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VwGH vom 27.03.2012, 2011/10/0070

VwGH vom 27.03.2012, 2011/10/0070

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des WB in S, vertreten durch Dr. Georg Zimmer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Fürbergstraße 27, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 20301-SHB-122/3-2011, betreffend Mindestsicherung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom hat die Salzburger Landesregierung dem Beschwerdeführer gemäß §§ 1, 6, 10 und 21 des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 63/2010 (Sbg. MSG), - neben den bereits von der Behörde erster Instanz zuerkannten "Kann-Leistungen" (gemäß § 11 leg. cit. im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung gewährte zusätzliche Geldleistungen zur Abdeckung des Wohnbedarfs) - für Dezember 2010 einen Betrag von EUR 8,12 und für die Monate Jänner und Februar 2011 jeweils einen Betrag von EUR 17,05 als Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs zuerkannt.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer seit als Arbeiter bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt geführt werde. Die Beschäftigung erfolge im Rahmen einer beruflichen Maßnahme der Rehabilitation gemäß § 198 ASVG in Form einer beruflichen Umschulung zum Fluglehrer für einmotorige Maschinen bei einem bestimmt bezeichneten Sportfliegerklub. Im Rahmen dieser Umschulungsmaßnahme im Ausmaß von 40 Wochenstunden absolviere der Beschwerdeführer eine achtmonatige Fluglehrerausbildung mit den dazugehörigen Flugstunden, Schulungen, theoretischen Übungen, Prüfungen etc. Gemäß § 198 ASVG solle der Versehrte durch die berufliche Maßnahme der Rehabilitation in die Lage versetzt werden, seinen früheren oder, wenn dies nicht möglich sei, einen neuen Beruf auszuüben. Hiebei handle es sich um eine berufliche Ausbildung bzw. Umschulung zur Wiedergewinnung oder Erhöhung der Erwerbsfähigkeit bzw. um eine Ausbildung für einen neuen Beruf, bei der der Unfallversicherungsträger ein Übergangsgeld für die Dauer der Ausbildung gewähre. Eine derartige Beschäftigung sei nicht als Erwerbstätigkeit im Sinn von § 6 Abs. 4 Sbg. MSG anzusehen, weshalb bei der Berechnung der Mindestsicherungsleistung der Freibetrag nach dieser Bestimmung nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden könne.

Weiters wird im angefochtenen Bescheid für die jeweiligen Monate das aus Übergangsgeld und Unfallrente bestehende Einkommen des Beschwerdeführers dem Mindeststandard für Lebensunterhalt und Wohnbedarf gegenübergestellt, wobei sich Fehlbeträge in der Höhe der mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides festgesetzten Mindestsicherungsleistungen ergeben.

Der Verfassungsgerichtshof hat die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom , B 376/11, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 63/2010 (Sbg. MSG), haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"§ 1. (1) Ziel dieses Gesetzes ist die Vermeidung und Bekämpfung von Armut und sozialer Ausschließung von Menschen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen, unter Förderung einer dauerhaften (Wieder )Eingliederung dieser Personen in das Erwerbsleben.

§ 6. (1) Bei der Bemessung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist das Einkommen der Hilfesuchenden nach Maßgabe der folgenden Absätze zu berücksichtigen. Zum Einkommen zählen alle Einkünfte sowie eine allfällig gewährte (erweiterte) Wohnbeihilfe gemäß den Salzburger Wohnbauförderungsgesetzen.

(4) Hilfesuchenden, die ein Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit erzielen, ist für die damit verbundenen Aufwendungen ein Freibetrag einzuräumen. Dieser beträgt je nach Ausmaß der Beschäftigung in Prozent des Mindeststandards für Alleinstehende oder Alleinerziehende (§ 10 Abs 1 Z 1):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. bei einer Beschäftigung bis zu 20 Wochenstunden
9 %
2. bei einer Beschäftigung über 20 Wochenstunden
18 %"

Die §§ 198 und 199 ASVG lauten (auszugsweise) wie folgt:

"§ 198. (1) Durch die beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation soll der Versehrte in die Lage versetzt werden, seinen früheren oder, wenn dies nicht möglich ist, einen neuen Beruf auszuüben.

(2) Die beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation umfassen insbesondere:

1. die berufliche Ausbildung zur Wiedergewinnung oder Erhöhung der Erwerbsfähigkeit und, insoweit der Versehrte durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit in der Ausübung seines Berufes oder eines Berufes, der ihm zugemutet werden kann, wesentlich beeinträchtigt ist, die Ausbildung für einen neuen Beruf. Die berufliche Ausbildung wird so lange gewährt, als durch sie die Erreichung des angestrebten Zieles (§ 172) zu erwarten ist;

§ 199. (1) Der Unfallversicherungsträger hat dem Versehrten für die Dauer einer Ausbildung gemäß § 198 Abs. 2 Z 1 ein Übergangsgeld zu leisten.

…"

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, das der Berechnung der belangten Behörde zugrundeliegende Einkommen zu erzielen, und stellt die Richtigkeit dieser Berechnung nicht in Frage. Er wendet sich ausschließlich gegen die Nichtberücksichtigung des Freibetrages gemäß § 6 Abs. 4 Z. 2 Sbg. MSG in der Höhe von 18 % des Mindeststandardsatzes und führt dazu aus, dass er seine Arbeitskraft im Ausmaß von 40 Stunden als Arbeiter im Rahmen einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt einsetze und dafür eine Förderung in Form eines Übergangsgeldes erhalte. Dieses Übergangsgeld stelle ein Einkommen gemäß § 6 Abs. 1 Sbg. MSG dar, weshalb der Freibetrag für die mit der Tätigkeit verbundenen Aufwendungen gemäß § 6 Abs. 4 leg. cit. zu berücksichtigen sei, zumal dieser Freibetrag den Zweck habe, einen Anreiz für die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu bieten.

Bei der Bemessung von Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung ist gemäß § 6 Abs. 1 Sbg. MSG das Einkommen des Hilfesuchenden zu berücksichtigen. Handelt es sich dabei um ein Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden, so ist für die damit verbundenen Aufwendungen gemäß § 6 Abs. 4 Z. 2 Sbg. MSG ein Freibetrag in der Höhe von 18 % des Mindeststandards für Alleinstehende zu berücksichtigen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Zl. 2011/10/0045, unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien dazu ausgeführt, dass es dem Gesetzeszweck widersprechen würde, den Freibetrag nicht nur bei entgeltlicher Erwerbstätigkeit einkommensmindernd zu berücksichtigen, sondern auch bei einem Transfereinkommen. Daher handle es sich bei der während der Dauer eines Arbeitstrainings im Ausmaß von 40 Wochenstunden vom AMS bezogenen Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts nicht um ein "Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit" im Sinn von § 6 Abs. 4 Sbg. MSG.

Entscheidend für die Qualifikation als "Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit" im Sinn von § 6 Abs. 4 Sbg. MSG ist somit, dass es sich bei der bezogenen Leistung um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung handelt.

Im vorliegenden Fall erhält der Beschwerdeführer unstrittig eine berufliche Ausbildung zum Fluglehrer als Maßnahme der beruflichen Rehabilitation gemäß § 198 Abs. 2 Z. 1 ASVG, die einen zeitlichen Aufwand für Flugstunden, Schulungen, theoretische Übungen, Prüfungen etc. von 40 Wochenstunden über einen Zeitraum von acht Monaten umfasst. Während der Dauer dieser Ausbildung erhält er gemäß § 199 ASVG ein Übergangsgeld von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt. Dabei handelt es sich nicht um ein Entgelt für eine Arbeitsleistung des Beschwerdeführers, sondern um eine der Mindestsicherung funktionsgleiche Versicherungsleistung (vgl. den zitierten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , mit dem die Behandlung der gegenständlichen Beschwerde abgelehnt worden ist). Nach den obigen Ausführungen hat der Beschwerdeführer somit keinen Anspruch auf Berücksichtigung des Freibetrages nach § 6 Abs. 4 Sbg. MSG.

Da sich die Beschwerde nach dem Gesagten als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am