VwGH vom 30.01.2014, 2011/10/0085
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2011/10/0086
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerden des
1. GU, 2. KU, beide in G, beide vertreten durch Simlinger-Haas Glaser Rechtsanwaltspartnerschaft in 1030 Wien, Reisnerstraße 31, gegen die Bescheide der Niederösterreichischen Landesregierung je vom , je Zl. GS5-SH-25404/001- 2010, betreffend Ersatz von Sozialhilfekosten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung je vom wurden die Beschwerdeführer verpflichtet, die Kosten der mit Bescheid vom für ihre Mutter I.U. bewilligten Sozialhilfe (Hilfe bei stationärer Pflege durch das Pflegeheim der Barmherzigen Brüder K.) im Zeitraum vom bis in der Höhe von je EUR 38.302,19 (Hälfteanteil) dem Land Niederösterreich zu ersetzen.
Mit den angefochtenen Bescheiden der Niederösterreichischen Landesregierung je vom wurde der dagegen erhobenen Berufung dahingehend Folge gegeben, dass die Höhe der zu ersetzenden Kosten (Hälfteanteil) auf je EUR 34.274,37 reduziert wurde.
In der - inhaltlich gleichlautenden - Begründung der angefochtenen Bescheide führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, dass die Mutter der Beschwerdeführer im Zeitraum vom bis Sozialhilfe durch stationäre Pflege erhalten habe, wobei die Kosten für den Zeitraum bis in Höhe von EUR 4.315,30 bereits bezahlt worden seien. Die ungedeckten Sozialhilfekosten für den Zeitraum bis beliefen sich auf EUR 76.604,39.
Die Beschwerdeführer hätten (nach dem Tod ihrer Mutter am ) jeweils eine unbedingte Erbserklärung abgegeben und sei ihnen mit Beschluss des BG Klosterneuburg vom die Verlassenschaft je zur Hälfte eingeantwortet worden; die Beschwerdeführer hätten dabei auch Hälfteeigentum an einer - näher genannten - Wohnung erworben.
Der Verkehrswert der gegenständlichen Wohnung betrage nach dem Bewertungsgutachten des NÖ Gebietsbauamtes V - Mödling vom EUR 82.875,-- "im untersten Bereich" (Verkehrswert in Höhe von EUR 97.500,-- sowie Berücksichtigung einer Streuung in Bezug auf die Höhe des Kaufpreises von plus/minus 10 % bis 15 %). Die Aktiva der Verlassenschaft nach I.U. beliefen sich unter Berücksichtigung dieses Verkehrswerts auf EUR 87.949,35, die Passiva (bereinigt um die angemeldeten Sozialhilfekosten) auf EUR 19.400,61.
Somit ergebe sich ein Reinnachlass der Verlassenschaft in Höhe von EUR 68.548,74, sohin je ein Häfteanteil für die Beschwerdeführer in Höhe von EUR 34.274,37.
Bei der Bewertung der Wohnung sei entgegen dem Berufungsvorbringen nicht der dreifache Einheitswert, sondern gemäß § 38 Abs. 4 NÖ SHG iVm § 2 Liegenschaftsbewertungsgesetz der Verkehrswert maßgeblich gewesen.
Zu der von den Beschwerdeführern im Verfahren vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Baumeister Ing. C.K. vom , wonach lediglich von einem Verkehrswert der gegenständlichen Wohnung von maximal EUR 61.695,-- auszugehen sei, führte die belangte Behörde aus, dass diese Stellungnahme ohne Ortsaugenschein erstellt worden sei und sie in Bezug auf den Zustand der Wohnung - aus näher dargelegten Erwägungen - nicht geeignet sei, die Richtigkeit des Gutachtens des Gebietsbauamtes V - Mödling in Zweifel zu ziehen. Der für das Gebietsbauamt tätige Amtssachverständige habe "auf Rückfrage" der belangten Behörde bestätigt, dass die Wohnung in keinem schlechten Zustand sei, sondern lediglich übliche Abnutzungserscheinungen aufweise.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen, Beschwerden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine gemeinsame Gegenschrift, in der sie die kostenpflichte Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Bestimmungen des NÖ Sozialhilfegesetzes, in der gegenständlich maßgeblichen Fassung LGBl. 9200-8 (NÖ SHG), lauten auszugsweise:
§ 37
Kostenersatzverpflichtete
Für die Kosten von Sozialhilfemaßnahmen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, haben Ersatz zu leisten:
...
2. die Erben des Hilfeempfängers;
...
§ 38
Ersatz durch den Hilfeempfänger
(1) Der Hilfeempfänger ist zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn
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1. | er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen gelangt; |
2. | nachträglich bekannt wird, dass er zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen oder Vermögen hatte; |
3. | im Fall des § 15 Abs. 3 und 4 die Verwertung von Vermögen nachträglich möglich oder zumutbar wird; |
(2) ...
(3) Von der Verpflichtung zum Kostenersatz ist abzusehen, wenn dies für den Hilfeempfänger eine Härte bedeuten oder den Erfolg der Sozialhilfe gefährden würde.
...
(4) Die Verbindlichkeit zum Ersatz der Kosten von Leistungen nach Abs. 1 geht gleich einer anderen Schuld auf den Nachlass des Empfängers der Hilfe über. Die Erben des Hilfeempfängers haften jedoch für den Ersatz der Kosten der Sozialhilfe nur bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses. Sie können gegen Ersatzforderungen nicht einwenden, dass von dem Sozialhileempfänger gemäß Abs. 3 der Ersatz nicht verlangt hätte werden dürfen.
2. Die Beschwerden wenden sich lediglich gegen die auf der Grundlage des Gutachtens des Gebietsbauamtes V - Mödling zum Stichtag erfolgte Ermittlung des Werts der gegenständlichen Wohnung; dieser Stichtag liege mehr als eineinhalb Jahre vor dem Zeitpunkt der Einantwortung (). Gemäß § 38 Abs. 4 NÖ SHG sei jedoch der Vermögenswert im Zeitpunkt der Einantwortung maßgeblich. Die belangte Behörde wäre demnach verpflichtet gewesen, den vom Baumeister Ing. C.K. in seinem Gutachten vom ermittelten Schätzwert zu Grunde zu legen oder ihrerseits eine neuerliche Schätzung zur Erhebung des Wertes vorzunehmen.
3. Dieses Vorbringen führt die Beschwerden nicht zum Erfolg:
3.1 Gemäß § 37 Z. 2 NÖ Sozialhilfegesetz (NÖ SHG) haben die Erben des Hilfeempfängers für die Kosten von Sozialhilfemaßnahmen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, Ersatz zu leisten. Gemäß § 38 Abs. 4 zweiter Satz leg. cit. haften die Erben des Hilfeempfängers jedoch für den Ersatz der Kosten der Sozialhilfe nur bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses.
Die mit diesen Bestimmungen normierte Kostenersatzpflicht der Erben ist somit mit dem Wert des Nachlasses begrenzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/10/0168).
Unter dem Nachlass versteht man die vererblichen vermögenswerten Rechte und Verbindlichkeiten des Erblassers (§ 531 ABGB), die Einantwortung ist die Übergabe des Nachlasses in den rechtlichen Besitz des Erben durch Gerichtsbeschluss (§§ 797, 819 ABGB). Erst mit der rechtskräftigen Einantwortung des Nachlasses tritt die Rechtsnachfolge (Universalsukzession) des Erben nach dem Erblasser ein; der Zustand des (ruhenden) Nachlasses endet mit diesem Zeitpunkt (vgl. Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II13, S. 442, 445).
Ausgehend davon, dass die Erben sohin erst mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Einantwortung sowohl Eigentümer der Nachlasssachen als auch Schuldner der Verbindlichkeiten des Erblassers werden (vgl. Koziol/Welser, aaO. 566), trifft es - im Sinne der Beschwerdeausführungen - zwar zu, dass für die Kostenersatzpflicht gemäß § 38 Abs. 4 zweiter Satz NÖ SHG der Wert des Nachlassvermögens im Zeitpunkt der Einantwortung ausschlaggebend ist.
3.2. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde indes den Wert der Wohnung - auf der Grundlage des amtlichen Schätzgutachtens des Gebietsbauamtes V - Mödling (mit Stichtag ) - in vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstandender Weise festgestellt. Die Beschwerden zeigen nicht konkret auf, dass sich dieser Wert im Zeitpunkt der Einantwortung () verringert hätte.
Soweit die Beschwerden in diesem Zusammenhang auf die im Verwaltungsverfahren vorgelegte gutachterliche Stellungnahme des Ing. C.K. vom verweisen, ist dem entgegen zu halten, dass sich der Amtssachverständige des Gebietsbauamtes V - Mödling nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten am mit dieser Stellungnahme auseinandergesetzt und abschließend klargestellt hat, dass seine ursprüngliche, zum Stichtag erfolgte, Beurteilung des Wertes der gegenständlichen keine Änderung erfahren habe.
Mit dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Einholung eines weiteren Schätzgutachtens unterlassen, wird insofern ein relevanter Verfahrensmangel nicht dargetan.
4. Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG (in der hier gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 noch maßgeblichen Fassung, die bis zum Ablauf des in Geltung stand) abzuweisen war.
5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455 (vgl. § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014).
Wien, am