VwGH vom 24.01.2008, 2006/19/0187
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie den Hofrat Mag. Nedwed, die Hofrätin Dr. Pollak und die Hofräte Dr. N. Bachler und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des J, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hahngasse 25, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 228.610/0-XIV/16/02, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger aus Kaschmir, beantragte am Asyl. Er werde wegen seiner Mitgliedschaft und Mitarbeit bei der "Jammu und Kashmir Students League" verfolgt.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab und stellte die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 8 AsylG fest.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung gemäß §§ 7 und 8 Abs. 1 AsylG ab.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten erwogen:
Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Asylantrags ausschließlich damit, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei (abgesehen von dessen Angaben zu seiner Person und zu seinem Reiseweg) "absolut unglaubwürdig".
Die Beschwerde zeigt zutreffend auf, dass sich die belangte Behörde nur mit den Aussagen des Beschwerdeführers, nicht aber mit den von ihm vorgelegten Urkunden befasste. So hatte der Beschwerdeführer am eine E-Mail des Farooq Niazi vom vorgelegt, wonach der Beschwerdeführer ua. "active worker of Students League", "close associate of the Chairman of the organization Dr. Ghulam Qadir Wani" und "affiliated with the Information division of the Students League" gewesen sei. Er sei auch Fahrer des Dr. Wani gewesen. Der Beschwerdeführer sei "hard target of the state agencies, who assasinated Dr. Wani and other pro-freedom leaders". Im Rahmen des Berufungsverfahrens legte der Beschwerdeführer am eine weitere Erklärung des Farooq Niazi vor, wonach der Beschwerdeführer Mitglied der "Students League" gewesen sei. Weiters legte er am eine Erklärung des Rafi Zargar vom vor, wonach der Beschwerdeführer "active member of Jammu Kashmir students league (JKSL)" gewesen sei; sein Leben wäre bei Rückkehr in seine Heimat in Gefahr.
Die freie Beweiswürdigung der Behörde unterliegt hinsichtlich ihrer Schlüssigkeit bzw. ihrer Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und allgemeinem menschlichen Erfahrungsgut der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 265 zu § 45 AVG, genannte Rechtsprechung). Die Beweiswürdigung ist nur dann schlüssig, wenn u.a. alle zum Beweis oder zur Widerlegung strittiger Tatsachen nach der Aktenlage objektiv geeigneten Umstände berücksichtigt wurden (vgl. Walter/Thienel, aaO, E 268; hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/01/0226). Da die belangte Behörde die zuvor genannten Urkunden in ihre beweiswürdigenden Erwägungen nicht einbezogen hat, erweist sich die Begründung des Bescheides als unschlüssig.
Da nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Auseinandersetzung mit diesen Urkunden zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrenvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Sollte die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren neuerlich zu einer Verneinung einer asylrelevanten Verfolgung gelangen, wird sie in ihrer Refoulemententscheidung die vom Beschwerdeführer behauptete Erkrankung im Hinblick auf Art. 3 EMRK zu beurteilen haben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am
Fundstelle(n):
CAAAE-87640