VwGH 13.11.2012, 2009/05/0203
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Mit dem vorliegenden Abbruchauftrag wurde der Abbruch des nicht der Baubewilligung entsprechenden Bauwerkes "Kleingartenhaus" "mit allen allenfalls damit verbundenen baulichen Anlagen" angeordnet. Ein baupolizeilicher Auftrag muss so bestimmt sein, dass er Gegenstand eines Vollstreckungsverfahrens sein kann. Bei einem Beseitigungsauftrag darf daher kein Zweifel darüber bestehen, was im Detail beseitigt werden soll, und es muss aus ihm unmittelbar zu entnehmen sein, welche Bauteile abzubrechen sind. Hiebei genügt es, dass dies ein Fachkundiger dem Spruch des Bescheides entnehmen kann (Hinweis Erkenntnisse vom , 89/06/0025, und vom , 2008/05/0193, 0194, mwN). Während in Anbetracht der Bebauung des Grundstückes aus der Bezeichnung "Kleingartenhaus" im gegenständlichen Abbruchauftrag unzweifelhaft hervorgeht, welches Gebäude damit gemeint und abzutragen ist, kann davon in Bezug auf die weiters angeführten "allenfalls mit dem Kleingartenhaus verbundenen baulichen Anlagen" keine Rede sein. Insoweit ist der Abbruchauftrag nicht ausreichend bestimmt. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde 1. der M B und 2. des S B, beide in V, beide vertreten durch Neumayer, Walter & Haslinger Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1030 Wien, Baumannstraße 9/11, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-1099/001-2008, betreffend einen Abbruchauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde V, vertreten durch Mag. Alexander Bauer, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Josefsplatz 10/2), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er sich auf den den Beschwerdeführern erteilten Auftrag, (auch) "allenfalls mit dem Bauwerk 'Kleingartenhaus' verbundene bauliche Anlagen abzutragen", bezieht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Der vorliegende Beschwerdefall betrifft einen Abbruchauftrag für ein Kleingartenhaus und "allenfalls damit verbundene bauliche Anlagen". Der Sachverhalt gleicht im Wesentlichen jenem, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/05/0023 (wie auch den hg. Erkenntnissen vom selben Tag, Zlen. 2011/05/0024 bis 0030) zugrunde gelegen ist.
Für den vorliegenden Beschwerdefall sei sachverhaltsmäßig Folgendes hervorgehoben:
Mit Schreiben vom erstattete der bautechnische Amtssachverständige Mag. B. (wie in den vorgenannten Fällen) ein Gutachten, worin zum gegenständlichen Grundstück Folgendes festgehalten wurde:
"Grundstück Nr. 1044/17:
Genehmigt wurde der Typ 1 mit einem Abstand von 1,5m vom Erschließungsweg gemessen an der GG. Zum Grundstück 1044/18.
Das Grundstück hat laut Grundbuchstand eine Größe von 207m2. Errichtet wurde der Typ 1, wobei jedoch der Eingangsbereich im Dachgeschoß überbaut und die Terrasse verbaut wurde. Daraus ergibt sich nach der Nachmessung vor Ort eine bebaute Fläche von 5,0m x 8,5m = 42,5m2 und eine überdachte Fläche von 5,5m x 8,9m = 48,95m2. Zusätzlich wurde nordseitig ein Glasvorbau als Windschutz mit den Abmessungen von 0,56m x 2,36m und einer Höhe von 2,4m sowie gartenseitig eine auskragende Balkonplatte im Dachgeschoß mit einer Größe von 1,0m x 2,3m errichtet.
Der Abstand zum vorbeiführenden Weg gemessen an der GG zu Grundstück 1044/18 beträgt laut Geometerplan ca. 1,5m. Die Firsthöhe beträgt 5,65m und die Traufenhöhe 3,15m. Das Gelände entspricht nicht der Darstellung im Einreichplan, es ist annähernd niveaugleich mit dem Erdgeschoßfußbodenniveau. Der Wirtschaftsweg an der südlichen Grundgrenze außerhalb des Grundstückes liegt ca. 40cm über dem Gartenniveau.
Bei einer Grundstücksgröße von 207m2 ist eine bebaute Fläche von max. 31,05m2 mit einer zusätzlichen überdachten Fläche (Vordächer, Dachvorsprünge udgl.) von 9,3m2 zulässig. Das ergibt eine max. überdachte Fläche von 40,35m2. Genehmigt wurde ein Objekt mit einer bebauten Fläche von 34,95m2 und einer überdachten Fläche von 48,95m2. Errichtet wurde ein Gebäude mit einer bebauten Fläche von 42,5m2 und einer überdachten Fläche einschließlich Glasvorbau und Balkonplatte von 48,95m2 + Balkonplatte 0,8 x 2,3 = 1,84m2 + Glasvorbau 0,36m x 2,36m = 0,85m2 ergibt in Summe 51,64m2.
Die genehmigte Firsthöhe wird um 95cm überschritten. Die zulässige Traufenhöhe wird um 55cm überschritten. Auf Grund des Geländes auf den Grundstücken außerhalb der Kleingartensiedlung kann angenommen werden, dass das ursprüngliche Gelände südseitig höher war. Bei einem angenommenen geradlinigen Verlauf vom südseitigen Wirtschaftsweg zum nordseitigen Erschließungsweg verringert sich die Höhe um ca. 20cm.
Gutachten:
Das Gebäude auf dem Grundstück wurde entgegen den Bestimmungen des NÖ. Kleingartengesetzes hinsichtlich der bebauten und überdachten Fläche bewilligt. Das bewilligte Gebäude wurde in der horizontalen Lage bescheidmäßig errichtet. Durch den Verbau der Rücksprünge wurde die genehmigte bebaute Fläche um 14m2 überschritten. Durch die Vergrößerung des Dachvorsprunges auf 50cm, den Glasvorbau und die Balkonplatte wurde die genehmigte überdachte Fläche um 2,69m2 überschritten. Die genehmigten Gebäudehöhen werden nordseitig um 0,55m bzw. 0,95m und südseitig vom angenommenen ursprünglichen Gelände um 0,35 bzw. 0,75m überschritten. Die genehmigte Höhenlage von 1,0m unter Niveau wird nicht eingehalten. Das Erdgeschoßfußbodenniveau liegt mit dem vorhandenen Gelände niveaugleich, bei dem angenommenen ursprünglichen Gelände liegt das Fußbodenniveau max. 20cm unter dem ursprünglichen Niveau.
Da die Höhenlage nicht eingehalten wurde, ist ein bewilligungsgemäßes Gebäude nur durch den gänzlichen Abbruch des bestehenden Gebäudes und Neubau lt. Einreichplan möglich.
Das errichtete Gebäude widerspricht hinsichtlich Gebäudehöhe und Bebauungsdichte (bebaute und überdachte Fläche) den Bestimmungen des NÖ. Kleingartengesetzes."
Mit Bescheid vom ordnete der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde gemäß § 35 Abs. 2 Z 3 erster Fall iVm § 14 Z 1 NÖ Bauordnung 1996 (BO) und § 6 NÖ Kleingartengesetz (KGG) den Abbruch des nicht der Baubewilligung vom entsprechenden, daher ohne Baubewilligung errichteten Bauwerkes "Kleingartenhaus" auf dem Grundstück Nr. 1044/17 der EZ. 2563 Grundbuch V, M-Gasse 26/17, "mit allen allenfalls damit verbundenen baulichen Anlagen" an, wobei für die Durchführung dieser Maßnahme eine Frist bis festgesetzt wurde.
Mit Bescheid vom wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer ab und setzte die Erfüllungsfrist für den Abbruch mit neu fest.
Die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Vorstellung wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Marktgemeinde hat in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Soweit die Beschwerde rügt, dass im Abbruchauftrag nicht klar bezeichnet sei, welche mit dem Kleingartenhaus "allenfalls verbundene Anlagen" oder Gebäudeteile abzutragen seien, und vorbringt, dass der Abbruchbescheid daher insoweit nicht vollstreckbar sei, kommt ihr Berechtigung zu.
Nach ständiger hg. Judikatur muss ein baupolizeilicher Auftrag so bestimmt sein, dass er Gegenstand eines Vollstreckungsverfahrens sein kann. Bei einem Beseitigungsauftrag darf daher kein Zweifel darüber bestehen, was im Detail beseitigt werden soll, und es muss aus ihm unmittelbar zu entnehmen sein, welche Bauteile abzubrechen sind. Hiebei genügt es, dass dies ein Fachkundiger dem Spruch des Bescheides entnehmen kann (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , Zl. 89/06/0025, und vom , Zlen. 2008/05/0193, 0194, mwN).
Während in Anbetracht der Bebauung des Grundstückes der Beschwerdeführer aus der Bezeichnung "Kleingartenhaus" im gegenständlichen Abbruchauftrag unzweifelhaft hervorgeht, welches Gebäude damit gemeint und abzutragen ist - dies räumt auch die Beschwerde ein -, kann davon in Bezug auf die weiters angeführten "allenfalls mit dem Kleingartenhaus verbundenen baulichen Anlagen" keine Rede sein. Insoweit ist der Abbruchauftrag nicht ausreichend bestimmt.
In diesem Umfang war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Im Übrigen gleicht der vorliegende Beschwerdefall auch in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen jenem, der dem eingangs zitierten Erkenntnis, Zl. 2011/05/0023, zugrunde lag, sodass gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Fall VwGG auf die Begründung dieses Erkenntnisses verwiesen wird. Hingewiesen wird darauf, dass auch die Nichteinhaltung der Höhenlage eines Gebäudes dazu führt, dass ein "aliud" vorliegt.
Demzufolge war die Beschwerde, soweit sie sich gegen den Abbruchauftrag betreffend das Kleingartenhaus wendet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
Schlagworte | Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2012:2009050203.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAE-87789