VwGH vom 06.07.2010, 2009/05/0306

VwGH vom 06.07.2010, 2009/05/0306

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde des Dr. RL in B, vertreten durch Dr. Alfred Strobl, Rechtsanwalt in 1170 Wien, Hernalser Hauptstraße 141, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-24/004-2009, betreffend Abweisung eines Devolutionsantrages in einer Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde B), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. 1. Der Beschwerdeführer suchte am um die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Nr. 358/24, EZ ... der KG B, an; das Grundstück gehört ihm und seiner Ehegattin. Über dieses Ansuchen fand am eine Verhandlung statt, an der keiner der geladenen Nachbarn - weder die Eigentümer des an der Ostseite gelegenen Grundstückes H-Straße X, noch die Eigentümer des an der Westseite gelegenen Grundstückes H-Straße Y - teilnahmen. In der Bauverhandlung wurde festgehalten, dass zu beiden Seiten ein 3 m-Abstand eingehalten werde (das Grundstück ist 13 m breit, das Gebäude hat eine Breite von 7 m). In den seitlichen Bauwich ragen ostseitig ein Eingangsvorbau und westseitig ein Stiegenabgang in den Keller. An der Südseite des Hauses wird eine Terrasse ausgebildet, die im Mittel ca. 60 cm über "gewachsenes Niveau" reicht. Vom Sachverständigen wurden in der Verhandlung mehrere Auflagen formuliert, u.a., dass Niveauveränderungen auf dem Grundstück durch Aufschüttung nur im südlichen Terrassenbereich vorgesehen seien, wobei eine Anböschung so auszuführen sei, dass der Böschungsfuß rund 0,5 m von der Nachbargrundgrenze entfernt zu liegen komme und im Nahbereich der Grundgrenzen das gewachsene Niveau im Wesentlichen erhalten bleibe (späterer Auflagepunkt 3).

Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde die begehrte Baubewilligung. Im Bescheidspruch wird auf das Protokoll als Bestandteil dieser Bewilligung verwiesen und angeordnet, dass die Ausführung des Vorhabens nach Maßgabe der Sachverhaltsdarstellung und der Baubeschreibung sowie der mit einer Bezugsklausel versehenen Planunterlagen zu erfolgen habe.

2. Mit Bescheid vom trug der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Beschwerdeführer (und seiner Ehegattin) auf, das gesamte Wohngebäude binnen einer Frist von einem Jahr ab Rechtskraft dieses Bescheides zur Gänze abzubrechen und das ursprüngliche Niveau des Grundstückes wieder herzustellen. In der Begründung dieses Bescheides wurde zunächst ein Gutachten des Dipl. Ing. K. wörtlich wiedergegeben und darauf hingewiesen, dass mehrfach Parteiengehör gewährt worden sei und dass mehrere Fristen für ein entsprechendes Bauansuchen eingeräumt worden wären. Ein Bauansuchen liege aber nicht vor. Ausgehend von den festgestellten wesentlichen Abweichungen von der ursprünglichen baubehördlichen Bewilligung und der Weigerung, einen entsprechenden Antrag samt Planunterlagen einzureichen, hätte ein Abbruchauftrag nach § 35 Abs. 2 Z. 3 zweiter Fall NÖ Bauordnung 1996 (BO) erteilt werden müssen. Die dagegen erhobene Berufung wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom ab. Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab.

Mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0001, wurde dieser Bescheid der Vorstellungsbehörde mit der Begründung aufgehoben, dass ein Abweichen vom Konsens nach § 33 Abs. 2 BO ohne das exakte Feststehen der tatsächlichen Ausführung nicht beurteilt werden könne. In der Baubewilligung werde kein Bezug auf das Straßenniveau H-Straße genommen, sodass dieses Straßenniveau nicht für die Beurteilung herangezogen werden könne. Sollte sich jedoch herausstellen, dass sich die Erdgeschoss-Fußbodenoberkante tatsächlich nicht 70 cm, sondern 85 cm über dem westseitig an das Kellerschachtgitter anschließende Gelände befinde und insofern eine Abweichung von der Baubewilligung gegeben sei, sei eine sachverständige Beurteilung dahingehend, ob damit die Standsicherheit oder der Brandschutz beeinträchtigt werden könne, unerlässlich.

II. Auf Grund des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom erließ die Niederösterreichische Landesregierung am einen Vorstellungsbescheid, mit dem sie der Vorstellung Folge gab, den angefochtenen Bescheid behob und zur neuerlichen Entscheidung an die Marktgemeinde B zurückverwies.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde B vom wurde der Berufung Folge gegeben, der Bescheid des Bürgermeisters gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Baubehörde erster Instanz zurückverwiesen.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom Folge gegeben, der bekämpfte Bescheid wurde behoben und zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der Marktgemeinde B zurückverwiesen, weil die belangte Behörde die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AVG nicht als gegeben ansah.

Der Beschwerdeführer erhielt ein mit datiertes Schreiben des Gemeindevorstandes, das ihm am durch Hinterlegung zugestellt wurde, mit welchem ihm mitgeteilt worden war, dass das auf Grund des ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes erforderliche Gutachten durch den Amtssachverständigen für Bauwesen des NÖ Gebietsbauamtes X, Herrn Dipl. Ing. WP, erstattet werde. Der Sachverständige werde den für die Gutachtenserstellung erforderlichen Lokalaugenschein am Mittwoch, dem , 9.30 Uhr, an Ort und Stelle abhalten.

In seiner mit datierten Äußerung teilte der Beschwerdeführer der Behörde mit, dass seiner Meinung nach für ein weiteres bautechnisches Gutachten keine Notwendigkeit bestehe. Entgegen der Auffassung der Behörde habe weder der Verwaltungsgerichtshof noch die NÖ Landesregierung den Auftrag erteilt, ein Gutachten erstellen zu lassen. Es werde weiters die Unabhängigkeit des Dipl. Ing. P bezweifelt und eine Gutachtenserstellung durch ihn abgelehnt. Auch sei der Termin zu kurzfristig festgelegt worden; er und seine Ehefrau hätten das Schreiben erst am erhalten, sie könnten den vorgeschlagenen Termin aus beruflichen Gründen nicht wahrnehmen. Die zeitliche Verhinderung habe er Dipl. Ing. P und Herrn Gemeinderat Z sogleich am mitgeteilt. Es sei ihm auch vom Vizebürgermeister die vollständige Akteneinsicht verwehrt worden und müsste ihm und seiner Gattin vor einer etwaigen Fortsetzung des Verfahrens vollständige Akteneinsicht gewährt werden.

Am stellte der Beschwerdeführer einen bei der Behörde am nächsten Tag eingelangten Devolutionsantrag an den Gemeinderat der Marktgemeinde B als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, da seit der Entscheidung der NÖ Landesregierung vom über sechs Monate vergangen seien und der Gemeindevorstand seiner Entscheidungspflicht nicht nachgekommen sei.

III. Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der Marktgemeinde B diesen Devolutionsantrag des Beschwerdeführers gemäß § 73 Abs. 1 und 2 AVG ab. Begründend wurde ausgeführt, aus der Entscheidung der Vorstellungsbehörde sei eindeutig abzuleiten, dass ein Gutachten eines bautechnischen Sachverständigen einzuholen sei. Der Gemeindevorstand habe entsprechend dieser Anordnung ein derartiges Verfahren eingeleitet und die Einholung eines Gutachtens organisiert. Seitens des Inhabers der Baulichkeit sei die Möglichkeit der Einholung des Gutachtens "vereitelt" worden. So sei es zwar nachvollziehbar, dass jemand nicht in der Lage sei, einen vorgegebenen Termin einzuhalten und wäre eine einfache Terminverschiebung auch problemlos möglich gewesen. Es müsse jedoch festgehalten werden, dass der Beschwerdeführer "sowohl die Person des Sachverständigen, die ihm ausdrücklich bekannt war, als auch die Gutachtenseinholung selbst verweigert" habe. Der Devolutionswerber selbst habe somit eine Handlung gesetzt, die den weiteren Fortgang des Verfahrens verzögere bzw. verhindere. Es sei daher zusammenfassend festzuhalten, dass den Gemeindevorstand an der Nichtentscheidung überhaupt kein Verschulden treffe, sondern dieses ausschließlich beim nunmehrigen Beschwerdeführer gelegen sei. Es könne aber nicht Sinn und Zweck von Verfahrensvorschriften sein, dass der Betroffene selbst die Verfahrenshandlung vereitle und in der Folge die Säumigkeit der Behörde geltend mache. Daher erweise sich der Devolutionsantrag als unbegründet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt II.; in Spruchpunkt I. wurde die Vorstellung seiner Ehefrau als unzulässig zurückgewiesen). Begründend führte die belangte Behörde aus, es stehe auf Grund der Aktenlage fest, dass der gegenständliche Devolutionsantrag nach Ablauf der sechsmonatigen Entscheidungsfrist gestellt worden sei, weshalb zu prüfen gewesen sei, ob ein "überwiegendes Verschulden" des Gemeindevorstandes anzunehmen sei. Es überwiege das Verschulden des nunmehrigen Beschwerdeführers an der Verzögerung, da er in seinem Schreiben die Gutachtenserstellung durch einen anderen Sachverständigen verlangt, darüber hinaus die Notwendigkeit eines Gutachtens überhaupt verneint und bekannt gegeben habe, er könne den vorgesehenen Termin aus beruflichen Gründen nicht wahrnehmen. Weiters habe er auch die Gewährung vollständiger Akteneinsicht vor Erstellung des Gutachtens gefordert. Zwar hätte die Behörde weitere Termine vorschlagen und bei Nichteinigung eine Verpflichtung gemäß § 33 Abs. 3 BO mit Bescheid aussprechen können, doch hätten all diese Verfahrensschritte ebenfalls zu einer Verzögerung des Verfahrens geführt. Der Beschwerdeführer habe mit seinem Schreiben deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es vor Gewährung vollständiger Akteneinsicht und Auswahl eines anderen Sachverständigen zu keiner Fortsetzung des Verfahrens und somit zu keiner Befundaufnahme in seinem Wohnhaus kommen werde, weshalb das hauptsächliche Verschulden für die Verzögerung bei ihm selbst gelegen sei. Der Behörde könne allenfalls vorgeworfen werden, dass sie nach dem Schreiben des Beschwerdeführers nicht versucht habe, einen neuen Termin zu vereinbaren, dieser Versuch sei jedoch auf Grund des Schreibens des Beschwerdeführers unterblieben.

IV. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und - in eventu - Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer führt aus, die Verfahrensverzögerung beruhe ausschließlich auf dem Verschulden der Behörde (Gemeindevorstand). Der Gemeindevorstand sei, bis auf das Schreiben vom , sieben Monate lang untätig gewesen (vom Bescheid der NÖ Landesregierung vom an bis zur Stellung des Devolutionsantrages am ). Der Beschwerdeführer habe hingegen unverzüglich auf das Schreiben reagiert und mitgeteilt, zu dem vorgesehenen Termin aus beruflichen Gründen verhindert zu sein.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Marktgemeinde - eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Beschwerdeabweisung beantragte.

V. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Verfahrensgegenständlich ist der vom Beschwerdeführer gestellte Devolutionsantrag und die Frage, ob die Verzögerung des Verfahrens auf ein "überwiegendes" Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Die relevante Bestimmung der NÖ Gemeindeordnung 1973 über die Vorstellung lautet:

(1) Wer durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen, von der Zustellung des Bescheides an gerechnet, dagegen eine mit einem begründeten Antrag versehene Vorstellung bei der Aufsichtsbehörde erheben. Ein letztinstanzlicher Bescheid eines Gemeindeorganes hat den Hinweis zu enthalten, dass gegen den Bescheid innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung eine mit einem begründeten Antrag versehene Vorstellung bei der Aufsichtsbehörde erhoben werden kann. Der Hinweis muss sich auch auf das Erfordernis der Schriftlichkeit und die zulässigen Einbringungsstellen erstrecken.

(...)

(4) Die Aufsichtsbehörde hat den Bescheid, wenn durch ihn Rechte des Einschreiters verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.

Nach § 73 Abs. 1 AVG sind Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge der Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht gemäß § 73 Abs. 2 AVG auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde (...) über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (...) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Nach § 73 Abs. 2 AVG in der nunmehrigen Fassung der AVG-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 158/1998, genügt ein "überwiegendes Verschulden" der Behörde an der Verzögerung; es ist somit - gegebenenfalls - das Verschulden der Partei an der Verzögerung gegen jenes der Behörde abzuwägen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/10/0153).

Der Begriff des Verschuldens der Behörde nach § 73 Abs. 2 AVG ist nicht im Sinne eines Verschuldens von Organwaltern der Behörde, sondern insofern "objektiv" zu verstehen, als ein solches "Verschulden" dann anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war (vgl. dazu u.a. das hg. E vom , Zl. 2006/05/0145).

Unbestritten steht fest, dass im vorliegenden Fall die sechsmonatige Entscheidungsfrist überschritten wurde. Mit Vorstellungsbescheid vom wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand zurückverwiesen; dieser Bescheid ist bei der mitbeteiligten Marktgemeinde am eingelangt. Es ergibt sich aus den Verwaltungsakten an verfahrenswesentlichen Handlungen der Behörde einzig und allein, dass der Gemeindevorstand den Beschwerdeführer mit Schreiben vom darüber in Kenntnis setzte, dass ein Bausachverständiger bestellt worden und für den Lokalaugenschein der vorgesehen sei. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am durch Hinterlegung zugestellt. Daraufhin richtete der Beschwerdeführer seinerseits ein mit datiertes Schreiben an den Gemeindevorstand, in dem er unter anderem ausführte, er sei am vorgesehenen Termin, da die Terminvorgabe so knapp erfolgt sei, nunmehr berufsbedingt verhindert. Daraufhin unternahm die Behörde bis zur Stellung des Devolutionsantrages durch den Beschwerdeführer am keine weitere Verfahrenshandlung mehr.

Die belangte Behörde vertritt nun im angefochtenen Bescheid die Auffassung, das "ausschließliche" Verschulden an der Verzögerung des Verfahrens treffe den Beschwerdeführer selbst, da er zum vorgeschlagenen Termin keine Zeit gehabt habe. Man könne dem Gemeindevorstand, wenn überhaupt, allenfalls vorwerfen, dass er keinen neuen Termin vorgeschlagen habe.

Der Beschwerdeführer hingegen ist der Auffassung, er sei durch den angefochtenen Bescheid deswegen in seinen Rechten verletzt, da die Gemeindebehörde bis auf das Verfassen eines einzigen Schreibens 6 1/2 Monate lang untätig geblieben sei. Das überwiegende Verschulden liege sohin bei der Behörde.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits (mehrfach) darin, dass die Behörde die für eine zügige Verfahrensführung nötigen weiteren Verfahrensschritte unterlässt, wie auch bei grundlosem Zuwarten, ein überwiegendes Verschulden der Behörde angenommen (vgl. dazu u. a. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/07/0141, vom , Zl. 2006/05/0145, und vom , Zl. 2006/05/0262). Gleiches gilt für die Abhaltung von behördeninternen Besprechungen über Sachverhalte außerhalb des Verfahrensinhaltes oder wenn die Behörde erst nach Verstreichen von mehr als zwei Drittel der gesetzlich vorgesehenen Entscheidungspflicht erstmals zielführende Verfahrensschritte setzt (vgl. dazu ebenfalls Hengstschläger/Leeb , AVG Kommentar, (2007), 4. Teilband, Rz 130).

Aus den Verwaltungsakten ist nicht nachvollziehbar und blieb von der belangten Behörde auch unbeantwortet, warum der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde mit der (Weiter )Führung des Verfahrens so lange zuwartete, ohne irgendeine relevante Verfahrenshandlung zu setzen. Erst im Jänner 2009 wurde er verfahrensbezogen tätig, indem er ein einziges Schreiben an den Beschwerdeführer versandte, dessen Inhalt die Mitteilung über die Bestellung eines Sachverständigen bzw. die Bekanntgabe eines Termins zum Lokalaugenschein war. In dem von der Behörde mehrfach zitierten Schreiben des Beschwerdeführers vom führt der Beschwerdeführer zwar aus, er halte ein weiteres Gutachten für nicht notwendig bzw. er habe Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen. Es findet sich darin aber kein Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer eine Befundaufnahme auf seinem Grundstück verweigere; es ergibt sich daraus auch nicht, dass vom Beschwerdeführer ein weiterer Verhandlungstermin ebenfalls nicht wahrgenommen werde.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann die vom Gemeindevorstand gewählte Vorgehensweise im Sinn der oben dargelegten Rechtslage nur als ein sie treffendes überwiegendes Verschulden im Sinn des § 73 Abs. 2 AVG beurteilt werden. Die Verzögerung der Entscheidung im Sinn des § 73 Abs. 2 AVG hat allein die Behörde zu verantworten. Sie hat ab Einlangen des Vorstellungsbescheides am das hiefür erforderliche Verfahren nicht zügig, sondern erwiesenermaßen überhaupt nicht betrieben, weil sie bis zum keine konkreten, das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen gesetzt hat. Warum sie bis zu diesem Zeitpunkt völlig untätig geblieben ist, sucht die Behörde im gesamten Verfahren nicht einmal zu begründen. Die bloße Vermutung der Behörde, der Beschwerdeführer hätte einer neuerlichen Terminvereinbarung ohnehin nicht zugestimmt, ist rein spekulativer Natur.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag angesichts des vorliegenden Sachverhaltes ein Verschulden des Beschwerdeführers allein in der Tatsache, dass er vorbrachte, er habe am ihm vorgeschlagenen Termin wegen seiner Berufstätigkeit keine Zeit, nicht zu erblicken.

Dadurch, dass die belangte Behörde von einem "ausschließlichen Verschulden" des Beschwerdeführers ausging, hat sie ihre Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am