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VwGH vom 28.02.2013, 2011/10/0132

VwGH vom 28.02.2013, 2011/10/0132

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde 1. des A T und 2. der G T, beide in L, beide vertreten durch Dr. Peter Schaden und Dr. Werner Thurner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Sporgasse 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. FA10A-31To-3/2009-6, betreffend Feststellung und Auftrag nach dem Forstgesetz 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom wurde festgestellt, dass die von den beschwerdeführenden Parteien vorgenommenen Sperren der Waldflächen auf den Grundstücken Nr. 590/13 und Nr. 590/14, beide KG U, unzulässig sind (Spruchpunkt 1.), und den beschwerdeführenden Parteien aufgetragen, die näher beschriebenen Sperren (Zaun aus einem ca. 1,5 m hohen rehwildsicheren Drahtgeflecht) bis längstens zu entfernen und die Durchführung der Maßnahme der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg unaufgefordert schriftlich mitzuteilen (Spruchpunkt 2.).

Mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom wurde die dagegen erhobene Berufung der beschwerdeführenden Parteien als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien liege infolge der im gegenständlichen Fall errichteten Zäune eine Sperre im Sinne des ForstG vor. Daran könnten weder die Durchlässe (von insgesamt 15 Toren) noch die an den Zäunen angebrachten Hinweisschilder (welche die Benützung des umzäunten Waldes zu Erholungszwecken gestatteten und die Richtung zum nächstgelegenen Tor anzeigten) etwas ändern, zumal ein Zaun selbst dann als Sperreinrichtung anzusehen sei, wenn Durchlässe in diesem vorhanden seien, weil dessen ungeachtet eine Behinderung der allseitigen, freien Begehbarkeit des Waldes vorliege.

Entgegen dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien diene die gegenständliche Sperre bzw. Umzäunung auch nicht der Erhaltung des Waldes. Dem eingeholten forstfachlichen Gutachten eines Amtssachverständigen zufolge stockten auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken mehrschichtige ältere Waldbestände mit einer Mittelhöhe von rund 20 Metern (Grundstück Nr. 590/13) bzw. rund 15 Metern (Grundstück Nr. 590/14). Einzelne ungesicherte Verjüngungsansätze seien in den Beständen zwar kleinräumig vorhanden, diese rechtfertigten aber keine Einzäunung von Beständen, welche fast zur Gänze (zu rund 97 %) bereits vor dem Wildverbiss gesichert seien. Tatsächliche reine Verjüngungsbereiche wie z.B. Verjüngungskegel, bei denen die Wiederbewaldung eine mittlere Höhe von drei Metern noch nicht erreicht habe (dies betreffe nur rund 3 % der eingezäunten Fläche), könnten mittels einer wenige Quadratmeter umfassenden Einzäunung geschützt werden. Zur Vermeidung von Wildverbiss bestünden aber noch andere Möglichkeiten. So könnte durch einen entsprechenden Wildabschuss bzw. durch angepasste Wildbestände der übermäßige Verbiss verhindert oder zumindest eingeschränkt werden; auch Schwerpunktbejagungen im Bereich der Verjüngungsbereiche ließen dort den Wildverbiss sinken. Auch andere Schutzmaßnahmen wie Verstreichen mit Verbissschutzmitteln, Aufsetzen von Verbisskappen und Verwendung von Einzelbaumschutzsäulen oder Geruchsstoffen stellten geeignete (und durchwegs auch kostengünstigere) Wildschutzmaßnahmen dar. Es sei allerdings zu betonen, dass derzeit auf den verfahrensgegenständlichen Waldflächen aufgrund des äußerst geringen Anteils an ungesicherter Verjüngung eine flächige Erforderlichkeit zum Schutz vor Verbiss nicht gegeben sei. Darüber hinaus seien auch außerhalb der Zaunfläche ausreichend unverbissene forstliche Jungpflanzen vorhanden. Eine Notwendigkeit zur Wiederbewaldung der derzeit vorhandenen Altholzbestände sei zwar gegeben, die Wiederbewaldung beginne aber keinesfalls mit dem Vorhandensein des Altholzbestandes, sondern erst mit der Einleitung der Naturverjüngung durch eine ausreichende Entfernung von Altbäumen sowie einem entsprechenden Ankommen dieser Naturverjüngung im Ausmaß von zumindest 2.500 Stück ungeschädigter Pflanzen pro Hektar nicht überschirmter Fläche. Schattbaumarten benötigten zwar optimalerweise eine Erziehung unter einem lückigen Altholzschirm, bezüglich eines derartigen, durch die Naturverjüngungseinleitung lückig gewordenen Altholzbestandes bestehe aber keine Erforderlichkeit zum Schutz durch Einzäunung, denn die Altbäume seien weder durch Wildverbiss noch durch Wildschälung gefährdet. Schutz benötige unter Umständen die darunter entstehende Verjüngung, dafür sei aber eine lokale, kleinräumige Einzäunung oder eine der bereits genannten Wildschutzmaßnahmen ausreichend.

Die gegenständliche Zaunvorrichtung, die eine Sperre im Sinne des ForstG darstelle, könne somit auch forstfachlich - zum Schutz der Kulturen - nicht gerechtfertigt werden, sodass der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975 idF BGBl. I Nr. 55/2007 (ForstG), lauten auszugsweise:

" Benützung des Waldes zu Erholungszwecken Arten der Benützung

§ 33. (1) Jedermann darf, unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 3 und des § 34, Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten.

(2) Zu Erholungszwecken gemäß Abs. 1 dürfen nicht benützt werden:

a) …

c) Wiederbewaldungsflächen sowie Neubewaldungsflächen, diese unbeschadet des § 4 Abs. 1, solange deren Bewuchs eine Höhe von drei Metern noch nicht erreicht hat.

(3) …

Benützungsbeschränkungen

§ 34. (1) Unbeschadet der Bestimmungen des § 33 Abs. 2 darf Wald von der Benutzung zu Erholungszwecken vom Waldeigentümer befristet (Abs. 2) oder dauernd (Abs. 3) ausgenommen werden (Sperre).

(2) Befristete Sperren sind nur zulässig für folgende Flächen:

a) Baustellen von Bringungsanlagen und anderen forstbetrieblichen Hoch- und Tiefbauten;

b) Gefährdungsbereiche der Holzfällung und -bringung bis zur Abfuhrstelle auf die Dauer der Holzerntearbeiten;

c) Waldflächen, in denen durch atmosphärische Einwirkungen Stämme in größerer Anzahl geworfen oder gebrochen wurden und noch nicht aufgearbeitet sind, bis zur Beendigung der Aufarbeitung;

d) Waldflächen, in denen Forstschädlinge bekämpft werden, solange es der Bekämpfungszweck erfordert;

e) Waldflächen, wenn und solange sie wissenschaftlichen Zwecken dienen und diese ohne Sperre nicht erreicht werden können.

(3) Dauernde Sperren sind nur zulässig für Waldflächen, die

a) aus forstlichen Nebennutzungen entwickelten Sonderkulturen, wie der Christbaumzucht, gewidmet sind;

b) der Besichtigung von Tieren oder Pflanzen, wie Tiergärten oder Alpengärten, oder besonderen Erholungseinrichtungen, ohne Rücksicht auf eine Eintrittsgebühr gewidmet sind;

c) der Waldeigentümer sich oder seinen Beschäftigten im engeren örtlichen Zusammenhang mit ihren Wohnhäusern vorbehält und die insgesamt 5% von dessen Gesamtwaldfläche, höchstens aber 15 ha, nicht übersteigen; bei einer Gesamtwaldfläche unter 10 ha dürfen bis zu 0,5 ha gesperrt werden.

(4) …

Behördliche Überprüfung der Benützungsbeschränkungen § 35. (1) Die Behörde hat Sperren

1. im Fall von Zweifeln an deren Zulässigkeit von Amts wegen,

2. im Fall eines Antrags auf Überprüfung eines nach Abs. 4 Berechtigten oder

3. im Fall eines Antrags auf Bewilligung nach § 34 Abs. 4 auf ihre Zulässigkeit zu prüfen.

(2) Ergibt die Überprüfung die Zulässigkeit der Sperre, so hat die Behörde in den Fällen des Abs. 1 Z 1 und 2 dies mit Bescheid festzustellen, in den Fällen des Abs. 1 Z 3 die Bewilligung zu erteilen. Ergibt die Überprüfung die Unzulässigkeit der Sperre oder der Sperreinrichtung, so hat die Behörde dies mit Bescheid festzustellen und dem Waldeigentümer die Beseitigung der Sperre oder Sperreinrichtung mit Bescheid aufzutragen. Ergibt die Überprüfung, dass die Sperre auf einem anderen Bundesgesetz oder Landesgesetz beruht, kann die Behörde dem Waldeigentümer die Errichtung von Toren oder Überstiegen mit Bescheid auftragen, soweit dies mit dem Zweck und dem Rechtsgrund der Sperre vereinbar ist. Ergibt die Überprüfung, dass nur das Ausmaß der gesperrten Fläche überschritten wurde, so hat die Behörde das zulässige Ausmaß mit Bescheid festzulegen und dem Waldeigentümer mit Bescheid aufzutragen, bestehende Sperreinrichtungen, soweit sie der Sperre über das festgelegte Ausmaß hinaus dienen, zu beseitigen.

(3) Die Sperre ist unzulässig, wenn

a) Gründe gemäß den §§ 33 Abs. 2 oder 34 Abs. 2 oder 3 nicht vorliegen,

b) …

…"

Die Beschwerde wendet sich zunächst gegen die Auffassung der belangten Behörde, es liege eine "Sperre" nach dem ForstG vor. Die verfahrensgegenständlichen Grundstücke seien - ungeachtet der Umzäunung - durch insgesamt 15 Tore erschlossen. An den Toren seien Beschilderungen angebracht, wonach das Betreten der Grundstücke ausdrücklich gestattet sei. An den Zäunen zwischen den Toren fänden sich Hinweisschilder, wonach das Betreten des Waldes gestattet sei und die mit Pfeilen auf das nächstgelegene Tor verweisen würden. Die abseits der Wanderwege gelegenen Grundstücke seien daher für jedermann ohne weiteres betretbar, die Umzäunung stelle kein wie immer geartetes Hindernis für das Betreten der Grundstücke dar. Eine "Sperre" im Sinne des ForstG liege nicht vor, weil einerseits das Betreten der Grundstücke leicht und ohne weiteres möglich sei und andererseits durch die Beschilderung ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass das Betreten gestattet sei.

Soweit die belangte Behörde unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/10/0383, ausführe, ein Zaun sei selbst dann als "Sperreinrichtung" anzusehen, wenn seine Überwindung unschwer möglich sei und auch Durchlässe in diesem vorhanden seien, so gehe dies an der Problematik des vorliegenden Falles vorbei. Es sei "vollkommen logisch", dass ein Zaun grundsätzlich auch dann eine Sperreinrichtung darstelle, wenn seine Überwindung unschwer möglich sei oder Durchlässe vorhanden seien, zumal auch für den Fall einer ausdrücklichen Sperre der Waldbesitzer für den Eigengebrauch entsprechende Überstiege oder Ähnliches anbringen werde und der betroffene Waldbesucher nach wie vor aufgrund der Einzäunung den Eindruck haben müsse, das Grundstück nicht betreten zu dürfen. Dies alles treffe jedoch auf den vorliegenden Fall nicht zu, da das Betreten der Grundstücke nicht nur äußerst leicht möglich sei, sondern zudem durch die Beschilderung geradezu zum Betreten "eingeladen" werde.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu den forstgesetzlichen Bestimmungen betreffend die Benützung des Waldes zu Erholungszwecken bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist unter einer "Sperreinrichtung" jede (technische) Einrichtung zu verstehen, die ihrer Art nach geeignet ist und dazu dient, das allseitige freie Betreten auszuschließen oder zumindest zu behindern. Damit im Zusammenhang steht der Begriff der "Sperre" eines Waldes und zwar so, dass das Bestehen einer Sperreinrichtung das Vorliegen einer Sperre impliziert, d.h. dass bei Vorliegen einer Sperreinrichtung immer und ausnahmslos auch eine Sperre gegeben ist. Ein Zaun ist auch dann als "Sperreinrichtung" anzusehen, wenn seine Überwindung unschwer möglich ist und Durchlässe vorhanden sind, weil auch in einem solchen Fall davon auszugehen ist, dass die allseitige, freie Begehbarkeit des Waldes zumindest behindert wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2008/10/0072 und 0073, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/10/0136, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien stellen daher die gegenständlichen Zäune ungeachtet der errichteten Durchlässe und der angebrachten Hinweisschilder eine "Sperreinrichtung" dar, weil auch in deren Fall davon auszugehen ist, dass die allseitige, freie Begehbarkeit des Waldes zumindest behindert wird. Die belangte Behörde ist daher mit ihrer Auffassung im Recht, dass durch die errichteten Zäune eine Sperreinrichtung im dargelegten Sinne und damit eine "Sperre" der betroffenen Waldflächen vorliegt.

Die Beschwerde enthält kein Vorbringen dahin, dass die beschwerdeführenden Parteien zu einer Sperre gemäß § 34 Abs. 2 oder 3 ForstG ermächtigt gewesen wären. Die Beschwerde tritt auch der auf ein forstfachliches Gutachten eines Amtssachverständigen gestützten Annahme der belangten Behörde, Zwecke des Schutzes der bestehenden forstlichen Kulturen - wie von den beschwerdeführenden Parteien unter Berufung auf § 33 Abs. 2 lit. c ForstG im Verwaltungsverfahren behauptet - könnten die gegenständliche Sperre nicht rechtfertigen, nicht (mehr) entgegen. Davon ausgehend begegnet aber die Annahme der belangten Behörde, die gegenständlichen Sperren seien im Grunde des § 35 Abs. 3 lit. a ForstG gemäß § 35 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. als unzulässig festzustellen und deren Beseitigung aufzutragen gewesen, keinen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes.

Soweit die Beschwerde als Feststellungsmangel rügt, die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid "keine planliche Darstellung oder nähere Schilderung der örtlichen Gegebenheiten" vorgenommen, so mangelt es insofern schon an einer Darstellung, zu welchen (für die beschwerdeführenden Parteien günstigeren) Ergebnissen die belangte Behörde bei Vornahme derartiger Feststellungen gekommen wäre, sodass die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers iSd § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG nicht konkret aufgezeigt wird.

Soweit sich die Beschwerde weiters gegen Ausführungen des von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen zu den Auswirkungen großflächiger Einzäunungen auf die Erholungswirkung des Waldes in seinem im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegebenen Gutachten vom richtet und in diesem Zusammenhang Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides geltend macht, genügt es darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid darauf nicht gestützt hat.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
FAAAE-87853