VwGH vom 25.02.2011, 2009/05/0220
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie den Senatspräsidenten Dr. Pallitsch und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde 1. des H B, 2. der G B, beide in D, beide vertreten durch Thiery Ortenburger Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Schwarzenbergstraße 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1- BR-1003/001-2008, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde D, vertreten durch Mag. Franz Müller, Rechtsanwalt in 3470 Kirchberg/Wagram, Georg-Ruck-Straße 9, 2. G Aktiengesellschaft in K, vertreten durch Dr. Walter Kossarz, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Roseggerstraße 4), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben insgesamt dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60, der mitbeteiligten Stadtgemeinde D Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ansuchen vom und beantragte die zweitmitbeteiligte Partei (in der Folge: Bauwerberin) die Erteilung einer Baubewilligung für die Veränderung des bestehenden Geländeniveaus, die Errichtung einer Wohnhausanlage bestehend aus drei Doppelhäusern, vier Einzelhäusern und einem Wohnhaus mit zwei Wohneinheiten inklusive Tiefgarage sowie die Errichtung einer Heizungsanlage und einer Garagenentlüftung auf ihrem Grundstück Nr. 44 der Liegenschaft EZ 449, KG O. Das Grundstück wird an seiner nordwestlichen Längsseite von der öffentlichen Verkehrsfläche "P-Weg", an der nordöstlichen Breitseite durch die öffentliche Verkehrsfläche S-Straße erschlossen. Es ist laut Flächenwidmungsplan 7098-09/06 der mitbeteiligten Stadtgemeinde im nördlichen Bereich als Bauland Wohngebiet Aufschließungszone 1 (BW-A 1), im südlichen Bereich als Grünland Land- und Forstwirtschaft gewidmet. Die Aufschließungszone A 1 wurde mit Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom zur Bebauung und Erschließung freigegeben. Der geltende Teilbebauungsplan (lt. Verordnung vom , PZ.: 7050 - 04/07) sieht für die Aufschließungszone A 1 u.a. eine offene Bauweise und eine höchstzulässige Gebäudehöhe von 7 m vor. Die Veränderung der Höhenlage und die Errichtung der Wohnsiedlung sollen auf dem als Bauland gewidmeten Grundstücksteil erfolgen. Für die anrainende öffentliche Verkehrsfläche Grundstück Nr. 479 P-Weg ist eine Breite von 6 m festgelegt.
Die Beschwerdeführer sind je zur Hälfte Eigentümer des Grundstückes Nr. 40/3 der Liegenschaft EZ 371, KG O. Dieses Grundstück liegt nordwestlich des Baugrundstückes und wird von diesem durch die öffentliche Verkehrsfläche "P-Weg" getrennt. Die dem Grundstück der Beschwerdeführer gegenüber geplanten Häuser (Top 8 und Top 10) sind mit einer Höhe von je 6,52 m projektiert.
Die dem Bauvorhaben zugrundeliegende Baubeschreibung lautet (auszugsweise):
"...
Die Wohnhäuser sind in der Höhenlage, dem Hang entlang gestaffelt. Sie bilden zwei Zeilen, die sich nach Süden hin orientieren. Den östlichen Streifen bilden vier Einzelnwohnhäuser, den westlichen drei Doppelwohnhäuser und ein Haus mit zwei Geschosswohnungen (eigentlich 4 Zweifamilienhäuser). Eine Wohngasse in der Mitte des Grundstückes bildet die fußläufige Erschließung. Die Baukörper gliedern sich in Erd- und Obergeschoss.
Die westlich liegenden Doppelhäuser werden direkt über einen kleinen Vorbereich vom P-Weg (Parz. Nr. 479) her, bzw. von der Wohngasse aus erschlossen. Die ostseitig liegenden Einzelhäuser werden über kleine Vorhöfe von Norden her erschlossen.
...
An der nördlichen Grundgrenze wird das bestehende Geländeniveau auf das bestehende Straßeniveau angehoben, um die Zufahrtsmöglichkeit für die folgende Bebauung zu schaffen. An der östlichen Grundgrenze erfolgt der Geländeübergang mittels Böschung im Süden bzw. einer Stützmauer aus Natursteinen im nördlichen Bereich. Über die gesamte Länge der östlichen Grundgrenze wird eine Sickermulde ausgeführt. Südlich, an der Grenze der Baulandwidmung zur Grünland-Land- und Forstwirtschaft, schließt diese Niveauveränderung an das bestehende Gelände an. Das an der westlichen Grundgrenze vorhandene Gelände wird im Zuge des Bauvorhabens nicht berührt und bleibt unverändert".
Mit Schreiben vom erhoben die Beschwerdeführer schriftlich Einwendungen gegen das projektierte Bauvorhaben. Darin sprachen sie sich gegen "die Höhe, die Tiefe, die Länge, die Breite sowie gegen den Standort jedes einzelnen Objektes der beantragten Wohnsiedlung" aus. Es liege ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan vor. Es seien bereits massive Geländeveränderungen erfolgt, ohne dass dafür eine Baubewilligung vorgelegen sei. Die Beschwerdeführer, die einen landwirtschaftlichen Betrieb auf der Nachbarliegenschaft betreiben, äußerten die Befürchtung, dass sich die späteren Bewohner der Wohnsiedlung über allfällige Immissionen des Betriebes beschweren könnten. Die Bestimmung des § 56 NÖ Bauordnung 1996 betreffend die Ortsbildgestaltung werde nicht eingehalten. Sollte eine Baubewilligung erteilt werden, wäre damit für die Republik Österreich eine Verletzung der sich aus der Erklärung des Gebietes zum Weltkulturerbe ergebenden Verpflichtung verbunden.
Mit Schreiben vom erhoben die Beschwerdeführer weitere Einwendungen. Sie machten vor allem eine Beeinträchtigung wegen Lärms und Geruches geltend; die technische Beschreibung enthalte auch keinerlei Angaben zur Brandbeständigkeit der Rauchfänge bzw. der Schornsteine des gegenständlichen Projektes.
Die von der Baubehörde erster Instanz eingeholten (insbes. bautechnischen, immissionstechnischen, medizinischen und geotechnischen) Sachverständigengutachten wurden den Beschwerdeführern zur Stellungnahme übermittelt. In ihrer Stellungnahme vom führten die Beschwerdeführer hiezu aus, dass diese Gutachten lückenhaft, unpräzise und nicht objektiv seien. Auch werde die gesetzlich vorgeschriebene Straßenbreite nicht eingehalten.
Mit Bescheid der Bürgermeisterin der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde der Bauwerberin die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. Die Baubehörde erster Instanz begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass das Projekt den gesetzlichen Bestimmungen und dem rechtsgültigen Teilbebauungsplan entspreche. Eine Verletzung von Nachbarrechten sei nicht hervorgekommen.
Mit Spruchteil I des Bescheides des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer "soweit es sich um subjektiv-öffentliche Rechte nach § 6 NÖ Bauordnung 1996 handelt, abgewiesen und im Übrigen zurückgewiesen".
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, eine von den Beschwerdeführern behauptete Befangenheit der Bürgermeisterin sei nicht erkennbar und gegebenenfalls durch die Entscheidung der Berufungsbehörde saniert. Hinsichtlich des Vorbringens der inkriminierten Umwidmung werde festgestellt, dass der Gemeinderat die Umwidmung der gegenständlichen Liegenschaft in Bauland-Wohngebiet Aufschließungszone 1 und 2 bereits in seinen Sitzungen vom 7. und beschlossen habe. In seiner Verordnung vom habe der Gemeinderat die Rückwidmung der Aufschließungszone 2 in Grünland-Landwirtschaft beschlossen und als einzige Freigabevoraussetzung einen Teilungsplanentwurf für den Bereich der gesamten Aufschließungszone "BW-A 1" festgelegt. Eine spätere Umwidmung im Zusammenhang mit dem Grunderwerb der Bauwerberin, wie von den Beschwerdeführern behauptet, läge nicht vor, es sei lediglich die Freigabe der Aufschließungszone mit Bescheid vom aufsichtsbehördlich bewilligt worden. Hinsichtlich der Standfestigkeit sei auszuführen, dass nur die Gewährleistung der Standsicherheit der Bauwerke der Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht darstelle. Weder das Baugrundstück noch das Grundstück der Beschwerdeführer läge in einem im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Überflutungsgebiet, insofern gehe auch der Einwand der Hochwassergefährdung ins Leere. Beizupflichten sei den Beschwerdeführern, dass sich eine Mindeststraßenbreite von 6 m im Bereich ihres Grundstückes Nr. 40/3 bis auf weiteres - mangels Abtretungsanlässen in diesem Bereich - in der nächsten Zeit wohl nicht erzielen lassen werde. Tatsächlich sei im örtlichen Raumordnungsprogramm sowie im Teilbebauungsplan die öffentliche Verkehrsfläche sowohl auf dem Grundstück der Bauwerberin als auch auf den Grundstücken der Beschwerdeführer eingezeichnet; die von den Beschwerdeführern vorgelegte, undatierte und nicht zuordenbare Beilage 1, wonach die Grundabtretung gänzlich zu Lasten der Bauwerberin gehen solle, erweise sich sohin "als obsolet". Ein Recht auf Einhaltung eines Mindestabstandes der Straßenfluchtlinien voneinander könne nur dann bejaht werden, wenn durch eine zu geringe Straßenbreite eine ausreichende Belichtung der Hauptfenster der Gebäude der Nachbarn nicht gewährleistet wäre, was gegenständlich nicht vorliege und von den Beschwerdeführern auch nicht vorgebracht werde. Die Gutachten ließen erkennen, dass ein gesunder, normal empfindender Mensch durch die Immissionen nicht örtlich unzumutbar belästigt werde. Die bloß allgemein geäußerten Befürchtungen, es könne zu Beeinträchtigungen durch die Heizungsanlage kommen und es würden die Brandschutzbestimmungen nicht eingehalten, hätten sich im Hinblick auf die Projektunterlagen als haltlos erwiesen. Eine Mangelhaftigkeit des Emissionsgutachtens habe durch die Beschwerdeführer nicht aufgezeigt werden können. Nach § 56 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 entfalle durch die Erlassung eines Teilbebauungsplanes die Prüfung der harmonischen Einfügung (eines Bauprojektes) in die Umgebung. Eine allfällige Gefährdung des Status der Wachau als Weltkulturerbe sei hier nicht verfahrensgegenständlich.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
Mit Beschluss vom . B 566/09-4, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.
Er führte darin begründend aus:
"...
Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:
Die bloße Behauptung der Gesetzwidrigkeit des dem Bauprojekt zugrunde liegenden Teilbebauungsplanes vermag beim Verfassungsgerichtshof keine Bedenken ob dessen Gesetzmäßigkeit hervorzurufen, zumal die Beschwerdeführer selbst die Übereinstimmung des Teilbebauungsplanes mit dem örtlichen Raumordnungsprogramm und der NÖ BauO 1996 hervorheben".
In ihrer ergänzten Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Parteiengehör, auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens und auf ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung sowie im Recht auf ordnungsgemäße Bescheidbegründung und Unterlassen willkürlichen Verhaltens der Behörde verletzt. Der angefochtene Bescheid verletze sie auch in ihrem Recht auf Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere auf Einhaltung der Entfernung der Straßenfluchtlinien zwischen Baulandflächen bei Wohnsiedlungsstraßen von mindestens 6 m gemäß § 71 Abs. 5 NÖ Bauordnung 1996, und der Nachbarrechte. Weiters erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung verletzt. Darüber hinaus läge auch Aktenwidrigkeit vor. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Beschwerdeabweisung beantragte. Auch die beiden mitbeteiligten Parteien beantragten jeweils die kostenpflichtige Beschwerdeabweisung. Über Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof legte die mitbeteiligte Stadtgemeinde verschiedene Unterlagen zur Beurteilung der raumordnungsrechtlichen Situation, insbesondere den Teilbebauungsplan vom vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das aufsichtsbehördliche Vorstellungsverfahren (vgl. hiezu insbesondere § 61 NÖ Gemeindeordnung 1973) dient ebenso wie die Bescheidbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Artikel 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG der Prüfung der Frage, ob subjektive Rechte des Vorstellungswerbers bzw. Beschwerdeführers verletzt wurden. Nicht jede objektive Rechtswidrigkeit eines vor der Aufsichtsbehörde bzw. dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheides führt daher zu dessen Aufhebung, vielmehr tritt diese Rechtsfolge nur im Falle der Verletzung von subjektiven Rechten des Vorstellungswerbers bzw. des Beschwerdeführers ein (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0206, m.w.N.).
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 der NÖ Bauordnung 1996 (in der Folge: BO) haben Parteistellung im Baubewilligungsverfahren die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn). Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind.
§ 6 Abs. 2 BO lautet:
"(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die
1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4) sowie
2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben, gewährleisten und über
3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen".
Der Mindestabstand zwischen den Straßenfluchtlinien wird in § 71 BO wie folgt geregelt (auszugsweise):
"§ 71
Regelung der Verkehrserschließung
(...)
(5) Die Entfernung der Straßenfluchtlinien voneinander hat dem zu erwartenden Verkehrsaufkommen zu entsprechen und muss zwischen Baulandflächen mindestens, ausgenommen im Fall des Abs. 2, erster Satz, betragen bei:
(...)
4. Wohnsiedlungsstraßen 6 m
das sind öffentliche Verkehrsflächen von gegenwärtig und absehbar geringer Verkehrsbedeutung für den gemischten Fahrzeug- und Fußgeherverkehr; sie dienen ausschließlich dem Verkehr, dessen Quellen und Ziele innerhalb dieser Straßen liegen; auf ihnen soll der Verkehr beruhigt werden;
(...)"
§ 48 BO lautet:
"§ 48
Immissionsschutz
(1) Emissionen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, dürfen
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1. | das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährden; |
2. | Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder Spiegelung nicht örtlich unzumutbar belästigen. |
(2) Ob Belästigungen örtlich zumutbar sind, ist nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen."
Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist demnach in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0007, m. w. N.). Daraus folgt, dass die Prüfungsbefugnisse der Berufungsbehörde sowie der Aufsichtsbehörde und auch der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle des Rechtsmittels einer Partei des Verwaltungsverfahrens mit beschränktem Mitspracherecht, wie dies auf Nachbarn nach der BO im Baubewilligungsverfahren zutrifft, auf jene Fragen beschränkt ist, hinsichtlich derer dieses Mitspracherecht als subjektiv-öffentliches Recht besteht und soweit rechtzeitig im Verfahren derartige Einwendungen erhoben wurden. Die Beschwerdeführer können durch die von der Berufungsbehörde erteilte Baubewilligung nur dann in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein, wenn ihre öffentlichrechtlichen Einwendungen von den Baubehörden in rechtswidriger Weise nicht berücksichtigt worden sind (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0197 bis 0199).
Insoweit die Beschwerdeführer daher vorbringen, der Mindestabstand zwischen den Straßenfluchtlinien werde durch das bewilligte Bauvorhaben nicht eingehalten, ist ihnen entgegenzuhalten, dass nach § 6 Abs. 2 Z. 3 BO ein Nachbarrecht auf Einhaltung eines Mindestabstandes der Straßenfluchtlinien nur dann besteht, wenn durch eine zu geringe Straßenbreite eine ausreichende Belichtung der Hauptfenster der Gebäude der Nachbarn nicht gewährleistet wäre. Keinesfalls ist ein davon losgelöstes Recht der Nachbarn auf Einhaltung der im § 71 BO aufgezählten Straßenbreiten unter § 6 Abs. 2 BO subsumierbar (vgl. dazu das hg Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0025).
Im Beschwerdefall kann keine Rede davon sein, dass durch das bewilligte Bauvorhaben infolge der geringen Straßenbreite der öffentlichen Verkehrsfläche "P-Weg" keine ausreichende Belichtung der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude auf dem Nachbargrundstück der Beschwerdeführer gewährleistet wäre. Die dem Grundstück der Beschwerdeführer gegenüberliegenden bewilligten Gebäude sind weniger als 7 m hoch. Im Hinblick auf die im hier maßgeblichen Teilbebauungsplan festgelegte Breite der die Grundstücke der Nachbarparteien trennenden öffentlichen Verkehrsfläche "P-Weg" von 6 m und der Lage des Bauvorhabens (mehr als 1 m von der Grundgrenze zum P-Weg entfernt) ist daher der freie Lichteinfall im Sinne des § 6 Abs. 2 Z. 3 BO jedenfalls gegeben, weil diese Verkehrsfläche von jeglicher Bebauung freizuhalten ist.
Dem Nachbarn kommt mangels Aufzählung im taxativen Katalog des § 6 Abs. 2 BO kein Mitspracherecht hinsichtlich der in § 56 BO geregelten Aspekte der Ortsbildgestaltung zu (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0223). Auch ein von den Beschwerdeführern behauptetes subjektiv-öffentliches Nachbarrecht auf "Einhaltung der Staatsverträge" (in der Beschwerde wird offenbar vom Bestehen eines "Staatsvertrages zwischen Österreich und der UNESCO über das Weltkulturerbe" ausgegangen), lässt sich aus der Bestimmung des § 6 Abs. 2 leg. cit. nicht ableiten.
Dem Nachbarn steht auch kein Recht darauf zu, dass durch das Bauvorhaben der Grundwasserhaushalt (Grundwasserspiegel) nicht beeinträchtig wird (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/05/0130, sowie vom , Zl. 2001/05/1127).
Der Nachbar kann auch nicht erfolgreich geltend machen, dass durch die beantragte Veränderung der Höhenlage des Geländes auf dem Baugrundstück der dadurch eintretende Abfluss von Niederschlagswässern zum Nachteil des Nachbargrundstückes beeinflusst wird (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0072). Die in § 6 Abs. 2 Z. 1 und 3 BO genannten subjektiven-öffentlichen Rechte beziehen sich nämlich auf die Bauwerke der Nachbarn; eine Geländeveränderung fällt nicht darunter. Das in § 6 Abs. 2 Z. 2 BO genannte subjektive-öffentliche Recht des Nachbarn (Schutz vor Immissionen) wiederum ist durch die Immissionsschutzregelung des § 48 BO definiert. Die dort genannten Emissionen, deren örtliche Zumutbarkeit für die Nachbarn die Baubehörde zu prüfen hat, sind nach Abs. 1 Z. 2 dieses Paragraphen taxativ aufgezählt und müssen ebenfalls von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen. Ein Belästigungsschutz vor "Abfluss von Niederschlagswässern" ist jedoch in dieser Norm nicht enthalten. Örtlich unzumutbare Immissionen anderer als der in § 48 BO aufgezählten Art kann der Nachbar nur im Zivilrechtsweg abstellen (vgl. dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom ).
Allein aus dem Umstand, dass die Baubehörden dem Verfahren Gutachter aus K beigezogen haben, vermögen die Beschwerdeführer keine Befangenheit zu konstruieren; ihre diesbezüglichen Behauptungen vermochten sie durch konkretes Vorbringen nicht zu erhärten.
Der unter dem Gesichtspunkt einer behaupteten "Aktenwidrigkeit" unterlaufene Verfahrensmangel liegt ebenfalls nicht vor:
Aus welchen Gründen das geotechnische Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. W. M. unvollständig bzw. unrichtig sein soll, wurde von den Beschwerdeführern nicht dargetan. Insoweit sie in diesem Zusammenhang mit ihrer Rüge die Eignung des Baugrundstückes in Zweifel ziehen, ist diesem durch die Verfahrensergebnisse nicht gedeckten Vorbringen entgegen zu halten, dass auch ein diesbezüglicher Einwand unbeachtlich ist, weil er sich nicht auf ein Nachbarrecht im Sinne des § 6 Abs. 2 BO stützt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0176).
Im auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht als unschlüssig zu erkennenden immissionstechnischen Gutachten kommt der Sachverständige Ing. H. K. zum Ergebnis, dass unter Berücksichtigung des Ist-Zustandes bei Benützung des Bauvorhabens, insbesondere der bewilligten Tiefgarage, mit einer vernachlässigbaren Zunahme der Immissionen von Luftschadstoffen gegenüber der derzeitigen Situation zu rechnen sein werde. Diese Zunahme liege weit unter der Relevanzschwelle. Die Anrainer würden dadurch nicht negativ berührt. Die belangte Behörde erachtete dieses Gutachten als vollständig und schlüssig. Den begründeten Ausführungen im angefochtenen Bescheid haben die Beschwerdeführer keine konkreten Bedenken entgegengesetzt.
Das Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. D. P. hat die belangte Behörde ebenfalls zutreffend als schlüssig und vollständig beurteilt. Der nicht näher begründete Eindruck der Beschwerdeführer, dass dennoch eine Gefährdung durch das Bauvorhaben zu erwarten sei, ist mangels konkreter Darlegungen nicht nachvollziehbar.
Inwiefern die Beschwerdeführer durch eine zu errichtende Stützmauer in ihrem Recht auf Belichtung ihrer Fenster beeinträchtigt werden sollen, kann ebenfalls nicht nachvollzogen werden.
Die behauptete Rechtswidrigkeit des Umwidmungsverfahrens ist - wie auch schon der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss festgehalten hat - für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.
Die Beschwerdeführer hatten sowohl im erstinstanzlichen als auch im Berufungsverfahren die Möglichkeit, ihre Einwendungen vorzutragen. Eine Verletzung des Parteiengehörs liegt jedenfalls nicht vor, zumal die Beschwerdeführer nicht aufzeigen, welches Vorbringen zu erstatten sie gehindert waren.
Die Beschwerde erweist sich sohin insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am