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VwGH 23.07.2009, 2009/05/0193

VwGH 23.07.2009, 2009/05/0193

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauRallg;
VVG §10 Abs2 Z1;
RS 1
Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG kann gegen eine nach dem VVG erlassene Vollstreckungsverfügung eine Berufung auch ergriffen werden, wenn die Vollstreckung unzulässig ist. Wäre daher eine Vollstreckungsverfügung unzulässig, darf auch kein Kostenvorauszahlungsauftrag erteilt werden. Eine nach Erlassung des Titelbescheides eingetretene wesentliche Änderung des Sachverhaltes kann eine Vollstreckung unzulässig machen, wobei Wesentlichkeit in diesem Sinne u.a. dann vorliegt, wenn durch die Änderung des Sachverhaltes der titelmäßige Anspruch erloschen ist (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0293).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2008/05/0179 E RS 5
Normen
BauRallg;
VVG §10 Abs2 Z1;
RS 2
Eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes, die eine Vollstreckung gemäß § 10 Abs 2 lit a VVG 1950 unzulässig macht, kann nicht nur durch eine Erfüllung des Bauauftrages bewirkt werden, sondern auch durch den Wegfall des öffentlichen Interesses an der Erfüllung des Bauauftrages.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 83/05/0019 E VwSlg 11936 A/1985 RS 2 (hier: zu § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG 1991)
Normen
BauRallg;
VVG §10 Abs2 Z1;
RS 3
Aus dem Umstand allein, dass die Behörde mit dem Vollzug des Bauauftrages nicht zügig voran schritt, kann noch nicht abgeleitet werden, dass keine öffentlichen Interessen an der Erfüllung des Bauauftrages mehr bestünden. Im gegenständlichen Fall ist mangels näherer Darlegung in der Beschwerde auch nicht erkennbar, dass die Durchführung eines Großteils der Arbeiten dazu geführt hat, dass kein öffentliches Interesse mehr an der Erfüllung auch des restlichen Teils des Bauauftrages (Instandsetzung Krönungsgesimse im Eckbereich zweier Gassen und Fassadenputz Innenhof) besteht. Insbesondere wird nicht vorgebracht, dass die Gefahrensituation, die zur Erlassung des Bauauftrages führte, durch dessen teilweise Erfüllung bereits gänzlich beseitigt worden wäre. Vom Wegfall des öffentlichen Interesses an der Vollstreckung kann daher nicht ausgegangen werden.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2006/05/0293 E RS 12 (hier: nur erster Satz)
Normen
AVG §68 Abs1;
VVG §1;
VVG §10 Abs2 Z1;
RS 4
Im Verfahren über den Kostenvorauszahlungsauftrag kann die Frage der Rechtmäßigkeit des in Rechtskraft erwachsenen Titelbescheides nicht mehr aufgeworfen werden (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage, S. 1340 unter E 136 zitierte hg. Rechtsprechung). Allerdings kann vom Verpflichteten ein Einwand im Sinn des § 10 Abs. 2 Z 1 VVG in Richtung einer Änderung des Sachverhaltes erhoben werden. Der Einwand einer Unzulässigkeit der Vollstreckung nach § 10 Abs. 2 Z 1 VVG wegen einer seit Erlassung des Titelbescheides eingetretenen Änderung des Sachverhaltes ist nur dann beachtlich, wenn diese Änderung wesentlich ist, das heißt bei Vorliegen des neuen Sachverhaltes nicht mehr ein im Spruch gleichlautender Bescheid erlassen werden dürfte. Es kann daher der Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrages nach § 4 Abs. 2 VVG vom Verpflichteten der Einwand entgegengesetzt werden, er sei der betreffenden Verpflichtung bereits nachgekommen, für welche Behauptung ihn jedoch eine besondere Mitwirkungspflicht und die Beweislast trifft (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 87/10/0047, und vom , Zl. 2003/07/0084).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2004/05/0226 E RS 2 (hier: nur Satz 3 und 4)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des Dr. O B in Sierning, vertreten durch die Anwaltssocietät Sattlegger, Dorninger, Steiner & Partner in 4020 Linz, Harrachstraße 6, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 64-1142/2009, betreffend Ersatzvornahme nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 651/09-3, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG nach Ablehnung ihrer Behandlung an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde und dem dieser angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom wurden die Eigentümer der Baulichkeit in Wien 10., Buchengasse 128, zu folgenden Leistungen verpflichtet:

"Es ist der der Bewilligung vom , ..., entsprechende konsensgemäße Zustand des Werkstättengebäudes herzustellen, und zwar:

1. ist die feuerbeständige Untersicht und die feuerbeständige Verkleidung der stählernen Unterzüge anzubringen,

2. sind die feuerhemmenden Lichtkuppeln im vorgeschriebenen Ausmaß gemäß dem Konsensplan einbauen zu lassen,

3. der konsenswidrige Rauchfang im Bereich des Büros an der rechten Grundgrenze ist zu entfernen;

4. der fehlende Verputz der Feuermauer zur Liegenschaft 10, Buchengasse 126, ist anzubringen.

Diese Maßnahmen sind binnen sechs Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides zu beenden."

Der Magistrat der Stadt Wien, MA 25, hat mit Bescheid vom die Durchführung der mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom (bestätigt mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom ) aufgetragenen Arbeiten in Wien 10., Buchengasse 128, im Wege der Ersatzvornahme angeordnet. Hiezu wurde ausgeführt, dass dieser Verpflichtung nicht nachgekommen worden sei und den Eigentümern der Baulichkeit daher die Durchführung der aufgetragenen Leistung auf ihre Gefahr und Kosten mit Verfahrensanordnung (Androhung der Ersatzvornahme) der MA 64 vom angedroht worden sei. Die in dieser Verfahrensanordnung festgesetzte Frist sei verstrichen, ohne dass dieser Verpflichtung nachgekommen worden sei. Die Voraussetzungen für die zwangsweise Durchführung im Wege der Ersatzvornahme seien daher gegeben.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid im Grunde des § 10 Abs. 2 VVG als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass mit dem rechtskräftigen und vollstreckbaren Titelbescheid aufgetragen worden sei, den konsensgemäßen Zustand des auf der Liegenschaft in Wien 10., Buchengasse 128, befindlichen Werkstättengebäudes herzustellen. Da unbestritten der Auftrag nicht erfüllt worden sei, seien nunmehr die aufgetragenen Arbeiten im Wege der Ersatzvornahme durchzuführen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft kein Geschäftsbetrieb mehr stattfinde und die Veräußerung der Liegenschaft in absehbarer Zeit vollzogen werde, enthalte keinen der im § 10 Abs. 2 VVG genannten Rechtsgründe, die geeignet wären, die gegen den Beschwerdeführer erlassene und nunmehr von ihm angefochtene Vollstreckungsverfügung aufzuheben. Ein Wechsel in der Person des Eigentümers ab dem Ablauf der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Nachfrist vermöge die Stellung als Verpflichteter nicht mehr zu berühren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, "dass die in der Vollstreckungsverfügung vom ausgesprochene Ersatzvornahme nicht angeordnet wird, verletzt". Er führt aus, dass die belangte Behörde auf Grund des Vorbringens, wonach der Betrieb im gegenständlichen Gebäude vor fast vier Jahren stillgelegt worden sei, und auf Grund des Umstandes, dass der Behörde aus dem Behördenakt bekannt sei, dass das Gebäude abgebrochen werde, jedenfalls eine neue Befundaufnahme an Ort und Stelle durchführen und sich davon überzeugen hätte müssen, ob dieses Vorbringen richtig sei. Dies insbesondere deshalb, da die der Vollstreckungsverfügung vom , die durch den nunmehr angefochtenen Bescheid bestätigt worden sei, zu Grunde liegenden Bescheide aus den Jahren 1977 und 1983 viel zu alt seien, um einer Ersatzvornahme zu Grunde gelegt werden zu können. Vor Erlassung der Vollstreckungsverfügung vom hätte die Behörde insbesondere auf Grund des Umstandes, dass die zu Grunde liegenden Bescheide mehrere Jahrzehnte alt seien, von Amts wegen ein neues Verfahren mit Befundaufnahme und allfälliger anschließender Bescheiderlassung durchführen müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG kann gegen eine nach dem VVG erlassene Vollstreckungsverfügung eine Berufung u.a. ergriffen werden, wenn die Vollstreckung unzulässig ist.

Eine nach Erlassung des Titelbescheides eingetretene wesentliche Änderung des Sachverhaltes kann eine Vollstreckung unzulässig machen, wobei Wesentlichkeit in diesem Sinne u.a. dann vorliegt, wenn durch die Änderung des Sachverhaltes der titelmäßige Anspruch erloschen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0179). Eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes, die eine Vollstreckung gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG unzulässig macht, könnte beispielsweise durch eine Erfüllung des Bauauftrages oder durch den Wegfall des öffentlichen Interesses an der Erfüllung des Bauauftrages bewirkt werden. Allein aus dem Umstand, dass die Behörde mit dem Vollzug des Bauauftrages nicht zügig voran schritt, kann aber noch nicht abgeleitet werden, dass keine öffentlichen Interessen an der Erfüllung des Bauauftrages mehr bestünden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0293).

Der Einwand einer Unzulässigkeit der Vollstreckung nach § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG wegen einer seit Erlassung des Titelbescheides eingetretenen Änderung des Sachverhaltes wäre nur dann beachtlich, wenn diese Änderung wesentlich ist, also bei Vorliegen des neuen Sachverhaltes nicht mehr ein im Spruch gleichlautender Bescheid erlassen werden dürfte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0226).

Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall nicht gegeben, weshalb die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen hat. Das Vorbringen in der Beschwerde beschränkt sich nämlich darauf, dass auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft kein Geschäftsbetrieb mehr stattfinde und eine Veräußerung der Liegenschaft bevorstehe. Die im Titelbescheid enthaltenen Bauaufträge betreffen jedoch ausschließlich bauliche Maßnahmen, die der Herstellung des konsensgemäßen Zustandes des auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers auf Grund des Baubewilligungsbescheides des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom errichteten Werkstättengebäudes dienen. Gemäß § 129 Abs. 2 Bauordnung für Wien hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, dass die Bauwerke in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Ausnahmen - wie die in der Beschwerde angeführten Umstände - sind im Gesetz nicht genannt. Dass die im Titelbescheid beauftragten Maßnahmen erfüllt worden wären, wurde nicht behauptet. Eine Änderung des Sachverhaltes, der die Vollstreckung unzulässig machen würde, wurde daher vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

Da gemäß § 10 Abs. 1 VVG auf das Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nur der I.  und IV. Teil des AVG anzuwenden ist, war im Beschwerdefall die vom Beschwerdeführer verlangte Durchführung eines Ermittlungsverfahrens nicht erforderlich.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §68 Abs1;
BauRallg;
VVG §1;
VVG §10 Abs2 Z1;
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein
BauRallg9/1
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der
Behörde
Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2009:2009050193.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAE-87758