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VwGH vom 20.09.2012, 2011/10/0138

VwGH vom 20.09.2012, 2011/10/0138

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der RH in Salzburg, vertreten durch Dr. Rene Michael Musey, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Imbergstraße 26, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 20301-SHB/135/2- 2011, betreffend Mindestsicherung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom hat die Salzburger Landesregierung den Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Gewährung von bedarfsorientierter Mindestsicherung für die Monate Dezember 2010 und Jänner 2011 gemäß §§ 1, 2, 3, 5, 7, 9, 10 und 21 Salzburger Mindestsicherungsgesetz, LGBl. Nr. 63/2010 (Sbg MSG), abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der Antrag von der Behörde erster Instanz deshalb abgewiesen worden sei, weil die Beschwerdeführerin zwei Kraftfahrzeuge besitze. In der dagegen gerichteten Berufung habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass die Kraftfahrzeuge nicht ihr gehörten, aber auf ihren Namen angemeldet seien, sie habe noch nie in ihrem Leben ein Auto gekauft oder besessen und habe gar keinen Führerschein.

Unstrittig stehe fest, dass auf die Beschwerdeführerin ein Lastkraftwagen Hyundai H-100 Van 3, Baujahr 2002, sowie ein weiterer Lastkraftwagen Kia Pregio, Baujahr 2006, angemeldet seien. Diese Fahrzeuge seien als "verwertbares Vermögen" im Sinn von § 7 Abs. 1 Sbg MSG zu qualifizieren. Eines der beiden Fahrzeuge sei mit etwa EUR 4.490,-- zu bewerten. Der Wert der Fahrzeuge übersteige daher jedenfalls die Freibetragsgrenze gemäß § 7 Abs. 1 Z. 4 Sbg MSG in der Höhe des Fünffachen des Mindeststandards für Alleinstehende.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 63/2010 (Sbg MSG), haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"§ 7. (1) Bei der Bemessung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist das verwertbare Vermögen der Hilfesuchenden einzusetzen. Davon ausgenommen sind:

1. Gegenstände, die zur Erwerbsausübung oder der Befriedigung angemessener kultureller Bedürfnisse der Hilfe suchenden Person dienen;


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2.
Gegenstände, die als angemessener Hausrat anzusehen sind;
3.
Kraftfahrzeuge, die berufsbedingt oder auf Grund besonderer Umstände (zB einer Behinderung, unzureichende Infrastruktur) erforderlich und angemessen sind;
4.
Ersparnisse und sonstiges Vermögen bis zu einem Freibetrag in Höhe des Fünffachen des Mindeststandards für Alleinstehende oder -erziehende (§ 10 Abs 1 Z 1), ausgenommen unbewegliches Vermögen (Abs 2).

§ 10. (1) Der monatliche Mindeststandard für die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs beträgt:


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1. für Alleinstehende oder Alleinerziehende
744,01 EUR
2. für Ehegatten, eingetragene Partner, in Lebensgemeinschaft lebende Personen oder volljährige Personen, die mit anderen Volljährigen im gemeinsamen Haushalt leben, je Person:
75 % des
Betrages gemäß Z 1;

…"

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass die Kraftfahrzeuge kein verwertbares Vermögen darstellten, weil keine Anhaltspunkte bestünden, dass sie Eigentümerin der Fahrzeuge sei.

Aus der Zulassung eines Kraftfahrzeuges allein kann keine schlüssige Zuordnung zum Vermögen des Hilfesuchenden vorgenommen werden, weil derjenige, der eine Zulassung beantragt, nicht sein (wirtschaftliches) Eigentum am Kraftfahrzeug nachweisen, sondern gemäß § 37 Abs. 2 KFG lediglich glaubhaft machen muss, rechtmäßiger Besitzer des Fahrzeuges zu sein oder das Fahrzeug auf Grund eines Abzahlungsgeschäftes im Namen des rechtmäßigen Besitzes inne zu haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/08/0591). Der eine Mindestsicherungsleistung begehrende Zulassungsbesitzer, dem die beabsichtigte Berücksichtigung des auf ihn angemeldeten Kraftfahrzeuges als verwertbares Vermögen zur Kenntnis gebracht wird, hat jedoch im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht darzutun, dass und aus welchen Gründen er nicht (wirtschaftlicher) Eigentümer des Fahrzeuges ist. Tut er dies nicht, so kann der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie aus der Zulassung darauf schließt, dass das Kraftfahrzeug zum Vermögen des Antragstellers gehört.

Aus der bei den Verwaltungsakten erliegenden Niederschrift vom ergibt sich, dass der Beschwerdeführerin von der Behörde erster Instanz vorgehalten worden ist, Zulassungsbesitzerin von zwei Kraftfahrzeugen zu sein. Sie hat dazu lediglich ausgeführt, von ihrem Mann gebeten worden zu sein, die Kraftfahrzeuge auf ihren Namen anzumelden. Sie selbst fahre nicht mit dem Auto und wisse auch nicht, wer die Fahrzeuge verwende. In der Berufung hat sie dazu Folgendes vorgebracht:

"Weiters erkläre ich das vermeintliche Auto, das sie mir vielleicht schenken möchten, von dem ich jedoch nichts gewusst habe, dass es nicht mein ist und dass dieses Auto auf mich angemeldet ist. Ich erkläre nochmals an Eides Statt, noch nie in meinem Leben jemals ein Auto gekauft oder im Besitz eines solchen gewesen zu sein. Ich kann nicht Auto fahren und habe auch keinen Führerschein, weiters verbiete ich mir, mich mit diesen gemeinen Unterstellungen weiter zu belästigen."

Damit hat die Beschwerdeführerin nicht plausibel vorgebracht, dass und aus welchen Gründen sie als Zulassungsbesitzerin nicht auch Eigentümerin der Fahrzeuge ist. Der bei den Verwaltungsakten erliegende Kaufvertrag, nach dessen Inhalt der Gatte der Beschwerdeführerin verschiedene Gegenstände, darunter die Kraftfahrzeuge Hyundai H100 und Kia Pregio, an einen Dritten verkauft, kann ein solches Vorbringen nicht ersetzen. Die belangte Behörde hat daher die Kraftfahrzeuge zu Recht als Vermögen der Beschwerdeführerin angesehen.

Zur Frage der Verwertbarkeit der Fahrzeuge bringt die Beschwerdeführerin vor, dass die für die Ermittlung des Wertes der beiden Fahrzeuge maßgeblichen Parameter Alter, Zustand und Kilometerleistung nicht erhoben worden seien.

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass die Behörde erster Instanz zur Wertermittlung des Lastkraftwagens Kia Pregio insgesamt vier Verkaufsangebote von vergleichbaren Fahrzeugen dieser Marke und Type mit der Erstzulassung im Jahr 2006 eingesehen hat. Diese Fahrzeugen wurden zu Preisen von EUR 4.490,--

bis EUR 6.290,-- angeboten.

Ein konkretes Vorbringen gegen den daraus gezogenen Schluss der belangten Behörde, dass der LKW Kia Pregio mit Erstzulassung 2006 einen Wert von EUR 4.490,-- darstelle, enthält die Beschwerde nicht. Soweit die Beschwerdeführerin die zur Wertermittlung notwendigen Feststellungen zu Zustand und Kilometerleistung vermisst, macht sie keinen relevanten Verfahrensmangel geltend, weil sie gar nicht behauptet, dass ihr Fahrzeug eine erheblich überdurchschnittliche Kilometerleistung oder einen deutlich unterdurchschnittlichen Gesamtzustand aufweise.

Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, dass der Wert der beiden Fahrzeuge (von denen eines bereits EUR 4.490,-- wert sei) jedenfalls über der Freibetragsgrenze des § 7 Abs. 1 Z. 4 (in der Höhe von EUR 3.720,05) liege und daher den Mindestsicherungsanspruch der Beschwerdeführerin mindere. Ausgehend von ihrer Ansicht, der Beschwerdeführerin stehe auf Grund der Haushaltsgemeinschaft mit ihrem Ehegatten der Mindeststandard gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 Sbg. MSG in der Höhe von EUR 558,-- zu, kam sie zum Ergebnis, auf Grund des Wertes der beiden Kraftfahrzeuge habe die Beschwerdeführerin für die beiden gegenständlichen Monate keinen Anspruch auf Mindestsicherung.

Bei Kraftfahrzeugen, die nicht im Sinn von § 7 Abs. 1 Z. 3 Sbg. MSG erforderlich sind, handelt es sich um "sonstiges Vermögen" im Sinn von § 7 Abs. 1 Z. 4 Sbg. MSG. Solches Vermögen mindert den Anspruch auf Mindestsicherung jedoch nur soweit, als es den Freibetrag in der Höhe des Fünffachen des Mindeststandards für Alleinstehende oder -erziehende gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 Sbg. MSG, somit einen Betrag von EUR 3.720,05 übersteigt (vgl. dazu die Erläuterungen zur Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite bedarfsorientierte Mindestsicherung, BGBl. I Nr. 96/2010 (677 BlgNR XXIV. GP, 17), wonach der Vermögensfreibetrag in jedem Fall, also auch im Rahmen einer Verwertung, zu gewähren ist). Ausgehend vom festgestellten Wert der Kraftfahrzeuge von zumindest EUR 4.490,-- verbliebe somit nur die Differenz auf den Freibetrag, somit EUR 769,95, der den Mindestsicherungsanspruch der Beschwerdeführerin mindert. Dieser Betrag reicht aber nicht jedenfalls zur Deckung des Mindestsicherungsanspruches für die beiden gegenständlichen Monate aus. Dazu sind Feststellungen, die eine Berechnung dieses Mindestsicherungsanspruches ermöglichen, insbesondere zu Einkommen und Wohnkosten der Beschwerdeführerin, erforderlich.

Da die belangte Behörde solche Feststellungen in Verkennung der dargestellten Rechtslage unterlassen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am