des Betriebs auf der Strecke bewilligt worden war, deren Rechtsnachfolgerin betreffend die revisionsgegenständliche Strecke. Sie hat ihre Absicht erklärt, die Strecke weiterhin „für Eisenbahnzwecke“ nutzen zu wollen; diese Absicht war allerdings im Zeitpunkt der Durchführung des Lokalaugenscheins wie auch bei Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch nicht umgesetzt.

15Im Revisionsverfahren ist im Wesentlichen zu klären, ob vor dem Hintergrund der erfolgten dauernden Einstellung des Eisenbahnbetriebs auf der gegenständlichen Strecke die Revisionswerberin als (neue) Inhaberin auf Basis der getroffenen Feststellungen zur Zahlung der für den Ortsaugenschein aufgelaufenen Kommissionsgebühren verpflichtet ist.

16Gemäß § 77 Abs. 1 AVG können für Amtshandlungen der Behörden außerhalb des Amtes Kommissionsgebühren eingehoben werden; hinsichtlich der Verpflichtung zu deren Entrichtung ist § 76 AVG sinngemäß anzuwenden.

17Gemäß § 76 Abs. 1 AVG hat, erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, dafür (sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind) die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind diese Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind (§ 76 Abs. 2 AVG).

18Eine Kostenersatzpflicht der Revisionswerberin ist also dann zu bejahen, wenn sie entweder den „verfahrenseinleitenden Antrag“ iSd § 76 Abs. 1 erster Satz AVG gestellt hat oder wenn sie die Amtshandlung iSd § 76 Abs. 1 dritter Satz AVG „verschuldet“ hat.

19Die im Revisionsfall dafür maßgeblichen Bestimmungen des EisbG, BGBl. Nr. 60/1957 idF BGBl. I Nr. 143/2020 (EisbG), lauten - auszugsweise - wie folgt:

„Vorkehrungen

§ 19. (1) ...

(2) Ein zum Bau und zum Betrieb von Eisenbahnen berechtigtes Eisenbahnunternehmen hat Vorkehrungen zu treffen, dass durch den Bau, Bestand oder Betrieb der Eisenbahn keine Schäden an öffentlichem und privatem Gut entstehen.

...

Einstellung wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit

§ 28. (1) Ist die Weiterführung des Betriebes einer öffentlichen Eisenbahn oder eines Streckenteiles einer öffentlichen Eisenbahn wirtschaftlich nicht mehr zumutbar, so hat die Behörde auf Antrag des Eisenbahnunternehmens die vorübergehende oder dauernde Einstellung des Betriebes zu bewilligen.

...

(6) Wird die dauernde Einstellung des Betriebes einer Eisenbahn oder eines Streckenteiles derselben bewilligt, so hat die Behörde gleichzeitig die Konzession insoweit für erloschen zu erklären.

Auflassung einer Eisenbahn

§ 29. (1) Dauernd betriebseingestellte Eisenbahnen oder dauernd betriebseingestellte Teile einer Eisenbahn sind aufzulassen, sofern sie nicht weiterhin dafür vorgesehen sind, ganz oder teilweise, unmittelbar oder mittelbar der Abwicklung oder der Sicherung des Betriebes einer Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf einer Eisenbahn oder des Verkehrs auf einer Eisenbahn zu dienen. Solange nicht aufgelassen ist, gilt § 19 Abs. 2 auch für den Inhaber der dauernd betriebseingestellten Eisenbahn oder des dauernd betriebseingestellten Teiles einer Eisenbahn. Der Inhaber der aufzulassenden Eisenbahn oder von aufzulassenden Teilen einer Eisenbahn hat der im Abs. 2 angeführten Behörde anzuzeigen, welche Eisenbahnanlagen er zu beseitigen beabsichtigt und die Vorkehrungen anzuzeigen, die er im Hinblick auf die Belange der öffentlichen Sicherheit und zur Vermeidung von Schäden an öffentlichem oder privatem Gut zu treffen beabsichtigt, die durch die aufzulassende Eisenbahn oder von aufzulassenden Teilen einer Eisenbahn verursacht werden könnten.

(2) Bei dauernder Einstellung des Betriebes einer öffentlichen Eisenbahn oder von Teilen einer öffentlichen Eisenbahn hat der Landeshauptmann, bei dauernder Einstellung des Betriebes einer nicht-öffentlichen Eisenbahn oder von Teilen einer nicht-öffentlichen Eisenbahn hat die Bezirksverwaltungsbehörde, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere auf die Belange der öffentlichen Sicherheit, von Amts wegen zu verfügen, welche Eisenbahnanlagen über die bekannt gegebenen Eisenbahnanlagen hinaus zu beseitigen und welche über die angezeigten Vorkehrungen hinaus gehenden Vorkehrungen zu treffen sind, um Schäden an öffentlichem oder privatem Gut, die durch die aufzulassende Eisenbahn oder von aufzulassenden Teilen einer Eisenbahn verursacht werden könnten, zu vermeiden, insoweit nicht ohnedies der vor dem Bau der aufzulassenden Eisenbahn oder des aufzulassenden Teiles einer Eisenbahn bestandene Zustand hergestellt wird. Ist keine behördliche Verfügung notwendig, ist dies dem Inhaber der aufzulassenden Eisenbahn oder dem Inhaber von aufzulassenden Teilen einer Eisenbahn mitzuteilen.

(3) Der Inhaber der aufzulassenden Eisenbahn oder der Inhaber eines aufzulassenden Teiles einer Eisenbahn hat die durchgeführte Auflassung der dauernd betriebseingestellten Eisenbahn oder von dauernd betriebseingestellten Teilen einer Eisenbahn der Behörde anzuzeigen.

(4) Die dauernd betriebseingestellte Eisenbahn oder der dauernd betriebseingestellte Teil einer Eisenbahn gelten als aufgelassen, wenn der Inhaber der aufzulassenden Eisenbahn oder eines aufzulassenden Teiles einer Eisenbahn diese entsprechend seiner Anzeige, und falls die Behörde eine Verfügung gemäß Abs. 2 erlassen hat auch entsprechend dieser Verfügung, aufgelassen hat und die Behörde dies bescheidmäßig festgestellt hat. Mit dem Eintritt der Rechtskraft dieses Feststellungsbescheides ist die Auflassung beendet und erlischt die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für die aufgelassene Eisenbahn oder für den aufgelassenen Teil einer Eisenbahn.“

20§ 29 EisbG erhielt die im Revisionsfall maßgebende, oben wiedergegebene Fassung durch die Novelle BGBl. I Nr. 124/2011. Mit ihr wurden der frühere erste Satz des Absatz 1 („Dauernd betriebseingestellte Eisenbahnen oder dauernd betriebseingestellte Teile einer Eisenbahn sind aufzulassen.“) durch die oben wiedergegebenen beiden Sätze ersetzt und dem Absatz 4 der wiedergegebene letzte Satz angefügt.

21In der Regierungsvorlage zu dieser Novelle (1506 BlgNR 24. GP) wird Folgendes ausgeführt:

„Nach bisheriger Rechtslage sind dauernd betriebseingestellte Eisenbahnen oder dauernd betriebseingestellte Teile einer Eisenbahn aufzulassen. Im Falle einer dauernd betriebseingestellten öffentlichen Eisenbahn oder dauernd betriebseingestellter Teile einer öffentlichen Eisenbahn kommt das Tatbestandsmerkmal ‚dauernd betriebseingestellt‘ durch die erteilte Bewilligung nach § 28 Abs. 1, im Falle einer dauernd betriebseingestellten nicht-öffentlichen Eisenbahn oder dauernd betriebseingestellter Teile einer nichtöffentlichen Eisenbahn durch den Willen des Inhabers, die nicht-öffentliche Eisenbahn oder Teile derselben auf Dauer nicht mehr betreiben zu wollen, zum Ausdruck. Mit der nunmehr vorgesehenen Einfügung in den Gesetzestext soll klargestellt werden, dass die dauernde Einstellung des Betriebes einer öffentlichen oder nicht-öffentlichen Eisenbahn (oder eines Teiles einer Eisenbahn) nicht die Verpflichtung ihres Inhabers begründen soll, die betriebseingestellte Eisenbahn (oder den betriebseingestellten Teil der Eisenbahn) unverzüglich aufzulassen, wenn sie oder einer ihrer Teile weiterhin Eisenbahnzwecken dienen sollen. Im Falle einer dauernd betriebseingestellten öffentlichen Eisenbahn könnten etwa Eisenbahnanlagen für den weiteren Betrieb als nicht-öffentliche Eisenbahn genutzt werden. Ansonsten ist jedoch bei einer dauernden Betriebseinstellung ein Auflassungsverfahren nötig. Die Pflicht, nötige Vorkehrungen gegen Schäden zu treffen, erstreckt sich auch auf den Inhaber.“

22Während nach der Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 124/2011 § 29 Abs. 1 erster Satz EisbG für dauernd betriebseingestellte Eisenbahnen und dauernd betriebseingestellte Teile einer Eisenbahn ausdrücklich anordnete, dass diese aufzulassen sind, ohne dass diesbezüglich eine Ausnahme vorgesehen gewesen wäre (vgl. ), ermöglicht die Neuregelung insofern - unter Abstandnahme von einer unverzüglichen Auflassung - eine Nachnutzung, als die eingestellte Eisenbahn bzw. Teile davon weiterhin Eisenbahnzwecken dienen sollen („dafür vorgesehen sind, ganz oder teilweise, unmittelbar oder mittelbar der Abwicklung oder der Sicherung des Betriebes einer Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf einer Eisenbahn oder des Verkehrs auf einer Eisenbahn zu dienen“; die Gesetzesmaterialien nennen als Beispiel die Nutzung einer vormals öffentlichen Eisenbahn für den Betrieb einer nicht-öffentlichen Eisenbahn).

23Solange nicht aufgelassen ist, trifft den Inhaber die Verpflichtung nach § 19 Abs. 2 EisbG, er hat also Vorkehrungen zu treffen, damit keine Schäden an öffentlichem oder privatem Gut entstehen. Diese Zielrichtung (Verhinderung von Schäden) entspricht insofern auch der eigentlichen Auflassungsverpflichtung: Wenn § 29 Abs. 1 EisbG anordnet, dass der Inhaber anzuzeigen hat, welche Anlagen er zu beseitigen und welche Vorkehrungen er zu treffen beabsichtigt, um die öffentliche Sicherheit zu wahren und Schäden an öffentlichem oder privatem Gut zu vermeiden, und die Eisenbahnbehörde nach § 29 Abs. 2 EisbG zu prüfen hat, ob darüber hinausgehende Maßnahmen anzuordnen sind, um dies zu erreichen, liegt dem zu Grunde, dass durch die Umsetzung der Auflassungsverpflichtung die öffentliche Sicherheit gewahrt und insbesondere Schäden an öffentlichem oder privatem Gut verhindert werden sollen. Dem entsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass die Frage, welche Teile der (ehemaligen) Eisenbahnanlage zu beseitigen sind und welche belassen werden dürfen, allein nach Sicherheitserfordernissen zu beurteilen ist (vgl. etwa , ). Die grundsätzliche Verpflichtung zur Auflassung verlangt also nicht notwendigerweise eine Wiederherstellung des vorigen Zustands, also des Bestands vor Errichtung und Betrieb der Eisenbahn, vielmehr ist entscheidend, dass durch die vom Inhaber projektierten Maßnahmen und gegebenenfalls darauf aufbauend durch ergänzend von der Eisenbahnbehörde verfügte Vorkehrungen das von § 29 Abs. 1 und 2 EisbG gesteckte Ziel (Gewährleistung der Sicherheit, Verhinderung von Schäden) erreicht wird.

24Im Revisionsfall hatte die Revisionswerberin, die Inhaberin des gegenständlichen Streckenteils, die Aufforderung zur Bekanntgabe beabsichtigter Beseitigungsmaßnahmen und Vorkehrungen nach § 29 EisbG - augenscheinlich auf Basis ihrer Auffassung, es treffe sie keine Verpflichtung zur (unverzüglichen) Auflassung, weil die Strecke weiterhin für die Nutzung zu Eisenbahnzwecken iSd § 29 Abs. 1 erster Satz EisbG vorgesehen sei - damit beantwortet, es werde die „Aussetzung“ des Auflassungsverfahrens beantragt.

25Damit hat sie allerdings verkannt, dass sie - auch unabhängig von einer Auflassungsverpflichtung - als Inhaberin der betriebseingestellten Eisenbahn zu Vorkehrungen iSd § 19 Abs. 2 EisbG verpflichtet ist.

26Kommt - wie im Revisionsfall - der Inhaber seiner dem entsprechenden Verpflichtung nicht nach und wird daraufhin von der Eisenbahnbehörde ein entsprechendes Verfahren eingeleitet, um eine Überprüfung vorzunehmen und gegebenenfalls - aufbauend auf den Ergebnissen des Überprüfungsverfahrens - einen Auftrag zur Vornahme von Sicherungs- bzw. Beseitigungsmaßnahmen zu erteilen, ist ein Verschulden des Inhabers der Anlage iSd § 76 Abs. 2 AVG zu bejahen.

27Schon deshalb ist der Revision kein Erfolg beschieden.

28Im Übrigen, insbesondere zur Frage, ob durch die von der Revisionswerberin vorgebrachte, von ihr geplante Nachnutzung der gegenständlichen Strecke ihre Auflassungsverpflichtung iSd § 29 Abs. 1 erster Satz EisbG sistiert wird, ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2021/03/0031, zu verweisen.

29Die Revision war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021030156.L00
Schlagworte:
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

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