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VwGH vom 17.08.2010, 2009/06/0005

VwGH vom 17.08.2010, 2009/06/0005

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde

1. des DDr. P und 2. des Dipl.Ing. L, beide in X, beide vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schönaugasse 4, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Stadt Graz vom , Zl. 025906/2007-7, betreffend Bauauftrag nach dem Steiermärkischen Baugesetz (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Stadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610, 60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Graz vom , mit welchem den Beschwerdeführern gemäß § 41 Abs. 3 Steiermärkisches Baugesetz 1995 (Stmk BauG) iVm § 6 Abs. 3 Grazer Altstadterhaltungsgesetz 1980 (GAEG 1980) der Auftrag erteilt worden war, das auf dem Grundstück Nr. 97/1 (Q-Gasse 67), EZ. 44, KG J, errichtete Kunststofffenster in der Hoffassade im ersten Obergeschoss, Bereich WC, mit den Ausmaßen von ca. 1,10 m x 1,40 m zu beseitigen, keine Folge.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, von der Baubehörde erster Instanz sei anlässlich einer Erhebung vor Ort am festgestellt worden, dass ein Kunststofffenster in der Hoffassade im ersten Obergeschoß im Bereich des WC mit den Ausmaßen von ca. 1,10 m x 1,40 m eingebaut worden sei, ohne dass dafür eine baubehördliche Bewilligung erteilt worden sei. Dies stelle einen Umbau dar, welcher eine Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes bewirke. Entgegen dem Berufungsvorbringen seien zwei nebeneinanderliegende und durch einen schmalen Mauerstreifen getrennte Fenster ausgebaut und durch ein Kunststofffenster ersetzt worden. Dies gehe eindeutig aus dem Erhebungsbericht und dem im Akt befindlichen Lichtbild hervor. Da für den Fenstereinbau keine baubehördliche Bewilligung erteilt worden sei, sei der Beseitigungsauftrag zu Recht ergangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bringen im Wesentlichen vor, eine bauliche Anlage liege nicht vor, da für den Einbau von Kunststofffenstern keine bautechnischen Kenntnisse erforderlich seien; der Austausch eines Fenster im Hofbereich berühre keine öffentlichen Interessen, insbesondere nicht das äußere Erscheinungsbild. Der schmale gerade Steg zwischen den beiden Altfenstern sei beim Abbruch der desolaten, nicht mehr reparablen und daher zu erneuernden Altfenster von selbst weggebrochen. Das GAEG normiere nicht, dass eine bewilligungsfreie Änderung bewilligungspflichtig im Sinne des Stmk BauG werde. Ein Bescheid nach § 6 Abs. 2 GAEG sei nicht ergangen.

§ 4 Stmk BauG lautet auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

Die nachstehenden Begriffe haben in diesem Gesetz folgende

Bedeutung:

...

12. Bauliche Anlage (Bauwerk): jede Anlage,


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-
zu deren Errichtung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind,
-
die mit dem Boden in eine Verbindung gebracht wird und
-
die wegen ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu berühren geeignet ist.
Eine Verbindung mit dem Boden besteht schon dann, wenn die Anlage
-
durch eigenes Gewicht auf dem Boden ruht oder
-
auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder
-
nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden;
...
56.
Umbau: die Umgestaltung des Inneren oder Äußeren einer bestehenden baulichen Anlage, die die äußeren Abmessungen nicht verändert, jedoch geeignet ist, die öffentlichen Interessen zu berühren (z.B. Brandschutz, Standsicherheit, äußeres Erscheinungsbild), bei überwiegender Erhaltung der Bausubstanz;
..."
§
19 Stmk BauG lautet auszugsweise:
"Baubewilligungspflichtige Vorhaben Bewilligungspflichtig sind folgende Vorhaben, sofern sich aus
den §§
20 und 21 nichts anderes ergibt:
1.
Neu-, Zu- oder Umbauten von baulichen Anlagen sowie umfassende Sanierungen;
..."
§
41 Abs. 3 Stmk BauG lautet:

"(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen."

Maßgebend ist im vorliegenden Fall noch das GAEG 1980 (vgl. § 34 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 des Gesetzes LGBl. Nr. 96/2008).

§ 1 Abs. 1 GAEG 1980 lautet:

"(1) Der örtliche Anwendungsbereich dieses Gesetzes erstreckt sich auf jene Stadtteile von Graz, die in ihrer landschaftlichen und baulichen Charakteristik das Stadtbild prägen und daher in ihrem Erscheinungsbild und in ihrer Baustruktur und Bausubstanz sowie in ihrer vielfältigen urbanen Funktion zu erhalten sind (Schutzgebiet)."

§ 2 GAEG 1980 lautet auszugsweise:

"(1) Das Schutzgebiet (§ 1 Abs. 1) besteht aus einer Kernzone (Zone I), einer Randzone (Zone II) und weiteren Zonen gemäß Abs. 3.

...

(3) Die Landesregierung ist unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 ermächtigt, nach Anhörung der Stadt durch Verordnung weitere Stadtteile in das Schutzgebiet einzubeziehen: diese sind fortlaufend mit Zone III, IV usw. zu bezeichnen."

§ 3 Abs. 1 GAEG 1980 lautet:

"(1) Im Schutzgebiet (§ 1 Abs. 1) haben die Liegenschaftseigentümer jene Gebäude, die in ihrer baulichen Charakteristik für das Stadtbild von Bedeutung sind, in ihrem Erscheinungsbild nach Maßgabe der Schutzwürdigkeit ganz oder teilweise zu erhalten. Zum Erscheinungsbild gehören alle gestaltungswirksamen Merkmale des Gebäudes, wie z.B. die Gebäudehöhe, Geschoßhöhe, die Dachform, Dachneigung und Dachdeckung, die Fassaden einschließlich Gliederung, die Portale Tore, Fenster, Fensterumrahmungen und Fensterteilungen, Gesimse, Balkone und Erker sowie die Durchgänge, Höfe und Einfriedungen"

§ 6 Abs. 2 GAEG 1980 lautet:

"(2) Werden ohne die nach diesem Gesetz erforderlichen Bewilligungen Maßnahmen getätigt, die in den §§ 3, 4, 5 und 6 geregelt sind, ist die Einstellung dieser Tätigkeit zu verfügen."

§ 6 Abs. 3 GAEG 1980 lautet auszugsweise:

"Im Widerspruch zu den Bestimmungen dieses Gesetzes getätigte Maßnahmen sind zu beseitigen bzw. rückgängig zu machen. ..."

Gemäß § 6 Abs. 4 GAEG 1980 hat die Behörde den Verpflichteten die Beseitigung oder Wiedererrichtung durch Bescheid aufzutragen.

Das gegenständliche Gebäude befindet sich in der Zone III der gemäß § 2 Abs. 3 GAEG 1980 erlassenen Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung LGBl. Nr. 26/1979, die im vorliegenden Fall noch anzuwenden ist (vgl. § 34 Z 2 iVm § 33 Abs. 1 des Gesetzes LGBl. Nr. 96/2008).

Bei dem auf der gegenständlichen Liegenschaft errichteten Wohngebäude handelt es sich zweifellos um eine bauliche Anlage im Sinne des § 4 Z. 12 BauG; der Einbau eines Kunststofffensters (statt der bisher bestehenden zwei kleinen Fenster) stellt eine Umgestaltung dieser baulichen Anlage dar, welche - wie aus dem im Akt befindlichen Lichtbild klar ersichtlich ist - das äußere Erscheinungsbild beeinflusst.

Der Schutz des Stadtbildes der Grazer Altstadt steht, wie sich aus dem GAEG 1980 ergibt, im öffentlichen Interesse. Aus § 3 Abs. 1 GAEG 1980 geht hervor, dass in Schutzzonen zum schutzwürdigen Erscheinungsbild auch Fenster, Fensterumrahmungen und Fensterteilungen und auch Höfe gehören. Daraus ergibt sich, dass jedenfalls im Anwendungsbereich des GAEG 1980 Umgestaltungen wie die hier gegenständliche im Bereich der Fenster auch an Hoffassaden geeignet sind, das öffentliche Interesse zu berühren, worauf § 4 Z. 56 Stmk BauG abstellt. Die erfolgte Umgestaltung ist daher ein Umbau im Sinne des § 4 Z. 56 Stmk BauG und gemäß § 19 Z. 1 BauG bewilligungspflichtig. Der auf § 41 Abs. 3 Stmk BauG gestützte Beseitigungsauftrag erging somit zu Recht. Ein solcher Auftrag setzt auch nicht die Erlassung eines Bescheides gemäß § 6 Abs. 2 GAEG 1980 voraus.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am