VwGH vom 21.12.2010, 2009/05/0307

VwGH vom 21.12.2010, 2009/05/0307

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde

1. der Dr. Olga Sillaber, 2. des Dr. Engelbert Plöchl, 3. der Dipl. Kfm. Sigild Plöchl, 4. des Mag. Clemens Plöchl, 5. der Eveline Stefely, 6. der Hildegard Kögl, 7. des Mag. Fritz Bulheller, 8. der Maria Bulheller, 9. der Ingeborg Brenner,

10. der Elfriede Danek, 11. des Ing. Michael Theyer, 12. der Marie Eleonore Prinzessin von und zu Liechtenstein, 13. des Dr. Gerold Maier, 14. der Michaela Maier, 15. des Ing. Heinz Danek, 16. der Dipl. Ing. Helga Nüchtern, sämtliche vertreten durch Dr. Charlotte Nusko, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Salesianergasse 1b/2/3, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-592/08, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Dr. H M in X, vertreten durch Diwok Hermann Petsche Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 25),

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde der Beschwerdeführer 13. M13, 14. M14,

15. M15, und 16. M16 wird zurückgewiesen.

Diese Beschwerdeführer haben insgesamt der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. II. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat den erst- bis zwölftbeschwerdeführenden Parteien insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Mitbeteiligte ist Eigentümer der Grundstücke Nr. 257/5 und 257/53, Grundbuch H. Diese Grundstücke liegen an der öffentlichen Verkehrsfläche S-weg südlich der Kleingartenanlage N. Für diese Grundstücke ist nach dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument (PD) 7310 die Widmung Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet (Ekl) festgelegt. Für die vom antragsgegenständlichen Bauvorhaben betroffene Fläche dieser Grundstücke gilt auf Grund dieses Plandokumentes "BB 10". Diese Festlegung wird im PD 7310 wie folgt beschrieben:

"Die mit BB 10 bezeichneten und als Grünland/Erholungsgebiet/Kleingartengebiet gewidmeten Flächen sind als Gemeinschaftsflächen dem Abstellen von Fahrzeugen vorbehalten."

Die Beschwerdeführer sind als Wohnungseigentümer Miteigentümer des südlich der Baugrundstücke anrainenden und an die öffentliche Verkehrsfläche S-weg angrenzenden Grundstückes Nr. 257/46, Grundbuch H.

Mit Eingabe vom beantragte der mitbeteiligte Bauwerber die Erteilung der Baubewilligung gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO) für die Herstellung von (zunächst 32, in der Folge reduziert auf) 31 Stellplätzen inklusive Rangierflächen. Diesem Ansuchen lag der Einreichplan vom , Plannummer ER 0 01-3-02, zugrunde.

In dem vom Bauwerber vorgelegten lärmtechnischen Privatgutachten des Architekten Dipl.-Ing. A. W. vom wurde bei Berechnung der zu erwartenden Schallemissionen von "32 Stellplätze(n) für Dauerparker (Kleingärtner)" ausgegangen (Punkt 1. "Aufgabenstellung" dieses Gutachtens). Welche Fahrzeugfrequenz dieser Sachverständige seiner Berechnung der Schadstoffemissionen in dem ebenfalls vom Bauwerber vorgelegten Privatgutachten zugrunde gelegt hat, ist mangels näherer Angaben für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen das Bauvorhaben Einwendungen insbesondere wegen der zu erwartenden Lärm-, Geruchs- und Staubbelästigung.

Der Amtssachverständige der Magistratsabteilung 22 (Wiener Umweltschutzabteilung) führte in seinem Gutachten vom aus:

"Stellungnahme Magistratsabteilung 22-Emissionsminderung Luft:

Auf Grund der vorgesehenen Widmung der Stellplätze und der zu erwartenden Stellplatzfrequenzen ist davon auszugehen, dass trotz der zusätzlichen Immissionen an konventionellen Luftschadstoffen bei den nächsten Nachbarn hervorgerufen durch den Garagenbetrieb die relevanten Grenz- und Richtwerte eingehalten werden. Als Bewertungsgrundlage der zusätzlichen Immissionen an konventionellen Luftschadstoffen dient die technische Richtlinie der MD-BD "Verkehrs- und Umwelttechnische Richtlinie für Garagenprojekte".

Es kann seitens der Magistratsabteilung 22-Umweltschutz Bereich Emissionsminderung nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass es zu Geruchswahrnehmungen bezüglich der Abgase von Kraftfahrzeugen, die die Stellplätze frequentieren, kommen kann (insbesonders im Bereich der Zu- und Abfahrtswege bei Niederdruckwetterlagen).

Seitens der Magistratsabteilung Magistratsabteilung 22- Umweltschutz Bereich Emissionsminderung besteht kein Einwand gegen das vorgelegte Projekt.

Stellungnahme Magistratsabteilung 22-Lärmschutz:

Nach Begutachtung der übermittelten Einreichunterlagen (u.a. Gutachten) besteht aus lärmtechnischer Sicht kein Einwand gegen das gegenständliche Bauvorhaben."

Der Bewilligungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde infolge Berufung der beschwerdeführenden Parteien mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben, weil keine Stellungnahme eines amtsärztlichen Sachverständigen eingeholt worden war.

Die Baubehörde erster Instanz ergänzte das Ermittlungsverfahren.

In einem Aktenvermerk vom wurde festgehalten, dass auf der Kleingartenanlage N, zu der auch die Baugrundstücke gehörten, 92 Parzellen bestünden, daher 18 Pflichtstellplätze zu schaffen seien.

Der amtsärztliche Sachverständige der Magistratsabteilung 15 (Gesundheitsamt der Stadt Wien) führte in seinem Gutachten vom aus, dass auf Grund der Stellungnahme des technischen Amtssachverständigen durch die zusätzlichen Immissionen an Luftschadstoffen keine Überschreitungen der relevanten Grenz- und Richtwerte zu erwarten seien. Gesundheitlich negative Auswirkungen auf die Anrainer seien nicht zu befürchten. Fallweise Geruchswahrnehmungen "bezüglich der Kfz-Abgase" könnten jedoch auftreten.

Der Magistrat der Stadt Wien, MA 37, erteilte mit Bescheid vom gemäß § 71 BO iVm § 54 Abs. 9 leg. cit. und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes sowie des Wiener Kleingartengesetzes dem Bauwerber auf jederzeitigen Widerruf die Bewilligung, auf den Baugrundstücken "18 Pflichtstellplätze sowie 13 freiwillige Stellplätze mit den entsprechenden Rangierflächen als Gemeinschaftsanlage für die umliegenden Kleingärten " herzustellen. Der Einreichplan wurde zu einem wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides erklärt. Begründet wurde dies damit, dass gemäß § 36a Abs. 5 Wiener Garagengesetz für Kleingärten im Kleingartengebiet sowie im Kleingartengebiet mit ganzjährigem Wohnen im Rahmen der Abteilungsbewilligung Trennstücke für Stellplätze zu schaffen seien. Bei Kleingärten für ganzjähriges Wohnen sei für jeden Kleingarten, sonst für je fünf Kleingärten ein Stellplatz zu berechnen. 18 Stellplätze seien daher für das gegenständliche Gebiet mit Pflichtstellplätzen im Sinne des Garagengesetzes auf Grund der Anzahl der umliegenden Kleingärten zu bewilligen gewesen. Bezüglich der 13 freiwilligen Stellplätze werde darauf hingewiesen, dass auf Grund der Einwendungen der Nachbarn vom Bauwerber zwei Gutachten betreffend die zu erwartende Lärm- und Geruchsbelastung vorgelegt worden seien. Diese Gutachten seien vom Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 22 überprüft und von diesem festgestellt worden, dass die relevanten Grenz- und Richtwerte eingehalten würden. Der amtsärztliche Sachverständige der MA 15 habe in seiner fachkundigen Stellungnahme hiezu ausgeführt, dass keine gesundheitlich negativen Auswirkungen für die Nachbarn zu erwarten seien. Ebenfalls seien die fallweisen Geruchswahrnehmungen auf Grund der gegenständlichen Widmung zumutbar und führten zu keinen negativen gesundheitlichen Auswirkungen. Die Einwendungen bezüglich der zu erwartenden Belästigungen durch Staub, Lärm, Schmutz, Luftschadstoffe und Geruch seien daher nicht begründet.

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung der erst- bis zwölftbeschwerdeführenden Parteien ergänzte die belangte Behörde das Ermittlungsverfahren durch Einholung eines lärmtechnischen und luftschadstofftechnischen Gutachtens des Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 22-Wiener Umweltschutzabteilung vom sowie der medizinischen Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 15-Gesundheitsdienst der Stadt Wien vom .

Der technische Amtssachverständige ging - unter Zugrundelegung der vom Bauwerber vorgelegten Privatgutachten - in seinem Gutachten davon aus, dass "der Parkplatz ausschließlich für die umliegenden Kleingärten mit Widmung 'Ekl' gem BO zur Nutzung freistehen" soll. Ausgehend davon kam er zum Ergebnis, dass die zu erwartenden spezifischen Schallimmissionen durch den Betrieb des Parkplatzes die Planungsrichtwerte sowohl zur Tages- als auch zur Nachtzeit nicht überschreiten würden. Die zu erwartenden Schadstoffemissionen entsprächen denjenigen gleichartiger Anlagen.

Die medizinische Amtssachverständige legte dieses Gutachten ihrer fachkundigen Beurteilung zugrunde. Sie schloss eine Störung des Wohlbefindens und eine Gesundheitsgefährdung durch den Betrieb der Anlage aus und merkte an, dass auf Grund der Widmung in der kalten Jahreszeit mit einem verminderten Betrieb und geringeren Frequenzen gerechnet werden könne.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der erst- bis zwölftbeschwerdeführenden Parteien als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, auf Grund des Umstandes, dass keine Grundabteilung des Kleingartengebietes vor der Einreichung des gegenständlichen Bauansuchens und auch während des Verfahrens vor der Baubehörde erster Instanz erfolgt sei, sei die vom Bauvorhaben betroffene und dem Abstellen von Kraftfahrzeugen vorbehaltene Grundfläche nicht als eigenes Trennstück ausgewiesen. Allein aus diesem Grund sei eine Baubewilligung gemäß § 70 BO nicht möglich und es sei daher die Bewilligung nach § 71 BO zu erteilen gewesen. Die belangte Behörde habe Gutachten des umwelttechnischen Amtssachverständigen zur Frage der Schlüssigkeit der vom Bauwerber vorgelegten Emissionsangaben sowie vom gesundheitstechnischen Amtssachverständigen zur Frage, ob das Bauvorhaben aus gesundheitlicher Sicht unbedenklich sei, eingeholt. In seiner fachkundigen Stellungnahme vom habe der umwelttechnische Amtssachverständige zusammenfassend ausgeführt, dass hinsichtlich der zu erwartenden spezifischen Schallemissionen durch den Betrieb des Parkplatzes die Planungsrichtwerte sowohl für die Tages- als auch für die Nachtzeit nicht überschritten würden. Stelle man die vom Bauwerber vorgelegten Angaben der Emissionen an konventionellen Luftschadstoffen und errechneten spezifischen Schadstoffemissionen durch den Betrieb des Parkplatzes den in der Literatur und erfahrungsgemäß aus verschiedenen Projekten bekannten Emissionswerten gegenüber, so entsprächen diese den Erfahrungswerten und eigenen Berechnungsergebnissen bei von der Größe her gleichartigen Anlagen. Die gesundheitstechnische Amtssachverständige habe in ihrer Stellungnahme vom ausgeführt, dass die für die Anrainer durch das gegenständliche Projekt zu erwartenden zusätzlichen Schallimmissionen um mindestens 5 dB unter den Widmungspegeln lägen und somit nach ihrer Art, Intensität und Häufigkeit nicht geeignet seien, erhebliche Störungen des Wohlbefindens oder eine Gefährdung der Gesundheit hervorzurufen. Die Widmung der Kleingartensiedlung "Ekl" lasse durch verminderten Betrieb in der kalten Jahreszeit eine noch geringere Frequenz an Schallimmissionen erwarten. Die Schadstoffberechnung in den Gutachten ergebe, dass bei projektgemäßem Betrieb der geplanten Anlage sämtliche relevanten Grenz- und Richtwerte eingehalten würden. Für die Anrainer seien die durch den Betrieb der Anlage entstehenden zusätzlichen Immissionen an konventionellen Luftschadstoffen somit nicht geeignet, eine Gefährdung der Gesundheit zu bewirken. Geruchsimmissionen könnten grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, seien jedoch nur fallweise, insbesondere im Bereich der Zu- und Abfahrtswege bei Niederdruckwetterlage zu erwarten. Auch bezüglich der Geruchsimmissionen sei in der kalten Jahreszeit mit einer geringeren Frequenz zu rechnen. Immissionen im Zusammenhang mit Stellplätzen, die vom Nachbarn gemäß § 134a Abs. 1 lit. e BO geltend gemacht werden könnten, seien auch jene, die auf der Verbindung der Stellplätze zu öffentlichen Verkehrsfläche entstünden. Auf Grund der gegebenen Widmung entspreche das Bauvorhaben der festgesetzten Widmungskategorie. Eine Bewilligung einer Abweichung von Bebauungsvorschriften gemäß § 69 BO sei nicht erforderlich. Wie den vorliegenden Gutachten zu entnehmen sei, seien die Beschwerdeführer als Nachbarn durch die zu erwartenden Immissionen nicht beeinträchtigt. Da die Einhaltung des Gebotes zur Erwirkung einer Abteilungsbewilligung keines der Rechte darstelle, die Nachbarn im Baubewilligungsverfahren geltend machen könnten, sei eine Zustimmung zum Bauvorhaben im Sinne des dritten Satzes des § 71 BO nicht erforderlich. Die Erteilung eine Bewilligung nach § 71 BO sei im vorliegenden Fall sachlich begründet, zumal einerseits die prekäre Parkplatzsituation in der näheren Umgebung der Kleingärten die Schaffung einer Gemeinschaftsanlage zum Abstellen von Kraftfahrzeugen für die umliegenden Kleingärten rechtfertige, andererseits zu unterstreichen sei, dass bereits die auf raumplanerischen und stadtgestalterischen Analysen basierende Widmung der Fläche, auf welcher die Stellplätze errichtet werden sollen, genau diese Nutzung festsetze. Der zusätzliche Stellplatzbedarf der Bewohner der Kleingartenanlage sei aus dem im Akt einliegenden Schreiben des Obmanns des Kleingartenvereins N vom ersichtlich, wonach ein Mangel an Parkplätzen herrsche. Wenn die Beschwerdeführer vermeinten, dass bei der lärmtechnischen sowie luftschadstofftechnischen Beurteilung des bezughabenden Bauvorhabens nicht berücksichtigt werde, dass die Parkplätze an Restaurationsbetriebe, Vereine und Bewohner aus der Umgebung vermietet würden und daher von falschen Werten ausgegangen werde, sei dem entgegenzuhalten, dass das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren darstelle. Inhalt und Umfang des Bauvorhabens würden ausschließlich vom Bauwerber bestimmt und die Baubehörde habe somit ausschließlich jenes Bauvorhaben einer Beurteilung der baurechtlichen Zulässigkeit zu unterziehen, das Gegenstand des Bauansuchens sei. Allein das in den Plänen dargestellte Projekt und dessen ausgewiesene Nutzung seien von der erteilten Bewilligung umfasst, nicht aber eine eventuell davon in der Natur abweichende Nutzung. In der im Spruch des Baubewilligungsbescheides der Behörde erster Instanz enthaltenen Beschreibung des gegenständlichen Bauvorhabens werde unmissverständlich dargelegt, dass es sich dabei um eine Gemeinschaftsanlage zum Abstellen von Kraftfahrzeugen für die umliegenden Kleingärten handle. Sollte das Bauwerk anders als bewilligt genutzt werden, wäre mit einem Auftrag gemäß § 129 Abs. 1 BO vorzugehen. Die von den Beschwerdeführern vermutete Vermietung an umliegende Betriebe lasse sich den Einreichunterlagen nicht entnehmen. Nur die auf der Zufahrt von der öffentlichen Verkehrsfläche zu den Stellplätzen entstehenden Immissionen, nicht aber immissionsrelevante Veränderung der Verkehrsströme bzw. der Verkehrssituation auf der öffentlichen Verkehrsfläche könnten von den Nachbarn geltend gemacht werden. Mit den Anträgen der Beschwerdeführer betreffend die Erteilung eines Auftrages an den Bauwerber zur Erbringung des Nachweises der Vermietung oder Verpachtung der Stellplätze an den Kleingartenverein, eines Lokalaugenscheines unter Beiziehung der Polizei, der Rettung sowie der Feuerwehr, der Richtigstellung einer im bekämpften Bescheid gegenüber dem Bauwerber erfolgten Vorschreibung und einer genauen Angabe der Abmessung der die beantragten Stellplätze benützenden Kraftfahrzeuge würden von den Beschwerdeführern ebenfalls keine ihnen nach der Bauordnung für Wien zustehenden Nachbarrechte geltend gemacht. Diese Anträge seien daher unzulässig.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 695/09-3, abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer "in ihrem Recht auf inhaltliche Entscheidung über ihre Berufung verletzt, insbesonders im Anfechtungsumfang in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Einhaltung der Widmungskategorien des Flächenwidmungsplanes sowie auf Einhaltung der Bestimmungen, die Schutz vor Immissionen sowie Schutz der Gesundheit und körperlichen Unversehrtheit, die sich aus der Benützung der baulichen Anlage ergeben". Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

I. Zur Zurückweisung der Beschwerde:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Die Beschwerdeberechtigung der Verfahrensparteien setzt nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 letzter Satzteil B-VG die Erschöpfung des Instanzenzuges voraus. Unter "Erschöpfung des Instanzenzuges" ist die restlose Ausschöpfung aller Anfechtungsmöglichkeiten des administrativen Verfahrens zu verstehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0169).

Gemäß § 136 Abs. 1 Bauordnung für Wien (BO) steht gegen Bescheide des Magistrates der Stadt Wien, von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen, den Parteien das Recht der Berufung an die Bauoberbehörde zu, die endgültig entscheidet.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Behandlung eignen oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Die im Spruchpunkt I. genannten Beschwerdeführer haben gegen den erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom keine Berufung erhoben, ihre Beschwerde war daher in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat mangels Ausschöpfung des administrativen Instanzenzuges gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

II. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Dem Einwand des Mitbeteiligten, "der beschwerdeführenden Partei" Wohnungseigentümergemeinschaft der Liegenschaft 1190 Wien, Steinbüchlweg 3 käme keine Beschwerdelegitimation zu, ist entgegen zu halten, dass schon die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht von dieser gemäß § 18 Abs. 1 WEG 2002 nur mit eingeschränkter Rechtspersönlichkeit ausgestatteten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/06/0065) Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern - wie sich aus der Beschwerde und der Beschwerdeergänzung zweifelsfrei ergibt - von den in der Zustellverfügung des angefochtenen Bescheides genannten Wohnungseigentümern der Liegenschaft S-weg 3 erhoben worden ist.

Das Baugrundstück liegt im Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet.

Gemäß § 1 des Wiener Kleingartengesetzes 1996 ist dieses Gesetz auf Flächen mit der Widmung "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet" und "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" sowie auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzte Flächen anzuwenden.

Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen gilt, soweit dieses Gesetz nicht anderes bestimmt, die Bauordnung für Wien.

Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle sind Gemeinschaftsflächen Grundflächen, die für die Errichtung von Gemeinschaftsanlagen bestimmt sind.

Im Abs. 4 werden Gemeinschaftsanlagen wie folgt definiert:

"Gemeinschaftsanlagen sind Einrichtungen, die den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen, kulturellen, gesundheitlichen oder sportlichen Bedürfnissen der Bewohner und Benützer der umliegenden Kleingärten oder dem Abstellen von Fahrzeugen dienen und allenfalls auch öffentlich zugänglich sind."

Gemäß § 7 Abs. 1 Wiener Kleingartengesetz 1996 sind in Kleingärten und auf vorübergehend kleingärtnerisch genutzten Flächen die Errichtung von Kleingartenhäusern und Nebengebäuden, in Kleingärten im "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" darüber hinaus auch die Errichtung von Kleingartenwohnhäusern zulässig.

Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen ist die Errichtung von Gemeinschaftsanlagen auf den im Bebauungsplan hiefür vorgesehenen Grundflächen und auf anderen Flächen der Kleingartenanlage, mit Ausnahme der Aufschließungswege, zulässig.

Gemäß Abs. 3 erster Satz dieser Gesetzesstelle dürfen nur in Gemeinschaftsanlagen Stellplätze errichtet werden (von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen in den folgenden Sätzen dieses Absatzes abgesehen).

Gemäß § 8 Abs. 1 letzter Absatz Wiener Kleingartengesetz 1996 gelten für die Errichtung von Gemeinschaftsanlagen ausschließlich die Bestimmungen der Bauordnung für Wien. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Bauordnung für Wien haben folgenden Wortlaut:

§ 71 in der Fassung LGBl. Nr. 91/2001:

"Bauten, die vorübergehenden Zwecken dienen oder nicht dauernd bestehen bleiben können, sei es wegen des bestimmungsgemäßen Zweckes der Grundfläche, sei es, weil in begründeten Ausnahmefällen die Baulichkeit den Bestimmungen dieses Gesetzes aus sachlichen Gegebenheiten nicht voll entspricht, kann die Behörde auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf bewilligen. Für sie gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes insofern nicht, als nach Lage des Falles im Bescheid auf die Einhaltung dieser Bestimmungen verzichtet worden ist. Der Bewilligung dürfen durch dieses Gesetz gegebene subjektiv-öffentliche Rechte nicht entgegenstehen und es darf die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen nicht vermindert werden, es sei denn, dass der Berechtigte der Bewilligung ausdrücklich zugestimmt hat oder keine Parteistellung (§ 134 Abs. 3) erlangt hat."

§ 134a in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 36/2001:

"(1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

...

e) Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;

...

(2) Bestimmungen gemäß Abs. 1 lit. e dienen dem Schutz der Nachbarn nur insoweit, als nicht ein gleichwertiger Schutz bereits durch andere Bestimmungen gegeben ist. Ein solcher gleichwertiger Schutz ist jedenfalls gegeben bei Emissionen aus Gebäuden, Gebäudeteilen oder baulichen Anlagen mit gewerblicher Nutzung im Industriegebiet, im Gebiet für Lager und Ladeflächen, in Sondergebieten, im Betriebsbaugebiet sowie im sonstigen gemischten Baugebiet, sofern auf sie das gewerberechtliche Betriebsanlagenrecht zur Anwendung kommt.

..."

Der Beschwerde liegt eine Baubewilligung gemäß § 71 BO zugrunde. Ein Nachbar kann (nur dann) durch bloße Verweigerung der Zustimmung eine Erteilung einer gemäß § 71 BO erfolgten Baubewilligung verhindern, wenn er durch das Bauvorhaben in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt würde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/05/0004).

In der Beschwerde wird ausgeführt, dass die belangte Behörde die "widmungsgemäße Verwendung" der Baugrundstücke nicht berücksichtigt bzw. die Bestimmung über die Widmung der Verwendung der Stellplätze falsch angewandt habe. Es sei evident, dass eine widmungsgemäße Verwendung der Baugrundstücke nicht gegeben und auch nicht vorgesehen sei. Die Parkplätze würden an die umliegenden Heurigenwirte und Stellplatzwerber vermietet werden. Die belangte Behörde hätte daher, wie von den Beschwerdeführern beantragt, die für die Parkplätze abgeschlossenen Mietverträge abfordern müssen. Da offensichtlich sei, dass keine Vermietung an die Kleingärtner erfolgen werde, sei die Berechnung der Immissionsbelastung nicht richtig, weil die Sachverständigen ihren Berechnungen zu geringe Frequenzen der auf den Stellplätzen verkehrenden PKWs zugrunde gelegt hätten. Jedenfalls sei nicht gewährleistet, dass eine Vermietung der Parkplätze nur an die Kleingärtner erfolgen werde.

§ 134a BO gewährt kein Recht auf Einhaltung der Widmungskategorie. Nach lit. e des ersten Absatzes dieses Paragraphen kann aber eingewendet werden, dass ein Vorhaben der Widmungskategorie widerspricht, wenn diese auch einen Immissionsschutz gewährleistet. Bei einer Bewilligung nach § 71 BO kann der Nachbar aber jedenfalls einwenden, dass durch das Bauvorhaben Beeinträchtigungen im Sinne des § 134a Abs. 1 lit. e BO entstehen, und damit die Bewilligungsfähigkeit wegen nicht nutzungskonformer Emissionen in Zweifel ziehen. Der Nachbar hat diesfalls einen Rechtsanspruch darauf, dass eine Baubewilligung nur dann erteilt wird, wenn an Emissionen nicht mehr zu erwarten ist, als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entsteht (vgl. die bei Moritz , BauO für Wien4 ((2009) Anm. zu § 134a Abs. 1 Seite 357 referierte hg. Judikatur, insbesondere das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0267).

Nach der oben wiedergegebenen Rechtslage dürfen auf den als Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet gewidmeten Baugrundstücken Stellplätze nur in Gemeinschaftsanlagen errichtet werden. Die Errichtung von Gemeinschaftsanlagen ist auf den im Bebauungsplan hiefür vorgesehenen Grundflächen zulässig.

Diese Voraussetzungen treffen für die Baugrundstücke zu.

Die Behörden haben die Bewilligung der Parkplätze mit den Rangierflächen als "Gemeinschaftsanlage für die umliegenden Kleingärten" erteilt. Mit dieser Formulierung im Bewilligungsbescheid wird zwar der im § 7 Abs. 3 Wiener Kleingartengesetz 1996 festgeschriebenen Gesetzeslage Rechnung getragen, dass in Kleingärten Stellplätze nur in Gemeinschaftsanlagen errichtet werden dürfen. Damit ist jedoch keineswegs festgelegt, dass die Stellplätze nur für die Bewohner und Benützer von Kleingärten vorgesehen sind. Vielmehr ergibt sich aus der Begriffsbestimmung der Gemeinschaftsanlagen im § 2 Abs. 4 Wiener Kleingartengesetz 1996, dass solche für das Abstellen von Fahrzeugen vorgesehenen Gemeinschaftsanlagen auch öffentlich zugänglich sein können und damit nicht nur für Bewohner und Benützer der umliegenden Kleingärten genutzt werden können. Daraus folgt, dass bei Prüfung der Fahrbewegungen auf den bewilligten Stellplätzen nicht nur von "Dauerparkern" - wie von den Sachverständigen angenommen - ausgegangen werden kann, vielmehr ist die zu erwartende Immissionsbelastung bei der Liegenschaft der Beschwerdeführer auf Grund der gegebenen Projektsunterlagen unter Berücksichtigung einer Nutzung öffentlich zugänglicher Stellplätze zu prüfen.

Die belangte Behörde hat zwar richtig erkannt, dass es sich bei einem Baubewilligungsverfahren nach § 8 Wiener Kleingartengesetz 1996 um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, bei dem die Zulässigkeit des Bauverfahrens auf Grund der eingereichten Pläne zu beurteilen ist; Gegenstand des Verfahrens ist das in den Einreichplänen und sonstigen Unterlagen dargestellte Projekt (vgl. hiezu das hg Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0191, m. w.N.). Sie hat aber verkannt, dass die vom Bauwerber eingereichten Projektsunterlagen keine Nutzungseinschränkung der Stellplätze wie von ihr angenommen vorsehen, diese vielmehr im Sinne des § 2 Abs. 4 Wiener Kleingartengesetz 1996 öffentlich genutzt werden können. Es kann damit nicht ausgeschlossen werden, dass durch umfangreichere Fahrbewegungen auf der gegenständlichen Gemeinschaftsanlage für die Beschwerdeführer Immissionsbelastungen entstehen, die auf Emissionen zurückzuführen sind, die - entgegen der bisher von den Sachverständigen vorgenommenen Berechnungen - die durch die Widmung vorgegebene zulässige Grenze überschreiten.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswirdrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 44 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am