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VwGH vom 02.08.2013, 2013/21/0081

VwGH vom 02.08.2013, 2013/21/0081

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des SK in W, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom , Zl. 1191642/FrB/13, betreffend Ladung in einer Angelegenheit nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, gemäß seinen Angaben ein Staatsangehöriger von Guinea und im Juli 2004 in das Bundesgebiet eingereist, wurde schon im Februar 2005 wegen eines Vergehens nach dem SMG strafgerichtlich verurteilt. Im Hinblick darauf erließ die Bundespolizeidirektion Wien gegen ihn mit Bescheid vom ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot, das mangels Erhebung einer Berufung in Rechtskraft erwuchs.

Bereits am hatte der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt. Das Verfahren über diesen Antrag war ab eingestellt und wurde, nachdem sich der Beschwerdeführer nach einer zweiten strafgerichtlichen Verurteilung abermals in Haft befand, am wieder fortgesetzt.

Mit Bescheid vom wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab. Außerdem wurde ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Guinea gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei, und es wurde der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG nach Guinea ausgewiesen.

Mit Erkenntnis vom behob der Asylgerichtshof die vom Bundesasylamt ausgesprochene Ausweisung ersatzlos. Dem lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer seit mit einer polnischen Staatsangehörigen verheiratet sei und einen spanischen Aufenthaltstitel besitze. Es könne daher - so der Asylgerichtshof nach Bezugnahme auf einzelne Artikel der Richtlinie 2004/38/EG - "nicht davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen für eine Ausweisung des Beschwerdeführers erfüllt wären".

In der Folge beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung der oben genannten fremdenpolizeilichen Maßnahme vom . Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid vom wies der unabhängige Verwaltungssenat Wien diesen Antrag gemäß § 69 Abs. 2 FPG ab.

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom wurde der Beschwerdeführer daraufhin für den , 8:30 Uhr, vorgeladen. In Bearbeitung der Angelegenheit "Durchsetzbare Ausreiseentscheidung - Prüfung von Sicherheitsmaßnahmen zur Ausreiseverpflichtung" sei es notwendig, dass er persönlich "in unser Amt" komme. Wenn er die Ladung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht befolge, müsse er - vor allem - damit rechnen, dass gemäß § 19 Abs. 3 AVG seine zwangsweise Vorführung veranlasst werde.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 1 erster Satz AVG ist die Behörde berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.

Der Beschwerdeführer wurde für den vorgeladen. Dieser Termin ist bereits verstrichen. Der Beschwerdeführer hat ihn aber nicht wahrgenommen und es ist nicht zu sehen, dass die für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung angedrohten Sanktionen nach Beendigung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht mehr zu befürchten wären. In Stattgebung des Antrages, der gegen den Ladungsbescheid erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, hat der Verwaltungsgerichtshof zwar mit Beschluss vom , Zl. AW 2013/21/0025, angeordnet, dass gegen den Beschwerdeführer wegen einer allfälligen Nichtbefolgung des Ladungsbescheides (insbesondere) eine Vorführung nach § 19 Abs. 3 AVG nicht erfolgen dürfe. Diese Anordnung erstreckte sich jedoch nur auf die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und verliert mit dessen Beendigung ihre sistierende Wirkung. Über die vorliegende Beschwerde ist daher - wie einleitend festzuhalten ist - meritorisch zu erkennen.

Der Beschwerdeführer bestreitet die Notwendigkeit seiner Ladung. Er sei am Asylwerber gewesen, weshalb das Aufenthaltsverbot vom gemäß § 125 Abs. 3 zweiter Satz FPG zu einem Rückkehrverbot geworden sei. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass das Asylverfahren zwischen dem und dem eingestellt gewesen sei, weil er ungeachtet der Verfahrenseinstellung als Fremder gegolten habe, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Ein Rückkehrverbot trage aber keine Ausreiseverpflichtung in sich, weshalb der erklärte Zweck der bekämpften Ladung - im Hinblick auf das Bestehen einer durchsetzbaren Ausreiseentscheidung Prüfung von Sicherheitsmaßnahmen zur Ausreiseverpflichtung - ins Leere gehe. Davon abgesehen wäre das seinerzeitige Aufenthaltsverbot auch deshalb nicht durchsetzbar, weil sich nach Ansicht des Asylgerichtshofs wesentliche Änderungen des maßgeblichen Sachverhaltes ergeben hätten und dem Beschwerdeführer die Ausreise "sohin auf Grund staatlicher Schutzpflicht des Privat- und Familienlebens nicht mehr zuzumuten" sei.

Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.

Zunächst trifft es nämlich nicht zu, dass der Beschwerdeführer am Asylwerber war. Gemäß § 1 Z 3 AsylG galt als Asylwerber ein Fremder ab Einbringung eines Asylantrages bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens oder bis zu dessen Einstellung. Das am an die Stelle des AsylG getretene Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) brachte insofern keine Änderung. Gemäß seinem § 2 Abs. 1 Z 14 ist Asylwerber ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.

Fremden, deren Asylverfahren am eingestellt war, kam damit nach beiden Begriffsbestimmungen die Asylwerbereigenschaft nicht zu. Dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0668, lässt sich nichts Anderes entnehmen. Wenn darin, wie vom Beschwerdeführer betont, festgehalten ist, ein Fremder, dessen Verfahren eingestellt wurde, gelte ungeachtet der mit der Verfahrenseinstellung einhergehenden Beendigung seiner Asylwerbereigenschaft (wiederum) als Fremder, der "in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat", so ist auf die ausdrückliche Erwähnung der mit der Verfahrenseinstellung einhergehenden Beendigung der Asylwerbereigenschaft zu verweisen.

Nur auf die Asylwerbereigenschaft kommt es im gegebenen Zusammenhang aber an. § 125 Abs. 3 zweiter Satz FPG ("Besteht gegen einen Fremden, der am Asylwerber ist, ein Aufenthaltsverbot, so gilt dieses Aufenthaltsverbot als Rückkehrverbot.") knüpft ausdrücklich an diesen Status an und lässt nicht erkennen, dass auch Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz (bloß) gestellt haben (zur Differenzierung vgl. § 17 Abs. 1 und 2 AsylG 2005), von der Anordnung dieser Bestimmung erfasst sein sollen. Dass sie - was Gegenstand des genannten Erkenntnisses vom war - ebenso wie Asylwerber dem zweiten Absatz des § 76 FPG (und nicht dem ersten Absatz dieser Bestimmung) unterfallen, ist für § 125 Abs. 3 zweiter Satz FPG ohne Belang.

Nach dem eben Gesagten wurde das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot vom nicht von § 125 Abs. 3 zweiter Satz FPG erfasst und blieb somit in seiner Eigenschaft unangetastet. Auch die in der gegenständlichen Beschwerde weiter angesprochene Entscheidung des Asylgerichtshofes vom beeinträchtigte es aber nicht. Zwar hat der Asylgerichtshof die erstinstanzliche asylrechtliche Ausweisung nach § 8 Abs. 2 AsylG ersatzlos behoben und in seiner Begründung zum Ausdruck gebracht, dass die Voraussetzungen für eine Ausweisung des Beschwerdeführers nicht erfüllt wären. Damit wurde aber weder ausdrücklich noch implizit über das seinerzeitige Aufenthaltsverbot abgesprochen. Auch derogative Wirkung kommt der genannten Entscheidung des Asylgerichtshofes nicht zu, und zwar ungeachtet dessen, dass das dem Aufenthaltsverbot zugrunde liegende Fehlverhalten (auch) bei der Entscheidung des Asylgerichtshofes zu berücksichtigen war. In dieser Entscheidung kann nämlich weder die konstitutive Begründung eines Aufenthaltsrechts noch - fallbezogen - ein Verdrängungswirkung entfaltender Ausspruch nach § 10 Abs. 5 AsylG 2005, wonach die Ausweisung des Beschwerdeführers auf Dauer unzulässig sei (vgl. zur Wirkung dieses Ausspruches den hg. Beschluss vom , Zl. 2009/22/0128), erblickt werden. Das behauptet der Beschwerdeführer im Übrigen auch gar nicht. Seiner Annahme aber, ihm wäre eine Ausreise aus Österreich nicht zumutbar, steht schon die erfolglose Stellung seines Aufhebungsantrages entgegen.

Zusammenfassend ist somit nicht zu sehen, weshalb das seinerzeitige Aufenthaltsverbot nach Beendigung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers nicht durchsetzbar sein soll. Gegen den mit der gegenständlichen Ladung verfolgten Zweck "Durchsetzbare Ausreiseentscheidung - Prüfung von Sicherheitsmaßnahmen zur Ausreiseverpflichtung" bestehen daher keine Bedenken, weshalb die gegen den Ladungsbescheid erhobene Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am