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VwGH vom 20.12.2013, 2013/21/0055

VwGH vom 20.12.2013, 2013/21/0055

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des A M in W, vertreten durch Mag. Andreas Duensing, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. BMI-1047834/0002-II/3/2012, betreffend Versagung der Ausstellung eines Konventionsreisepasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, kam Mitte 1989 nach Österreich. Mit Bescheid vom stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland fest, dass der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1968 sei. In der Folge wurde dem Beschwerdeführer antragsgemäß ein Konventionsreisepass, zuletzt mit Gültigkeit bis ausgestellt.

Ein Antrag des Beschwerdeführers auf neuerliche Ausstellung eines Konventionsreisepasses wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom abgewiesen, weil der Beschwerdeführer mittlerweile wiederholt strafgerichtlich, insbesondere zweimal wegen Suchtgiftdelikten, rechtskräftig verurteilt worden war. Der Beschwerdeführer war nämlich mit Urteil vom wegen § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz und § 15 StGB zu einer (zunächst) bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 6 Wochen und mit Urteil vom (u.a.) wegen § 27 Abs. 1 Suchtmittelgesetz (SMG) und § 15 StGB (Erwerb, Besitz und versuchtes Überlassen von Suchtgift) zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt worden, wobei unter einem die bedingte Strafnachsicht aus dem erstgenannten Urteil widerrufen wurde.

Im Hinblick auf einen neuerlichen einschlägigen Rückfall wurde der Beschwerdeführer mit Urteil vom wegen § 27 Abs. 1 und 2 Z 1 und 2 SMG und § 15 StGB (teilweise versuchtes gewerbsmäßiges Überlassen von Suchtgift auch an Minderjährige) zu 5 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt; zugleich wurde die Strafnachsicht hinsichtlich des bedingt nachgesehenen Teils der Freiheitsstrafe von 5 Monaten aus dem letztangeführten Urteil widerrufen.

Vor diesem Hintergrund wurde ein weiterer Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses vom mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom rechtskräftig abgewiesen.

Daran anschließend erfolgten noch drei weitere strafgerichtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers jeweils wegen § 27 Abs. 1 und 2 Z 2 erster Fall SMG (gewerbsmäßiges Überlassen von Suchtgift), teilweise in Form des Versuches iSd § 15 StGB, und zwar am zu 6 Monaten Freiheitsstrafe, am zu 8 Monaten Freiheitsstrafe und schließlich am zu 12 Monaten Freiheitsstrafe.

Am stellte der Beschwerdeführer den nun gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses. Dazu verwies der Beschwerdeführer in der ihm eingeräumten Stellungnahme darauf, dass er die Suchtgiftdelikte wegen seiner Drogenabhängigkeit begangen habe. Er sei sich seiner Sucht bewusst und habe "die entsprechenden Schritte gesetzt und die entsprechenden therapeutischen Maßnahmen ergriffen". Er habe seine Sucht bekämpft und sich "insbesondere wieder sozial integriert". Es lägen somit keine zwingenden Gründe für die Versagung eines Konventionsreisepasses vor.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom wurde dieser Antrag gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 3 und 5 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) abgewiesen. In der Begründung wurde vor allem damit argumentiert, dass der Beschwerdeführer nach der letzten Abweisung seines Antrages auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses neuerlich dreimal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Delikten verurteilt worden sei, wobei der Beschwerdeführer jeweils gewerbsmäßig gehandelt habe. Von einem Wohlverhalten könne daher keine Rede sein. Vielmehr müsse der Antrag wegen des "permanenten Fehlverhaltens beruhend auf den zahlreichen Suchtgiftverurteilungen im Laufe Ihres Aufenthaltes in Österreich" abgewiesen werden, wobei die Erstbehörde erkennbar die (im Bescheid auch zitierten) Tatbestände des § 92 Abs. 1 Z 3 und 5 FPG für verwirklicht erachtete.

In der dagegen erhobenen Berufung bemängelte der Beschwerdeführer, die Erstbehörde habe nicht berücksichtigt, dass er sich seit der letzten Verurteilung mehrere Jahre hindurch keines strafbaren Verhaltens schuldig gemacht habe, sodass jedenfalls von einer Resozialisierung auszugehen gewesen wäre. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, warum die Erstbehörde annehme, der Beschwerdeführer werde den ihm ausgestellten Konventionsreisepasses missbräuchlich verwenden. Dafür seien keine Gründe ersichtlich.

Diese Berufung wurde - in Stattgebung eines mittlerweile gestellten Devolutionsantrages - von der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid vom ebenfalls gestützt auf § 92 Abs. 1 Z 3 und 5 FPG abgewiesen. In der Begründung bezog sich die belangte Behörde auf die eingangs erwähnten Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen (gewerbsmäßigen) Suchtgifthandels und sie verwies auf die diesbezüglich bestehende besonders große Wiederholungsgefahr. Das rechtfertige im Sinne des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG die Annahme, dass der Beschwerdeführer den Konventionsreisepass benutzen wolle, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen. Überdies könne aufgrund des "Vorlebens" des Beschwerdeführers im Sinne des § 92 Abs. 1 Z 5 FPG davon ausgegangen werden, dass durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Ausland die innere und äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde. Dabei sei der Umstand einzubeziehen gewesen, dass die letzte Verurteilung des Beschwerdeführers noch nicht lange zurückliege.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage erwogen hat:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtsvorschriften - § 94 Abs. 1 und 5 sowie § 92 Abs. 1 Z 3 und 5 FPG - lauten:

"Konventionsreisepässe

§ 94. (1) Konventionsreisepässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.

...

(5) Für die Festsetzung der Gültigkeitsdauer und des Geltungsbereiches von Konventionsreisepässen sowie der Gültigkeitsdauer der Rückkehrberechtigung in Konventionsreisepässen gelten die Bestimmungen des Anhanges der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge; im Übrigen gelten die § 88 Abs. 3 sowie §§ 89 bis 93.

Versagung eines Fremdenpasses

§ 92. (1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

...

3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;

5. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde."

Die genannten innerstaatlichen Bestimmungen sind vor dem Hintergrund der entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Regelung, nämlich Art. 25 Abs. 1 der "Statusrichtlinie" (RL 2004/83/EG) auszulegen. Danach ist einem anerkannten Flüchtling ein Reisepapier auszustellen, es sei denn, es stünden zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegen (vgl. idS auch Art. 28 Z 1 der Genfer Flüchtlingskonvention). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist diese Bedingung jedenfalls bei Verwirklichung des Versagungsgrundes nach der Z 3 des § 92 Abs. 1 FPG bei grenzüberschreitendem Suchtgifthandel erfüllt (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0340).

In diesem Zusammenhang kritisiert die Beschwerde, die belangte Behörde habe nicht konkret dargestellt, worin die Gefahr bestehe, die vom Beschwerdeführer angeblich ausgehen soll, wenn er einen Konventionsreisepass habe.

Dass dieser Einwand nicht zielführend ist, ergibt sich schon aus der obigen Wiedergabe der Begründung des angefochtenen Bescheides. Danach kann kein Zweifel daran bestehen, dass die belangte Behörde aufgrund des den Suchtmitteldelikten zugrundeliegenden Verhaltens des Beschwerdeführers die Annahme für gerechtfertigt erachtete, der Beschwerdeführer wolle das Dokument benützen, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen.

Aber auch die gegen diese Annahme in der Beschwerde inhaltlich vorgetragenen Einwände überzeugen nicht. Dem diesbezüglich ins Treffen geführten Wohlverhalten seit der letzten Verurteilung ist - mit der belangten Behörde - die bei Suchtmitteldelikten der vorliegenden Art generell bestehende große Wiederholungsgefahr, die sich im Fall des Beschwerdeführers schon in der Vergangenheit eindrucksvoll bestätigte, entgegen zu halten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass selbst ein längerer Zeitraum, in dem keine einschlägige Verurteilung vorliegt, beim Beschwerdeführer keine verlässliche Prognose auf ein zukünftiges Wohlverhalten zulässt. So ist er nämlich nach der Verurteilung im Jahr 2000 auch noch in den Jahren 2005, 2006 und 2007 jeweils in Bezug auf gewerbsmäßigen Suchtgifthandel einschlägig rückfällig geworden, wobei ihn weder die Verhängung unbedingter Freiheitsstrafen noch deren Vollzug von der Tatwiederholung abhalten konnten. Dazu kommt, dass seit dem Vollzug der zuletzt über den Beschwerdeführer verhängten Freiheitsstrafe am bis zur Erlassung des bekämpften Bescheides am erst knapp dreieinhalb Jahre vergangen waren. Dieser Zeitraum ist für die Erstellung einer günstigen Zukunftsprognose angesichts der bisher demonstrierten Rückfallsneigung des Beschwerdeführers jedenfalls zu kurz (vgl. idS zu einem mehrjährigen Wohlverhalten selbst bei nur einer Verurteilung nach dem SMG das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/18/0504; vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/21/0410, und Zl. 2008/21/0570, jeweils mit weiteren Nachweisen). Auch dieser Meinung der belangten Behörde kann daher im Ergebnis gefolgt werden. Im Übrigen hat sich der Beschwerdeführer in der Berufung lediglich auf seine nicht weiter konkretisierte "Resozialisierung" bezogen, jedoch nicht mehr auf die in der Stellungnahme vom noch pauschal behauptete, allerdings nicht belegte Absolvierung von therapeutischen Maßnahmen; darauf kommt auch die Beschwerde nicht mehr zurück.

Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde somit nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Annahme nach § 92 Abs. 1 Z 3 FPG für gerechtfertigt erachtete, wobei es evident ist, dass ein Reisedokument den (grenzüberschreitenden) Handel mit Suchtgift jedenfalls erleichtern würde (siehe das schon genannte Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0340, mit weiteren Nachweisen).

Bei der Versagung eines Konventionsreisepasses ist auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen (vgl. das schon zitierte Erkenntnis vom , Zl. 2008/18/0504, mit weiteren Hinweisen). Das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers geht daher ins Leere. Soweit es in diesem Zusammenhang um den Nachweis der Identität geht, hat aber ohnehin schon die belangte Behörde auf die Möglichkeit, die Ausstellung einer Identitätskarte nach § 94a FPG zu beantragen, verwiesen. Außerdem verfügt der Beschwerdeführer nach der Aktenlage ohnehin über einen am unbefristet ausgestellten Lichtbildausweis für Fremde. Die vom Beschwerdeführer schon in der Berufung aufgestellte und in der Beschwerde wiederholte Behauptung, er könne mangels Konventionsreisepasses seiner Meldepflicht nicht nachkommen, ist schließlich schon nach dem Inhalt der behördlich eingeholten Auskunft aus dem Zentralen Melderegister, aus dem sich (u.a.) eine seit an der - auch in der Beschwerde angeführten - Wohnadresse des Beschwerdeführers bestehende Meldung ergibt, unzutreffend.

Die von der belangten Behörde vorgenommene Abweisung der Berufung erweist sich daher insgesamt nicht als rechtswidrig. Bei diesem Ergebnis kommt es auf die weiters angenommene Verwirklichung des Versagungsgrundes nach der Z 5 des § 92 Abs. 1 FPG nicht an.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am