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VwGH vom 21.05.2012, 2011/10/0117

VwGH vom 21.05.2012, 2011/10/0117

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des HR in Wien, vertreten durch Dr. Klaus Burka, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. LF1- FO-120/044-2011, betreffend forstpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchpunkt A des im Instanzenzug ergangenen Bescheides vom hat der Landeshauptmann von Niederösterreich dem Beschwerdeführer gemäß § 172 Abs. 6 iVm § 17 Abs. 1 ForstG 1975, BGBl. Nr. 440 (ForstG), folgenden forstpolizeilichen Auftrag erteilt:

"1. Alle Baulichkeiten auf der Parzelle Nr. 92/4, KG … (Hütte, Unterstand), sind umgehend zu entfernen.

2. Die Geländemodellierung ist auf die ursprüngliche Geländeausformung rückzubauen. Eine Zufuhr von Fremdmaterial ist nicht zulässig.

3. Die Fläche ist mit Eichen und Hainbuchen im Verhältnis 50:50 im Verband 1,5 m x 1,5 m bis wiederaufzuforsten."

Zur Begründung des Spruchpunktes A führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe in der Berufung vorgebracht, das Grundstück sei seit dem Ankauf durch seinen Großvater um das Jahr 1911 als eingezäunter Garten mit Obstbäumen, Haselnusssträuchern und Flieder (und nicht mit Eiche oder Hainbuche) bepflanzt gewesen. Nach dem Tod der Großeltern und des Vaters des Beschwerdeführers sei das Grundstück sich selbst überlassen worden. Vor etwa vier Jahren habe der Beschwerdeführer seinen Sohn gebeten, sich des Gartengrundstückes anzunehmen und das viele zum Teil morsche Holz als Brennholz zu roden. Er habe nicht gewusst, dass das Grundstück inzwischen zu Wald deklariert worden sei. Das Grundstück im Ausmaß von etwa 1.600 m2 sei eingezäunt und bisher als Garten bezeichnet worden. Es sei von fünf landwirtschaftlichen Nutzflächen und im Süden vom Radweg begrenzt. Es erscheine widersinnig, dass dieses Grundstück plötzlich zu Wald geworden sei.

Weiters führte die belangte Behörde aus, am sei von der Bezirksforstinspektion Krems festgestellt worden, dass der auf dem gegenständlichen Grundstück befindliche forstliche Bewuchs aus Eichen und Hainbuchen sowie anderen Holzgewächsen entfernt worden sei. Weiters sei festgestellt worden, dass zwei Terrassen und ein befestigter Weg angelegt worden seien. Auf dem Ostteil des Grundstücks sei eine Hütte im Ausmaß von 2,5 m x 2,5 m und in der südwestlichen Ecke ein Unterstand für einen Rasenmäher errichtet worden. Ein Trampolin sei aufgestellt worden. Weiters sei die Fläche mit Gras bebaut und einzelne Obstbäume gesetzt worden.

Der Beschwerdeführer habe bereits im September 2009 wegen einer Rodungsbewilligung angefragt. Dies sei von der Behörde dahin beantwortet worden, dass eine solche Bewilligung nicht erteilt werden könne. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer im Herbst 2011 auf die forstrechtlichen Bestimmungen hingewiesen worden.

Der von der belangten Behörde beigezogene forstfachliche Sachverständige habe in seinem Gutachten vom (u.a.) ausgeführt, dass in den Archiven des Amtes der NÖ Landesregierung Luftbilder vom (schwarz-weiß) und vom (in Farbe) existierten. Das gegenständliche Grundstück zeige sowohl im Jahr 1993 als auch im Jahr 2007 eine vollständige Bestockung. Die Kronenstruktur auf beiden Luftbildern weise auf einen Laubholzbestand hin. Auf Grund der unterschiedlichen Grau- bzw. Grünschattierungen seien einzelne Kronen scharf abgrenzbar. Der Überschirmungsgrad könne auf Grund der Fotos mit 1,0 (100 %ige Überschirmung) beziffert werden. Insbesondere zeige der Vergleich der Kronenstrukturen des Bewuchses auf dem Luftbild aus dem Jahr 2007 Ähnlichkeiten mit dem noch vorhandenen Bewuchs auf den angrenzenden Parzellen. Die Wahrnehmungen des Sachverständigen bei der Besichtigung des Grundstücks deckten sich mit jenen der Bezirksforstinspektion vom November 2010. Da dem Organ der Bezirksforstinspektion die gegenständliche Fläche bekannt gewesen sei, sei davon auszugehen, dass sich der nunmehr vom Beschwerdeführer entfernte Bewuchs entsprechend dem Bericht der Bezirksforstinspektion aus Eichen, Hainbuchen und anderen Holzgewächsen zusammengesetzt habe. Dies sei auch bei einem Vergleich der Kronenstrukturen der Bestände auf den angrenzenden Parzellen plausibel und nachvollziehbar.

Das Gutachten sei dem Beschwerdeführer nachweislich zur Stellungnahme übermittelt worden. Eine Stellungnahme sei nicht eingelangt.

Voraussetzung für die Erteilung eines forstpolizeilichen Auftrages sei die Waldeigenschaft sowohl zum Zeitpunkt des Zuwiderhandelns als auch zum Zeitpunkt der Erlassung des Auftrages. Die Waldeigenschaft des gegenständlichen Grundstückes innerhalb des relevanten Zeitraumes von zehn Jahren ergebe sich aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des forstfachlichen Sachverständigen, insbesondere aus der festgestellten Ähnlichkeit des entfernten Bewuchses mit dem noch vorhandenen Bewuchs auf den Nachbarparzellen. Weder die Einzäunung des Grundstückes noch die Nutzung als Garten in einer früheren Zeit schließe aus, dass ein Grundstück zu Wald im Sinn des Forstgesetzes werde. Die Nutzung der umliegenden Grundstücke sei irrelevant, weil das gegenständliche Grundstück selbst ein Ausmaß von mehr als 1.000 m2 aufweise.

Der Beschwerdeführer habe den forstlichen Bewuchs vollständig entfernt, das Gelände modelliert, Rasenflächen angelegt, Obstbäume gepflanzt und ein Gebäude sowie einen Unterstand errichtet. Dabei handle es sich um die Verwendung von Waldboden zu waldfremden Zwecken und somit um eine gemäß § 17 Abs. 1 ForstG verbotene Rodung. Es seien daher alle Voraussetzungen für die Erteilung eines forstpolizeilichen Auftrages gemäß § 172 Abs. 6 ForstG erfüllt.

Über die gegen den Spruchpunkt A dieses Bescheides gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440 (ForstG), haben folgenden Wortlaut:

"§ 1a. (1) Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes sind mit Holzgewächsen der im Anhang angeführten Arten (forstlicher Bewuchs) bestockt Grundflächen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1 000 m2 und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht.

§ 4. (1) Grundflächen, die bisher nicht Wald waren, unterliegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes im Fall

1. der Aufforstung (Saat oder Pflanzung) nach Ablauf von zehn Jahren ab der Durchführung,

2. der Naturverjüngung nach Erreichen einer Überschirmung von fünf Zehnteln ihrer Fläche mit einem Bewuchs von wenigstens 3 m Höhe.

Die Bestimmungen des IV. Abschnittes sind jedoch bereits ab dem Vorhandensein des Bewuchses anzuwenden.

§ 5. (1) Bestehen Zweifel, ob


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a)
eine Grundfläche Wald ist oder
b)
ein bestimmter Bewuchs in der Kampfzone des Waldes oder als Windschutzanlage den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unterliegt,
so hat die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 1 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen.
§ 19 Abs. 4 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Stellt die Behörde fest, dass die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war, so hat sie mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt. Weist der Antragsteller nach, dass


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1.
die Voraussetzungen des ersten Satzes nicht zutreffen oder
2.
eine dauernde Rodungsbewilligung erteilt wurde, und ist inzwischen keine Neubewaldung erfolgt, so hat die Behörde mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt.

§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.

§ 172. …

6) Wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer Acht lassen, hat die Behörde, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere


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a)
die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung,
b)
die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen,
c)
die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen die Walderhaltung gefährdenden Bestandsresten, sowie die Wildbachräumung,
d)
die Verhinderung und tunlichste Beseitigung der durch die Fällung oder Bringung verursachten Schäden an Waldboden oder Bewuchs oder
e)
die Einstellung gesetzwidriger Fällungen oder Nebennutzungen, dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen.
…"
Wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, ist Voraussetzung für die Erteilung eines forstpolizeilichen Auftrages gemäß § 172 Abs. 6 ForstG, dass es sich bei der Fläche zum Zeitpunkt des Beginnes der den forstlichen Vorschriften widersprechenden Handlung und zum Zeitpunkt der Erlassung des forstpolizeilichen Auftrages um Wald im Sinn des ForstG gehandelt hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/10/0185), wobei die Behörde - entgegen dem Beschwerdevorbringen - berechtigt ist, im Verfahren zur Erteilung eines forstpolizeilichen Auftrages die Frage der Waldeigenschaft als Vorfrage zu beurteilen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/10/0215).
Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, dass es sich bei der gegenständlichen Grundfläche um Wald im Sinn des ForstG handle, weil bei Anfertigung des Luftbildes vom Juli 2007 - und somit jedenfalls innerhalb des gemäß § 5 Abs. 2 ForstG maßgeblichen Zeitraumes von zehn Jahren - ein forstlicher Bewuchs mit 100 %iger Überschirmung vorhanden gewesen sei.
Der Beschwerdeführer bestreitet den festgestellten Überschirmungsgrad nicht und behauptet auch nicht, dass der Bewuchs die für eine Neubewaldung durch Naturverjüngung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 ForstG erforderliche Mindesthöhe von 3 m erreicht habe. Er wendet jedoch ein, dass es sich um einen - verwilderten - Obstgarten gehandelt habe und Obstbäume keine im Anhang zum ForstG angeführten Holzgewächse im Sinn von § 1a Abs. 1 leg. cit. seien.
Die belangte Behörde hat die Feststellung, es habe sich beim vom Beschwerdeführer entfernten Bewuchs - vorwiegend - um forstliche Holzgewächse gehandelt, auf die vom Sachverständigen anhand der Luftbilder diagnostizierte Ähnlichkeit des entfernten Bewuchses mit dem noch vorhandenen Bewuchs auf Nachbargrundstücken gestützt sowie darauf, dass dem eine verbotene Rodung meldenden Organ der Bezirksforstinspektion die gegenständliche Fläche (und deren Bewuchs) bekannt gewesen sei.
Mit der bloßen Behauptung, weder aus einem Luftbild, noch aus der Ortskenntnis des meldungslegenden Organs könne auf die Art der vorhandenen Laubbäume geschlossen werden, vermag der Beschwerdeführer - der dem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegentritt - keine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde aufzuzeigen.
Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, dass die belangte Behörde auf das mit den Schriftsätzen vom und vom erstattete Vorbringen und die darin gestellten Beweisanträge sowie die damit vorgelegten Urkunden nicht eingegangen sei.
Das Gutachten des forstfachlichen Amtssachverständigen wurde dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme binnen zwei Wochen zugestellt. Der Beschwerdeführer hat die Sendung nach der Aktenlage am persönlich übernommen. Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer keine Stellungnahme eingebracht. Dies stimmt mit den vorgelegten Verwaltungsakten überein, die kein solches Schriftstück enthalten. In der Beschwerde beruft sich der Beschwerdeführer zwar auf Stellungnahmen vom 21. und vom , geht aber in keiner Weise auf die Feststellung, wonach keine Stellungnahme eingelangt sei, ein. In ihrer Gegenschrift verweist die belangte Behörde noch einmal darauf, dass die in der Beschwerde erwähnten Stellungnahmen vom 21. und bei ihr nicht eingelangt seien. Der Beschwerdeführer erstattete einen weiteren Schriftsatz, in dem er "auf die nunmehr seitens des Verwaltungsgerichtshofes übermittelte Gegenschrift" Bezug nimmt und eine Urkunde betreffend die Widmung des Grundstücks vorlegt, jedoch keinerlei Vorbringen zur Einbringung der beiden Schriftsätze erstattet.
Dem Beschwerdeführer, der das tatsächliche Einlangen eines Anbringens zu beweisen hat und den die Gefahr des Verlusts einer Eingabe trifft (vgl.
Hengstschläger/Leeb , Kommentar zum AVG, Rz 33 zu § 13 und die dort zitierte hg. Judikatur), gelingt es damit nicht, die Richtigkeit der behördlichen Feststellung, wonach die nach den Beschwerdebehauptungen erstatteten Schriftsätze vom 21. und bei der Behörde nicht eingelangt seien, in Zweifel zu ziehen. Daher stellt auch der Umstand, dass die belangte Behörde auf das nach dem Beschwerdevorbringen mit diesen Schriftsätzen erstattete Vorbringen nicht eingegangen ist, keinen Verfahrensmangel dar.
Im Übrigen sei zum mit den erwähnten Schriftsätzen nach dem Beschwerdevorbringen erstatteten Vorbringen betreffend die raumordnungsrechtliche Widmung des gegenständlichen Grundstückes ausgeführt, dass die Widmung eines Grundstückes im Flächenwidmungsplan für die Waldeigenschaft ohne Belang ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/10/0035). Weiters sei festgehalten, dass der vorgebrachte Umstand, das gegenständliche Grundstück habe nach der Abtrennung eines Teilstückes nunmehr ein Ausmaß von 1.384 m2, keinen Einfluss auf die Waldeigenschaft gemäß § 1a Abs. 1 ForstG hat.
Die Feststellungen, wonach der Bewuchs des gegenständlichen Grundstückes gänzlich entfernt und die aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides ersichtlichen Veränderungen (Errichtung von Baulichkeiten, Geländemodellierungen) vorgenommen wurden, werden vom Beschwerdeführer ebenso wenig bekämpft wie die auf Grund dieser Feststellungen unbedenkliche Beurteilung, wonach es sich hiebei um eine verbotene Rodung im Sinn von § 17 Abs. 1 ForstG handelt.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht gemäß § 172 Abs. 6 ForstG die Rückgängigmachung dieser Veränderungen und die Wiederbewaldung aufgetragen.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008 Wien, am

Fundstelle(n):
IAAAE-87800