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VwGH vom 22.05.2014, 2013/21/0256

VwGH vom 22.05.2014, 2013/21/0256

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. Sporrer und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klammer, über die Beschwerde (nunmehr Revision) des E O in S, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zlen. UVS-FRG/60/10973/2013-5 und UVS-FRG/V/60/11017/2013, betreffend (ua.) Zurückweisung eines Antrages auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nach § 68 Abs. 1 AVG (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der bekämpfte Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung (Spruchpunkt 1.; Zurückweisung eines Antrages auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nach § 68 Abs. 1 AVG) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Revisionswerber ist nigerianischer Staatsangehöriger und befand sich zumindest seit März 2002 - zunächst als Asylwerber - in Österreich. Nach rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages und im Hinblick auf eine strafgerichtliche Verurteilung bzw. das dieser Verurteilung zu Grunde liegende strafbare Verhalten erließ die Bundespolizeidirektion Wien gegen ihn mit Bescheid vom ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.

Im Mai 2012 beantragte der Revisionswerber die Aufhebung des genannten Aufenthaltsverbotes. Mit Bescheid vom wies die Bundespolizeidirektion Wien diesen Antrag gemäß § 69 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005-FPG ab. Mit Bescheid vom selben Tag sprach die Bundespolizeidirektion Wien allerdings aus, dass die Dauer des unbefristet erlassenen Aufenthaltsverbotes "auf Grund einer Änderung des Fremdenpolizeigesetzes" gemäß § 53 Abs. 3 FPG iVm § 68 Abs. 2 AVG auf zehn Jahre "abgeändert" werde. Beide Bescheide sind unbekämpft in Rechtskraft erwachsen.

Im Juli 2013 stellte der Revisionswerber neuerlich einen Aufhebungsantrag; in eventu beantragte er die "örtliche Einschränkung des Aufenthaltsverbotes auf Österreich".

Mit Bescheiden je vom wies die Landespolizeidirektion Wien einerseits den Aufhebungsantrag - im Hinblick auf die vorangegangene Entscheidung nach § 69 Abs. 2 FPG vom - gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache und andererseits den genannten Eventualantrag gemäß § 6 Abs. 1 iVm § 8 iVm § 73 Abs. 1 AVG als unzulässig zurück. Gegen beide Bescheide erhob der Revisionswerber Berufung.

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom wies der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (die belangte Behörde) die Berufung, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Aufhebungsantrages wegen entschiedener Sache richtete, ab (Spruchpunkt 1.). Soweit sie sich auf die Zurückweisung des Eventualantrags bezog, gab die belangte Behörde der Berufung jedoch Folge und behob den diesbezüglichen erstinstanzlichen Bescheid (Spruchpunkt 2.).

Gegen Spruchpunkt 1. des Berufungsbescheides vom (Bestätigung der Zurückweisung des Aufhebungsantrages wegen entschiedener Sache) wurde noch am Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben. Für diese Konstellation ordnet § 4 Abs. 1 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) an, dass die Beschwerde nunmehr ab als rechtzeitig erhobene Revision gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG gelte. Eine solche Revision ist, wenn sie sich (wie hier) gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates richtet, gemäß dem zweiten Satz des § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG nur zulässig, falls die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG (idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) - Abhängigkeit der bekämpften Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung - vorliegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision, für deren Behandlung gemäß § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß mit der Maßgabe gelten, dass statt der Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG (in der genannten Fassung) die Revision als unzulässig zurückgewiesen werden kann, nach Aktenvorlage seitens der belangten Behörde erwogen:

1. Die Revision erweist sich als zulässig. Die Rechtsansicht der belangten Behörde findet in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nämlich keine Deckung, weshalb - zumal nicht nur eine einzelfallbezogene Beurteilung ansteht - vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auszugehen ist.

2. Mit Bescheid vom war der Antrag des Revisionswerbers auf Aufhebung des seinerzeitigen Aufenthaltsverbotes aus dem Jahr 2007 gemäß § 69 Abs. 2 FPG abgewiesen worden. Gleichfalls mit hatte die Bundespolizeidirektion Wien allerdings in Bezug auf den seinerzeitigen Aufenthaltsverbotsbescheid einen Abänderungsbescheid erlassen, demzufolge die Dauer des seinerzeitigen Aufenthaltsverbotes gemäß § 53 Abs. 3 FPG iVm § 68 Abs. 2 AVG auf zehn Jahre "abgeändert" wurde.

Welche normativen Wirkungen der letztgenannte, unbekämpft in Rechtskraft erwachsene und ausdrücklich auf § 68 Abs. 2 AVG gestützte Abänderungsbescheid im Detail entfaltet hat, braucht hier nicht näher erörtert zu werden. Fest steht aber, dass das ursprüngliche Aufenthaltsverbot aus dem Dezember 2007 nunmehr jedenfalls insofern ein anderes ist, als nach Eintritt der Rechtskraft des Abänderungsbescheides vom nicht mehr ein unbefristetes, sondern lediglich ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot existiert.

Die Festsetzung der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes ist vom sonstigen Inhalt eines Aufenthaltsverbotsbescheides - bei richtiger rechtlicher Betrachtung - nicht zu trennen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0589). Die zeitliche Komponente stellt nicht zuletzt von daher ein Kernelement eines jeden Aufenthaltsverbotsbescheides dar, weshalb die zuvor beschriebene Konsequenz des Abänderungsbescheides vom schon für sich betrachtet die Identität des ursprünglichen Aufenthaltsverbotes vom Dezember 2007 veränderte. Der (neuerliche) Aufhebungsantrag des Revisionswerbers bezog sich dann aber so betrachtet auf ein anderes Aufenthaltsverbot, weshalb seiner sachlichen Erledigung schon deshalb der Einwand der entschiedenen Sache nicht entgegenstehen konnte. Das hat die belangte Behörde verkannt, weshalb der bekämpfte Bescheid - im Umfang seiner Anfechtung (Spruchpunkt 1.) - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der (auf "Übergangsfälle" gemäß § 4 iVm § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
XAAAE-88109