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VwGH vom 22.06.2006, 2006/21/0109

VwGH vom 22.06.2006, 2006/21/0109

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2006/21/0110

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerden der mj. C und der O sowie des E, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom , Zl. Fr 748/2004 (die Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin betreffend), und vom , Zl. Fr 747/2004 (den Drittbeschwerdeführer betreffend), jeweils wegen Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit den zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Beschwerdeführer - nigerianische Staatsangehörige, Zweit- und Drittbeschwerdeführer sind verheiratet und Eltern des Erstbeschwerdeführers - gemäß den §§ 31, 53 Abs. 1, 66 Abs. 1 und 125 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, aus dem Bundesgebiet aus. Sie begründete dies damit, dass die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer am illegal in das Bundesgebiet eingereist seien und um Gewährung von Asyl angesucht hätten. Die Asylanträge seien seit rechtskräftig abgewiesen. Auch das Asylverfahren der (in Österreich geborenen) Erstbeschwerdeführerin sei negativ abgeschlossen. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Behandlung der von der Zweitbeschwerdeführerin und vom Drittbeschwerdeführer gegen die Asylbescheide erhobenen Beschwerden abgelehnt. Sämtliche Beschwerdeführer hielten sich nunmehr unberechtigt im Bundesgebiet auf, weil sie über keine Bewilligung "nach dem Asyl- oder Fremdengesetz" verfügen würden.

Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß, die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Da keine Umstände ersichtlich seien, die gegen die Ausweisung sprächen, könne der Ansicht der Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, dass die Erstbehörde bei pflichtgemäßer Ermessensausübung von der Erlassung der Ausweisung hätte Abstand nehmen müssen. Die persönlichen Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib in Österreich seien angesichts des noch keineswegs langen Aufenthaltes nicht so stark ausgeprägt, dass sie schwerer zu gewichten wären als das maßgebliche öffentliche Interesse. Da sich sämtliche Beschwerdeführer und ein weiteres Kind im Bundesgebiet aufhielten, komme es durch die Ausweisung zu einem relevanten Eingriff in ihr Familienleben. Dieser sei jedoch dadurch relativiert, dass alle Beschwerdeführer unrechtmäßig aufhältig seien und das Bundesgebiet verlassen müssten. Dass die Beschwerdeführer sich in Österreich "vorbildlich verhalten" hätten und in keiner Weise auffällig geworden seien, könne nicht zu Gunsten der Fremden ausschlagen. Auf ein weiteres, zum unrechtmäßigen Aufenthalt hinzutretendes, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit beeinträchtigendes Verhalten des Fremden komme es nicht an.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Bescheide erhobenen verbundenen Beschwerden erwogen:

Die Feststellungen in den angefochtenen Bescheiden werden nicht bekämpft. Die Beschwerdeführer behaupten auch nicht, dass sie sich auf einen der Gründe des § 31 FPG für eine Rechtmäßigkeit ihres inländischen Aufenthaltes berufen könnten. Somit hegt der Gerichtshof keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei.

Gemäß § 66 Abs. 1 FPG ist eine Ausweisung, würde dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukommt. Es besteht keine Veranlassung, diesen in ständiger Rechtsprechung zum Fremdengesetz 1997 (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zlen. 2001/21/0141 bis 0144) dargelegten Grundsatz nicht auch in den Anwendungsbereich des FPG zu übernehmen. Dies trifft auch auf die Überlegung zu, dass ein (sonstiges) Wohlverhalten der Fremden deren Interesse an einem Verbleib in Österreich nicht wesentlich verstärken könne (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2003/21/0085 ua.).

Dem aufgezeigten öffentlichen Interesse steht der nicht sehr lange Aufenthalt der Beschwerdeführer im Inland gegenüber. Ein offenes Asylverfahren der Familienmitglieder wird nicht behauptet. (Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschlüssen vom , Zlen. 2004/01/0258 und 2004/01/0259, die Behandlung der Asylbeschwerden der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers abgelehnt.)

Mit dem Vorwurf unzureichender Ermittlungen bringen die Beschwerdeführer vor, dass ihr Aufenthalt in Österreich finanziell abgesichert sei, sie ein homogenes Familienleben führen würden und der Drittbeschwerdeführer durch Verkauf der Zeitung "Megaphon" monatlich zumindest EUR 200,-- bis EUR 300,-- ins Verdienen bringe. Mit dem weiteren Vorbringen, dass die Familie "von Seiten der Caritas Graz Unterstützungszahlungen" erhalte, wird aber nicht nur die "finanzielle Absicherung" relativiert, sondern auch die angesprochene Integration - zu der die Selbsterhaltungsfähigkeit zählt - stark gemindert.

Die weitere Beschwerdebehauptung, dass die Ausbildungsmöglichkeiten für Kinder in Österreich besser seien als im Heimatland der Beschwerdeführer, ist nicht relevant. Dieser Umstand kann für sich die persönlichen Interessen eines Fremden an einem Verbleib in Österreich nicht maßgeblich verstärken.

Insgesamt durfte die belangte Behörde somit die Ausweisung der Beschwerdeführer als dringend geboten nach § 66 Abs. 1 FrG beurteilen.

Eine "Interessenabwägung" nach § 66 Abs. 2 FPG ist bei einer auf § 53 Abs. 1 FPG gestützten Ausweisung nicht vorzunehmen. Entgegen der Mängelrüge in den Beschwerden hat die belangte Behörde die Beurteilung nach § 66 Abs. 1 FPG nachvollziehbar begründet.

Weiters lasten die Beschwerdeführer der belangten Behörde eine "antizipierende Beweiswürdigung" an, legen aber nicht dar, auf welche Feststellung dies nach Meinung der Beschwerden zutreffe.

Letztlich sprechen die Beschwerden das der belangten Behörde eingeräumte Ermessen an. Es trifft zu, dass § 53 Abs. 1 FPG ebenso wie die Vorgängerbestimmung des § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 der Behörde die Möglichkeit einräumt, in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens von der Erlassung einer Ausweisung abzusehen. Für die Ausübung dieses Ermessens ist - ebenso wie bei der Frage der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes - nicht bloß das Gewicht der privaten und familiären Interessen des betroffenen Fremden von entscheidender Bedeutung. Die Behörde hat vielmehr bei ihrer Ermessensentscheidung in Erwägung zu ziehen, ob und wenn ja welche Umstände im Einzelfall vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung für und gegen die Ausweisung sprechen. Sie hat dabei den für ihre Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt unter entsprechender Wahrung des Parteiengehörs (§ 45 AVG) festzustellen und in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Gesetz erforderlich ist (vgl. zum Fremdengesetz 1997 das bereits zitierte Erkenntnis Zlen. 2001/21/0141 bis 0144).

Die vorliegenden Umstände sind jedoch nicht so gelagert, dass die belangte Behörde bei pflichtgemäßer Ermessensübung von der Ausweisung hätte Abstand nehmen müssen. Dafür sprechen weder die letztlich unbegründeten Asylanträge der Beschwerdeführer noch der gemeinsame - jedoch unrechtmäßige - inländische Aufenthalt. Der Behauptung, dass Anregungen "auf Erteilung der humanitären Aufenthaltsbewilligung" weiter geleitet worden seien, kommt in keiner Weise Relevanz zu.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass den angefochtenen Bescheiden die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am