VwGH vom 15.12.2011, 2011/10/0055
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des FP in M, vertreten durch Mag. Heinrich Luchner, Dr. Rainer Wechselberger und MMag. Johannes Wechselberger, Rechtsanwälte in 6290 Mayrhofen, Waldbadstraße 537, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. U-14.421/22, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom hat die Tiroler Landesregierung den Antrag des Beschwerdeführers auf naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung des Almweges "B Alm-Weg 1" vom gemäß §§ 11 Abs. 1 und Abs. 3 lit. b sowie 29 Abs. 2 lit. b Z. 2 und Z. 8 Tiroler Naturschutzgesetz 2005, LGBl. Nr. 26/2005 (TirNatSchG 2005), iVm § 3 Abs. 1 lit. b der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom über die Erklärung eines Teiles der Zillertaler Alpen im Gebiet der Marktgemeinde Mayrhofen und der Gemeinden Brandberg, Finkenberg und Tux zum Ruhegebiet (Ruhegebiet Zillertaler Hauptkamm), LGBl. Nr. 47/2006 (im Folgenden: Ruhegebietsverordnung), abgewiesen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe vorgebracht, der projektierte Weg solle dazu dienen, den bis dato mit Landmaschinen nicht erreichbaren Lahner zu erschließen und damit einer zeitgemäßen und funktionierenden Almbewirtschaftung zugänglich zu machen. Der Viehgang der Almtiere, die sich bislang auf Grund der grobblockigen Steine immer wieder am Fuß verletzt hätten, solle erleichtert werden. Des Weiteren biete die Wegeanlage den Almtieren eine gute Liegemöglichkeit. Die Pflege und Bewirtschaftung der Almflächen sowie die Sanierung von Schäden nach Elementarereignissen werde wesentlich vereinfacht und die Beförderung von Zaunmaterial überhaupt erst ermöglicht. Überdies sei der Abtransport geschlägerten Holzes nur über die geplante Wegeanlage möglich, weil ein Abtransport mittels Seilen auf Grund der Felsen nicht bzw. nur schwer möglich sei. In der Stellungnahme zum naturkundefachlichen Sachverständigengutachten habe der Beschwerdeführer darüber hinaus vorgebracht, dass es im öffentlichen Interesse liege, eine "optisch gepflegte" und zeitgemäße Almbewirtschaftung zu gewährleisten. Die für den Weg erforderliche Bewilligung zur dauernden Rodung einer Fläche von 828 m2 sei erteilt worden.
Festgestellt werde, dass sich die B Alpe im Ruhegebiet Zillertaler Hauptkamm befinde. Die unteren Bereiche im Westen seien bereits derzeit sehr gut von Almwegen erschlossen und wiesen eine intensive Grasnarbe auf. Den Hang ansteigend würden die Flächen zusehends extensiver. Der extensivste Bereich sei der Lahner im Süden auf dem Grundstück Nr. 1710/1 mit äußerst grobblockigem Aufbau des Bodens. Der projektgegenständliche Almweg auf den Grundstücken Nr. 1691/2 und 1710/1 solle eine Gesamtlänge von 259 m aufweisen, 3 m breit sein und den Lahner auf Grundstück Nr. 1710/1 mit einer Fläche von etwa 0,6 ha erschließen. Dieser Lahner diene bereits zumindest seit Juli 2007 als Futterfläche. Es sei geplant, über den Weg eine Teilfläche von 0,23 ha zusätzlich mit Festmist zu düngen. Der geplante Weg solle hinter den Wirtschaftsgebäuden beginnen. Dazu müsse lediglich nach etwa 20 m ein kleiner Teil der Grobblöcke entfernt werden, wobei der Weg hier mit einer größeren Steigung ausgeführt werde, um größere Baumaßnahmen im Grobblockbereich zu vermeiden. Daraufhin quere der Weg einen bereits etwas intensiver genutzten Almbereich. Die Kehre befinde sich in einem alpwirtschaftlich ungenutzten Grobblockfeld. In der Folge erschließe der beantragte Almweg den unteren Bereich des Lahners auf Grundstück Nr. 1710/1. Nach der Errichtung solle der Weg wieder begrünt werden.
Die Errichtung des Weges hätte mittelstarke bis starke Beeinträchtigungen für die Schutzgüter Landschaftsbild und Erholungswert zur Folge. Ob er auch mit einer Beeinträchtigung der Schutzgüter Naturhaushalt und Lebensraum heimischer Tier- und Pflanzenarten verbunden sei bzw. ob geschützte Pflanzen oder Tierarten betroffen seien, könne nicht festgestellt werden.
Die Verwirklichung des beantragten Almweges könne zur Erleichterung des Viehtriebs, der Viehbergung und der Waldbewirtschaftung auf Grundstück Nr. 1691/2 dienen. Auf dem zu erschließenden Grundstück Nr. 1710/1 diene der Weg als Liegefläche für Rinder auf dem relativ steilen Lahner, zur Weidepflege (Transport von Zaunmaterial, Weideräumung nach Elementarereignissen) und zur besseren Erschließung der Futterfläche. Darüber hinaus käme es zu einer besseren, nämlich maschinellen, Verteilung von Festmist und dadurch zu einer Aufwertung der Futterfläche. Die dadurch mögliche Düngung von 0,23 ha mit Festmist entspreche einem Anteil von 1,2 % der Gesamtfutterfläche bzw. 2,8 % der bisher gedüngten Fläche. Es sei "in Bezug auf die gute landwirtschaftliche Praxis" nicht notwendig, die relativ schmale und durch Elementarereignisse versteinte Lahnerfläche mit extensiver Magerweide und hoher Biodiversität aufzudüngen. Weiters würde die Errichtung des beantragten Almweges zur Hintanhaltung einer Verbuschung beitragen.
Unter dem Titel Beweiswürdigung führte die belangte Behörde dazu u.a. aus, der naturkundefachliche Amtssachverständige habe im von der Erstbehörde eingeholten Gutachten die Beeinträchtigung der Schutzgüter Landschaftsbild und Erholungswert als "nicht massiv" eingestuft. Im Berufungsverfahren habe er dazu unter Zugrundelegung einer Beurteilungsskala ausgeführt, dass die Beeinträchtigung dieser Schutzgüter im vorliegenden Fall "mittelstark bis stark", aber eben noch nicht "massiv" sei. Der gegenständliche Lahner stelle einen unberührten und noch nicht kultivierten und intensiv bewirtschafteten Almbereich dar. Das Maß der Beeinträchtigung hänge wesentlich davon ab, wie stark der Kontrast der technischen Anlage zur "Urlandschaft" zu bewerten sei. Der Kontrast einer Wegeanlage mit den damit verbundenen Böschungsanrissen zu dem naturbelassenen unberührten Lahner sei doch als deutlich zu bezeichnen. Der Landschaftsbetrachter, der von der B Alm aus in das Ruhegebiet wandere, suche als Kontrast zum stark durch den Menschen geprägten Siedlungsraum eine möglichst unbeeinträchtigte Natur- und Kulturlandschaft. Ein Ruhegebiet diene eben der Erholung des Menschen in unberührter Natur- und Kulturlandschaft, wodurch vorliegend die Beeinträchtigungen für die Schutzgüter Landschaftsbild und Erholungswert stärker, nämlich als mittelstark bis stark zu werten seien. Bei diesen Ausführungen sei der Sachverständige ohnehin davon ausgegangen, dass der Weg nach der Errichtung wieder begrünt werde.
Der agrartechnische Sachverständige habe die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Argumente für die Errichtung des Weges im Wesentlichen bestätigt. Zur Holzbringung habe er ausgeführt, dass diese bisher mit einer Traktorseilwinde möglich gewesen sei. Der Weg würde damit die Waldbewirtschaftung nicht erst ermöglichen, sondern nur erleichtern.
Da der beantragte Weg in einem Ruhegebiet liege, sei gemäß § 11 TirNatSchG 2005 iVm der Ruhegebietsverordnung jedenfalls eine Bewilligung erforderlich, sodass der allgemeine Bewilligungstatbestand des § 6 leg. cit. verdrängt werde. Da nach den Feststellungen eine Beeinträchtigung von Naturschutzinteressen gegeben sei, sei ein Bewilligungsverfahren gemäß § 29 Abs. 2 lit. b Z. 2 TirNatSchg 2005 durchzuführen. Zu den festgestellten positiven Auswirkungen des Weges sei auszuführen, dass eine Verbesserung der Agrarstruktur grundsätzlich zwar als langfristiges öffentliches Interesse zu werten sei. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei jedoch ein entscheidender Beitrag zur dauerhaften Existenzsicherung des Betriebes bzw. die Gewährleistung eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes erforderlich. Der Weg trage zwar zur Rationalisierung und Arbeitserleichterung bei, sei aber keinesfalls zur dauerhaften Existenzsicherung oder Gewährleistung eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes des Beschwerdeführers erforderlich. Da der Lahner auf dem Grundstück 1701/1 bereits seit zumindest 2007 als Futterfläche verwendet werde, könne durch den Weg keine zusätzliche Futterfläche geschaffen werden. Selbst wenn der Beschwerdeführer auf Grund der Erschließung neuer Futterflächen eine Förderung erhalten könnte, wäre der zu erwartende Betrag keineswegs geeignet, ein langfristiges öffentliches Interesse zu begründen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen haben (auszugsweise)
folgenden Wortlaut:
TirNatSchG 2005:
"§ 1 (1) Dieses Gesetz hat zum Ziel, die Natur als Lebensgrundlage des Menschen so zu erhalten und zu pflegen, dass
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a) | ihre Vielfalt, Eigenart und Schönheit, |
b) | ihr Erholungswert, |
c) | der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume und |
d) | ein möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt |
bewahrt und nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt werden. Die Erhaltung und die Pflege der Natur erstrecken sich auf alle ihre Erscheinungsformen, insbesondere auch auf die Landschaft, und zwar unabhängig davon, ob sie sich in ihrem ursprünglichen Zustand befindet (Naturlandschaft) oder durch den Menschen gestaltet wurde (Kulturlandschaft). Der ökologisch orientierten und der die Kulturlandschaft erhaltenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzung kommt dabei besondere Bedeutung zu. Die Natur darf nur so weit in Anspruch genommen werden, dass ihr Wert auch für die nachfolgenden Generationen erhalten bleibt. | |
… |
§ 6. Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen folgende Vorhaben einer Bewilligung, sofern hiefür nicht nach einer anderen Bestimmung dieses Gesetzes, einer Verordnung auf Grund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 48 Abs. 1 genannten Gesetze eine naturschutzrechtliche Bewilligung erforderlich ist:
…
d) der Neubau von Straßen und Wegen oberhalb der Seehöhe von
1.700 m oder mit einer Länge von mehr als 500 m, mit Ausnahm von Straßen, für die in einem Bebauungsplan die Straßenfluchtlinien festgelegt sind, und von Güterwegen nach § 4 Abs. 1 des Güter- und Seilwege-Landesgesetzes;
…
§ 11. (1) Die Landesregierung kann außerhalb geschlossener Ortschaften gelegene Gebiete, die für die Erholung in der freien Natur dadurch besonders geeignet sind, dass sie sich wegen des Fehlens von lärmerregenden Betrieben, von Seilbahnen für die Personenbeförderung sowie von Straßen mit öffentlichem Verkehr durch weitgehende Ruhe auszeichnen, durch Verordnung zu Ruhegebieten erklären, wenn die Erhaltung dieser Gebiete für die Erholung von besonderer Bedeutung ist oder voraussichtlich sein wird.
…
(3) In Verordnungen nach Abs. 1 sind, soweit dies zur Erhaltung des Ruhegebietes erforderlich ist, entweder für den gesamten Bereich des Ruhegebietes oder für Teile davon an eine naturschutzrechtliche Bewilligung zu binden:
…
b) Der Neubau, der Ausbau und die Verlegung von Straßen und Wegen, soweit sie nicht unter Abs. 2 lit. c fallen;
…
§ 29 …
(2) eine naturschutzrechtliche Bewilligung
…
b) Für Vorhaben, für die in Verordnungen nach den §§ 10 Abs. 1 oder 11 Abs. 1 eine Bewilligungspflicht festgesetzt ist,
…
darf nur erteilt werden,
1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtig oder
2. wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen. In Naturschutzgebieten darf außerdem ein erheblicher, unwiederbringlicher Verlust der betreffenden Schutzgüter nicht zu erwarten sein.
…
(8) Eine Bewilligung ist zu versagen, wenn eine Voraussetzung für ihre Erteilung nicht vorliegt.
…"
Verordnung der Landesregierung vom über die Erklärung eines Teiles der Zillertaler Alpen im Gebiet der Marktgemeinde Mayrhofen und der Gemeinden Brandberg, Finkenberg und Tux zum Ruhegebiet (Ruhegebiet Zillertaler Hauptkamm), LGBl. Nr. 47/2006 (Ruhegebietsverordnung):
"§ 1 (1) Das in der Anlage dargestellte, rot umrandete Gebiet in der Marktgemeinde Mayrhofen und in den Gemeinden Brandberg, Finkenberg und Tux wird zum Ruhegebiet erklärt (Ruhegebiet Zillertaler Hauptkamm).
…
§ 3 (1) Im Ruhegebiet bedürfen folgende Vorhaben einer
naturschutzrechtlichen Bewilligung, sofern im Abs. 2 nichts
anderes bestimmt ist:
…
b) der Neubau, der Ausbau und die Verlegung von Straßen, die nicht dem öffentlichen Verkehr dienen, und von Wegen,
…"
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, dass auch für Straßen im Ruhegebiet nur unter den Voraussetzungen des § 6 lit. d TirNatSchG 2005 eine Bewilligung erforderlich sei.
Dazu genügt es auf den klaren Wortlaut von § 6 leg. cit. zu verweisen, wonach für Vorhaben eine Bewilligung nach dieser Bestimmung nur erforderlich ist, "sofern hiefür nicht nach … einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes … eine naturschutzrechtliche Bewilligung erforderlich ist". Da für den Neubau, den Ausbau oder die Verlegung von Straßen im gegenständlichen Ruhegebiet gemäß § 3 Abs. 1 lit. b der auf Grund von § 11 Abs. 1 TirNatSchG 2005 ergangenen Ruhegebietsverordnung eine Bewilligung erforderlich ist, kommt eine Bewilligung nach § 6 nicht in Betracht, weshalb auch die dort genannten Kriterien nicht maßgeblich sind.
Die belangte Behörde versagte die naturschutzbehördliche Bewilligung mit der wesentlichen Begründung, dass der beantragte Weg zu einer Beeinträchtigung der Schutzgüter Landschaftsbild und Erholungswert führe und keine - in der Agrarstrukturverbesserung gelegenen - überwiegenden langfristigen öffentlichen Interessen an der Errichtung bestünden.
Der Beschwerdeführer bringt dazu u.a. vor, die belangte Behörde habe nicht ausreichend begründet, warum der Weg auch nach seiner projektgemäßen Begrünung landschaftlich "in Erscheinung treten" werde. Überdies habe sie sich mit den langfristigen öffentlichen Interessen an einer zeitgemäßen und nachhaltigen Almbewirtschaftung nicht auseinandergesetzt.
Bereits dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg:
Im Verfahren über eine Bewilligung gemäß § 29 Abs. 2 TirNatSchG 2005 ist in einem ersten Schritt zu prüfen, welches Gewicht der Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 leg. cit. - Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur, Erholungswert, Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume, möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt - durch das Vorhaben zukommt. Dem sind die langfristigen öffentlichen Interessen, denen die Verwirklichung des Vorhabens dienen soll, gegenüber zu stellen. Den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung entspricht ein auf Grund dieser Interessenabwägung ergangener Bescheid nur dann, wenn er in qualitativer und quantitativer Hinsicht nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen enthält, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen im Sinn des § 1 Abs. 1 TirNatSchG 2005 abhängen, über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist, und über jene Tatsachen, die das langfristige öffentliche Interesse ausmachen, dessen Verwirklichung die beantragte Maßnahme dienen soll (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 99/10/0222, und vom , Zl. 2008/10/0062). Was die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes anlangt, erlaubt erst eine auf hinreichenden Ermittlungsergebnissen - insbesondere auf sachverständiger Basis - beruhende großräumige und umfassende Beschreibung der verschiedenen Erscheinungen der Landschaft, aus der Vielzahl jene Elemente herauszufinden, die der Landschaft ihr Gepräge geben und daher von einer Beeinträchtigung bewahrt werden müssen. Für die Lösung der Frage, ob das solcherart ermittelte Bild der Landschaft durch das beantragte Vorhaben nachteilig beeinflusst wird, ist dann entscheidend, wie sich dieses Vorhaben in das vorgefundene Bild einfügt (vgl. auch dazu die oben zitierte hg. Judikatur).
Der - auch von der belangten Behörde herangezogene - naturkundefachliche Amtssachverständige hat in seinem im erstinstanzlichen Verfahren erstatteten Gutachten u.a. ausgeführt, dass die gegenständliche Weganlage wieder vollständig begrünt werden solle. Die in dieser Hochlage bestehenden Wege seien bereits gut eingewachsen und würden landschaftlich nicht mehr stark in Erscheinung treten. Für den Stichweg, der den bisher extensiv genutzten Lahner im Süden erschließe, werde ein sehr aufwendiger Wegebau erforderlich sein. Die Grobblöcke würden andererseits insbesondere den Kehrenbereich optisch sehr gut abdecken. Der im freien Alpgelände befindliche Bereich werde gut begrünbar sein. Insofern seien die Beeinträchtigungen für die Schutzgüter Landschaftsbild und Erholungswert nicht als massiv zu bezeichnen. Andererseits werde sich auf Grund der (durch den Weg ermöglichten) Düngung eine "massive" Veränderung des Pflanzenbewuchses einstellen und eine durch Nährstoffe geprägte Flora entstehen. Insofern seien die Beeinträchtigungen für die Schutzgüter Naturhaushalt und Lebensraum als "stark" zu qualifizieren. Die belangte Behörde beauftragte den Sachverständigen, sein Gutachten zu ergänzen und nur die direkten Auswirkungen des Wegebaus (und nicht etwa die Auswirkungen einer durch den Weg ermöglichten intensiveren Düngung) zu beurteilen. Im ergänzenden Gutachten führte der Sachverständige aus, dass auf der extensiv genutzten Fläche des Lahners geschützte Arten wie Arnika oder verschiedene Enzianarten "erfahrungsgemäß … unterstellt" werden dürften. Da die Weganlage selbst jedoch nur einen sehr geringen Flächenanteil des Lahners berühre, seien nur geringe Beeinträchtigungen der Schutzgüter Naturhaushalt und Lebensraum zu erwarten. (Eine derartige Beeinträchtigung stellte die belangte Behörde nicht fest, weil der Beschwerdeführer das Vorhandensein der vom Sachverständigen vermuteten Arten bestritt.) Weiters führte der Sachverständige in diesem Ergänzungsgutachten - wie in der oben wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides festgehalten - aus, dass der Kontrast der Böschungskanten des - begrünten - Weges zur Unberührtheit des Lahners doch deutlich sei und daher im gegenständlichen Ruhegebiet, das der Erholung in unberührter Natur- und Kulturlandschaft diene, eine starke Beeinträchtigung der Schutzgüter Landschaftsbild und Erholungswert bewirkt werde.
Um - nach der oben wiedergegebenen hg. Judikatur erforderliche - Darlegungen, denen nachvollziehbar entnommen werden könnte, inwiefern die das Bild der Landschaft großräumig prägenden Elemente durch die Errichtung des Weges optisch verändert würden, handelt es sich dabei nicht. Insofern ist der angefochtene Bescheid somit mangelhaft.
Mit diesem Verfahrensmangel ist der angefochtene Bescheid auch insofern belastet, als die belangten Behörde eine Beeinträchtigung des Erholungswertes durch die projektierte Weganlage angenommen hat, hat sie diese Beeinträchtigung doch ausschließlich mit der Veränderung des Landschaftsbildes (der unberührten Natur- und Kulturlandschaft) begründet.
Hinzugefügt sei, dass der Beschwerdeführer mit seinem weiteren Vorbringen, derselbe Amtssachverständige sei im Verfahren erster und zweiter Instanz herangezogen worden, keinen Verfahrensmangel aufzuzeigen vermag (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0137).
Auf Grund der oben aufgezeigten Verfahrensmängel war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
RAAAE-87635