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VwGH vom 22.10.2013, 2011/10/0076

VwGH vom 22.10.2013, 2011/10/0076

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des MM in Linz, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen den Bescheid der Rechtsmittelkommission in Studienangelegenheiten des Senates der Wirtschaftsuniversität Wien vom , Zl. B/3401/04/10, betreffend Anerkennung von Prüfungen gemäß § 78 Universitätsgesetz 2002 (weitere Partei: Bundesminister für Wissenschaft und Forschung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Wirtschaftsuniversität Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Rechtsmittelkommission in Studienangelegenheiten des Senates der Wirtschaftsuniversität Wien vom wurden die vom Beschwerdeführer an der Universität Wien abgelegten Prüfungen "PF Pflichtübung aus Verfassungs- und Verwaltungsrecht" und "MP (Modulprüfung) Verfassungsrecht" für die "PI (Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung) Verfassungsgerichtsbarkeit" des Masterstudiums "Wirtschaftsrecht" an der Wirtschaftsuniversität Wien gemäß § 78 Universitätsgesetz 2002 iVm § 9 Abs. 1 der Satzung der Wirtschaftsuniversität Wien und § 66 Abs. 4 AVG nicht anerkannt.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die vom Beschwerdeführer an der Universität Wien abgelegten Prüfungen "PF Pflichtübung aus Verfassungs- und Verwaltungsrecht" und "MP Verfassungsrecht" seien der Prüfung "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" an der Wirtschaftsuniversität Wien nicht gleichwertig. Wie dem Gutachten von Univ. Prof. Potacs zu entnehmen sei, stelle die Verfassungsgerichtsbarkeit zwar einen Teilbereich der im Rahmen der "MP Verfassungsrecht" geprüften Inhalte dar, die in der "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" vermittelten Inhalte gingen aber in der Tiefe bei weitem darüber hinaus. Gerade deshalb werde eine eigene spezifische Lehrveranstaltung angeboten. In der "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" würden für alle Zuständigkeitsbereiche und im Hinblick auf die Organisation des Verfassungsgerichtshofes jeweils Fallkonstellationen durchgespielt und zusätzlich die verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Rahmenbedingungen vertieft, was bei der "MP Verfassungsrecht" nicht der Fall sei. Die Kenntnisse, die durch die "MP Verfassungsrecht" erlangt würden, würden in der "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" als vertiefendes Wahlfach vorausgesetzt, um konkrete Fälle bearbeiten zu können. In der "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" liege der Schwerpunkt eindeutig im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof. In den vom Beschwerdeführer absolvierten Lehrveranstaltungen würden diese Inhalte weder dem Umfang noch der Tiefe nach in vergleichbarem Ausmaß vermittelt und die Kenntnisse nicht in gleicher Intensität anhand von konkreten Fallkonstellationen angewendet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 in der Fassung BGBl. I Nr. 81/2009 (UG 2002), lautet auszugsweise:

" Anerkennung von Prüfungen

§ 78. (1) Positiv beurteilte Prüfungen, die ordentliche Studierende an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung, einer berufsbildenden höheren Schule, einer Höheren Anstalt für Lehrer- und Erzieherbildung, in Studien an anerkannten inländischen Bildungseinrichtungen, deren Zugang die allgemeine Universitätsreife erfordert, oder in einem Lehrgang universitären Charakters abgelegt haben, sowie positiv beurteilte Prüfungen aus künstlerischen und künstlerischwissenschaftlichen Fächern, die von ordentlichen Studierenden an Musikgymnasien bzw. an Musischen Gymnasien abgelegt wurden, sind auf Antrag der oder des ordentlichen Studierenden vom für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Organ bescheidmäßig anzuerkennen, soweit sie den im Curriculum vorgeschriebenen Prüfungen gleichwertig sind. …"

Dem angefochtenen Bescheid liegt die auf ein Sachverständigengutachten gestützte Auffassung zugrunde, die vom Beschwerdeführer an der Universität Wien abgelegten Prüfungen seien der im Rahmen des Masterstudiums "Wirtschaftsrecht" an der Wirtschaftsuniversität Wien zu absolvierenden Prüfung "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" nicht gleichwertig, da der vermittelte Inhalt dieser Lehrveranstaltung dem Umfang und der Tiefe nach über die an der Universität Wien abgelegten Prüfungen hinausgehe.

Der Beschwerdeführer bringt dagegen im Wesentlichen vor, es sei nicht nachvollziehbar, worauf die belangte Behörde ihre Schlussfolgerung, dass die vom Beschwerdeführer abgelegten Prüfungen der "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" nicht gleichwertig seien, stütze. Die belangte Behörde habe es unterlassen, die konkreten Lehrinhalte der absolvierten Lehrveranstaltungen und somit den maßgeblichen Sachverhalt umfassend zu ermitteln. Auch dem eingeholten Gutachten mangle es an einer Sachverhaltsgrundlage und einer Begründung. Die belangte Behörde hätte daher dem Antrag des Beschwerdeführers folgen und ein weiteres Gutachten einholen müssen, das sich mit den zu vergleichenden Lehrinhalten auseinandersetzt. Hätte sie ein weiteres Gutachten eingeholt, wäre sie zu dem Schluss gekommen, dass die vom Beschwerdeführer absolvierten Lehrveranstaltungen sogar über den Inhalt der Lehrveranstaltung "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" hinaus gingen und daher zumindest als gleichwertig anzurechnen gewesen wären. Die absolvierte "PF Pflichtübung aus Verfassungs- und Verwaltungsrecht" sei der "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" sowohl im Inhalt als auch im Stundenausmaß gleichwertig. Das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten begründe die Ungleichwertigkeit ausschließlich mit deren Bezeichnung als "Pflichtübung aus Verfassungs- und Verwaltungsrecht". Diese Bezeichnung sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass in dieser laut Studienplan auch stets der verwaltungsrechtliche Kontext berücksichtigt werde. Sie stelle aber eine "Pflichtübung aus Verfassungsrecht" im Sinne des Studienplans der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien dar, welche die Kompetenz zur praktischen Anwendung von Verfassungsrecht anhand von verfassungsgerichtlichen Problemstellungen nachweise. Ebenso sei die "MP Verfassungsrecht" der "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" gleichwertig. Das Stoffgebiet der "MP Verfassungsrecht" gehe zwar über die Verfassungsgerichtsbarkeit hinaus, allerdings umfasse sie auch acht Semesterwochenstunden, die "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" hingegen nur zwei. Für eine Gleichwertigkeit genüge es demnach, dass sich die "MP Verfassungsrecht" zu einem Viertel mit der Verfassungsgerichtsbarkeit und den ihr immanenten Gebieten - Grundrechte, Staatsorganisation, allgemeines Verwaltungsrecht etc. - auseinandersetze, was eindeutig der Fall sei.

Mit diesem Vorbringen gelingt es der Beschwerde nicht, eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:

Nach ständiger hg. Judikatur zur Frage der "Gleichwertigkeit" der vom Antragsteller abgelegten und zur Anerkennung beantragten Prüfungen mit dem im Rahmen eines Studiums vorgeschriebenen Prüfungen ist entscheidend, welcher Stoff in welchem Schwierigkeitsgrad und in welchem Umfang in den zu vergleichenden Lehrveranstaltungen vermittelt wird, wobei es entsprechender Darlegungen unter Heranziehung der jeweils zur Anwendung kommenden studienrechtlichen Vorschriften bedarf (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/10/0043, und vom , Zl. 2010/10/0046, mwN).

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sind dem eingeholten Gutachten, dessen Befundannahmen die belangte Behörde ihren Feststellungen zugrunde gelegt hat, derartige Darlegungen zu entnehmen. Demnach stelle die "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" nach einem Überblick über die Organisation des Verfassungsgerichtshofes die Verfahrensarten im verfassungsgerichtlichen Verfahren - das Beschwerdeverfahren, das Gesetzesprüfungsverfahren und das Verordnungsprüfungsverfahren - in den Mittelpunkt. Ergänzend würden diese Verfahrensarten dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gegenübergestellt. Anhand von Fallbeispielen werde der Stoff im Selbststudium von den Studierenden vorbereitet, um in den Lehrveranstaltungen die Lösungen zu diskutieren. Zwar stelle die Verfassungsgerichtsbarkeit einen Teilbereich der geprüften Inhalte im Rahmen der "MP Verfassungsrecht" dar, die in der "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" vermittelten Inhalte gingen allerdings in der Tiefe darüber hinaus. Die Kenntnisse, die durch die "MP Verfassungsrecht" erlangt würden, seien in der "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" als vertiefendes Wahlfach vielmehr vorausgesetzt, um konkrete Fälle bearbeiten zu können. Durch die "MP Verfassungsrecht" werde daher weder Wissen in der erforderlichen Tiefe erworben noch anhand von konkreten Beispielen angewendet und diskutiert. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Berufung vorbringe, dass Inhalt der "PF Pflichtübung aus Verfassungs- und Verwaltungsrecht" die Verfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts gewesen seien, sei darauf hinzuweisen, dass der Schwerpunkt der "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" eindeutig im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof liege. Da die Inhalte dieser Lehrveranstaltung - bei gleichem Semesterstundenausmaß - im Vergleich zur "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" somit breiter seien, sei nicht davon auszugehen, dass das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof in der gleichen Tiefe vermittelt und die Kenntnisse in gleicher Intensität an konkreten Fällen angewendet worden seien.

Der Beschwerdevorwurf, dem eingeholten Gutachten mangle es an einer Sachverhaltsgrundlage und einer Begründung, erweist sich demnach als unbegründet. Der Beschwerdeführer ist diesem Gutachten im Verwaltungsverfahren auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Von daher war - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht erforderlich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/10/0171, mwN).

Soweit die Beschwerde eine Gleichwertigkeit der "MP Verfassungsrecht" mit der "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" daraus abzuleiten versucht, dass sich die "MP Verfassungsrecht", die acht Semesterwochenstunden umfasse, zu einem Viertel mit der Verfassungsgerichtsbarkeit auseinandersetze, so wird - abgesehen davon, dass diese Annahme vom Beschwerdeführer nicht näher begründet wird - damit nicht dargetan, dass die genannten Lehrveranstaltungen auch mit Blick auf die in der "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" im Zentrum stehende Erarbeitung konkreter Falllösungen im Rahmen verfassungsgerichtlicher Verfahren einander gleichwertig sind.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen stützt sich das wiedergegebene Gutachten auch nicht ausschließlich darauf, dass die absolvierte "PF Pflichtübung aus Verfassungs- und Verwaltungsrecht" wegen deren Bezeichnung der "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" nicht gleichwertig sei. Das Gutachten hält dem Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang entgegen, dass er selbst den Inhalt der absolvierten "PF Pflichtübung aus Verfassungs- und Verwaltungsrecht" in seiner Berufung dahin umschrieben hat, dass beinahe ausschließlich Fallstudien von Verfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts durchgeführt und in zwei Klausuren überprüft worden seien, wohingegen Inhalt der "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof sei, sodass insofern wegen des breiteren Inhalts der absolvierten Lehrveranstaltung bei gleichem Semesterstundenausmaß nicht davon auszugehen sei, dass das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof in der gleichen Tiefe vermittelt und die Kenntnisse in gleicher Intensität an konkreten Fällen angewendet worden seien. Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, dass die fragliche Lehrveranstaltung (erkennbar gemeint: ausschließlich) die Kompetenz zur praktischen Anwendung von Verfassungsrecht anhand von verfassungsgerichtlichen Problemstellungen vermittle, wird nicht konkret dargelegt, worauf sich diese (nunmehrige) Annahme vor dem Hintergrund des eigenen Berufungsvorbringens des Beschwerdeführers und des Umstandes, dass die fragliche Pflichtübung als solche aus Verfassungs- und Verwaltungsrecht (als für beide Fächer anrechenbar) angeboten wurde, stützt.

Nach dem Gesagten ist daher die Auffassung der belangten Behörde, die vom Beschwerdeführer an der Universität Wien abgelegten Prüfungen seien der im Rahmen des Masterstudiums "Wirtschaftsrecht" zu absolvierenden "PI Verfassungsgerichtsbarkeit" nicht gleichwertig, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die sich als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
KAAAE-87701