VwGH vom 13.04.2010, 2009/05/0196

VwGH vom 13.04.2010, 2009/05/0196

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Dr. Longin Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IKD(BauR)-014032/3-2009-Hd/Wm, betreffend Bauauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Y, vertreten durch Holter - Wildfellner Rechtsanwälte GmbH in 4710 Grieskirchen, Roßmarkt 21), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Marktgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer des Grundstückes Nr. 962 der Liegenschaft EZ. 31, KG W, auf welchem das Gebäude H Nr. 2 errichtet ist, im Spruchpunkt I. gemäß § 48 Abs. 2 Oberösterreichische Bauordnung 1994 (in der Folge: BO) folgender Bauauftrag erteilt:

"1. das Dach ist zu sanieren, sodass es nicht mehr zum Eindringen von Wasser kommt.

2. Sämtliche Schäden am Verputz, sowohl außen am als auch innen im Gebäude sind zu beheben.


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3.
Gebrochene Fensterscheiben sind zu ersetzen.
4.
Die Kellerstiege ist mit einem Handlauf zu versehen.
5.
Die Feuchtigkeitsschäden im gesamten Objekt sind durch Abschlagen des Putzes und Aufbringen eines neuen Verputzes zu beseitigen.
6.
Das vorhandene Bad und WC sind in funktionstüchtigen Zustand zu versetzen.
7.
Das Objekt ist an die Kanalisation anzuschließen.
8.
Das Objekt ist an die gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage anzuschließen.
9.
Der Rauchfang ist im oberen Bereich zu sanieren und ein der Dienstnehmerschutzverordnung geeigneter Zugang zum Rauchfang ist herzustellen.
10.
Die Versottungsschäden am Rauchfangmauerwerk sind zu beheben.
11.
Der Anschluss an den Rauchfang im Erdgeschoss ist dicht auszuführen, dasselbe gilt für die Kapsel im Erdgeschoss.
12.
Die Baubehörde ist von der Durchführung der angeordneten Arbeiten zu verständigen. Im Anschluss wird nochmals eine baupolizeiliche Besichtigung durchgeführt."
Im Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde angeordnet:
"Gemäß §
48 Abs. 3 leg. cit. wird Ihnen ebenfalls innerhalb von 3 Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides aufgetragen, hinsichtlich der statischen Sicherheit der Decke über dem Eingangsbereich die Untersuchung durch einen befugten statischen Bausachverständigen zu veranlassen und den entsprechenden statischen Untersuchungsbefund vorzulegen. Der Untersuchung ist ein Organ der Baubehörde beizuziehen."
Spruchpunkt
III. dieses Bescheides enthält den Kostenausspruch.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 8.
Juli 2008 wurde auf Grund der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers ausgesprochen:
"Gem. §
66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 95 Oö. GemO 1990 sowie gem. § 48 Oö. BauO 1994 werden
1.
die Spruchpunkte I.7., I.8. und III. des Bescheides vom
, ... aufgehoben.
2.
Im Übrigen wird die Berufung ... als unbegründet abgewiesen."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.
In der Begründung wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer auf Grund der (nach der Aktenlage am 29.
Juni 2005 erfolgten) Zuschlagserteilung anlässlich einer Versteigerung Eigentümer des vom Bauauftrag betroffenen Gebäudes sei. Auf Grund eines Übergabsvertrages mit dem Voreigentümer vom sei ein Wohnrecht für Frau O.S. vereinbart. Anlässlich eines Ortsaugenscheines am habe die Baubehörde festgestellt, dass kein WC und keine Waschmöglichkeit im Haus bestehe und daher hygienische Mängel vorhanden seien. Es bestünden auch brandschutztechnische und statische Mängel am gesamten Gebäude. Der bautechnische Amtssachverständige habe im Zuge der baupolizeilichen Überprüfung am festgehalten, dass die statische Sicherheit der Decke über dem Eingangsbereich offenbar nicht gegeben sei, da im Obergeschoss bzw. Dachgeschoss durch eindringendes Dachwasser die Decke abgesenkt sei. Im Eingangsbereich bestehe eine entsprechende Pölzung mit Holzstehern. Es seien Putzschäden, Feuchtigkeitsschäden sowie gebrochene Fensterscheiden vorhanden. Die Kellerabgangsstiege sei zumindest an einer Seite mit einem Handlauf zu versehen. Die Feuchtigkeitsschäden im Kellerfußbodenbereich seien zu sanieren. Das vorhandene Bad mit WC sei "verstellt und dürfte in letzter Zeit nicht benutzt worden sein". Die Errichtung einer zumindest 7,5 m3 großen Senkgrube zur Entsorgung der Fäkalien und Schmutzwässer sei erforderlich. Die medizinische Amtssachverständige habe die Fäkalienentsorgung für bedenklich erachtet. Der Rauchfangkehrermeister habe festgestellt, dass der Rauchfang im oberen Bereich schadhaft sei, es seien starke Versottungsschäden am Rauchfangmauerwerk festzustellen. Die Dachstuhlhölzer lägen am Rauchfangmauerwerk an. Im Erdgeschoss sei der Anschluss an den Rauchfang undicht. Im derzeitigen Zustand könne keine gefahrlose Benutzung der Feuerstätte gewährleistet werden.
Es sei von einem Baugebrechen im Sinne des §
48 Abs. 1 BO auszugehen. Der Bauauftrag sei ausreichend bestimmt. Für die Erlassung eines Bauauftrages sei die Frage der "Überschreitung der Zumutbarkeitsgrenze und damit der Wirtschaftlichkeitsgrenze" unbeachtlich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete --
ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der im Beschwerdefall maßgebliche §
48 BO hat folgenden
Wortlaut:
48
Baugebrechen

(1) Hat sich der Zustand einer baulichen Anlage so verschlechtert, dass

1. eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die Hygiene oder die körperliche Sicherheit von Menschen oder für fremde Sachwerte entsteht,


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2.
das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet wird oder
3.
schädliche Umwelteinwirkungen entstehen,
liegt, gleichgültig worauf die Verschlechterung zurückzuführen ist, ein Baugebrechen vor.

(2) Erlangt die Baubehörde Kenntnis vom Vorliegen eines Baugebrechens, hat sie die allenfalls erforderlichen Sicherungsmaßnahmen anzuordnen und dem Eigentümer unter Gewährung einer angemessenen Frist die Behebung des festgestellten Baugebrechens durch Instandsetzung oder, wenn eine Instandsetzung nicht mehr möglich ist oder so weitgehend wäre, dass sie einer Erneuerung der baulichen Anlage gleichkommen würde, die Abtragung aufzutragen. Ein Instandsetzungsauftrag steht der Erteilung einer Abbruchbewilligung nicht entgegen.

(3) Lassen sich Art und Umfang eines vermutlichen Baugebrechens nicht durch bloßen Augenschein feststellen, kann die Baubehörde dem Eigentümer unter Setzung einer angemessenen Frist die Untersuchung durch einen Bausachverständigen und die Vorlage des Untersuchungsbefundes vorschreiben. Auf Verlangen der Baubehörde ist der Untersuchung ein Organ dieser Behörde beizuziehen.

(4) Wenn die Behebung der Baugebrechen durch Instandsetzung auf verschiedene Art und Weise möglich ist, hat die Baubehörde dem Eigentümer Gelegenheit zu geben, innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist mitzuteilen, wie er die Instandsetzung durchzuführen beabsichtigt. Kann erwartet werden, dass auf eine solche Art und Weise das Baugebrechen behoben wird, hat die Baubehörde den Instandsetzungsauftrag darauf abzustellen.

(5) Für den Instandsetzungs- oder Abtragungsauftrag gilt § 35 Abs. 2 sinngemäß.

(6) Bei Gefahr in Verzug kann die Baubehörde ohne weiteres Verfahren und ohne Anhörung des Eigentümers die notwendigen Sicherungsmaßnahmen einschließlich der Räumung des Gebäudes oder der Gebäudeteile auf Gefahr und Kosten des Eigentümers durch Mandatsbescheid (§ 57 AVG) verfügen."

Nach Auffassung des Beschwerdeführers verstoßen sämtliche aufgetragenen Sanierungsmaßnahmen dem Bestimmtheitsgebot. Es hätte konkret angeführt werden müssen, bei welchem Objekt welche konkreten Sanierungsmaßnahmen in welchem Umfang vorzunehmen seien.

Es trifft zu, dass ein Bauauftrag ausreichend konkretisiert sein muss. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Bescheidspruch, durch den eine Verpflichtung auferlegt wird, so bestimmt gefasst werden, dass nötigenfalls seine Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung möglich ist. Durch die Spruchfassung muss einerseits dem Beauftragten die überprüfbare Möglichkeit gegeben werden, dem Leistungsauftrag zu entsprechen, andererseits muss dadurch auch der Umfang einer allfälligen Ersatzvornahme deutlich abgegrenzt sein (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 97/05/0080, und vom , Zl. 2006/05/0272). Dem Konkretisierungsgebot wird ein Bauauftrag schon dann gerecht, wenn für einen Fachmann die zu ergreifenden Maßnahmen erkennbar sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0056).

Sämtliche von den Baubehörden im Bauauftrag angeordneten Maßnahmen entsprechen diesem Konkretisierungsgebot.

Insofern der Beschwerdeführer behauptet, dass keine Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die Hygiene oder die körperliche Sicherheit von Menschen vorliege, ist diesem Vorbringen entgegen zu halten, dass § 48 Abs. 1 Z. 1 BO nicht darauf abstellt, dass die Gefahr bereits besteht, sondern dass sie entsteht. Der baupolizeiliche Auftrag ist bereits dann zu erlassen, wenn sich der Zustand einer baulichen Anlage so verschlechtert hat, dass nach sachkundigem Wissen bzw. der allgemeinen Erfahrung bei Nichtbehebung des Mangels eine Gefährdung eintreten würde (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 98/05/0064, und vom , Zl. 2001/05/0349).

Der Beschwerdeführer bringt wie schon im Verfahren vor den Baubehörden vor, die aufgetragenen Bausanierungsmaßen kämen im Ergebnis einer Totalsanierung des Gebäudes gleich, die im Verhältnis zum derzeitigen Bauzustand die "Zumutbarkeitsgrenze und damit die Wirtschaftlichkeitsgrenze" überschreiten würde.

Auch mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die Behörde hat einen Abbruchauftrag gemäß § 48 Abs. 2 zweiter Satz BO zu erteilen, wenn die Instandsetzung nicht mehr möglich oder so weitgehend wäre, dass sie einer Erneuerung der baulichen Anlage gleichkommen würde.

Dass eine Instandsetzung des vom Bauauftrag erfassten Gebäudes technisch unmöglich wäre, ist im Beschwerdefall nicht hervorgekommen und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Die dem Beschwerdeführer aufgetragenen geradezu typischen Instandsetzungsmaßnahmen kommen auch keiner Erneuerung der bestehenden Gebäudes gleich. Der beschwerdegegenständliche Auftrag enthält vielmehr nur die Verpflichtung, die nach dem Gesetz infolge Verschlechterung des konsensgemäßen Zustandes erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen durchzuführen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am