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VwGH 27.03.2012, 2011/10/0054

VwGH 27.03.2012, 2011/10/0054

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
NatSchG Tir 2005 §45 Abs1 lita;
RS 1
Der Ausdruck "Wer (…) ein (…) bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne naturschutzrechtliche Bewilligung ausführt" in § 45 Abs. 1 lit. a Tir NatSchG 2005 umfasst nicht nur die unmittelbare Arbeitsausführung, sondern auch alle jene Akte, die erforderlich sind, um das Vorhaben zu realisieren, insbesondere die Erteilung des Auftrages hiezu (vgl. E , 2005/10/0092).
Normen
NatSchG Tir 2005 §45 Abs1 lita;
VStG §5 Abs1;
RS 2
Bei Ungehorsamsdelikten - um ein solches handelt es sich bei der Verwaltungsübertretung nach § 45 Abs. 1 lit. a Tir NatSchG 2005 - verlangt die in § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG verankerte widerlegliche Schuldvermutung zu Lasten des Täters, dass dieser von sich aus sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen hat (vgl. E , 2010/08/0172).
Norm
NatSchG Tir 2005 §3 Abs2;
RS 3
Eine zusammenhängende Bebauung nach der Bestimmung des § 3 Abs. 2 Tir NatSchG 2005 durch Wohn- oder Wirtschaftsgebäude ist nur insoweit anzunehmen, als ein Abstand von höchstens 50 Metern zwischen zwei Gebäuden nicht überschritten wird. Bei einem Abstand von mehr als 50 Metern zwischen zwei Gebäuden liegt eine Unterbrechung des Bebauungszusammenhanges vor. Ein von anderen Gebäuden mehr als 50 Meter entferntes Gebäude liegt demnach außerhalb der durch diese Gebäude konstituierten und begrenzten "geschlossenen Ortschaft". Auch das Gebiet zwischen diesen Gebäuden und einem davon mehr als 50 Meter entfernten Gebäude zählt nicht zur "geschlossenen Ortschaft" (vgl. E , 2007/10/0186; E , 2006/10/0095). Gleiches muss auch für zwei Ansammlungen von Gebäuden gelten, die jeweils eine geschlossene Ortschaft konstituieren und begrenzen und zwischen denen ein Abstand von mehr als 50 Metern liegt.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der Dipl. Ing. G G in W, vertreten durch Proksch & Fritzsche Frank Fletzberger Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Nibelungengasse 11/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-2010/16/0878-4, betreffend Übertretung des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe es zu verantworten, dass zwischen und im Zuge von Bauarbeiten an der Kraftwerksanlage in A, im Bereich des Grundstückes 745/1, GB XXXXX A, wo die Drau bei starker Wasserführung über den sogenannten Hochwasserüberlauf durch einen rechtsufrigen Nebenarm abfließe, ein ca. 80 lfm langer Graben ausgebaggert und im angrenzenden Auwald auf dem Waldgrundstück 745/1, GB XXXXX A, sohin außerhalb geschlossener Ortschaften, beidufrig dieses Aushubmaterial abgelagert worden sei, obwohl 1.) außerhalb geschlossener Ortschaften im Bereich von fließenden natürlichen Gewässern das Ausbaggern einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedürfe und hiefür keine naturschutzrechtliche Bewilligung vorgelegen sei, 2.) außerhalb geschlossener Ortschaften im Bereich der Uferböschung von fließenden natürlichen Gewässern und eines fünf Meter breiten, von der Uferböschungskrone landeinwärts zu messenden Geländestreifens, Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen außerhalb eingefriedeter bebauter Grundstücke einer naturschutzrechtlichen Bewilligungen bedürften und hiefür keine naturschutzrechtliche Bewilligung vorgelegen sei, und 3.) in Auwäldern außerhalb geschlossener Ortschaften Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen sowie jede sonstige Veränderung der Bodenoberfläche einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedürften und hiefür keine naturschutzrechtliche Bewilligung vorgelegen sei. Die Beschwerdeführerin habe hiedurch die Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 45 Abs. 1 lit. a iVm § 7 Abs. 1 lit. a Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (in der Folge: TNSchG), 2.) § 45 Abs. 1 lit. a iVm § 7 Abs. 2 lit. a Z. 2 TNSchG und 3.) § 45 Abs. 1 lit. a iVm § 8 lit. b TNSchG begangen und werde dafür jeweils eine Geldstrafe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 12 Stunden) verhängt; weiters werde die Beschwerdeführerin zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens in der Höhe von 10% der Strafe, somit EUR 300,--, verpflichtet.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung an die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung hinsichtlich der Spruchpunkte 1.) und 2.) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses Folge, behob diese und stellte das Verfahren in diesem Umfang gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG ein. Hinsichtlich Spruchpunkt 3.) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und verpflichtete die Beschwerdeführerin zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20% der verhängten Strafe, somit EUR 200,--.

Begründend führte die belangte Behörde zur teilweisen Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses aus, die Spruchpunkte 1.) und 2.) würden durch den Unwert des in Spruchpunkt 3.) vorgeworfenen Deliktes konsumiert.

Darüber hinaus verwies die belangte Behörde auf den von der Erstbehörde festgestellten Sachverhalt. Fest stehe insbesondere, dass für die im gegenständlichen Auwald durchgeführten Aushubarbeiten/Ausbaggerungen bzw. Geländeabtragungen keine naturschutzrechtliche Bewilligung vorgelegen sei und das gegenständliche Grundstück außerhalb der geschlossenen Ortschaft liege.

Die Feststellung, dass es sich gegenständlich um Auwald handle, basiere auf der nachvollziehbaren und schlüssigen Aussage des Amtssachverständigen, der dies anhand der im Akt befindlichen Fotos veranschaulicht habe.

Das verfahrensgegenständliche Grundstück sei U-förmig von Norden über Osten nach Süden mit mehr als fünf Wohn- und Betriebsgebäuden umgeben, die zur Katastralgemeinde A, Gemeinde S, gehörten. Diese befänden sich alle in einem Abstand von mindestens 50 Metern bzw. den Messungen des Amtssachverständigen folgend sogar 80 Meter entfernt. Der Zusammenhang zur Ortschaft sei demnach nicht mehr gegeben, das Grundstück liege daher außerhalb der geschlossenen Ortschaft. Daran ändere auch nichts, dass jene Grundstücke, auf welchen sich die in einem Abstand von 50 bis 80 Metern errichteten Wohn- und Betriebsgebäude befänden, nicht unmittelbar an das verfahrensgegenständliche Grundstück grenzten, setze § 3 Abs. 2 TNSchG doch ein unmittelbares Angrenzen nicht voraus.

Zur subjektiven Tatseite sei auszuführen, dass im Fall eines "Ungehorsamsdeliktes" wie der gegenständlichen Verwaltungsübertretung insofern eine Verlagerung der Behauptungslast eintrete, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen habe, während es Sache des Täters sei, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Fahrlässigkeit liege auch dann vor, wenn die Partei, falls sie der Erfüllung einer ihr auferlegten Pflicht nicht persönlich nachkomme, sondern sie einem anderen auftrage, sich nicht davon überzeuge, ob ihr Auftrag im Sinne des Gesetzes befolgt worden sei. Das Vorbringen, es sei eine taugliche Person beauftragt worden, reiche für sich allein nicht hin, dass der Beschuldigte von der ihn im Verwaltungsstrafverfahren treffenden Verantwortung entlastet wäre. Hierzu bedürfe es weiterer Glaubhaftmachung, dass auch für eine geeignete Kontrolle der beauftragten Person Vorsorge getroffen worden sei. Bei der Beschwerdeführerin handle es sich um die Betreiberin einer Kraftwerksanlage und sie habe sich daher über die sie betreffenden naturschutzrechtlichen Bestimmungen zu informieren. Ihr Vorbringen, wonach sie von den Ausbaggerungen nichts gewusst habe, gehe ins Leere, da sie jedenfalls - auch wenn sie sich einer Baufirma für die Ausführung der Arbeiten bedient habe - verpflichtet gewesen sei, diese zu kontrollieren und dafür Sorge zu tragen, dass die Arbeiten im Sinne der naturschutzrechtlichen Gesetze ausgeführt werden. Es sei auch keineswegs außerhalb der Vorstellungskraft der Beschwerdeführerin gelegen, dass für die Reparaturarbeiten Ausbaggerungen notwendig gewesen seien.

Gegen die Bestätigung von Spruchpunkt 3.) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses durch die belangte Behörde sowie gegen deren Kostenentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, verzichtete aber auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, die Beschwerdeführerin habe es zu verantworten, dass im Rahmen der von ihr veranlassten Sanierung einer Hochwasserschwelle an der Drau auf jenem Grundstück außerhalb einer geschlossenen Ortschaft, durch welches das Wasser bei Hochwasserführung der Drau abfließe, Ausbaggerungen in Form eines 80 Meter langen Grabens und Ablagerungen des Aushubmaterials in einem Auwald durchgeführt worden seien. Dadurch sei ein bewilligungspflichtiges Vorhaben, nämlich Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen außerhalb eingefriedeter bebauter Grundstücke in Auwäldern außerhalb geschlossener Ortschaften, ohne Vorliegen einer naturschutzrechtlichen Bewilligung ausgeführt worden.

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des TNSchG 2005, LGBl. Nr. 26/2005, in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 57/2007, lauten (samt Überschriften):

"§ 2

Ausnahmen vom Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt nicht für:

a)

b)

sicherheitsbehördliche Maßnahmen der ersten allgemeinen Hilfeleistung und sonstige Maßnahmen zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen und zur Abwehr oder Bekämpfung von Katastrophen (§ 2 Abs. 2 bis 6 des Tiroler Katastrophenmanagementgesetzes, LGBl. Nr. 33/2006), sowie für notwendige Maßnahmen im Zusammenhang mit Aufräumungsarbeiten nach Katastrophen;

c) …

§ 3

Begriffsbestimmungen

(1) …

(2) Geschlossene Ortschaft ist ein Gebiet, das mit mindestens fünf Wohn- oder Betriebsgebäuden zusammenhängend bebaut ist, wobei der Zusammenhang bei einem Abstand von höchstens 50 Metern zwischen zwei Gebäuden noch nicht als unterbrochen gilt. Zur geschlossenen Ortschaft gehören auch Parkanlagen, Sportanlagen und vergleichbare andere weitgehend unbebaute Grundstücke, die überwiegend von einem solchen Gebiet umgeben sind. Land- und forstwirtschaftliche Gebäude, die nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften im Freiland errichtet werden dürfen, gelten nicht als Betriebsgebäude.

(6) Auwald ist eine Grundfläche entlang einem fließenden natürlichen Gewässer, die mit Holzgewächsen bestockt ist, die von der Unregelmäßigkeit der Wasserführung abhängen, und die so weit reicht, wie Überschwemmungen erfolgen oder erfolgt sind. Dazu gehören insbesondere auch Grauerlen-, Eschen-Hartholz-, Eichen-, Ulmen-Hartholz-, Weiden-Weichholzauen und Augebüsche sowie Kiefern-Trockenauwälder.

(7) …

§ 8

Schutz von Auwäldern

In Auwäldern außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen folgende Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:

a)

b)

Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen außerhalb eingefriedeter bebauter Grundstücke;

c) …

§ 45

Strafbestimmungen

(1) Wer

a) ein nach den §§ 6, 7 Abs. 1 und 2, 8, 9, 14 Abs. 4, 27 Abs. 3 und 28 Abs. 3 bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne naturschutzrechtliche Bewilligung ausführt;

begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 30.000,- Euro zu bestrafen.

…"

3. Die Beschwerde bringt vor, die Beschwerdeführerin sei Eigentümerin eines näher bezeichneten Laufkraftwerks an der Drau. Etwa 200 Meter flussaufwärts vom Krafthaus befinde sich am orografisch rechten Ufer eine sogenannte Hochwasserschwelle bzw. ein Hochwasserüberlauf. Es handle sich dabei um eine niedrige Mauer, über welche bei starker Wasserführung der Drau das überflüssige Wasser, welches das Flussbett stromabwärts nicht aufnehmen könne, in ein rechts abzweigendes Entlastungsgerinne abfließe. Diese Hochwasserschwelle sei vor allem durch ein mit Vermurungen verbundenes Hochwasser am erheblich beschädigt worden, sodass eine Sanierung erforderlich gewesen sei, um ihre Funktionstüchtigkeit weiterhin zu gewährleisten. Mit den Arbeiten habe die Beschwerdeführerin ein konzessioniertes Unternehmen beauftragt, welches diese im Oktober 2009 durchgeführt habe. Im Zuge dieser Arbeiten habe das beauftragte Unternehmen im Entlastungsgerinne Ausbaggerungen, Geländeabtragungen und Aufschüttungen sowie Veränderungen der Bodenoberfläche durchgeführt.

Die Beschwerdeführerin komme als unmittelbare Täterin der ihr vorgeworfenen Übertretung nicht in Betracht, weil sie die inkriminierte Tathandlung nicht selbst gesetzt habe. Sie habe keinen Auftrag zu Ausbaggerungen, Geländeabtragungen und Aufschüttungen sowie Veränderungen der Bodenoberfläche, sondern lediglich zur Sanierung der Hochwasserschwelle erteilt. Sie habe nicht gewusst, dass solche Geländeabtragungen und Ausbaggerungen durchgeführt werden, und wisse bis heute nicht, ob diese Arbeiten in dieser Form tatsächlich notwendig gewesen seien oder die Sanierung auch auf andere Weise hätte bewerkstelligt werden können. Unmittelbarer Täter sei daher zweifelsohne der Baggerfahrer, der die Ausbaggerungen vorgenommen habe. Die Beschwerdeführerin möge eine Verpflichtung nach den wasserrechtlichen Vorschriften treffen, die Hochwasserschwelle in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten, jedoch treffe sie selbst keine Verpflichtung zur Einholung von naturschutzrechtlichen Bewilligungen für Ausbaggerungen, wenn sie diese selbst nicht durchführe oder beauftrage. Es verblieben daher gemäß § 7 VStG nur die möglichen Begehungsformen Anstiftung oder Beihilfe, wobei in diesen Fällen Fahrlässigkeit nicht genüge, es der Beschwerdeführerin aber am Vorsatz fehle. Auch die erstinstanzliche Behörde habe festgehalten, dass ihr lediglich Fahrlässigkeit anzulasten sei.

Aufgrund der Beschädigungen durch die Naturereignisse vom sei die Beschwerdeführerin gemäß § 50 WRG verpflichtet gewesen, die Sanierung des Hochwasserüberlaufes durchzuführen, um den konsensmäßigen Zustand wieder herzustellen. Da die inkriminierten Ausbaggerungen und Geländeveränderungen für die Sanierungsarbeiten erforderlich gewesen seien, sei sie auch zur Durchführung dieser Arbeiten gesetzlich verpflichtet gewesen. Da die inkriminierte Handlung somit ausdrücklich geboten gewesen sei, sei sie gemäß § 6 VStG nicht strafbar.

Weiters habe die belangte Behörde keine Feststellungen zum Vorbringen der Beschwerdeführerin getroffen, wonach die Sanierungsarbeiten an der Hochwasserschwelle auf ein Elementarereignis, nämlich die Vermurung und das Unwetter vom zurückzuführen gewesen seien. Dazu habe die Beschwerdeführerin die Befragung näher genannter Zeugen beantragt. Die erstinstanzliche Behörde habe dazu lediglich festgehalten, dass "am ha eine Vermurung nicht aktenkundig" sei. Die belangte Behörde habe es daher unterlassen zu prüfen, ob eine "Katastrophe" im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b TNSchG vorgelegen sei. Nach dieser Bestimmung gelte das TNSchG nicht für notwendige Maßnahmen im Zusammenhang mit Aufräumarbeiten nach Katastrophen.

Schließlich sei das Tatbestandsmerkmal "außerhalb geschlossener Ortschaften" nicht erfüllt. Zwar würden zwischen den Gebäuden auf der linken Seite der Drau und jenen auf der rechten Seite, zwischen welchen die gegenständlichen Arbeiten stattgefunden hätten, mehr als 50 m (nämlich rund 80 m) liegen, dadurch sei der Zusammenhang der geschlossenen Ortschaft jedoch nicht jedenfalls unterbrochen, was durch den zweiten Satz der Definition verdeutlicht werde, wonach Parkanlagen, Sportanlagen und vergleichbare andere weitgehend unbebaute Grundstücke, die überwiegend von geschlossenen Ortschaften umgeben sind, Teil der geschlossenen Ortschaften seien. Ausbaggerungen in einem Fluss, der links und rechts von Straßen und Häusern gesäumt sei, die mehr als 50 Meter voneinander entfernt seien, erfolgten nicht "außerhalb geschlossener Ortschaften". Zudem habe die belangte Behörde insofern, indem sie nur Einsicht in Ausdrucke aus dem "TIRIS" genommen habe, nur unzureichende Feststellungen getroffen. Vielmehr hätte sie die tatsächlichen Abstände zu den umliegenden Gebäuden exakt messen müssen, wozu die Beschwerdeführerin einen Lokalaugenschein beantragt habe. In diesem Fall wäre die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der Bereich, in welchem die Tathandlung stattgefunden haben solle, nicht exakt eingrenzen lasse, und dass er sich jedenfalls innerhalb der Grenze von 50 m zu den nächsten Gebäuden befinde.

4. Dem Beschwerdevorbringen ist Folgendes zu erwidern:

4.1. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass die Beschwerdeführerin die Sanierung der Hochwasserschwelle, in deren Rahmen die der Bestrafung zugrunde liegenden Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen vorgenommen wurden, in Auftrag gegeben hat. Davon ausgehend wird mit dem Vorbringen, sie sei nicht unmittelbare Täterin der ihr vorgeworfenen Verwaltungsübertretung (und für eine Bestrafung als Bestimmungs- oder Beitragstäterin fehle es am erforderlichen Vorsatz), eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aber nicht aufgezeigt.

Der Ausdruck "Wer (…) ein (…) bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne naturschutzrechtliche Bewilligung ausführt" in § 45 Abs. 1 lit. a TNSchG umfasst nämlich nicht nur die unmittelbare Arbeitsausführung, sondern auch alle jene Akte, die erforderlich sind, um das Vorhaben zu realisieren, insbesondere die Erteilung des Auftrages hiezu (vgl. das zur insofern gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 43 Tiroler Naturschutzgesetz 1997 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/10/0092, mit weiteren Hinweisen auf die Vorjudikatur).

Damit ging die belangte Behörde aber zutreffend von der unmittelbaren Täterschaft der Beschwerdeführerin und der Strafbarkeit fahrlässigen Verhaltens gemäß § 5 Abs. 1 VStG aus. Bei Ungehorsamsdelikten - um ein solches handelt es sich bei der Verwaltungsübertretung nach § 45 Abs. 1 lit. a TNSchG - verlangt die in § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG verankerte widerlegliche Schuldvermutung zu Lasten des Täters, dass dieser von sich aus sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0172, mwN). Dass sie die sie im Rahmen der Veranlassung der durchzuführenden Arbeiten treffenden Sorgfaltspflichten (hier: im Hinblick auf die Einhaltung naturschutzrechtlicher Vorschriften) gewahrt hätte, legt die Beschwerdeführerin allerdings nicht dar (vgl. Wessely in N. Raschauer/Wessely (Hg.), VStG, § 5 Rz 11 sowie die dort zitierte hg. Judikatur).

4.2. Gemäß § 6 VStG ist eine Tat unter anderem dann nicht strafbar, wenn sie, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist. Die Beschwerdeführerin bringt dazu vor, sie sei gemäß § 50 WRG zur Sanierung der Hochwasserschwelle und damit auch zur Durchführung der für die Sanierungsarbeiten erforderlichen Ausbaggerungen und Geländeveränderungen gesetzlich verpflichtet gewesen.

Damit behauptet die Beschwerde, die hier lediglich unbestimmt von "Ausbaggerungen und Geländeveränderungen" spricht, gar nicht konkret, dass die - nach Lage der Akten wasserrechtlich gebotene - Sanierung der Hochwasserschwelle die den Gegenstand der Bestrafung bildenden Handlungen, nämlich die Aushebung eines 80 lfm langen Grabens und (sogar) die Ablagerung des dabei angefallenen Aushubs im Auwald, erforderlich gemacht hätte. Vielmehr führt sie an anderer Stelle aus, die Beschwerdeführerin habe nicht gewusst, dass die ihr vorgeworfenen "Geländeabtragungen und Ausbaggerungen" durchgeführt würden, und sie wisse bis heute nicht, ob diese Arbeiten tatsächlich notwendig gewesen wären. Auch mit dem oben dargestellten Vorbringen gelingt es der Beschwerde somit nicht, glaubhaft zu machen, dass die Beschwerdeführerin kein Verschulden an der Übertretung treffe.

4.3. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Beschwerdevorbringen einzugehen, wonach die belangte Behörde notwendige Feststellungen zu einem "Naturereignis" (einem mit Vermurungen verbundenen Hochwasser) vom und damit zum Vorliegen einer Katastrophe im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b TNSchG - diese Bestimmung nimmt notwendige Maßnahmen im Zusammenhang mit Aufräumungsarbeiten nach Katastrophen vom Geltungsbereich dieses Gesetzes aus - unterlassen habe.

Auch hierzu fehlte es nämlich nach dem Gesagten - selbst für den Fall, dass die (nach dem Beschwerdevorbringen allerdings nur: "vor allem") durch hochwasserbedingte Schäden notwendig gewordene Sanierung der Hochwasserschwelle noch unter den Begriff der Aufräumungsarbeiten nach Katastrophen gemäß § 2 Abs. 1 lit. b TNSchG zu subsumieren wäre - an Darlegungen, inwiefern die gegenständlichen Ausbaggerungen zur Durchführung dieser Sanierung "notwendig" gewesen seien. Die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels wurde somit nicht aufgezeigt.

4.4. Das Beschwerdevorbringen zum Tatbestandsmerkmal "außerhalb geschlossener Ortschaften" lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass die zwischen den Gebäuden am linken und rechten Ufer der Drau befindlichen Flächen - das sind dem im Verwaltungsakt befindlichen Lageplan zufolge im Wesentlichen die Drau, eine der Drau entlang führende Straße sowie das verfahrensgegenständliche Waldgrundstück - von der geschlossenen Ortschaft umfasst seien, obwohl der Abstand zwischen den Gebäuden - von der Beschwerde zugestanden - größer als 50 Meter sei.

Auch mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde nicht im Recht.

Eine zusammenhängende Bebauung nach der Bestimmung des § 3 Abs. 2 TNSchG durch Wohn- oder Wirtschaftsgebäude ist nur insoweit anzunehmen, als ein Abstand von höchstens 50 Metern zwischen zwei Gebäuden nicht überschritten wird. Bei einem Abstand von mehr als 50 Metern zwischen zwei Gebäuden liegt eine Unterbrechung des Bebauungszusammenhanges vor. Ein von anderen Gebäuden mehr als 50 Meter entferntes Gebäude liegt demnach außerhalb der durch diese Gebäude konstituierten und begrenzten "geschlossenen Ortschaft". Auch das Gebiet zwischen diesen Gebäuden und einem davon mehr als 50 Meter entfernten Gebäude zählt nicht zur "geschlossenen Ortschaft" (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/10/0186, und vom , Zl. 2006/10/0095, mwN). Gleiches muss auch für zwei Ansammlungen von Gebäuden gelten, die jeweils eine geschlossene Ortschaft konstituieren und begrenzen und zwischen denen ein Abstand von mehr als 50 Metern liegt.

Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern es sich bei dem gegenständlichen Waldgrundstück, das zwischen mehr als 50 Meter voneinander entfernten Gebäuden liegt, um eine solche Fläche handelt, die gemäß § 3 Abs. 2 zweiter Satz TNSchG - diese Bestimmung nennt Parkanlagen, Sportanlagen oder mit solchen vergleichbare andere weitgehend unbebaute Grundstücke - zur geschlossenen Ortschaft gehört (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/10/0186).

Darauf, dass bestimmte Gebäude von der Stelle, auf welcher die gegenständlichen Erdarbeiten durchgeführt wurden, weniger als 50 Meter entfernt sind, kann es somit nicht ankommen, liegt doch nach dem Gesagten das gesamte Grundstück außerhalb geschlossener Ortschaften. Davon ausgehend geht jedoch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde wäre bei exakten Messungen der Abstände zu den umliegenden Gebäuden im Rahmen eines Lokalaugenscheins und einer näheren Eingrenzung des Bereiches, in dem die Tathandlung stattgefunden habe, zu dem Ergebnis gekommen, dass dieser sich jedenfalls innerhalb der Grenze von 50 Metern zu den nächsten Gebäuden befinde, ins Leere (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/10/0168).

5. Gegen die Strafbemessung bringt die Beschwerdeführerin nichts vor. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag diese nicht als rechtswidrig zu erkennen, weshalb die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

6. Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0011, mwH) .

7. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

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Normen
NatSchG Tir 2005 §3 Abs2;
NatSchG Tir 2005 §45 Abs1 lita;
VStG §5 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2012:2011100054.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAE-87630