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VwGH vom 20.12.2013, 2013/21/0146

VwGH vom 20.12.2013, 2013/21/0146

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des TL in S, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid des Österreichischen Generalkonsulats Shanghai vom , betreffend Verweigerung eines Visums, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der 1984 geborene Beschwerdeführer, ein chinesischer Staatsangehöriger, stellte am beim Österreichischen Generalkonsulat Shanghai den formularmäßigen Antrag auf Erteilung eines für 15 Tage gültigen "Schengen-Visums". Als Zweck der Reise wurde "Tourismus" angekreuzt, als "einladende Person" gab der Beschwerdeführer einen österreichischen Reiseveranstalter an. Seine "derzeitige berufliche Tätigkeit" beschrieb er im Antrag mit "Freelance (Driver, Internation shopping instructor by internet)".

Das genannte Generalkonsulat (die belangte Behörde) wies den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom unter Verwendung des im Visakodex (Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über einen Visakodex der Gemeinschaft) vorgesehenen Formblattes ab. In diesem waren die Textfelder Punkt 3. ("Sie haben nicht den Nachweis erbracht, dass Sie über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts oder für die Rückkehr in Ihren Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat verfügen, in dem Ihre Zulassung gewährleistet ist, oder Sie sind nicht in der Lage, diese Mittel rechtmäßig zu erlangen."), Punkt 8. ("Die vorgelegten Informationen über den Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts waren nicht glaubhaft.") und Punkt 9.("Ihre Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, konnte nicht festgestellt werden.") angekreuzt.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Durch das Ankreuzen der erwähnten Textfelder im zur Entscheidung herangezogenen Formblatt nahm die belangte Behörde auf die entsprechenden Gründe für die Visumverweigerung nach Art. 32 Abs. 1 lit. a sublit ii und iii sowie Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex Bezug. Warum sie zu diesem Ergebnis gelangte, ist allerdings aus den vorgelegten Verwaltungsakten - von der Erstattung einer Gegenschrift sah die belangte Behörde im Übrigen ab - nicht nachvollziehbar. Einer derartigen Nachvollziehbarkeit hätte es jedoch auch im Anwendungsbereich des hier heranzuziehenden Visakodex bedurft. Außerdem wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, dem Beschwerdeführer vor Abweisung seines Antrags ausreichend konkret Parteiengehör zu gewähren (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/21/0057, Punkt 2.3. der Entscheidungsgründe).

Was die letztgenannte Verpflichtung anlangt, so ist den Verwaltungsakten jedoch nur die Erteilung eines Verbesserungsauftrages vom zu entnehmen, demzufolge der Beschwerdeführer eine elektronische Verpflichtungserklärung des von ihm genannten Reiseveranstalters beizubringen habe. Außerdem wurde er durch Ankreuzen entsprechender Textfelder aufgefordert, den "Nachweis ausreichender finanzieller Mittel (Bankauszug der letzten sechs Monate, Sparbuch, ...)", eine "Anzahlungsbestätigung für die Unterkunft in Österreich aus Österreich " sowie einen "Nachweis der Rückkehrbereitschaft (Verwurzelung im Heimatland)" vorzulegen.

Den Verwaltungsakten ist weiter zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer dem erstgenannten Auftrag nachkam; in den Akten erliegt eine bei der belangten Behörde am eingelangte elektronische Verpflichtungserklärung des Reiseveranstalters. Außerdem erliegen in den Akten u.a. - das Datum des Einlangens ist nicht angemerkt - eine Reisebeschreibung samt diversen Reiseunterlagen sowie (jeweils in Kopie und in englischer Übersetzung) Bestätigungen, wonach der Beschwerdeführer mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt lebt, Zulassungsbesitzer eines VW Santana (Baujahr 2009?) und Eigentümer einer Ferienwohnung ist.

Insbesondere vor dem Hintergrund der vorgelegten Verpflichtungserklärung ist es zunächst nicht einsichtig, warum es im Sinn von Art. 32 Abs. 1 lit. a sublit iii Visakodex dem Beschwerdeführer an den erforderlichen Mitteln fehlen sollte. Bedenken an der Stichhaltigkeit der von einem österreichischen Reiseveranstalter abgegebenen Verpflichtungserklärung sind auf Basis der vorgelegten Verwaltungsakten jedenfalls nicht auszumachen. Vor dem Hintergrund dieser Verpflichtungserklärung ist aber auch nicht zu sehen, warum die Angaben des Beschwerdeführers über eine geplante 15-tägige Urlaubsreise nach Österreich nicht glaubhaft seien bzw. warum Zweifel an der Wiederausreiseabsicht des Beschwerdeführers bestehen sollen. Dies umso mehr, als nach der Aktenlage sehr wohl Anhaltspunkte für eine Verwurzelung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland bestehen (siehe die oben genannten Nachweise), auch wenn - wie von einem Mitarbeiter der belangten Behörde handschriftlich am Antragsformular festgehalten - "keine Nachweise für berufliche Tätigkeit" vorgelegt wurden. Dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Zweifel an der von ihm angegebenen freiberuflichen Tätigkeit ordnungsgemäß vorgehalten hätte, ist den vorgelegten Verwaltungsakten aber ohnehin nicht zu entnehmen.

Zusammenfassend ergibt sich damit, dass der bekämpfte Bescheid an wesentlichen Verfahrensmängeln leidet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der in der Beschwerde beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 und 6 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das über den Pauschbetrag nach dieser Verordnung hinausgehende Begehren für Schriftsatzaufwand war abzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
EAAAE-87969