VwGH vom 15.05.2012, 2009/05/0235
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde 1. der Dipl.-Ing. E G, 2. der Mag. A P und 3. des Dipl.- Ing. K P, alle in O, alle vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IKD(BauR)-013932/3-2008-Um/Vi, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde O), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit Schreiben vom suchten die Beschwerdeführer um Erteilung einer Baubewilligung für den Abbruch bestehender Gebäude und den Neubau eines Doppelwohnhauses auf einem näher bezeichneten Grundstück im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde an.
Die Bürgermeisterin der mitbeteiligten Gemeinde zog mit Schreiben vom den beim Amt der Oö. Landesregierung eingerichteten Ortsbildbeirat bei.
Am hielt der Ortsbildbeirat für Oö. N - bestehend aus den drei ständigen Mitgliedern Dipl. Ing. F. als vorsitzendem Landesbeamten, Mag. L. als Träger des Landeskulturpreises für Architektur und Dipl. Ing. Z. als von den Bezirksbauämtern vorgeschlagenem Fachmann für Baufragen - eine Sitzung ab. Dem diesbezüglichen Sitzungsprotokoll vom zufolge führten die ständigen Mitglieder, die Bürgermeisterin als nicht ständiges Mitglied des Ortsbildbeirates und sechs näher bezeichnete Auskunftspersonen einen gemeinsamen Ortsaugenschein und eine abschließende Besprechung durch. Im Anschluss daran erstatteten die ständigen Mitglieder des Ortsbildbeirates einen "Befund samt Gutachten", in dem es (auszugsweise) heißt:
"(...) Auf der Baufläche (...) in der Größe von 227 m2 soll ein dreigeschossiges Wohnhaus mit ausgebautem Dachraum errichtet werden. Zwei Wohnungen in symmetrischer Anordnung sind vorgesehen. Über dem ausgebauten Dachraum ist die Errichtung zweier Dachterrassen geplant. Die Ansicht zur L Straße soll im Erdgeschoß zwei PKW-Stellplätze hinter Glasschiebewänden ausweisen. Die beiden Wohnungseingänge sind an den außen gelegenen Brandwänden vorgesehen. Die um etwa 63 cm zurückgesetzte Fassadenebene mit Einfahrtsöffnungen und Eingängen soll im mittleren Bereich auch ins 1. und 2. Obergeschoss fortgeführt werden. Etwa 2 1/2- geschossig ist zum Straßenraum hin die Errichtung einer hochrechteckig ausgeformten Blendwand unter Einbeziehung von sogenannten 'Nostalgierelikten' (Scheintüre bzw. Scheinfenster) vorgesehen. Von der Höhe der Erdgeschossdecke an soll dieses Element aus gelb bedrucktem Glas hergestellt werden. Ähnlich verkleidet sollen die beiden um ca. 1/2 Meter vor die Fassade ragenden Erker mit runden Scheinöffnungen allerdings in blauer Farbgebung ausgeführt werden. Ein Großteil der Straßenfassade und die durch kleinformatige Balkone gegliederte Hoffassade soll mittels hell verputztem Vollwärmeschutz verkleidet werden. Die beidseits vorgesehenen Kunststoff-Alufenster sollen außen silbern, d. h. etwas dunkler als die graue Fassadenfarbe in Erscheinung treten. Alle weiteren Angaben sind den Einreichunterlagen zu entnehmen.
(...)
Die Eingriffswirkung in das Ortsbild von O durch eine plangemäße Ausführung lt. Einreichplan ist wie folgt zu erwarten:
Wie von den Planern in einer Ansicht der L Straße im Gesamtzusammenhang im Maßstab 1:200 dargestellt, würde die geplante Traufkante jene der beiden Nachbarobjekte um etwa ein Geschoss überragen. Damit würden die beiden den Bauplatz seitlich begrenzenden Feuermauern deutlich sichtbar. Die südwestliche Feuermauer liegt in einem Abstand von etwa 30 m vom O Stadtplatz und würde das Erscheinungsbild des Ortskerns wesentlich beeinflussen. (...)
Der Beurteilungsbereich umfasst nach fachlicher Meinung des Ortsbildbeirates jenen Teil des O Ortskerns, der durch Straßen- bzw. Platzräume verbunden und von dem aus das Objekt ohne weitere Hilfsmittel sichtbar ist. Dazu gehört ein Teil des Marktplatzes und jener Teil der L Straße, der bis zum nordöstlich den Straßenraum abschließenden Gasthaus zusammenhängend erscheint. In den Aufnahmen 1 und 2 wird der genannte Abschnitt der L Straße von den Schmalseiten aus dargestellt. Weiters ist in den Aufnahmen 3 und 4 der anschließende Marktplatz mit seiner gebauten Struktur ersichtlich. Die engere Nachbarschaft des Gegenstandsobjekts ist außerdem in der Aufnahme 5 zu sehen. Der südwestlich an das Gegenstandsobjekt anschließende Teil des Gebäudes auf Baufläche 86 wird in der Aufnahme 6 gezeigt. Das Nachbargebäude im nordöstlichen Anschluss auf Baufläche 83 sowie ein Anschnitt des nächst gelegenen Hauses ist in der Aufnahme 7 ersichtlich. Der Beurteilungsbereich wurde vom Ortsbildbeirat in einem Auszug aus der Digitalen Katastralmappe 1:1000 dargestellt (Aufnahme 8). Dieser Bereich ist auch im Luftfoto auf der Aufnahme 9 ersichtlich.
Die Objekte im Beurteilungsbereich sind durch überwiegend geschlossene Bebauung, verputzte Lochfassaden überwiegend in Pastellfarben, durch größtenteils geschlossene Dachflächen und zwei bzw. maximal drei Vollgeschosse gekennzeichnet. Ein Teil der Objekte weist im Erdgeschoss größere verschiedenartige Öffnungen auf, die zum Teil als Schaufenster genutzt werden und lediglich teilweise Bezug auf die Fensterachsen des Obergeschosses bzw. der Obergeschosse nehmen. Dabei fällt auf, dass die Außenkanten jener Schaufenster geringfügig vor der übrigen Straßenfassade sitzen; manches Schaufenster, wie jenes im Nachbarhaus (...) ragt in den Straßenraum vor, weil das Schaufenster vor der Hausfassade angeordnet wurde (siehe auch die Aufnahme 6). Ein Rücksprung der Schaufensterebene, wie er in der Aufnahme 3 (...) ersichtlich ist, ist in wenigen Fällen als Gestaltungsmittel angewandt worden. Allerdings wurden wie im genannten Fall im Erdgeschoss zum Marktplatz hin mindestens 4 Pfeiler mit tragender Wirkung angeordnet. Diese Pfeiler sind auch optisch wirksam und verhindern, dass die Wandflächen des Obergeschosses ohne optischen Halt auskommen müssen.
Die Wirkung bzw. das Erscheinungsbild des bestehenden Hauses (...) ist (...) durch eine Einfügung des Objektes bezüglich der Traufhöhe in die geschlossene Bebauung der Nachbarobjekte gekennzeichnet. Weiters ist die Wandebene des ersten Obergeschosses bündig zwischen jene der beiden Nachbarobjekte gesetzt worden. (...) Für die übrigen oben angeführten Merkmale der Straßenfassade des Hauses Linzer Straße gilt, dass sie sich einwandfrei in die Umgebung einfügen und das Gebäude insgesamt als unauffälliges weitgehend harmonisch gestaltetes Element im Beurteilungsbereich zu bezeichnen ist.
(...)
Wie im oben angeführten Befundteil beschrieben, ist das Einreichprojekt durch folgende Elemente in der Straßenansicht bzw. aus der Vogelschau gekennzeichnet:
( Im Folgenden wird in sechs Punkten das Einreichprojekt näher beschrieben)
Die Bewertung der zu erwartenden Einfügung in die bauliche Umgebung der L Straße lautet zusammengefasst wie folgt:
a) Das Objekt missachtet die Traufenhöhen der Nachbargebäude und überragt sie um circa 3 Meter.
b) Die Feuermauern des Objekts treten sowohl vom Marktplatz aus als auch vom östlichen Teil der L Straße aus massiv in Erscheinung.
c) Die Ordnungssysteme der beiden Nachbarobjekte, welche vor allem horizontal gegliedert erscheinen, werden durch das geplante Objekt nicht weiter geführt. Vielmehr ist eine spezielle Gestaltungsabsicht, welche ein Überkreuzen von horizontalen und vertikalen Wandgliedern vorsieht, mit bisher im Beurteilungsbereich unbekannter, d.h. fremdartiger Wirkung zu erkennen. Besonders auffallend sind jene von der Traufe abgehängten Erker, welche vor die mittlere Fassadenebene deutlich vortreten sollen.
d) Die tragenden Teile des Erdgeschosses, die für den Betrachter ohne weiteres sichtbar sind, wurden auf zwei Randpfeilern mit je 50 cm Breite reduziert.
e) Die Fassade wird mit bisher im Straßenzug und darüber hinaus im Ortsbild nicht vorhandenen Gliederungselementen stark überfrachtet.
f) Aufgrund der im Dachbereich vorgesehenen Fensterelemente ist eine bisher im Beurteilungsbereich kaum zu erkennende gestalterische Unruhe, vor allem im Fall der geöffneten Fenster, zu erwarten.
Die ständigen Mitglieder des Ortsbildbeirates sind der Auffassung, dass eine einwandfreie Einfügung des Objekts in die Umgebung daher nicht zu erwarten ist und können deshalb die Erteilung einer Baubewilligung wegen Widerspruchs zu den Bestimmungen des § 3 Ziffer 5 des Oö. Bautechnikgesetzes in der geltenden Fassung fachlich nicht vertreten. (...)"
Mit Bescheid vom wies die Bürgermeisterin das Ansuchen der Beschwerdeführer um Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung für den Neubau eines Doppelwohnhauses gemäß § 30 Abs. 6 Oö. Bauordnung 1994 (BO) ab.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer und Dipl. Ing. Franz P., der Eigentümer des Baugrundstückes, gemeinsam Berufung.
Mit Bescheid des Gemeinderates vom wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen und die Berufung des Dipl. Ing. Franz P. als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhoben alle Berufungswerber gemeinsam Vorstellung.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Vorstellung der Beschwerdeführer Folge gegeben, der Berufungsbescheid vom behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurückverwiesen sowie der Vorstellung des Dipl. Ing. Franz P. keine Folge gegeben. In Bezug auf den aufhebenden Teil ihres Bescheides führte die belangte Behörde (u.a.) aus, dass ein Bauansuchen erst dann abgewiesen werden dürfe, wenn sich der Antragsteller weigere, eine Änderung des Projektes vorzunehmen. Die Berufungsbehörde habe es unterlassen, im Sinne des § 30 Abs. 6 letzter Satz BO den Bauwerbern Gelegenheit zu geben, ihr Projekt entsprechend abzuändern, um die in § 3 Z 5 und 6 BTG normierten Versagungsgründe zu beseitigen. Es sei daher der Berufungsbescheid aufzuheben gewesen, wozu noch angemerkt werde, dass im fortzusetzenden Verfahren auf Gemeindeebene eine Auseinandersetzung mit den gegen das Gutachten des Ortsbildbeirates erhobenen Einwendungen erforderlich sein werde, weil diese nach Auffassung der belangten Behörde fachlich fundiert seien. Der Drittbeschwerdeführer besitze als Architekt nämlich zweifellos die Befähigung, einem Ortsbildgutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten.
Im weiteren Berufungsverfahren erstatteten alle Berufungswerber mit Schriftsätzen vom und jeweils eine Stellungnahme. Der Ortsbildbeirat für Oö. N hielt am eine weitere Sitzung ab, in deren Verlauf die drei ständigen Mitglieder des Ortsbildbeirates einen ergänzenden "Befund samt Gutachten" erstatteten, in dem sie zum Vorbringen der Berufungswerber Stellung nahmen. U.a. führten sie darin aus:
"Zu den Punkten a bis f des Gutachtens der Sitzung vom sei angemerkt:
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- | ad a) Die Beurteilung der Auswirkungen auf das Ortsbild ist unabhängig vom Bebauungsplan vorzunehmen. Damit sind die Anforderrungen des Oö. Bautechnikgesetzes auf ihre Einhaltung zu prüfen. Diese Bestimmungen liegen dem Stufenbau der Rechtsordnung entsprechend über den Bestimmungen eines Bebauungsplans. |
- | ad b) Störend wirkt die 'stockzahnartige' Aufzonung des einzelnen Gebäudes gegenüber den Nachbarobjekten im Beurteilungsbereich. |
- | ad c) Eine zeitgemäße Architektursprache in ihren verschiedenen Ausformungen ist besonders dann nicht auszuschließen, wenn die Formulierung des Bebauungsplanes (Weiterentwicklung) ernst genommen wird. Die Einfügung in die Umgebung ist jedoch nachzuweisen. Nicht zuletzt durch eine gewisse unaufgeregte Selbstverständlichkeit des Erscheinungsbildes wäre diese Einfügung zu erreichen. |
- | ad d) Wenn schon Garagen im größten Teil des Erdgeschosses untergebracht werden sollen, so soll trotzdem eine harmonisch gestaltete Garageneinfahrt erzielt werden, wie sie auch ein Bestandsobjekt in der L Straße zeigt. Auf den besonderen Wert der Erdgeschosszone für das Ortsbild wurde bereits hingewiesen. |
- | ad e) Die Ausführung des Ortsbildbeirates, das Einreichprojekt sei mit 'bisher im Straßenzug und darüber hinaus im Ortsbild nicht vorhandenen Gliederungselementen stark überfrachtet' , setzt voraus, dass das im Bebauungsplan angesprochene charakteristische Gepräge des Ortskernes (so die Formulierung des Textes lt. Bebauungsplan) bewusst wahrgenommen, akzeptiert und analysiert wird. |
- | ad f) Derzeit bestehen im Beurteilungsbereich allenfalls einige wenige Dachgaupen und Dachflächenfenster. Das zum Abbruch vorgesehene Gebäude trägt eine relativ bescheidene Dachgaupe in asymmetrischer Anordnung bezüglich der Straßenfassade. Als störend ist derzeit nur jene bestehende Dachgaupe am Ortsplatz neben der Bäckerei (…) zu bezeichnen, wo hinter einem schmalen Erker das ganze Dachgeschoss auf die gesamte Breite mit einer unharmonischen Schleppgaupe entstellt wurde (siehe Aufnahme 3 der Fotodokumentation; wie diese Aufnahme auch zeigt, sind die Objekte dieser Häuserreihe durch ein annähernd auf gleicher Höhe liegendes Gesimse gekennzeichnet). |
Abschließend stellt der Ortsbildbeirat fest, dass eine Berücksichtigung der genannten Anregungen und Empfehlungen ein bewilligungsfähiges Projekt nach sich ziehen würde. Durch engere Definition noch tiefer auf die Möglichkeiten der Gestaltung einzugehen, würde nach der Überzeugung der ständigen Mitglieder des Ortsbildbeirates eine unzulässige Einschränkung der schöpferischen Freiheit des Planers bewirken. | " |
Mit Schriftsatz vom erklärten die Beschwerdeführer und Dipl. Ing. Franz P., das Haus so errichten zu wollen, wie es geplant sei. Von der Behörde müsse konkret und sachlich nachvollziehbar begründet werden, welche "Kriterien von der Behörde" erwartet würden. | |
Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat die Berufung der Beschwerdeführer auf Grund des § 30 BO, des § 22 Abs. 4 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (ROG) und des § 3 "Abs." | |
(richtig: Z. 5 und 6 BTG als unbegründet ab. Darin vertrat die Berufungsbehörde (u.a.) unter Hinweis auf § 30 Abs. 7 BO die Auffassung, dass Ziel und Aufgabe des Ortsbildbeirates insbesondere der Schutz und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes seien und dieser sachverständig besetzt sei. Wenn von den Beschwerdeführern dessen Kompetenz angezweifelt werde, so ergebe sich auch aus der Rechtsauskunft des Landes Oberösterreich vom die Zulässigkeit dessen Beiziehung zur Beurteilung von Ortsbildfragen und dessen Gleichstellung mit einem Amtssachverständigen. Die Prüfung der Übereinstimmung eines Projektes mit dem Bebauungsplan obliege nicht dem Ortsbildbeirat, sondern sei Aufgabe der Baubehörde im Zuge der Vorprüfung. Auch habe die belangte Behörde in ihrem Vorstellungsbescheid die Hinzuziehung des Ortsbildbeirates zur sachverständigen Beurteilung nicht kritisiert. Obwohl den Beschwerdeführern Gelegenheit gegeben worden sei, das Projekt "anzupassen", sei diese Möglichkeit nicht genutzt und von ihnen festgehalten worden, dass die Errichtung entsprechend der vorliegenden Planung realisiert werden solle. Der Gemeinderat schließe sich den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen in den beiden Ortsbildbeiratsgutachten vom und an, und zwar auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Beschwerdeführer - deren Sachkunde keinesfalls bestritten werde - natürlich ein massives subjektives Interesse am Projekt in seiner vorliegenden Form hätten, während die Mitglieder der "Ortsbildkommission" als Außenstehende dem Projekt gegenüber naturgemäß grundsätzlich neutral eingestellt seien. In den betreffenden Gutachten des Ortsbildbeirates werde schlüssig dargetan, worin nun im Detail der Widerspruch des Bauvorhabens zum bestehenden Ortsbild begründet sei. | |
Der von den Beschwerdeführern gegen diesen Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom keine Folge gegeben. Nach Darstellung der beiden genannten Gutachten des Ortsbildbeirates und des übrigen Verfahrensganges führte die belangte Behörde (u.a.) aus, dass der maßgebliche Bebauungsplan Nr. 01/01/00 (der mitbeteiligten Gemeinde) folgende "Verbalfestlegung" enthalte: | |
"Baumassen, Fassaden, Fenster, Dächer und Erdgeschossbereiche sind bei Neu-, Zu- oder Umbauten so zu gestalten, dass sie, ohne eine zeitgemäße Architektursprache auszuschließen, in das charakteristische Gepräge des Ortskernes integriert sind und zu einer Erhaltung und Weiterbildung des Ortsgefüges beitragen. Dachaufbauten, Ankündigungseinrichtungen und sonstige Aufschriften, Antennen, Markisen und Vordächer, Beleuchtungen, Einfriedigungen, Auslagen und sonstige Bauten, Anlagen und Gestaltungselemente dürfen zu keiner Störung der äußeren Gestalt des Ortsbildes führen. Abbruchmaßnahmen dürfen zu keiner Störung des charakteristischen Gepräges des Ortskernes führen, bzw. ist durch Neubaumaßnahmen die Integration in das bzw. Weiterentwicklung des Ortsbildes sicherzustellen." | |
Wenn die Beschwerdeführer meinten, dass das Bauvorhaben mit dem rechtswirksamen Bebauungsplan nicht in Widerspruch stehe, so übersähen sie diese "Verbalfestlegung". Schon deshalb könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei Einhaltung sämtlicher sonstiger Festlegungen des Bebauungsplanes eine Ortsbildprüfung obsolet wäre, und es ergebe sich dies bereits aus § 3 Z 5 und 6 BTG. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer sei das Gutachten des in § 30 Abs. 7 BO vorgesehenen sachverständigen Beirates hinsichtlich der Übereinstimmung eines Bauvorhabens mit dem Orts- und Landschaftsbild grundsätzlich in seiner Wertigkeit den Gutachten von (einzelnen) Sachverständigen gleichgestellt. Dass der Ortsbildbeirat zur Erstellung von Gutachten berechtigt sei, ergebe sich auch aus den Materialien zur Oö. Raumordnungsgesetz-Novelle 2005 (Bericht des Bauausschusses). Für die belangte Behörde ergäben sich aus dessen Gutachten und dem Berufungsbescheid zusammengefasst folgende Gründe für die angenommene ortsbildstörende Wirkung des Bauvorhabens: | |
- | Das Projekt überrage die Nachbarobjekte um ca. 3 m. Damit würden die den Bauplatz seitlich begrenzenden Feuermauern deutlich sichtbar sein ("stockzahnartige Aufzonung"). |
- | Die horizontale Gliederung der Nachbarobjekte werde nicht beibehalten, sondern es sei ein Überkreuzen von horizontalen und vertikalen Wandgliedern vorgesehen, was mit einer im Beurteilungsbereich fremdartigen Wirkung einhergehe. Als besonders auffällig würden dabei die vorgesehenen "Erker" angesehen. |
- | Die Fassade sei mit bisher im Ortsbild nicht vorhandenen Gliederungselementen stark überfrachtet. Die vorgesehenen Fassadenelemente (bildliche und schriftliche Mittel, Verglasungen von Traufe und Erker, "Nostalgierelikt") seien im Ortsbild derzeit nicht vorhanden und wirkten damit fremdartig und auffällig. |
- | Die für den Betrachter sichtbar tragenden Teile des Erdgeschoßes seien auf zwei Randpfeiler mit je 50 cm Breite reduziert. Das "dekonstruktivierte" Erdgeschoß reiche in Bezug auf die Gestaltung stark von dem bisher im Beurteilungsbereich Vorhandenen ab. Als besonders auffällig würden die beiden Eckpfeiler an den beiden Nachbargrundgrenzen bezeichnet, wobei die mittige Stütze durch das "Nostalgierelikt" weitgehend verdeckt werde, was insbesondere auch in Verbindung mit den vorkragenden Erkern auf Grund des fehlenden "optischen Halts" als unausgewogen angesehen werde. Kritisiert werde dabei auch die fehlende harmonische Gestaltung der Garageneinfahrt. |
- | Die im Dachbereich vorgesehenen Fensterelemente führten zu einer bisher im Beurteilungsbereich nicht zu erkennenden gestalterischen Unruhe. |
In Anbetracht dieser Aufzählung sei nicht erkennbar, aus welchen Gründen die Beschwerdeführer offenbar im Unklaren darüber seien, worauf die Versagung der Baubewilligung gestützt worden sei. | |
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. | |
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. | |
Die mitbeteiligte Gemeinde hat keine Gegenschrift erstattet. | |
II. |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen: |
Die im angefochtenen Bescheid herangezogenen Bestimmungen des § 30 Abs. 6 und 7 BO (idF der Oö. Bauordnungs-Novelle 1998, LGBl. Nr. 70) lauten: |
"§ 30 |
Vorprüfung |
(…) |
(6) Der Baubewilligungsantrag ist von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, dass das Bauvorhaben
1. zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplans, eines Bebauungsplans, einer Erklärung zum Neuplanungsgebiet oder einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung widerspricht, oder
2. sonstigen zwingenden baurechtlichen Bestimmungen widerspricht und eine Baubewilligung daher ohne Änderung des Bauvorhabens offensichtlich nicht erteilt werden kann.
Vor der Abweisung des Baubewilligungsantrages ist das Parteiengehör zu wahren und, wenn eine Behebung des Mangels durch Änderung des Bauvorhabens möglich ist, dem Bauwerber unter Setzung einer angemessenen Frist Gelegenheit dazu zu geben.
(7) Die Baubehörde kann sich zur Beratung in Fragen der Übereinstimmung eines geplanten Bauvorhabens mit dem Orts- und Landschaftsbild eines sachverständigen Beirats bedienen. Ziel der Tätigkeit des Beirats ist insbesondere der Schutz und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, wobei auf naturschutzrechtlich geschützte Gebiete, Naturdenkmäler, andere bemerkenswerte Naturgebilde und Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischerer und kultureller Bedeutung Bedacht zu nehmen ist."
§ 3 Z 5 und 6 BTG hat folgenden Wortlaut:
"§ 3
Allgemeine Erfordernisse
Bauliche Anlagen müssen in allen ihren Teilen nach dem jeweiligen Stand der Technik so geplant und errichtet werden, dass
(…)
5. das Orts- und Landschaftsbild nicht gestört wird; dabei ist auf naturschutzrechtlich geschützte Gebiete, Naturdenkmäler, andere bemerkenswerte Naturgebilde und Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer und kultureller Bedeutung Bedacht zu nehmen;
6. sie sich in die Umgebung einwandfrei einfügen; Baumassen und Bauteile müssen harmonisch aufeinander abgestimmt werden;
Fassaden und Dachformen, Baustoffe, Bauteile und Bauarten, Verputz und Farbgebung dürfen nicht verunstaltend wirken."
Die Beschwerde bringt vor, dass das Projekt in allen Punkten dem rechtswirksamen Bebauungsplan entspreche. Zusätzliche gestalterische Auflagen seien darin nicht vorgesehen. Wenn der Bebauungsplan eine bestimmte Gebäudehöhe ermögliche, dürfe die Vollzugsbehörde diese Gebäudehöhe nicht unter Hinweis auf Ortsbilderwägungen beschränken. Alle gestalterischen Vorgaben des Bebauungsplanes (Geschoßanzahl, Traufenhöhe, Firsthöhe) seien eingehalten, und es sei daher gänzlich irrelevant, ob die Traufenhöhe jene der Nachbargebäude überrage oder nicht.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
§ 32 ROG beschreibt den (obligatorischen und fakultativen) Inhalt eines Bebauungsplanes. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 98/05/0148, Folgendes ausgeführt:
Mit § 32 ROG bietet sich dem Verordnungsgeber ein umfassendes Instrumentarium, auf die Größe eines Baukörpers Einfluss zu nehmen und auch durch unterschiedliche Höhenangaben auf einem Bauplatz auf die topografischen Bedingungen einzugehen. Einem Bauwerber erwächst dann, wenn der Verordnungsgeber von diesen Möglichkeiten umfassend Gebrauch gemacht hat, das grundsätzliche Recht, im Rahmen dieser Festlegungen sein Bauvorhaben zu verwirklichen. Hat daher der Verordnungsgeber von diesem in § 32 leg. cit. festgeschriebenen umfassenden Instrumentarium auch unter dem Gesichtspunkt Gebrauch gemacht, eine Störung des Orts- und Landschaftsbildes hintanzuhalten und/oder eine einwandfreie Einfügung der Bauvorhaben in die Umgebung zu gewährleisten, und hat er daher im Bebauungsplan so auf die Größe eines Baukörpers Einfluss genommen sowie durch unterschiedliche Höhenangaben auf einem Bauplatz die topgrafischen Bedingungen berücksichtigt, so führt eine solche speziellere Norm zu einer Reduktion des Anwendungsbereiches des § 3 Z 6 BTG im Baubewilligungsverfahren.
Aus dieser Judikatur ist für den Beschwerdestandpunkt indes nichts gewonnen, ist doch - wie im angefochtenen Bescheid dargestellt - in den "textlichen Festlegungen" des Bebauungsplanes der mitbeteiligten Gemeinde ausdrücklich angeordnet, dass Bauten so zu gestalten sind, dass sie, ohne eine zeitgemäße Architektursprache auszuschließen, in das charakteristische Gepräge des Ortskernes integriert sind und zu einer Erhaltung und Weiterbildung des Ortsgefüges beitragen. Bauten dürfen zu keiner Störung der äußeren Gestalt des Ortsbildes führen bzw. durch Neubaumaßnahmen ist die Integration in das Ortsbild bzw. die Weiterentwicklung des Ortsbildes sicherzustellen.
Für eine Reduktion des Anwendungsbereiches des § 3 Z 5 oder 6 BTG im Sinn des vorzitierten Erkenntnisses besteht daher in Anbetracht der genannten "Festlegungen" des Bebauungsplanes keine Grundlage.
Im Beschwerdefall ist strittig, ob durch das gegenständliche Bauvorhaben das Ortsbild gestört wird und sich jenes einwandfrei in die Umgebung einfügt. In diesem Zusammenhang wenden sich die Beschwerdeführer gegen die von den Baubehörden und der belangten Behörde vertretene Auffassung, dass dem vom Ortsbildbeirat erstellten "Befund samt Gutachten" der Beweiswert eines Sachverständigengutachtens im Sinne des § 52 AVG beizumessen ist.
Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
Nach ständiger hg. Judikatur kann die Frage der Störung des Ortsbildes (und/oder Landschaftsbildes) nur durch ein begründetes Sachverständigengutachten geklärt werden. Dabei muss der Befund eine detaillierte Beschreibung der örtlichen Situation, möglichst untermauert durch Planskizzen oder Fotos, enthalten, und es müssen die charakteristischen Merkmale der für die Beurteilung einer allfälligen Störung in Betracht kommenden Teile des Orts- und Landschaftsbildes durch das Gutachten erkennbar sein (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 98/05/0232, mwN).
Zwar ist die Frage der Berücksichtigung von Ortsbild und Baubestand eine Rechtsfrage. Die für die Beurteilung dieser Rechtsfrage erforderlichen Sachverhaltsgrundlagen, wie sich die projektierte Baulichkeit im öffentlichen Raum (Ortsbild) und im Verhältnis zu den schon bestehenden Baulichkeiten (Baubestand), gesehen von diesen, darstellt und in diese Gegebenheiten einfügt, sind aber jedenfalls von einem Sachverständigen zu beurteilen, der die konkrete örtliche Situation zu beschreiben hat. Die Behörde hat sodann das vom Sachverständigen erstattete Gutachten auf seine Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls als Grundlage für ihre Entscheidung heranzuziehen. Für die Schlüssigkeit des Gutachtens ist es daher geboten, dass der Gutachter das relevante Ortsbild bzw. den relevanten Baubestand in seinem Befund nach sachlichen Gesichtspunkten nachvollziehbar abgrenzt (vgl. zum Ganzen etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0023, mwN).
Als Sachverständige im Sinn des § 52 AVG kommen nur Menschen und nicht etwa juristische Personen oder (im Fall von Amtssachverständigen die dahinter stehenden) Behörden in Betracht, weshalb dem hier tätigen Beirat nicht von vornherein die Stellung als Amtssachverständiger zugebilligt werden kann (vgl. in diesem Zusammenhang etwa Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht6, § 30 Oö. BauO Erl. 7). Wird allerdings ein Gutachten von mehreren bestimmten Menschen gemeinsam erstellt, so hindert dieser Umstand nicht seine Verwertung. Daher können Sachverständigengutachten im genannten Sinn auch durch eine Personengemeinschaft (bzw. eine Organisationseinheit der Verwaltung, z.B. eine Kommission) erstattet werden, weil sie immer Gutachten der darin zusammenwirkenden Menschen bleiben. Es wird auch durch keine verfahrensrechtliche Vorschrift ausgeschlossen, dass die Behörde im Ermittlungsverfahren mehrere Sachverständige parallel oder arbeitsteilig heranzieht (vgl. zum Ganzen etwa Hengstschläger/Leeb , AVG (2005), § 52 AVG Rz 18, 19 mwH auf die hg. Judikatur).
Bei den ständigen Mitgliedern des im Verwaltungsverfahren beigezogenen Ortsbildbeirates handelt es sich um Dipl. Ing. F. als vorsitzenden Landesbeamten, Mag. L. als Träger des Landeskulturpreises für Architektur und Dipl. Ing. Z. als von den Bezirksbauämtern vorgeschlagenen Fachmann für Baufragen. Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass diesen Personen die nötige Sachkunde zur Erstattung eines Sachverständigengutachtens betreffend die Frage der Störung des Ortsbildes fehlte, und es wurde Derartiges von den Beschwerdeführern im Verwaltungsverfahren auch nicht behauptet. Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, dass die von den genannten ständigen Mitgliedern des Ortsbildbeirates erstatteten Gutachten zur Frage der Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Orts- und Landschaftsbild in der Wertigkeit den Gutachten von (einzelnen) Sachverständigen gleichgestellt werden können. Der von ihnen jeweils erstattete "Befund samt Gutachten" erfüllt die oben genannten Kriterien für ein begründetes Sachverständigengutachten im Sinn der zitierten hg. Judikatur. So enthält ihr Gutachten insbesondere eine ausreichende Beschreibung der örtlichen Situation wie auch der als störend empfundenen Gestaltungselemente des Bauvorhabens. Dass die gutachterlichen Ausführungen der genannten ständigen Mitglieder des Ortsbildbeirates mit den Erfahrungen des täglichen Lebens und den Denkgesetzen in Widerspruch stünden oder in sonstiger Weise unschlüssig oder unrichtig wären, haben die Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar dargelegt, sodass die darauf gestützten Feststellungen der belangten Behörde als unbedenklich erscheinen.
Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die belangte Behörde von einer Störung des Ortsbildes ausgehen durfte und die Bewilligungsfähigkeit des Bauvorhabens deshalb zu Recht verneint hat.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am