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VwGH vom 27.08.2020, Ra 2020/21/0047

VwGH vom 27.08.2020, Ra 2020/21/0047

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant und den Hofrat Dr. Sulzbacher als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des A-D G in W, vertreten durch Mag. Constantin-Adrian Nitu, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 70/1/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , G305 2225184-1/2E, betreffend Aufenthaltsverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1Mit Bescheid vom erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gegen den Revisionswerber, einen rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot. Unter einem sprach es aus, dass gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.

2Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis vom insofern teilweise statt, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf zwei Jahre herabgesetzt wurde. Im Übrigen wies es die Beschwerde als unbegründet ab.

3Das Bundesverwaltungsgericht stellte insbesondere fest, dass der Revisionswerber zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt des Jahres 2019 in das Bundesgebiet eingereist sei. Seit bestehe eine immer noch aufrechte Hauptwohnsitzmeldung in Wien. Einer legalen Erwerbstätigkeit sei der Revisionswerber bis zu seiner Abschiebung nach Rumänien am nicht nachgegangen. Aus dem Register des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger sei lediglich von 4. bis eine Anmeldung als geringfügig Beschäftigter bei einem österreichischen Unternehmen ersichtlich. Der Revisionswerber habe im Bundesgebiet keine eigene Familie; auch ein Privatleben „in nennenswerter emotionaler Tiefe“ bestehe hier nicht. Die Freundin des Revisionswerbers lebe in Rumänien.

4Am sei der Revisionswerber bei der Begehung einer Straftat betreten und am vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach § 127, 129 Abs. 1 Z 3 StGB rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt worden. Dabei sei dem Revisionswerber zur Last gelegt worden, dass er am in Wien in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter ein Fahrrad in nicht mehr feststellbarem Wert einem nicht mehr feststellbaren Gewahrsamsträger durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung weggenommen habe, indem er das Spiralschloss mit einem Bolzenschneider durchtrennt habe, während seine Komplizin neben ihm gestanden und Aufpasserdienste geleistet habe. Bei der Strafbemessung habe das Gericht den bisher ordentlichen Lebenswandel des Revisionswerbers als mildernd, erschwerend hingegen keinen Umstand gewertet.

5In rechtlicher Hinsicht erklärte das Bundesverwaltungsgericht, dass der Revisionswerber schon allein aufgrund der von hoher krimineller Energie getragenen strafbaren Handlung „die allgemeinen Aufenthaltsverbotstatbestände des § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG“ jedenfalls erfüllt habe. Allein diese Verurteilung in Österreich indiziere jedenfalls, dass vom Revisionswerber eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Sinn des § 67 Abs. 1 FPG ausgehe.

6Sodann führte das Bundesverwaltungsgericht Folgendes aus:

„Bei den gesetzten Delikten des [Revisionswerbers] handelt es sich ohne Zweifel um ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten des [Revisionswerbers]. Er hat damit wesentlichen Interessen des betroffenen Opfers aber auch der Gesellschaft an sich, nämlich die Sicherheit für die einzelne Person, deren Eigentum sowie den sozialen Frieden, zu wahren zuwidergehandelt. Das vom [Revisionswerber] über einen sehr langen Zeitraum immer wieder gezeigte Verhalten weist sohin auf eine hohe Bereitschaft der Negierung österreichischer Gesetze und gesellschaftlicher Regeln hin. Darüber hinaus verlangen die ausgeübten Straftaten - ,gewerbsmäßige Einbruchsdiebstähle‘ (Handtaschendiebstähle) - ein hohes Maß an krimineller Energie.“

7Die vom BFA verhängte Dauer des „Einreiseverbotes“ sei aber dem sich aus dem strafgerichtlichen Urteil ergebenden Unrechtsgehalt nicht angemessen und daher entsprechend herabzusetzen gewesen.

8Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens, in dessen Rahmen keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde, erwogen hat:

9Die Revision erweist sich schon aus folgendem, auch in der Revision aufgezeigten Grund als zulässig und berechtigt:

10Gegen den Revisionswerber als Unionsbürger wäre die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 erster bis vierter Satz FPG nur dann zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

11Das Bundesverwaltungsgericht hat eine solche Gefährdung - wie oben dargestellt - in tragender Weise mit einem über einen „sehr langen Zeitraum immer wieder gezeigte[n] Verhalten“, „gewerbsmäßige[n] Einbruchsdiebstähle[n] (Handtaschendiebstähle)“ und wiederholten „Delikten“ des Revisionswerbers begründet. Dies steht jedoch nicht im Einklang mit den Feststellungen und der Aktenlage.

12Es liegt daher ein wesentlicher, auch eine Aktenwidrigkeit beinhaltender Begründungsmangel vor, sodass das angefochtene Erkenntnis schon deswegen gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a, b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

13Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen nach der genannten Verordnung bereits enthalten ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020210047.L00
Schlagworte:
Begründung Begründungsmangel Besondere Rechtsgebiete

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