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VwGH vom 12.09.2013, 2013/21/0094

VwGH vom 12.09.2013, 2013/21/0094

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des D M in H, geboren am , vertreten durch Mag. Stephan Zinterhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rudolfsplatz 3/8, gegen Spruchpunkt 3. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom , Zl. WBS3-F-13, betreffend Versagung eines Durchsetzungsaufschubes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom erließ die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer, einen deutschen Staatsangehörigen, gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot (erster Spruchpunkt). Weiters wurde einer Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 68 Abs. 3 FPG die aufschiebende Wirkung aberkannt (zweiter Spruchpunkt). Im angefochtenen dritten Spruchpunkt sprach die belangte Behörde schließlich aus, gemäß § 70 Abs. 3 FPG werde dem Beschwerdeführer von Amts wegen kein Durchsetzungsaufschub erteilt, weil die sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich sei.

Das Aufenthaltsverbot stützte die belangte Behörde auf eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers vom wegen der Verbrechen der Veruntreuung gemäß § 133 Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB und der Betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit in Strafhaft.

Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung sei auszuschließen und ein Durchsetzungsaufschub sei nicht zu gewähren, weil - so begründete die belangte Behörde den angefochtenen Spruchpunkt - aus den im Rahmen der Erlassung des Aufenthaltsverbotes angeführten Gründen die "vorzeitige Vollstreckung" des Bescheides im Interesse des "öffentlichen Wohles" wegen Gefahr im Verzug dringend geboten sei. Dies erfolge auch "in der Konsequenz der Logik der behördlichen Maßnahme", weil die Behörde sonst "unglaubwürdig" wäre, einerseits beim Aufenthaltsverbot eine entsprechende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit festzustellen und andererseits entgegen dieser Gefährdung die aufschiebende Wirkung und einen Durchsetzungsaufschub zu gewähren.

Gegen die Versagung des Durchsetzungsaufschubes richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist (u.a.) EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise des Fremden wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Der Beschwerdeführer ist deutscher Staatsangehöriger und damit EWR-Bürger. Nach der eben wiedergegebenen Vorschrift wäre ihm daher grundsätzlich ein einmonatiger Durchsetzungsaufschub zu gewähren gewesen, wovon nur ausnahmsweise unter der in § 70 Abs. 3 FPG genannten Voraussetzung Abstand hätte genommen werden dürfen.

Dabei wäre im konkreten Fall darauf Bedacht zu nehmen gewesen, dass sich der Beschwerdeführer - voraussichtlich noch für längere Zeit - in Strafhaft befindet, sodass der Eintritt der Durchsetzbarkeit des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 70 Abs. 1 zweiter Satz FPG vorerst für die Dauer des Freiheitsentzuges aufgeschoben ist. Die Frage, ob dem Beschwerdeführer ein Durchsetzungsaufschub zu gewähren ist oder ob es im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der sofortigen Ausreise des Beschwerdeführers bedarf, wäre daher bezogen auf den Zeitpunkt der Entlassung aus der Strafhaft zu beantworten gewesen. Der Begründung des bekämpften Spruchpunktes lässt sich indes nicht entnehmen, dass dieser Beurteilungszeitpunkt in den Blick genommen worden wäre und dass Überlegungen dahingehend angestellt worden wären, weshalb ein auch nur einmonatiger weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach seiner in der Zukunft liegenden Enthaftung untragbar sein sollte.

Der bekämpfte Bescheid enthält im gegebenen Zusammenhang vielmehr überhaupt keine eigene Begründung dafür, weshalb die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Sinn des § 70 Abs. 3 FPG geboten sein solle, sondern verweist insoweit nur auf die Begründung des Aufenthaltsverbotes. Überlegungen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes anzustellen sind, vermögen aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Begründung für die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes keinesfalls zu ersetzen (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0325; siehe auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0149, jeweils zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung des § 86 Abs. 3 FPG idF vor dem FrÄG 2011, deren Überlegungen auch für die aktuelle Rechtslage gelten).

Angesichts dieses Begründungsmangels war der angefochtene Bescheid - im Umfang seiner Anfechtung - gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am