VwGH vom 27.11.2012, 2011/10/0115

VwGH vom 27.11.2012, 2011/10/0115

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2010/10/0083 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des Landes Salzburg gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. SO-130334/16-2011-FF, betreffend Kostenersatz in einer Angelegenheit der Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Kostenbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/10/0002, verwiesen.

Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , wonach der Sozialhilfeverband Braunau am Inn nicht verpflichtet sei, dem Land Salzburg die Aufwendungen für die Frau A., geboren am , seit gewährten Sozialhilfeleistungen zu ersetzen, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof dazu - unter Bezugnahme auf das Erkenntnis vom , Zl. 2004/10/0220 - im Wesentlichen aus, dass nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 der gemäß § 2 der Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom , LGBl. Nr. 64/1975, anzuwendenden Ländervereinbarung zunächst abstrakt auf den Leistungstypus abzustellen und daher zu prüfen ist, ob die vom Träger der Sozialhilfe im Bundesland Salzburg gewährte Hilfe - hier: Unterbringung in einem Seniorenheim - auch im Leistungskatalog mit Rechtsanspruch nach dem Oberösterreichischen Sozialhilfegesetz (Oö SHG) "der Art nach" enthalten ist. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Leistungsanspruches hat aber in weiterer Folge nicht nach den Vorschriften des Oö SHG zu erfolgen, sondern nach dem Sozialhilfegesetz jenes Bundeslandes, nach dem die Leistung tatsächlich gewährt wurde. Somit wäre zu untersuchen gewesen, ob die Voraussetzungen für die Hilfegewährung nach den Bestimmungen des Salzburger Sozialhilfegesetzes (Sbg SHG) gegeben sind.

Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz )Bescheid vom sprach die Oberösterreichische Landesregierung abermals aus, der Sozialhilfeverband Braunau am Inn sei nicht verpflichtet, dem Land Salzburg die Aufwendungen für die Frau A., geboren am , seit gewährten Sozialhilfeleistungen zu ersetzen. Die belangte Behörde stützte sich dazu auf § 62 Oö SHG, LGBl. Nr. 82/1998 "idgF", die Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom über den Beitritt des Bundeslandes Salzburg zur Vereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe zwischen den Sozialhilfeträgern Oberösterreichs und den Sozialhilfeträgern der Länder Tirol und Vorarlberg, LGBl. Nr. 64/1975 "idgF" (in der Folge: Kostenersatz-Verordnung), und die Ländervereinbarung über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe (in der Folge: Ländervereinbarung).

Begründend führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, Frau A. habe mit Schreiben vom die Gewährung von Sozialhilfe durch Übernahme der Kosten für den Aufenthalt in einem näher genannten (im Bundesland Salzburg gelegenen) Seniorenwohnhaus gemäß § 17 Sbg SHG beantragt. Diese Leistung sei ihr u.a. mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom gewährt worden. Mit Schreiben vom habe das Land Salzburg den Sozialhilfeverband Braunau am Inn um Abgabe eines Kostenanerkenntnisses ersucht und dies damit begründet, dass sich die hilfesuchende Person (Frau A.) während der letzten sechs Monate vor Antragstellung zumindest durch fünf Monate in dessen Zuständigkeitsbereich aufgehalten habe. Dieses Ersuchen habe der Sozialhilfeverband Braunau am Inn mit Schreiben vom - im Wesentlichen mit der Begründung, dass ein Rechtsanspruch auf Hilfe in stationären Einrichtungen gemäß § 17 Oö SHG nur dann bestehe, wenn der Pflegefall nicht durch andere Hilfen gemäß § 12 Oö SHG abgedeckt werden könne, und dass der notwendige Pflegebedarf für Frau A. auch durch aktivierende Betreuung und Hilfe gemäß § 12 Abs. 2 Z. 1 Oö SHG sichergestellt werden könne - abgelehnt. Daraufhin habe das Land Salzburg mit Schreiben vom einen Antrag gemäß Art. 7 der Ländervereinbarung gestellt.

Als maßgeblichen Sachverhalt stellte die belangte Behörde (gleichlautend zum Bescheid vom ) fest, Frau A. sei seit im genannten Seniorenwohnhaus wohnhaft und werde seit vom Sozialamt (Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung) hinsichtlich der teilweisen Übernahme der Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe unterstützt. In den letzten sechs Monaten vor der Aufnahme in das genannte Seniorenwohnhaus habe sich Frau A. mindestens durch fünf Monate im Bezirk Braunau aufgehalten. Zur Frage der Heimbedürftigkeit gehe aus dem (näher dargestellten) Gutachten der Oberösterreichischen Landesnervenklinik Wagner-Jauregg vom eindeutig hervor, dass Frau A. auf keinerlei körperliche Hilfestellung angewiesen und außerdem zu Person, Zeit und Ort ausreichend orientiert gewesen sei. Es sei daher anzunehmen, dass Frau A. im Mai 1998 in der Lage gewesen sei, ein selbständiges Leben zu führen, und die Heimaufnahme eine rein präventive Maßnahme dargestellt habe. Schließlich könne hinsichtlich der Pflegebedürftigkeit - im Hinblick auf den vorgelegten Pflegebericht für den Zeitraum von 14. Februar bis - auch keine wesentliche Änderung seit Mai 1998 festgestellt werden.

Gemäß § 2 Abs. 2 der Kostenersatz-Verordnung (in der Fassung LGBl. Nr. 129/2009) bestehe ein Anspruch auf Kostenersatz nur dann, wenn auch bei einer Antragstellung in Oberösterreich dieselbe Leistung zumindest dem Grunde nach zuerkannt worden wäre und der der Leistung zugrunde liegende Bedarf nach dem Oö SHG mit Rechtsanspruch versehen sei. Diese - mit in Kraft getretene - Fassung sei im Beschwerdefall auch bereits anzuwenden. Aus dem Amtsvortrag zur Novellierung u.a. der hier maßgeblichen Kostenersatz-Verordnung mit LGBl. Nr. 129/2009 gehe klar hervor, dass die Judikaturlinie des Verwaltungsgerichtshofes (gemeint: das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/10/0220, und die diesem folgenden Erkenntnisse, u.a. das im gegenständlichen Rechtsstreit ergangene Erkenntnis vom , Zl. 2006/10/0002) nicht dem Willen des Oberösterreichischen Gesetzgebers entspreche und aus diesem Grund eine Konkretisierung der Kostenersatz-Verordnung erfolgt sei. Ihr Inhalt lasse keine andere Interpretation zu, als dass sie seit ihrem Inkrafttreten am auf alle "Rechtsfälle" anzuwenden sei. Neue Regelungen würden in der Verordnungspraxis des oberösterreichischen Sozialhilferechts grundsätzlich - unabhängig vom zeitlichen Bezugsbereich - auf alle zur Entscheidung anstehenden Sachverhalte für anwendbar erklärt und diesbezügliche Ausnahmen klar zum Ausdruck gebracht, wie dies etwa die Übergangsbestimmung zur Sozialhilfeverordnung zeige, wonach die außer Kraft getretenen Richtsätze und Beiträge weiterhin auf Sachverhalte anzuwenden seien, die sich vor dem Inkrafttreten der neuen Verordnung ereignet hätten.

Damit sei zu prüfen, ob im gegenständlichen Fall ein Rechtsanspruch auf soziale Hilfe (auch) nach dem Oö SHG bestünde. Gemäß § 17 Abs. 5 Oö SHG bestehe ein Rechtsanspruch auf Hilfe in stationären Einrichtungen, sofern der Pflegebedarf nicht durch andere Hilfen gemäß § 12 abgedeckt werden könne. § 12 Abs. 2 Z. 1 Oö SHG sehe die Möglichkeit aktivierender Betreuung und Hilfe (durch eine Reihe von möglichen Leistungen) vor. Dem durchgeführten Ermittlungsverfahren zufolge sei Frau A. im Mai 1998 in der Lage gewesen, ein selbständiges Leben zu führen, habe die Heimaufnahme somit eine rein präventive Maßnahme dargestellt und sei hinsichtlich der Pflegebedürftigkeit von Mai 1998 bis zum Jahr 2005 keine nennenswerte Änderung eingetreten. Im maßgeblichen Zeitraum sei somit (mangels "Heimbedürftigkeit") kein Pflegebedarf vorgelegen, der einen Rechtsanspruch nach dem Oö SHG habe begründen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:

1.1. Vereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe, Anlage zur Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom , LGBl. Nr. 83/1973 (Ländervereinbarung):

"Artikel 1

Allgemeines

Die Träger der Sozialhilfe eines Vertragslandes - im folgenden als Träger bezeichnet - sind verpflichtet, den Trägern eines anderen Vertragslandes die für Sozialhilfe aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu ersetzen.

Artikel 2

Kosten der Sozialhilfe

Zu den Kosten der Sozialhilfe gehören die Kosten, die einem Träger für einen Hilfesuchenden

a) nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Sozialhilfe oder

b) nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Jugendwohlfahrtspflege und nach dem Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl. Nr. 152/1945, in der Fassung BGBl. Nr. 54/1946 erwachsen.

Artikel 3

Zuständigkeit

(1) Soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, ist jener Träger zum Kostenersatz verpflichtet, in dessen Bereich sich der Hilfesuchende während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe mindestens durch fünf Monate aufgehalten hat und der nach den für ihn geltenden landesrechtlichen Vorschriften die Kosten für Leistungen, wie sie dem Kostenanspruch zugrunde liegen, zu tragen hat.

(2) …

Artikel 5

Umfang der Kostenersatzpflicht

(1) Der zum Kostenersatz verpflichtete Träger hat, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist, alle einem Träger im Sinne des Art. 2 erwachsenden Kosten zu ersetzen.

(2) Nicht zu ersetzen sind:

c) die Kosten für Leistungen, die in den für den verpflichteten Träger geltenden Vorschriften in der Art nicht vorgesehen sind;

Artikel 7

Streitfälle, Verfahren

Über die Verpflichtung zum Kostenersatz hat im Streitfalle die Landesregierung, in deren Bereich der zum Kostenersatz angesprochene Träger liegt, im Verwaltungsweg zu entscheiden."

1.2. Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom über den Beitritt des Bundeslandes Salzburg zur Vereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe zwischen den Sozialhilfeträgern Oberösterreichs und den Sozialhilfeträgern der Länder Tirol und Vorarlberg, LGBl. Nr. 64/1975 (Kostenersatz-Verordnung (ergangen auf Grund des § 67 Oberösterreichisches Sozialhilfegesetz 1973, LGBl. Nr. 66; vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/10/0220)):

" § 1

Das Bundesland Salzburg ist gemäß Artikel 9 der Vereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe (Anlage zur Verordnung der o.ö. Landesregierung, LGBl. Nr. 83/1973) dieser Vereinbarung beigetreten. Der Beitritt wurde im erklärt.

§ 2

Die Träger der Sozialhilfe (§ 23 Abs. 1 des Gesetzes) sind verpflichtet, in sinngemäßer Anwendung der Bestimmung der Abschnitte IX und X des Gesetzes dem Bundesland Salzburg als Sozialhilfeträger die für Sozialhilfe aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der Vereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg vom über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe zu ersetzen."

1.3. Verordnung der Oö. Landesregierung, mit der die Verordnungen zur Ländervereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe geändert werden, LGBl. Nr. 129/2009:

"Auf Grund des § 62 Abs. 2 des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998, LGBl. Nr. 82, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 41/2008, wird verordnet:

Artikel V

Die Verordnung der Oö. Landesregierung vom über den Beitritt des Bundeslandes Salzburg zur Vereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe zwischen den Sozialhilfeträgern Oberösterreichs und den Sozialhilfeträgern der Länder Tirol und Vorarlberg, LGBl. Nr. 64, wird wie folgt geändert:

§ 2 lautet:

'§ 2

(1) Die Träger der Sozialhilfe sind verpflichtet, dem Bundesland Salzburg als Sozialhilfeträger die für Sozialhilfe aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der Vereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg vom über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe zu ersetzen.

(2) Anspruch auf Kostenersatz besteht jedoch nur dann, wenn auch bei einer Antragstellung in Oberösterreich dieselbe Leistung zumindest dem Grunde nach zuerkannt worden wäre und der der Leistung zu Grunde liegende Bedarf nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998 mit Rechtsanspruch versehen ist.'

Artikel VIII

Diese Verordnung tritt mit in Kraft."

1.4. Oberösterreichisches Sozialhilfegesetz 1998, LGBl. Nr. 82 idF LGBl. Nr. 41/2008 (§ 62 Abs. 1 idF LGBl. Nr. 74/2011 (rückwirkend in Kraft getreten mit gemäß Art. VI Abs. 1 Z. 3 LGBl. Nr. 74/2011)) (Oö SHG):

"§ 12

Persönliche Hilfe

(1) Persönliche Hilfe ist durch persönliche Betreuung, Unterstützung und Beratung Hilfebedürftiger, erforderlichenfalls auch ihrer Angehörigen (Lebensgefährten), zu leisten (Soziale Dienste).

(2) Persönliche Hilfe kommt insbesondere durch die folgenden Sozialen Dienste in Betracht:

1. Aktivierende Betreuung und Hilfe. Diese umfaßt insbesondere


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a)
Mobile Betreuung und Hilfe,
b)
Soziale Hauskrankenpflege,
c)
Kurzzeitpflege, auch zur Rehabilitation nach einer Anstaltspflege,
d)
Dienste durch teilstationäre Einrichtungen (z. B. durch Tages- oder Nachtpflege),
e)
Verleih von Hilfsmitteln,
f)
Physiotherapie und andere therapeutische Dienste,
g)
Mahlzeitendienste,
h)
Maßnahmen zur Unterstützung von Pflegepersonen,
i)
Maßnahmen zur Tagesbetreuung und Tagesstrukturierung (Tagesheimstätten, Seniorenclubs),
j)
sonstige Hilfen zur Haushaltsweiterführung;
2.

(3) Betreutes Wohnen ist die Leistung von aktivierender Betreuung und Hilfe nach Abs. 2 Z 1 in betreubaren Wohnungen.

§ 17

Hilfe zur Pflege

(1) …

...

(5) Sofern der Pflegebedarf nicht durch andere Hilfen gemäß § 12 abgedeckt werden kann und die Zusicherung der Hilfeleistung durch den Träger der Einrichtung vorliegt, besteht auf folgende Hilfen zur Pflege ein Rechtsanspruch:


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1.
Hilfe in stationären Einrichtungen,
2.
§ 62
Vereinbarungen mit anderen Bundesländern

(1) In Vereinbarungen mit anderen Bundesländern gemäß Art. 56 Abs. 2 L-VG 1991 kann für den Fall Vorsorge getroffen werden, dass Hilfeempfänger, denen

1. nach den Rechtsvorschriften eines anderen Bundeslands Hilfe wegen eines Bedarfs geleistet wird, auf dessen Deckung nach diesem Landesgesetz ein Rechtsanspruch besteht,

2. nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Jugendwohlfahrtspflege oder nach dem Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl. Nr. 152/1945, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 98/2001, Leistungen erbracht wurden,

während einer in der Vereinbarung zu bestimmenden Frist vor der Leistung dieser Hilfe ihren Hauptwohnsitz (Aufenthalt) in Oberösterreich hatten. Hiebei kann festgelegt werden, daß die Träger sozialer Hilfe entweder Kostenersatz in der Höhe der tatsächlichen Kosten der Hilfeleistung im anderen Bundesland oder aber Ersatz der Kosten zu leisten haben, die angefallen wären, wenn soziale Hilfe nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes geleistet worden wäre. Gegenseitigkeit muß gewährleistet sein.

(2) Die Landesregierung hat die Pflichten, die sich aus einer Vereinbarung gemäß Abs. 1 ergeben, mit Verordnung umzusetzen."

2. Der angefochtene Bescheid beruht im Wesentlichen auf der Auffassung, die Frage des Ersatzes der für Frau A. aufgewendeten Leistungen durch den Sozialhilfeverband Braunau am Inn sei nach den zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Rechtsvorschriften, nämlich insbesondere nach § 2 Abs. 2 der Kostenersatz-Verordnung in der Fassung LGBl. Nr. 129/2009, zu beurteilen. Demnach bestehe ein Ersatzanspruch nur dann, wenn auch bei einer Antragstellung in Oberösterreich dieselbe Leistung zumindest dem Grunde nach zuerkannt worden wäre und der der Leistung zu Grunde liegende Bedarf nach dem Oö. SHG mit Rechtsanspruch versehen sei. Dies sei gegenständlich nicht der Fall, weil den Feststellungen zufolge der Pflegebedarf von Frau A. auch durch andere Hilfen gemäß § 12 Oö SHG abgedeckt hätte werden können und daher gemäß § 17 Abs. 5 Oö SHG mangels "Heimbedürftigkeit" kein Rechtsanspruch auf Hilfe in stationären Einrichtungen bestanden habe.

3. Die Beschwerde bringt gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen vor, Frau A. sei von Jänner 2005 bis zu ihrem Tod im August 2008 Sozialhilfe gewährt worden, der maßgebliche Sachverhalt sei somit bei Inkrafttreten der Änderung der Kostenersatz-Verordnung durch LGBl. Nr. 129/2009 schon abgeschlossen gewesen. Inkrafttreten bedeute, dass eine Rechtsvorschrift auf jene Sachverhalte anzuwenden sei, die sich ab diesem Zeitpunkt ereignen (zeitlicher Bedingungsbereich); gleichzeitig beginne auch der zeitliche Bereich, in dem die vorgesehenen Rechtsfolgen zu verhängen seien (zeitlicher Rechtsfolgenbereich). Somit wäre die Kostenersatz-Verordnung in der (Stamm )Fassung, LGBl. Nr. 64/1975, anzuwenden und - ausgehend von der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom - der Ersatz für die geleistete Sozialhilfe zuzuerkennen gewesen.

4. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

4.1. Vorauszuschicken ist, dass eine Verletzung von Rechten eines Sozialhilfeträgers grundsätzlich nur insoweit in Betracht kommt, als diesem aus den einschlägigen Regelungen der jeweiligen Landesrechtsordnung (jenes Landes, von dem der Ersatz begehrt wird) Rechte zukommen. Eine Verletzung von Vorschriften der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG durch ein Land (etwa durch eine mangelhafte Umsetzung der Vereinbarung in der Landesrechtsordnung) wäre nur mittels eines Antrages des beteiligten Landes an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 138a Abs. 2 B-VG geltend zu machen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/10/0162, mit Hinweis auf Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, S. 586).

4.2. Strittig ist zwischen den Verfahrensparteien im Wesentlichen, ob der gegenständliche Antrag auf Kostenersatz nach § 2 Abs. 2 der Kostenersatz-Verordnung in der Fassung LGBl. Nr. 129/2009 zu beurteilen ist, wonach ein Ersatzanspruch nur dann besteht, wenn auch bei einer Antragstellung in Oberösterreich dieselbe Leistung zumindest dem Grunde nach zuerkannt worden wäre und der der Leistung zu Grunde liegende Bedarf nach dem Oö. SHG mit Rechtsanspruch versehen ist.

4.2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat jede Behörde im Allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden. Eine andere Betrachtungsweise ist dann geboten, wenn etwa der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringt, dass "auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden ist". Weiters wird eine andere Betrachtungsweise auch dann Platz zu greifen haben, wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 898/75, VwSlg. 9315 A/1977). Dieser Rechtsprechung liegt die Rechtsauffassung zugrunde, dass die Frage, welches Recht von der Behörde anzuwenden ist, eine Auslegungsfrage jener Bestimmungen ist, die den zeitlichen Anwendungsbereich zum Gegenstand haben. Eine solche Regelung kann explizit, z.B. in einer Übergangsbestimmung, erfolgen. Sie kann sich aber auch aus dem Regelungsgegenstand der Norm, um deren Anwendung es geht, implizit ergeben, etwa wenn auf einen bestimmten Zeitpunkt oder einen bestimmten Zeitraum abgestellt wird. Ergibt sich hieraus keine Lösung (im Sinne der Anwendung einer im Entscheidungszeitpunkt der Behörde nicht mehr in Geltung stehenden Rechtsnorm bzw. nicht mehr geltenden Rechtslage), gilt die Zweifelsregel, dass das im Entscheidungszeitpunkt in Geltung stehende Recht anzuwenden ist (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/05/0223, mwN, sowie aus jüngerer Zeit das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/10/0177).

4.2.2. Fragen der Kostentragung hat der Verwaltungsgerichtshof in insofern vergleichbaren Fällen - nämlich hinsichtlich der anteiligen Tragung der Kosten für die Leistung "Sondernotstandshilfe" nach dem damaligen § 39 AlVG durch die Wohnsitzgemeinde - nach jenen Bestimmungen beurteilt, die im Zeitraum der Gewährung der Leistung in Geltung standen (vgl. die hg. Erkenntnisse jeweils vom , Zl. 97/08/0014 und Zl. 96/08/0288, sowie vom , Zl. 2002/08/0123). Dem folgend liegt auch hier ein Fall vor, in dem im Sinne des oben Gesagten zu beurteilen ist, was in einem konkreten Zeitraum rechtens war, womit davon auszugehen ist, dass die Verpflichtung der Tragung der Kosten für Sozialhilfeleistungen nach den Rechtsvorschriften zu beurteilen ist, die in jenem Zeitraum in Geltung standen, für den die Leistungen gewährt wurden.

4.2.3. Zu einem anderen Ergebnis käme man nur dann, wenn man (wie erkennbar die belangte Behörde) von der Rückwirkung der späteren Rechtslage ausginge. Eine Rückwirkung des § 2 Abs. 2 der Kostenersatz-Verordnung in der Fassung LGBl. Nr. 129/2009 ist allerdings weder ausdrücklich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/07/0001, mwN, sowie Thienel/Schulev-Steindl , Verwaltungsverfahrensrecht5, 2009, 218) angeordnet noch ist sonst aus dem Gesamtzusammenhang zwingend auf das Bestehen einer Rückwirkung zu schließen.

Soweit die belangte Behörde dazu im angefochtenen Bescheid auf den "Amtsvortrag" zu LGBl. Nr. 129/2009 verweist, wonach die im Erkenntnis vom , Zl. 2004/10/0220, zum Ausdruck kommende Auslegung der Bestimmungen über die Kostentragung durch den Verwaltungsgerichtshof "der Intention des Oö Landesgesetzgebers nicht in vollem Umfang gerecht" werde und daher eine entsprechende "Konkretisierung der normativen Grundlagen" erforderlich gewesen sei, ist damit noch nichts darüber ausgesagt, dass die so geänderte Rechtslage automatisch - und entgegen den dargelegten Grundsätzen - auch auf vor der Novellierung gelegene Sachverhalte anzuwenden ist. Der bloße Hinweis darauf, dass nach dem Willen des oberösterreichischen Gesetzgebers (richtig: Verordnungsgebers) die Verordnung mit ihrem Inkrafttreten "für alle Rechtsfälle anzuwenden" sei, negiert die (von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid selbst dargestellte) Unterscheidung zwischen Bedingungs- und Rechtsfolgenbereich einer Norm (vgl. Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 (2007), Rz 489 ff) und greift nach dem zur anzuwendenden Rechtslage bei zeitraumbezogenen Ansprüchen und zur Rückwirkung Gesagten zu kurz.

Auch soweit die belangte Behörde zur Begründung einer Rückwirkung auf die Verordnungspraxis im oberösterreichischen Sozialhilferecht verweist, wonach neue Regelungen grundsätzlich auf alle zur Entscheidung anstehenden Sachverhalte für anwendbar erklärt und diesbezügliche Ausnahmen klar zum Ausdruck gebracht würden (und dazu auf die in den Sozialhilfeverordnungen regelmäßig enthaltenen Übergangsbestimmungen verweist, wonach die außer Kraft getretenen Richtsätze und Beträge weiterhin auf vor dem Inkrafttreten der neuen Verordnung verwirklichte Sachverhalte anzuwenden sind), zeigt sie damit nicht auf, dass durch das Absehen von einer derartigen Übergangsbestimmung hier eine Abweichung vom oben dargestellten Grundsatz angeordnet werden sollte, wonach zeitraumbezogene Ansprüche nach den im jeweiligen Zeitraum maßgeblichen Bestimmungen zu beurteilen sind.

4.3. Im Ergebnis ist also die Prüfung, inwiefern der Sozialhilfeverband Braunau am Inn dem Land Salzburg die für Frau

A. aufgewendeten Sozialhilfeleistungen zu ersetzen hat, für den Zeitraum vor dem nach der Rechtslage vor der Novellierung der Kostenersatz-Verordnung durch LGBl. Nr. 129/2009 vorzunehmen. Zum Inhalt dieser Prüfung, wonach zunächst darauf abzustellen ist, inwiefern die gewährte Leistung der Art nach auch im Oö SHG vorgesehen ist, und in weiterer Folge nach dem Sbg SHG zu beurteilen ist, ob die Gewährung zu Recht erfolgt ist, kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das im gegenständlichen Rechtsstreit ergangene Vorerkenntnis vom , Zl. 2006/10/0002, verwiesen werden.

5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

6. Das Kostenbegehren war abzuweisen, weil für die nicht durch einen Rechtsanwalt eingebrachte Beschwerde gemäß § 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG kein Schriftsatzaufwand gebührt.

Wien, am