VwGH vom 21.05.2012, 2011/10/0088
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der GH in T, vertreten durch Mag. Manfred Pollitsch und Mag. Hannes Pichler, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Friedrichgasse 6/10/40, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. FA10A-31Hu-10/2009-6, betreffend Waldfeststellung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom hat der Landeshauptmann von Steiermark den Antrag der Beschwerdeführerin vom auf "Nichtwaldfeststellung" von zwei Teilflächen des Grundstückes Nr. 261/102 der KG D. im Ausmaß von ca. 850 m2 und ca. 650 m2 abgewiesen und gemäß § 5 Forstgesetz 1975 (ForstG 1975) festgestellt, dass die besagten Teilflächen Wald im Sinne des ForstG 1975 sind.
Begründend führte die belangte Behörde - nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen aus, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen (der Behörde erster Instanz) vom sei ein Antrag der Beschwerdeführerin vom auf (nachträgliche) Rodungsgenehmigung zwecks landwirtschaftlicher Nutzung abgewiesen worden. Aus diesem Bescheid gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom Mai bis August 2001 auf dem gegenständlichen Waldgrundstück eine Rodung im Ausmaß von 850 m2 durchgeführt habe. Dabei seien Wurzelstöcke entfernt, Geländekorrekturen durchgeführt und unter Einbeziehung der natürlichen Nassstellen ein Fischteich errichtet worden.
Diese Rodungsfläche habe zum Rodungszeitpunkt jedenfalls Wald im Sinne des ForstG 1975 dargestellt, insbesondere weil von Wald umgebene natürliche Nassstellentümpel, auch wenn sie nicht bestockt seien, als Wald anzusehen seien. Auch der Sohn der Beschwerdeführerin habe in der Verhandlung am angegeben, die gegenständliche Fläche sei mit Buchen, Erlen und Fichten bestockt gewesen.
Aus einem Luftbild aus dem Jahr 1998 sei ersichtlich, dass in diesem Jahr das gesamte Grundstück, somit auch die gegenständlichen Flächen bestockt gewesen seien. Es sei darauf keine freie Fläche oder kein natürlicher Tümpel erkennbar.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens sei ein forsttechnisches Gutachten eingeholt worden. Diesem zufolge habe die durchschnittliche Breite bzw. Fläche des Bewuchses der gegenständlichen Bereiche - im Zusammenhang mit den nebenliegenden Waldflächen - immer mehr als durchschnittlich 10 m bzw. mehr als 1.000 m2 und die Überschirmung im Jahr 1998 zumindest sechs Zehntel betragen. Auch die Mittelhöhe sei jedenfalls über 3 m gelegen. Das herangezogene Orthofoto aus dem Jahr 1998 zeige einen durchgehenden forstlichen Bewuchs. Die gesamte Rodungs- bzw. Waldfeststellungsfläche erfülle somit jedenfalls innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre die Kriterien der Waldeigenschaft. Der gesamte gegenständliche Bereich der 850 m2 bzw. 650 m2 sei daher aus forstfachlicher Sicht als Wald im Sinne des ForstG 1975 anzusehen.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Rodungsfläche sei durch "Anmeldung der Rodung" zu Nichtwald geworden, sei nicht zutreffend, zumal die Beschwerdeführerin in dem am bei der Behörde erster Instanz eingelangten Schriftsatz ausdrücklich einen Antrag auf nachträgliche Rodungsgenehmigung zwecks landwirtschaftlicher Nutzung gestellt habe.
Aufgrund dieses Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, dass die gesamte verfahrensgegenständliche Fläche bis Sommer 2001 Wald im Sinne des ForstG 1975 gewesen sei. Daher seien diese Liegenschaften bei Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht gemäß § 5 Abs. 2 zweiter Satz ForstG 1975 zu Nichtwald geworden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, diesen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 1a Abs. 1 ForstG 1975 sind Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes mit Holzgewächsen der im Anhang angeführten Arten (forstlicher Bewuchs) bestockte Grundflächen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1.000 m2 und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht.
Gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz ForstG 1975 hat die Behörde, wenn Zweifel bestehen, ob (lit. a) eine Grundfläche Wald ist oder (lit. b) ein bestimmter Bewuchs in der Kampfzone des Waldes oder als Windschutzanlage den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unterliegt, von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 1 ForstG 1975 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen.
Gemäß § 5 Abs. 2 ForstG 1975 hat die Behörde, wenn sie feststellt, dass die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war, mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt. Weist der Antragsteller nach, dass (Z. 1) die Voraussetzungen des ersten Satzes nicht zutreffen oder (Z. 2) eine dauernde Rodungsbewilligung erteilt wurde, und ist inzwischen keine Neubewaldung erfolgt, so hat die Behörde mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt.
Gemäß § 17 Abs. 1 ForstG 1975 ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.
2.1. Die Beschwerde bringt im Wesentlichen vor, es bestehe bereits seit mehr als zehn Jahren vor Erlassung des angefochtenen Bescheides kein Wald im Sinne des ForstG 1975 auf der betroffenen Liegenschaft mehr. Aus der Aussage des Sohnes der Beschwerdeführerin ergebe sich, dass im Jahr 2001 die "letzten einzelnen Bäume" gerodet worden seien. Zu diesem Zeitpunkt habe aber bereits eine Fläche von etwa 650 m2 keine Bestockung mehr aufgewiesen. Die belangte Behörde habe das Beweisergebnis, dass die Fläche von etwa 650 m2 "zumindest seit 1986" kein Wald im Sinne des ForstG 1975 mehr sei, völlig außer Acht gelassen. Die belangte Behörde hätte nach Auffassung der Beschwerdeführerin dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Nichtwaldfeststellung stattgeben müssen.
Allerdings tritt die Beschwerdeführerin damit den oben wiedergegebenen, u.a. mit einem Orthofoto begründeten Ausführungen des forsttechnischen Gutachtens nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen. Darauf gestützt durfte die belangte Behörde zu Recht von einer Überschirmung von sechs Zehntel im Jahr 1998 ausgehen.
Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang vorbringt, die belangte Behörde sei bei ihrer Entscheidung von einem Orthofoto mit einem Überflugsdatum von 1998 ausgegangen, wobei jedoch im ersten Gutachten des forsttechnischen Sachverständigen ein Orthofoto mit einem Überflugsdatum vom Jahre 2008 vorgelegt worden sei, welches genau die gleiche Darstellung zeige wie das Orthofoto aus dem Jahr 1998, so hat der forsttechnische Sachverständige - nach den insoweit nicht bestrittenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides - bereits im Verwaltungsverfahren erklärt, dies sei lediglich ein Flüchtigkeitsfehler; anstatt des korrekten Flugjahres (1998) sei versehentlich das Jahr 2008 eingetragen worden.
Die Beweiswürdigung der belangten Behörde begegnet daher - auch mit Blick auf den im Jahr 2002 eingebrachten Antrag der Beschwerdeführerin auf (nachträgliche) Rodungsbewilligung - keinen Bedenken.
2.2. Wenn die Beschwerde schließlich vorbringt, gemäß § 1a ForstG 1975 sei eine Waldfläche, die kleiner als 1000 m2 sei, nicht als Wald im Sinne des ForstG 1975 zu qualifizieren, ist dazu auszuführen, dass es bei einer Feststellungsfläche, die im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit Wald steht, der an die Feststellungsfläche angrenzt, gerade nicht darauf ankommt, ob die Feststellungsfläche selbst das erforderliche Mindestmaß aufweist oder nicht; vielmehr ist die unmittelbar räumlich zusammenhängende Bestockung auf angrenzenden Grundstücken in die Beurteilung mit einzubeziehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/10/0166, mwN).
Die belangte Behörde ist somit im Einklang mit der hg. Rechtsprechung vorgegangen. Gegen diese Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen des ForstG 1975 bestehen entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
3. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
LAAAE-87731