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VwGH vom 16.05.2013, 2013/21/0003

VwGH vom 16.05.2013, 2013/21/0003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde der B U O in W, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. BMI- 1044653/0002-II/3/2012, betreffend Versagung eines Konventionsreisepasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Nigerias, war im Februar 2004 nach Österreich gekommen. Nach dem ihr hier Asyl gewährt worden war, stellte sie am einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom gab die im Devolutionsweg zuständig gewordene belangte Behörde diesem "Antrag auf Erteilung eines Fremdenpasses vom " gemäß den §§ 94 und 92 Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG "keine Folge".

Begründend verwies sie darauf, dass über die Beschwerdeführerin mit rechtskräftigem Urteil des deutschen Amtsgerichtes Traunstein vom wegen unerlaubter Einreise, unerlaubten Aufenthaltes, Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen, Ausweismissbrauchs (sie hatte sich mit einem auf den Namen E.E. lautenden nigerianischen Reisepass ausgewiesen) und unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln (nach den Urteilsfeststellungen 0,1 Gramm in Spanien erworbenes Kokain) eine bedingt nachgesehene dreimonatige Freiheitsstrafe verhängt worden sei. Es sei ein Einreise- und Aufenthaltsverbot der Bundesrepublik Deutschland ergangen, die in Abschiebehaft angehaltene Beschwerdeführerin sei am nach Österreich überstellt worden.

In der Folge habe das Bezirksgericht Schwechat über sie mit rechtskräftigem Urteil vom wegen der (zuletzt am begangenen) Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, des Gebrauchs fremder Ausweise und der Urkundenunterdrückung eine, ebenfalls bedingt nachgesehene, Freiheitsstrafe von 6 Wochen verhängt.

Durch die - trotz bereits erfolgter strafgerichtlicher Verurteilung - wiederholte "missbräuchliche Verwendung von Ausweisen" sei die Annahme gemäß § 92 Abs. 1 Z. 5 FPG, durch den Aufenthalt der Fremden im Ausland würde die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet, gerechtfertigt. Diese Bestimmung gelte gemäß § 94 Abs. 5 FPG auch für die Versagung eines Konventionsreisepasses. Die Beschwerdeführerin habe gerade durch das letzte, noch nicht lang zurückliegende und in Österreich begangene strafbare Verhalten gezeigt, nicht gewillt zu sein, sich rechtskonform zu verhalten. Die Erteilung eines Konventionsreisepasses sei daher zu versagen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

In der Beschwerde wird zunächst vorgebracht, "der per Post zugestellte Bescheid" habe zwar den Vermerk "elektronisch gefertigt", jedoch weder eine Amtssignatur noch eine Unterfertigung oder Beglaubigung "durch eine Kanzlei" enthalten. Das Vorliegen eines Bescheides sei daher zweifelhaft.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin jedoch darauf zu verweisen, dass sie - anwaltlich vertreten - im vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängigen Säumnisbeschwerdeverfahren Zl. 2012/21/0208 mit Eingabe vom gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof selbst den tatsächlichen Umstand zugestanden hatte, die belangte Behörde habe am den ihren Antrag auf Ausstellung eines "Reisepasses" abweisenden Bescheid (vollständig und ordnungsgemäß) erlassen. Es besteht somit kein Anlass, im gegenständlichen Verfahren am tatsächlichen Vorliegen (insbesondere) der Amtssignatur und deren Darstellung gemäß § 19 Abs. 3 E-GovG in der der Beschwerdeführerin übermittelten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zu zweifeln.

Ebenso ist - wie bereits die Beschwerde selbst im Ergebnis einräumt - davon auszugehen, dass es sich beim Wort "Fremdenpass" im Spruch des angefochtenen Bescheides um ein "Vergreifen im Ausdruck" handelt, das die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzen kann. Es sollte nämlich - unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmung des § 94 FPG, des Antrages und der oben wiedergegebenen Begründung der belangten Behörde - das unzweifelhaft und ausschließlich erhobene Begehren auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses abgewiesen werden.

Der Beschwerdeführerin kommt der Status einer Asylberechtigten zu, sodass ihr gemäß § 94 Abs. 1 FPG grundsätzlich auf Antrag ein Konventionsreisepass auszustellen ist. Gemäß § 94 Abs. 5 letzter Halbsatz FPG gelten der § 88 Abs. 4 sowie die §§ 89 bis 93 FPG, die sich auf Fremdenpässe beziehen, auch für Konventionsreisepässe. Gemäß § 92 Abs. 1 Z 5 FPG ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

Die Versagungsgründe des § 92 Abs. 1 iVm § 94 Abs. 5 FPG sind vor dem Hintergrund des Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Statusrichtlinie) zu lesen. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, Reiseausweise - wie im Anhang zur Genfer Flüchtlingskonvention vorgesehen - für Reisen außerhalb ihres Gebietes ausstellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen.

Gegen die oben wiedergegebene, auf dieser Grundlage angestellte Prognosebeurteilung der belangten Behörde wendet sich die Beschwerdeführerin. Sie argumentiert damit, dass ihre Straftaten relativ geringfügig gewesen seien und daher die im Sinne des § 92 Abs. 1 Z 5 FPG gezogene Schlussfolgerung nicht rechtfertigten. Dazu komme, dass sie mittlerweile alleinerziehende Mutter eines Kindes geworden sei, sodass "ein Herumziehen … nicht mehr so einfach möglich und von daher unwahrscheinlich" sei. Dies gelte auch für die Annahme, sie könnte künftig verleitet sein, ein nicht für sie ausgestelltes Reisedokument zu verwenden.

Diese Argumentation verhilft der Beschwerde zum Erfolg:

Den erwähnten Straftaten der Beschwerdeführerin kommt kein ausreichendes Gewicht zu, um die Prognose zu rechtfertigen, durch ihren Aufenthalt im Ausland würde die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet (§ 92 Abs. 1 Z 5 FPG). Die Beschwerdeführerin hat nämlich jeweils nur verhältnismäßig geringfügige Straftaten begangen, weshalb in der Folge auch nur geringfügige - jeweils bedingt nachgesehene - Strafen verhängt wurden. Auch umfasste das strafbare Verhalten im Wesentlichen Urkundendelikte im Zusammenhang mit Ein- und Ausreisevorgängen der Beschwerdeführerin. Diese verweist in der vorliegenden Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof somit zutreffend darauf, in erster Linie wegen des Gebrauchs fremder Ausweise bestraft worden zu sein, womit jedoch nach der Ausstellung eines Konventionsreisedokumentes nicht mehr zu rechnen sei.

Vor diesem Hintergrund kann das (im Übrigen nur rudimentär) festgestellte Fehlverhalten der Beschwerdeführerin die Versagung des beantragten Konventionsreisepasses nicht rechtfertigen. Von daher hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am