VwGH vom 20.11.2012, 2011/11/0102

VwGH vom 20.11.2012, 2011/11/0102

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des J F in E, vertreten durch Mag. Bernhard Heim, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Alpenstraße 102, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission f. Sozialentschädigungs- u. Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. 41.550/1573- 9/10, betreffend Hilfeleistung nach dem Verbrechensopfergesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzten.

Begründung

Mit - formularmäßigem - Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer den nicht näher begründeten Antrag auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld nach den Bestimmungen des Verbrechensopfergesetzes (VOG).

Aus der - unbedenklichen - Aktenlage (vgl. die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Salzburg vom und den Aktenvermerk des Bundessozialamtes, Landesstelle Salzburg, vom ) ergibt sich, dass der Beschwerdeführer als Taxifahrer am von jugendlichen Tätern überfallen, gewürgt und durch zahlreiche Messerstiche schwer verletzt worden war. Aus der Aktenlage geht weiters hervor, dass das Strafverfahren mittlerweile abgeschlossen ist und der Beschwerdeführer von den verurteilten Tätern zumindest EUR 3.500,--

(in der Beschwerde wird der Betrag von EUR 3.600,-- genannt) an Schmerzengeld erhalten hat (Aktenvermerk des Bundessozialamtes vom ).

Mit Bescheid des Bundessozialamtes, Landesstelle Salzburg, vom wurde dem Beschwerdeführer einerseits gemäß § 1 Abs. 1 und § 6a VOG eine Pauschalentschädigung für Schmerzengeld als einmalige Geldleistung im Betrag von EUR 1.000,--

bewilligt, andererseits ausgesprochen, dass die bereits erhaltene Schmerzengeldzahlung in der Höhe von EUR 3.500,-- angerechnet werde, sodass sich kein Auszahlungsbetrag mehr ergebe.

Begründend wurde ausgeführt, es stehe mit der für die Gewährung von Hilfeleistung nach dem VOG erforderlichen Wahrscheinlichkeit fest, dass der Beschwerdeführer durch eine mit mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine schwere Körperverletzung erlitten habe. Nach der Beendigung des (gemeint: gerichtlichen) Berufungsverfahrens ergäben sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Dauerschadens. Gemäß § 6a VOG sei Hilfe nach § 2 Z. 10 VOG für eine schwere Körperverletzung infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 VOG als einmalige Geldleistung im Betrag von EUR 1.000,-- zu leisten. Diese grundsätzlichen Anspruchsvoraussetzungen seien erfüllt, weshalb die Gewährung eines Schmerzengeldes "dem Grunde nach zuzuerkennen" gewesen sei. Bei staatlichen Hilfeleistungen des VOG seien jedoch Schmerzengeldzahlungen des Täters auf den Pauschalbetrag anzurechnen. Die Ermittlungen der Behörde hätten ergeben, dass der Beschwerdeführer von den Tätern insgesamt EUR 3.500,-- an Schmerzengeld erhalten habe, sodass kein Betrag mehr nach dem VOG ausbezahlt werden könne.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der Beschwerdeführer an, auf Grund der Schwere seiner Verletzungen könne mit dem erhaltenen Betrag in Höhe von EUR 3.500,-- keinesfalls das Auslangen gefunden werden und würden seine Schmerzengeldansprüche "sicherlich noch höher sein". Im Gesetzestext des § 6a VOG sei keine Rede davon, dass im Strafverfahren vom Täter geleistete Schadenersatzzahlungen anzurechnen seien.

Im Berufungsverfahren wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, medizinische Unterlagen vorzulegen, welche eine Prüfung ermöglichten, ob er eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen iSd § 85 StGB erlitten hatte.

In einem vom Beschwerdeführer vorgelegten gerichtsmedizinischen Gutachten der Gerichtsmedizin Salzburg vom wurden alle vom Beschwerdeführer erlittenen sechzehn Verletzungen durch Messerstiche beschrieben und festgestellt. Auf Grund näher umschriebener Stichverletzungen sei die Eröffnung des Bauchraumes in Vollnarkose mit Übernähung der Dünndarmdefekte und Verschluss der Bauchdecke medizinisch sinnvoll und notwendig gewesen. Die weiteren Stich- und Schnittverletzungen seien mittels Einbringung von Nahtmaterial verschlossen worden. Angeführt wurden auch der weitere beobachtete postoperative Verlauf (Auftreten eines Hämatoms an der rechten Halsseite mit Schwellung und Schwellung des Larynx (Kehlkopfes), Lufteinschlüsse rückenwärts der rechten inneren Halsschlagader und in den Weichteilen der rechten Schulter sowie eine einblutungsbedingte Weichteilschwellung der rechten Wange mit Lufteinschlüssen). Der Verlauf habe sich, zumindest in Anbetracht der zugrunde liegenden Verletzungen, im Weiteren unauffällig gestaltet. Eine Entlassung am sei nach Aktenlage dokumentiert.

Aus medizinischer Sicht sei im vorliegenden Fall ohne Zweifel von einer an sich schweren Körperverletzung auszugehen. Die Dauer der Gesundheitsschädigung habe mehr als drei und knapp weniger als 24 Tage betragen. Hiemit identisch sei auch die Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Bei geraffter Betrachtung sei von folgenden Schmerzperioden auszugehen: 1 Tag starke Schmerzen (Vorfall), 4 bis 5 Tage mittelstarke Schmerzen (Verletzungsfolgen, ärztliche Manipulationen) ca. 15 Tage leichte Schmerzen (Heilungsphänomene).

Mit Bescheid vom wies die Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten die Berufung ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Nach einer Darlegung der einschlägigen Bestimmungen des VOG führte die Bundesberufungskommission im Wesentlich aus, das vorgelegte Gerichtsgutachten sei schlüssig und nachvollziehbar, es weise keine Widersprüche auf und werde daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt. Gemäß § 85 StGB liege eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen vor, wenn die Tat für immer oder für lange Zeit

1. den Verlust oder eine schwere Schädigung der Sprache, des Sehvermögens, des Gehörs oder der Fortpflanzungsfähigkeit,

2. eine erhebliche Verstümmelung oder eine auffallende Verunstaltung oder

3. ein schweres Leiden, Siechtum oder Berufsunfähigkeit des Geschädigten zur Folge habe.

Der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nach könnten nur solche langandauernde Leiden in Betracht kommen, die eine gewichtige, einer immerwährenden Folge nahekommende Beeinträchtigung des Daseinswertes für die Betroffenen bedeuten. Der Begriff der langen Zeit bedeute einen langen Zeitraum, der im Hinblick auf die durchschnittliche Lebensdauer einen wesentlichen Teil des Lebens darstelle. Es sei festgestellt worden, dass die durch das Verbrechen erlittene Gesundheitsschädigung zwar an sich schwer sei, jedoch knapp weniger als 24 Tage gedauert habe. Der Krankheitsverlauf habe sich in Anbetracht der zugrunde liegenden Verletzungen im Weiteren unauffällig gestaltet. Der Beschwerdeführer sei am aus der stationären Behandlung entlassen worden.

Es hätten keine Leiden iSd § 85 StGB objektiviert werden können, weil keine Beweismittel vorgelegt worden seien, welche eine für immer oder doch für lange Zeit bestehende schwere Gesundheitsschädigung als Dauerfolge der erlittenen Körperverletzung dokumentieren.

Dem Berufungsvorbringen, dass eine Anrechnung des bereits erhaltenen Schmerzengeldbetrages nicht zulässig sei, könne nicht gefolgt werden. Schon aus den erläuternden Bemerkungen zum VOG gehe hervor, dass das VOG im Hinblick auf die Anspruchsberechtigung dem Schadenersatzrecht nachgebildet werden solle und die Pflicht zur Schadenswiedergutmachung an Opfern strafbarer Handlungen den Täter nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts treffe. Das Motiv für die staatliche Hilfeleistung liege demnach nicht im Mangel eines Anspruchs auf Schadloshaltung, sondern in der Unmöglichkeit, diesen Anspruch durchzusetzen. Die Ergänzung des Leistungskataloges (Schmerzengeld) durch § 6a stelle nach dem VOG eine weitere staatliche Vorleistung auf den Schadenersatzanspruch gegen den Täter dar. Der Gesetzgeber habe - wie aus den Materialien zu schließen - nicht beabsichtigt, eine zum Schadenersatzanspruch gegen den Täter zusätzliche Leistung zu gewähren. Entsprechend der schadenersatzrechtlichen Anbindung, dem Vorleistungscharakter und der daraus folgenden Subsidiarität der staatlichen Hilfeleistung des VOG seien Schmerzengeldzahlungen des Täters auf den Pauschalbetrag anzurechnen.

Der Verwaltungsgerichthof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1.1 Die maßgebenden Bestimmungen des VOG, BGBl. Nr. 288/1972 idF. BGBl. I Nr. 4/2010, lauten (auszugsweise):

"Artikel II

Kreis der Anspruchsberechtigten

§ 1. (1) Anspruch auf Hilfe haben österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie

1. durch eine mit einer mehr als sechsmonatige Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben oder

2. als Unbeteiligte im Zusammenhang mit einer Handlung im Sinne der Z 1 eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, soweit nicht hieraus Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr. 20/1949, bestehen,

und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Wird die österreichische Staatsbürgerschaft erst nach der Handlung im Sinne der Z 1 erworben, gebührt die Hilfe nur, sofern diese Handlung im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug (Abs. 6 Z 1) begangen wurde.

Hilfeleistungen

§ 2. Als Hilfeleistungen sind vorgesehen:

10. Pauschalentschädigung für Schmerzengeld.

Pauschalentschädigung für Schmerzengeld

§ 6a. Hilfe nach § 2 Z 10 ist für eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 als einmalige Geldleistung im Betrag von 1 000 EUR zu leisten. Zieht die Handlung eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85 StGB) nach sich, gebührt ein einmaliger Betrag von 5 000 EUR.

Übergang von Ersatzansprüchen

§ 12. Können Personen, denen Leistungen nach diesem Bundesgesetz erbracht werden, den Ersatz des Schadens, der ihnen durch die Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 erwachsen ist, auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften beanspruchen, so geht der Anspruch auf den Bund insoweit über, als dieser Leistungen nach diesem Bundesgesetz erbringt. Für die Wirksamkeit dieses Forderungsüberganges gegenüber dem Schadenersatzpflichtigen gelten der letzte Satz des § 1395 und der erste Satz des § 1396 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches sinngemäß.

…"

1.2.1. Die RV, 40 BlgNR 13. GP, zur Stammfassung des VOG lautet (auszugsweise; Unterstreichungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Erläuterungen

… . Die Pflicht zur Schadensgutmachung an Opfern strafbarer Handlungen schlechthin, also nicht nur an Opfern von Verbrechens, trifft nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes den Schädiger. Das Motiv für die staatliche Hilfeleistung liegt demnach nicht im Mangel eines Anspruches auf Schadloshaltung , sondern in der Unmöglichkeit diesen Anspruch durchzusetzen. Durch das vorliegende Gesetz soll somit nicht ein weiterer Anspruch auf Schadloshaltung, sondern die Möglichkeit der Vorleistung durch den Bund geschaffen werden ; dies deshalb, weil der Schädiger in den seltensten Fällen in der Lage sein wird, die Schadenersatzansprüche des Geschädigten zu erfüllen.

… . Im Übrigen beruht der Gesetzentwurf auf folgenden

Grundsätzen:

d) Doppelentschädigungen sollen ausgeschlossen werden;

Zu § 13:

Mit Rücksicht darauf, daß die Hilfeleistungen den Charakter von Vorleistungen haben, mußte dem Bund für seine Leistungen ein Rückgriffsrecht gegen den Schädiger eingeräumt werden .

Der Entwurf ordnet zu diesem Zweck eine dem § 332 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes nachgebildete Legalzession an. Der Forderungsübergang soll nur für kongruente Ansprüche eintreten. Die Ansprüche auf Verdienstentgang sollen also nur für den Zeitraum übergehen, für den der Geschädigte Leistungen nach diesem Bundesgesetz erhält (vgl. EVB1. 1960/279).

Da ein schadenersatzpflichtiger Dritter mit Leistungen an den Geschädigten nach diesem Gesetz nicht ohne weiteres rechnen muß, kommt allerdings für die Wirksamkeit des Forderungsüberganges ihm gegenüber nicht eine Regelung wie im § 332 Abs. 2 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes in Betracht, sondern nur eine sinngemäße Anwendung des § 1395 letzter Satz und des § 1396 erster Satz ABGB.

Es handelt sich hier um eine mit Drittwirkung ausgestattete Anordnung eines Forderungsüberganges, der sich auf Art. 10 Abs. 1 Z. 6 B-VG stützt.

Das Bundesministerium für Finanzen ist der Meinung, daß Hilfsmaßnahmen im allgemeinen erst dann einsetzen sollten, wenn feststehe, daß keine Schadenersatzansprüche auf Grund bürgerlichrechtlicher Bestimmungen gegeben seien. Eine derartige Regelung wäre gegenüber der im § 12 Abs. 1 des Entwurfs vorgesehenen Bestimmung der Vorzug zu geben. Um jedoch auch das Verlangen nach rascher Hilfe zu erfüllen, könnten in berücksichtigungswürdigen Fällen Vorschüsse geleistet werden.

Hiezu ist festzustellen, daß der Zweck dieses Gesetzes in erster Linie darin besteht, bedürftige Opfer von Verbrechen so rasch wie möglich in den Genuß der Hilfeleistung zu bringen. Ein Zuwarten bis zur Entscheidung über zivilrechtliche Schadenersatzansprüche würde daher diesen Zweck vereiteln. Durch die Gewährung von Vorschüssen auf Geldleistungen wäre nichts gewonnen, weil einerseits deren Rückforderung mit Rücksicht auf die ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Empfänger nur geringe Aussicht auf Erfolg hätte und andererseits die Schadloshaltung beim Schädiger die im Gesetz vorgesehene Legalzession ebenfalls erfordern würde. Außerdem bietet § 10 Abs. 2 ausreichende Gewähr dafür, die Leistung einzustellen, wenn dem Empfänger zu einem späteren Zeitpunkt Schadenersatz geleistet wird.

…"

1.2.2. Seit dem Versorgungsrechtsänderungsgesetz 2005, BGBl. I Nr. 48, wird das VOG in unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen. Die Einfügung des § 6a erfolgte durch die Novelle BGBl. I Nr. 40/2009.

Der Initiativantrag, IA 271/A BlgNR 24. GP, zu § 6a VOG lautet (auszugsweise; Unterstreichung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"…

Zu Art. X (Änderung des Verbrechensopfergesetzes): Zu den Z 1 bis 4 (§§ 2 Z 9 und 10, 6a samt Überschrift, 10 Abs. 1 letzter Satz und 16 Abs. 9 VOG):

Die aus einem Körperschaden resultierenden materiellen Entschädigungsansprüche werden durch die zahlreichen Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz bereits seit Jahrzehnten weitgehend abgedeckt. Durch die vorgeschlagene Änderung soll der Leistungskatalog nach dem Verbrechensopfergesetz um immaterielle Schäden ergänzt werden. Schmerzengeld soll in Form eines einmaligen Pauschalbetrages abgegolten werden, sofern die Tathandlung des § 1 Abs. 1 VOG zumindest eine schwere Körperverletzung nach dem StGB verursacht hat (eine Abgeltung von Seelenschmerz von Angehörigen ohne Gesundheitsschädigung ist daher nicht möglich). Diese Regelung, die eine weitere staatliche Vorleistung auf den Schadenersatzanspruch gegen den Täter darstellt , kommt Opfern von Gewalttaten und von Sittlichkeitsdelikten zu gute.

Die Pauschalabgeltung soll 1 000 EUR für schwere Körperverletzungen und 5 000 EUR für Körperverletzungen mit schweren Dauerfolgen betragen.

Die Geltendmachung der pauschalen Abgeltung des Schmerzengeldes ist an keine Frist gebunden.

Die Leistung ist für die ab dem begangenen

Delikte zu gewähren.

…"

2. Die Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.

2.1. Es steht im Beschwerdefall außer Streit, dass der Beschwerdeführer von den Tätern bereits zumindest EUR 3.500,-- (in der Beschwerde werden wie erwähnt EUR 3.600,-- genannt) erhalten hat.

Die Beschwerde behauptet auch nicht mehr substantiiert, dass beim Beschwerdeführer eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen iSd § 85 StGB vorliege. Auch das im Berufungsverfahren vorgelegte und von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegte Gutachten geht von einer an sich schweren Körperverletzung, nicht aber von einer Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen iSd. § 85 StGB aus.

Die Sachverhaltsannahme der belangen Behörde, es haben keine Leiden iSd § 85 StGB objektiviert werden können, da keine Beweismittel vorgelegt worden seien, welche eine für immer oder doch für lange Zeit bestehende schwere Gesundheitsschädigung als Dauerfolge der erlittenen Körperverletzung dokumentieren, sind vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Der Verwaltungsgerichtshof legt sie seiner weiteren Beurteilung zugrunde.

2.2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Anrechnung eines bereits erhaltenen oder aber auch zukünftig zu erhaltenden Schmerzengeldes sei in § 6a VOG nicht vorgesehen. Auch eine Subsidiarität der Leistung, wie etwa bei § 1 Abs. 1 Z 2 VOG in Bezug auf die Amtshaftungsansprüche, sei hier nicht enthalten. Beim Schmerzengeld, das durch die Novelle BGBl. I Nr. 40/2009 eingeführt worden sei, handle es sich um eine Leistung nach dem VOG, die aus sozialen Aspekten eingeführt worden sei, um Verbrechensopfern schnell und unbürokratisch finanzielle Hilfe leisten zu können.

2.2.2. Mit diesem Vorbringen wird nicht aufgezeigt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in Rechten verletzt wurde.

2.2.2.1. § 1 Abs. 1 VOG führt als eine der Voraussetzungen für Ansprüche nach diesem Gesetz aus, dass dem Geschädigten durch die strafbare Handlung Heilungskosten erwachsen sind oder seine Erwerbstätigkeit gemindert ist. Diese Voraussetzung geht bereits auf die Stammfassung des VOG zurück.

Zweck des VOG ist es, den Opfern von Verbrechen, denen es unmöglich ist, ihre Schadenersatzansprüche gegen den Schädiger durchzusetzen, staatliche Hilfeleistung zu gewähren (vgl. die RV 40 BlgNR 13. GP, 7). Der Bund übernimmt auf Grund dieses Gesetzes Pflichten des Schädigers und erbringt an das Opfer des Verbrechens anstelle des Täters Leistungen. Bei dem Anspruch auf Hilfeleistung nach dem VOG geht es somit um einen verschuldensunabhängigen Schadenersatzanspruch aus der Übernahme eines fremden Risikos (vgl. das , mwN; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/12/0097).

§ 12 VOG ordnet für den Fall, dass der Bund einem Anspruchsberechtigten, dem durch eine Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 ein Schaden erwachsen ist, eine Hilfeleistungen nach dem VOG erbringt und der Anspruchsberechtigte nach Erbringung dieser Hilfeleistungen den Ersatz des Schadens auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften beanspruchen kann, eine Legalzession an. Hat folglich der Bund Hilfe iSd VOG geleistet, steht ihm ein Rückgriffsrecht im Rahmen seiner erbrachten Leistungen gegen den Täter zu.

Auch § 12 VOG geht bereits auf die Stammfassung des VOG zurück. Aus den Materialien zu dieser Bestimmung geht hervor, dass die Hilfeleistungen iSd VOG den Charakter von Vorleistungen haben und dem Bund bei Erbringung einer solchen Vorleistung ein Rückgriffsrecht im Rahmen einer Legalzession eingeräumt ist (vgl. die RV 40 BlgNR 13. GP, 15, zu § 13 des Entwurfs).

Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, dass eine "Anrechnung" von Geldleistungen, die der Geschädigte bereits vom Täter erhalten hat, im VOG nicht ausdrücklich angeführt ist. Sie erweist sich allerdings, wie von der belangten Behörde im Ergebnis zutreffend erkannt, im Lichte einer systematischen Auslegung, welche die Entstehungsgeschichte und die erschließbare Absicht des Gesetzgebers entsprechend in Betracht zieht, als geboten.

Die vom Beschwerdeführer präferierte Auslegung würde im Hinblick auf § 12 VOG zu dem Ergebnis führen, dass in jenen Fällen, in denen ein Anspruchsberechtigter vom Täter wenigstens so viel erhält, wie er als Hilfeleistung vom Bund erhalten könnte, einen zusätzlichen Anspruch auf Hilfe iSd § 2 VOG gegen den Bund geltend machen könnte. In Fällen hingegen, in denen der Bund Hilfe iSd § 2 VOG (vor)geleistet hat, würde, wenn dem Anspruchsberechtigte im Nachhinein ein Schadenersatzanspruch gegen den Täter zugesprochen wird, die Legalzession nach § 12 VOG eintreten und der Anspruch des Anspruchsberechtigten gegen den Täter auf den Bund insoweit übergehen, als dieser Leistungen nach dem VOG erbracht hat.

Für ein solches Verständnis des VOG bieten weder die Entstehungsgeschichte noch die Teleologie der Regelung (Vermeidung von Doppelentschädigungen; vgl. die oben wiedergegebene RV zur Stammfassung des VOG) den geringsten Hinweis. Die Hilfeleistung nach § 2 VOG wurde nicht aufgrund eines mangelnden Anspruchs des Geschädigten gegen den Täter geschaffen, sondern aufgrund der im Regelfall gegebenen Unmöglichkeit, dass der Geschädigte ihn gegen den Täter durchsetzt und ihm insofern, wie § 1 Abs. 1 VOG es umschreibt, Kosten "erwachsen". § 12 VOG zwingt zu der von der belangten Behörde gezogenen Konsequenz, dass der Anspruch auf eine Hilfeleistung durch den Bund insoweit ausgeschlossen ist, als der Geschädigte bereits eine Leistung vom Täter erhalten hat. Dass der Gesetzgeber, wie von der Beschwerde im Ergebnis unterstellt, in Kauf genommen hätte, dass im Fall einer Vorleistung durch den Bund - im Wege der Legalzession nach § 12 VOG - eine zusätzliche Leistung ausgeschlossen ist, im Falle einer bereits vom Täter erhaltenen Leistung aber sehr wohl eine zusätzliche Leistung durch den Bund erfolgen soll, kann ihm - schon unter dem Blickwinkel des aus Art. 7 B-VG erfließenden Sachlichkeitsgebotes - nicht ernsthaft zugesonnen werden.

Diese Überlegungen gelten auch für die erst mit der Novelle BGBl. I Nr. 40/2009 eingeführte Hilfeleistung aus dem Titel des Schmerzengeldes. Auch der der Abgeltung eines immateriellen Schadens (vgl. den oben wiedergegebenen Initiativantrag) dienende Anspruch auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld gemäß § 2 Z 10 iVm § 6a VOG gegen den Bund besteht im Hinblick auf den Charakter einer Vorleistung nur insoweit, als der Anspruchsberechtigte nicht auf anderem Wege Schmerzengeld in der Höhe von zumindest der möglichen Pauschalleistung vom Täter erlangen kann und ersetzt erhält. Hat der Geschädigte unter dem Titel einer Abgeltung von immateriellem Schaden vom Täter bereits zumindest so viel erhalten, als ihm nach § 6a VOG vom Bund zu leisten wäre, scheidet eine weitere Hilfeleistung durch den Bund aus.

Da dem Beschwerdeführer unstrittig zumindest EUR 3.500,-- an Schmerzengeld zugesprochen wurden und er diesen Betrag auch von den Tätern erhalten hat, bleibt im Beschwerdefall für eine weitere Hilfeleistung durch den Bund kein Raum.

2.3.1. Die Beschwerde bringt darüber hinaus vor, dass die Pauschalentschädigung nach § 6a VOG auch keine zusätzlich zum Schadenersatzanspruch zu gewährende Leistung sei, sondern "vielmehr in den direkten Schadenersatzansprüchen gegen den oder die Täter integriert" sei. Die genaue Höhe der Ersatzleistung könne aber jeweils nur zivilrechtlich festgestellt werden, was mit hohen Kosten für den Beschwerdeführer verbunden sei. Der Schadenersatzanspruch aus dem Titel des Schmerzengeldes sei auf Grund der Schwere und Vielzahl der erlittenen Verletzungen sowie der langen Behandlungsdauer deutlich höher als der Betrag von EUR 3.600,--, die er bereits von den Tätern erhalten habe. Aus diesem Grund erscheine es nur billig und gerecht, zu dem bereits erhaltenen Schadenersatzbetrag die ihm zustehenden EUR 1.000,-- (bzw. EUR 5.000,--) erhalten zu können. Eine Versagung würde ihn unbillig hart treffen. Es seien nur Teilansprüche geltend gemacht worden, die restlichen Ansprüche können nur im Wege des Zivilgerichtes geltend gemacht werden.

2.3.2. Auch dieses Vorbringen zeigt nicht auf, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in Rechten verletzt wurde.

Die in § 6a VOG vorgesehene Pauschalentschädigung für Schmerzengeld ist als einmalige Leistung konzipiert und folglich stets mit EUR 1.000,-- (bzw. EUR 5.000,-- im Falle einer Schädigung iSd. § 85 StGB) begrenzt. Sofern die Legalzession des § 12 VOG eintritt, geht der Anspruch auf den Bund nur insoweit über, als dieser Leistungen nach dem VOG erbracht hat. In Anwendung des § 6a ist sohin auch der Anspruch des Bundes gegenüber dem Täter mit EUR 1.000,-- (bzw. EUR 5.000,--) begrenzt.

Das bedeutet aber, dass für den Anspruchsberechtigten, der einen Antrag gemäß § 6a VOG gestellt und bereits eine Schmerzengeldzahlung des Täters (zB aus dem Titel eines gerichtlichen Urteiles) erhalten hat, auch die vom Bund zu leistende Entschädigung nach § 6a VOG mit dem Pauschalbetrag begrenzt ist. Bereits vom Täter erhaltene Entschädigungen für Schmerzengeld sind sohin auf die allfällige Entschädigung nach § 6a VOG "anzurechnen", weil das VOG keinen zusätzlichen Anspruch neben dem Schadenersatzanspruch gegen den Täter schafft.

2.4. Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid, mit dem ihm die Auszahlung eines Betrages aus dem Titel von einmaligem Schmerzengeld versagt wurde, nicht in Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am