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VwGH 26.09.2011, 2011/10/0122

VwGH 26.09.2011, 2011/10/0122

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
NatSchG Tir 2005 §17 Abs1;
NatSchG Tir 2005 §3 Abs8;
NatSchG Tir 2005 §9;
RS 1
Im Grunde des § 3 Abs. 8 Tir NatSchG 2005 ist es für das Vorliegen eines "Feuchtgebietes" ohne Bedeutung, ob es "natürlich" gewachsen ist oder das Ergebnis menschlicher Eingriffe darstellt (vgl. E , 2006/10/0095). Mit dem Hinweis auf die Entstehungsgrundlagen des vom Wegebau betroffenen Feuchtgebietes (Regulierungen, Unterbleiben landwirtschaftlicher Bewirtschaftung) wird daher kein Umstand aufgezeigt, der die Annahme der Behörde, die Maßnahmen seien in einem "Feuchtgebiet" iSd § 3 Abs. 8 Tir NatSchG 2005 gesetzt worden, als unzutreffend erscheinen ließe.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2009/10/0214 E RS 2 (hier nur der erste Satz)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des A K in R i. Z., vertreten durch Mag. Laszlo Szabo, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Claudiaplatz 2, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. U-14.172/42, betreffend naturschutzbehördlicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Spruchpunkt I. B) des im Instanzenzug ergangenen Bescheides vom hat die Tiroler Landesregierung dem Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 1 Tiroler Naturschutzgesetz 2005, LGBl. Nr. 26/2005 (TNSchG), aufgetragen, im Bereich der auf dem Grundstück Nr. 1884, KG F. ohne naturschutzrechtliche Genehmigung errichteten und aus einem einen integrierenden Bestandteil des Bescheides bildenden Plan ersichtlichen sechs Entwässerungsgräben durch bestimmt genannte Maßnahmen das Moor entsprechend dem früheren Zustand wieder herzustellen. Dabei wurde bei einigen Gräben angeordnet, dass die Befüllung händisch zu erfolgen habe, bei einigen wurde die Aussaat ortsüblicher Einsaatmischungen (am besten Heublumen aus der Gegend) und die Sicherung dieser Begrünung (drei Jahre abzäunen, mähen) angeordnet. Beim Graben 3 wurde überdies angeordnet, zur Unterbindung der Wasserableitung alle 7 m eine Barriere aus Lärchenholz, deren Oberkante 10 cm unter dem Aufschüttniveau zu liegen komme, einzubauen.

Zur Begründung dieses Spruchpunktes führte die belangte Behörde - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlich - aus, dass der Beschwerdeführer die aus dem einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildenden Plan ersichtlichen Entwässerungsgräben auf dem Grundstück Nr. 1884, KG F., außerhalb geschlossener Ortschaften errichtet habe. Diese Gräben befänden sich in einem Feuchtgebiet. Eine naturschutzrechtliche Bewilligung bestehe nicht. Die Wiederherstellung des früheren Zustandes der Gräben sei durch die Umsetzung der im Spruch aufgetragenen Maßnahmen mit verhältnismäßig geringem finanziellen Aufwand möglich.

Dass der Beschwerdeführer die Gräben errichtet habe, ergebe sich aus folgenden Erwägungen: Der Amtssachverständige habe in der in einer Niederschrift vom enthaltenen Stellungnahme ausgeführt, der Beschwerdeführer habe ihm gegenüber angegeben, die Gräben im Jahr 2000 errichtet zu haben. Dies sei dem Beschwerdeführer bei der mündlichen Berufungsverhandlung im gegenständlichen Verfahren am vorgehalten worden. Der Beschwerdeführer habe daraufhin gesagt, dass dies nicht sein könne. Der Amtssachverständige habe hingegen bei der Berufungsverhandlung ausgeführt, er sei sich sicher, dass der Beschwerdeführer ihm gegenüber diese Angaben gemacht habe. Die Behörde gehe daher davon aus, dass der Beschwerdeführer tatsächlich gegenüber dem Sachverständigen ausgesagt habe, die Gräben im Jahr 2000 errichtet zu haben. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer damals die Unwahrheit gesagt haben könnte. Bei der Berufungsverhandlung am habe der Beschwerdeführer zunächst ausgesagt, dass die Entwässerungsgräben bereits beim Kauf des Grundstückes bestanden hätten. Über ausdrückliches Nachfragen auch durch den Amtssachverständigen habe er allerdings ausgeführt, nicht zu wissen, ob die Gräben bereits beim Kauf des Grundstückes vorhanden gewesen seien. Im Widerspruch dazu habe er in der Stellungnahme vom wieder ausgeführt, die Entwässerungsgräben hätten beim Kauf des Grundstücks bereits bestanden. Der Vertreter der V. AG, der ehemaligen Eigentümerin des Grundstückes, habe nachvollziehbar ausgeführt, dass weder die V. AG, noch einer der Voreigentümer die Entwässerungsgräben errichtet hätten. Das Grundstück sei weder landwirtschaftlich genutzt worden, noch habe ein sonstiges wirtschaftliches Interesse an der Errichtung von Entwässerungsgräben bestanden.

Die Feststellungen zur Situierung der Entwässerungsgräben außerhalb geschlossener Ortschaften in einem Feuchtgebiet stützten sich auf die Stellungnahme des naturkundefachlichen Amtssachverständigen, der seine diesbezügliche Aussage auch bei der mündlichen Verhandlung noch einmal bestätigt habe.

Die vorgeschriebenen Maßnahmen stützten sich zur Gänze auf das Gutachten des naturkundefachlichen Amtssachverständigen. Aus dem Gutachten ergebe sich, dass der finanzielle Aufwand zur Wiederherstellung verhältnismäßig gering sei und die Maßnahmen auch von einer fachlich nicht geschulten Person umgesetzt werden könnten.

Die Errichtung der gegenständlichen Entwässerungsgräben außerhalb geschlossener Ortschaften in einem Feuchtgebiet hätte gemäß § 9 lit. f TNSchG einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedurft. Mangels Vorliegens einer derartigen Bewilligung seien dem Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 1 lit. b TNSchG die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen aufzutragen gewesen, welche nach der Aussage des Sachverständigen keinen unverhältnismäßig hohen Aufwand erforderten.

Ausschließlich gegen den Spruchpunkt I. B) dieses Bescheides richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, den Bescheid im angefochtenen Umfang aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Naturschutzgesetz 2005, LGBl. Nr. 26/2005 (TNSchG), haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"§ 3 …

(8) Feuchtgebiet ist ein vom Wasser geprägter, in sich geschlossener und vom Nachbargebiet abgrenzbarer Lebensraum mit den für diesen charakteristischen Pflanzen- und Tiergemeinschaften. Dazu gehören insbesondere auch Röhrichte und Großseggensümpfe, Quellfluren und Quellsümpfe, Flach- und Zwischenmoore, Hochmoore, Moor- und Bruchwälder.

§ 9 In Feuchtgebieten außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen folgende Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:

f) Entwässerungen;

§ 17 (1) Wird ein nach diesem Gesetz, einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 48 Abs. 1 genannten Gesetze bewilligungspflichtiges Vorhaben, ausgenommen Werbeeinrichtungen, ohne naturschutzrechtliche Bewilligung oder entgegen einem in diesen Vorschriften enthaltenen Verbot, ohne dass hiefür eine Ausnahmebewilligung vorliegt, ausgeführt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde demjenigen, der dies veranlasst hat, oder, wenn dieser nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden kann, dem Grundeigentümer oder dem sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten mit Bescheid

a) die weitere Ausführung des Vorhabens oder die Verwendung einer Anlage zu untersagen und

b) die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen auf seine Kosten aufzutragen; ist die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht möglich oder kann der frühere Zustand nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand festgestellt werden, so ist dieser zu verpflichten, den geschaffenen Zustand auf seine Kosten so zu ändern, dass den Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 bestmöglich entsprochen wird.

…"

Die Behörde hat die Feststellung, dass sich die gegenständlichen Entwässerungsgräben in einem Feuchtgebiet befinden, auf das Gutachten des naturkundefachlichen Amtssachverständigen gestützt. Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid wurde das Gutachten dem Beschwerdeführer zugestellt. Er hat dazu eine Stellungnahme erstattet. Weiters wurde das Gutachten bei der mündlichen Berufungsverhandlung erörtert. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, im Verwaltungsverfahren jemals vorgebracht zu haben, dass es sich beim gegenständlichen Gebiet um kein Feuchtgebiet handle. Mit dem Beschwerdevorbringen, die vorhandene Straße verhindere das Abfließen von Wasser aus dem darüber liegenden Wald auf die gegenständliche Wiese, die vorhandene Feuchtigkeit resultiere hauptsächlich aus von der Straße selbst abfließendem Wasser, zeigt der Beschwerdeführer nicht konkret auf, aus welchen Gründen kein Feuchtgebiet im Sinn von § 3 Abs. 8 TNSchG vorliege. Für das Vorliegen eines Feuchtgebietes in diesem Sinn ist es nämlich nicht entscheidend, ob es "natürlich" entstanden ist oder das Ergebnis menschlicher Eingriffe darstellt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/10/0214, und die dort zitierte Vorjudikatur). Den in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängeln kommt daher keine Relevanz zu.

Die im angefochtenen Bescheid ausführlich dargestellte Beweiswürdigung, die zu dem Ergebnis führte, dass die Gräben vom Beschwerdeführer errichtet wurden, ist schlüssig und begegnet daher im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Überprüfungsbefugnis keinen Bedenken. Das Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer mit seiner Aussage gegenüber dem Sachverständigen betreffend die Errichtung von Gräben andere - nicht konkretisierte - Gräben gemeint habe, ist nicht geeignet, derartige Bedenken zu erwecken, zumal der Beschwerdeführer nicht bestreitet, bei der mündlichen Verhandlung über Vorhalt seiner früheren Aussage gegenüber dem Sachverständigen lediglich geantwortet zu haben, dass dies nicht sein könne. Das Vorbringen, der Beschwerdeführer hätte müssen belehrt werden, die gesonderte Ladung des Sachverständigen als Zeugen zu der Frage zu beantragen, welche Gräben der Beschwerdeführer gemeint habe, ist schon deshalb nicht zielführend, weil es dem Beschwerdeführer frei gestanden wäre, eine entsprechende Frage an den bei der mündlichen Verhandlung anwesenden Sachverständigen zu stellen.

Mit dem bloßen Vorbringen, das händische Verfüllen der Gräben 4, 5 und 6 würde "21 Arbeitsschichten" in Anspruch nehmen, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, dass die händische Verfüllung im Verhältnis zum damit angestrebten Erfolg einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordere.

Mit dem Vorbringen, die feuchte Wiese habe im früheren Zustand weder Lärchenriegel enthalten, noch sei sie umzäunt gewesen oder gemäht worden, macht der Beschwerdeführer nicht konkret geltend, dass die vorgeschriebenen Maßnahmen (Einbau von Lärchenholz-Barrieren, Umzäunen und Mähen durch drei Jahre) nicht geeignet seien, im gegenständlichen Gebiet wieder das ursprünglich bestehende Moor entstehen zu lassen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am

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Normen
NatSchG Tir 2005 §17 Abs1;
NatSchG Tir 2005 §3 Abs8;
NatSchG Tir 2005 §9;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2011100122.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAE-87818