VwGH vom 17.10.2013, 2013/21/0098
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der Y, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Fölhs, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Helferstorferstraße 4/12, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Havanna vom , betreffend Verweigerung eines Visums, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die 1986 geborene Beschwerdeführerin, eine kubanische Staatsangehörige, stellte am bei der österreichischen Botschaft Havanna den formularmäßigen Antrag auf Erteilung eines "Schengen-Visums" für die Dauer von 90 Tagen. Als einladende Person wurde im Antrag der österreichische Stiefvater der Beschwerdeführerin angegeben, als Zweck der Reise wurde die Rubrik "Besuch von Familienangehörigen oder Freunden" angekreuzt.
Die österreichische Botschaft Havanna (die belangte Behörde) wies den Antrag der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom unter Verwendung des im Visakodex (Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom ) vorgesehenen Formblattes ab. Dabei wurde durch Ankreuzen des Textfeldes Punkt 9. zum Ausdruck gebracht, dass nach Auffassung der belangten Behörde die Absicht der Beschwerdeführerin, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, nicht habe festgestellt werden können.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde gründete die Versagung des beantragten Visums nur auf die letzte Alternative des Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex, wonach ein Visum dann zu verweigern ist, wenn begründete Zweifel an der vom Antragsteller bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.
In ihrer Gegenschrift führt die belangte Behörde dazu aus, die Beschwerdeführerin sei bislang noch nie im Schengenraum gewesen; sie habe bei Antragstellung vor dem Schalterbeamten ausgesagt, dass sie sich in Österreich niederlassen wolle; sie sei arbeitslos und verfüge über kein Einkommen. Da somit (so die Gegenschrift weiter) die Absicht der Beschwerdeführerin, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, nicht habe festgestellt werden können, sei ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Beschwerdeführerin habe keine weiteren Unterlagen vorgelegt, jedoch telefonisch erklärt, sich um ihre (in Österreich lebende) krebskranke Mutter kümmern zu müssen. Einem daraufhin ergangenen Auftrag, eine ärztliche Bestätigung "für ihre Mutter" vorzulegen, sei die Beschwerdeführerin nicht (ausreichend) nachgekommen.
Diese Ausführungen finden zwar in der Aktenlage Deckung. Den vorgelegten Verwaltungsakten ist aber auch zu entnehmen, dass die geltend gemachten, nach Ansicht der belangten Behörde Zweifel an der Wiederausreiseabsicht der Beschwerdeführerin begründenden Umstände dieser nie vorgehalten worden sind. Vielmehr wurde in der in der behördlichen Gegenschrift angeführten Aufforderung zur Stellungnahme bloß der Textbaustein "Ihre Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, konnte nicht festgestellt werden" angekreuzt. Das stellt keinen ausreichenden Vorhalt dar (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/21/0158).
Letzteres wird in der Beschwerde, die u.a. darauf hinweist, dass die Beschwerdeführerin in Kuba mit ihrem Ehegatten und ihrer zwölfjährigen schulpflichtigen Tochter lebe, der Sache nach zutreffend geltend gemacht. Der bekämpfte Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
VAAAE-87852