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VwGH vom 29.02.2012, 2011/10/0045

VwGH vom 29.02.2012, 2011/10/0045

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der SN in Salzburg, vertreten durch Dr. Georg Zimmer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Fürbergstraße 27, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 20301-SHB-106/2-2010, betreffend Mindestsicherung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom hat die Salzburger Landesregierung den Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Hilfe für den Lebensunterhalt und den Wohnbedarf für Dezember 2010 gemäß §§ 2, 5, 10 und 21 des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 63/2010 (Sbg. MSG), abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin seit in einem bestimmt bezeichneten Arbeitstrainingszentrum im Rahmen einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme des Arbeitsmarktservice (AMS) beschäftigt sei. Dieses Arbeitstrainingszentrum sei eine Einrichtung zur langfristigen beruflichen Reintegration von psychisch und/oder sozial beeinträchtigten Menschen auf dem freien Arbeitsmarkt durch Verbesserung der Grundarbeitsfähigkeit. Während des einjährigen Trainings würden die Teilnehmer auf den freien Arbeitsmarkt vorbereitet. Im Rahmen dieser beruflichen Rehabilitationsmaßnahme erhalte die Beschwerdeführerin vom AMS eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts von EUR 25,10 täglich.

Eine derartige Beschäftigung könne nicht als Erwerbstätigkeit im Sinn von § 6 Abs. 4 Sbg. MSG angesehen werde, weshalb bei der Berechnung der Mindestsicherungsleistung der Freibetrag nach dieser Bestimmung nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden könne. Ohne Berücksichtigung dieses Freibetrags verfüge die Beschwerdeführerin über ein Monatseinkommen von EUR 794,44 (Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes und Zuschuss der Pensionsversicherungsanstalt). Dem stehe der Mindeststandard für Alleinstehende gemäß § 10 Abs. 1 Sbg. MSG in der Höhe von EUR 744,01 gegenüber. Die Beschwerdeführerin habe daher keinen Anspruch auf Mindestsicherung.

Der Verfassungsgerichtshof hat die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom , B 159/11, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 63/2010 (Sbg. MSG), haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"§ 1

(1) Ziel dieses Gesetzes ist die Vermeidung und Bekämpfung von Armut und sozialer Ausschließung von Menschen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen, unter Förderung einer dauerhaften (Wieder )Eingliederung dieser Personen in das Erwerbsleben.

§ 6

(1) Bei der Bemessung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist das Einkommen der Hilfesuchenden nach Maßgabe der folgenden Absätze zu berücksichtigen. Zum Einkommen zählen alle Einkünfte sowie eine allfällig gewährte (erweiterte) Wohnbeihilfe gemäß den Salzburger Wohnbauförderungsgesetzen.

(4) Hilfesuchenden, die ein Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit erzielen, ist für die damit verbundenen Aufwendungen ein Freibetrag einzuräumen. Dieser beträgt je nach Ausmaß der Beschäftigung in Prozent des Mindeststandards für Alleinstehende oder Alleinerziehende (§ 10 Abs 1 Z 1):


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1.
bei einer Beschäftigung bis zu 20 Wochenstunden 9 %;
2.
bei einer Beschäftigung über 20 Wochenstunden 18 %.
§ 10

(1) Der monatliche Mindeststandard für die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs beträgt:

1. für Alleinstehende oder Alleinerziehende 744,01 EUR;

…"

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, über ein Monatseinkommen von EUR 794,44 - das den anzuwendenden Mindeststandardsatz für Alleinstehende gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 Sbg. MSG von EUR 744,01 übersteigt - zu verfügen. Sie wendet sich ausschließlich gegen die Nichtberücksichtigung des Freibetrages gemäß § 6 Abs. 4 Z. 2 Sbg. MSG in der Höhe von 18 % des Mindeststandardsatzes (sohin EUR 133,92) und führt dazu aus, sie sei im Rahmen einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme des AMS in einem Arbeitstrainingszentrum beschäftigt. Dabei handle es sich nicht um einen Kurs oder eine Schulung, sondern um eine Arbeit in der Produktion im Ausmaß von 40 Wochenstunden. Dafür erhalte sie im Rahmen dieser Rehabilitationsmaßnahme eine Förderung in Form einer Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts. Diese Beihilfe sei daher als Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit im Sinn von § 6 Abs. 4 Sbg. MSG anzusehen, weshalb der Freibetrag nach dieser Bestimmung zu berücksichtigen sei, zumal dieser Freibetrag den Zweck habe, einen Anreiz für die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu bieten.

Bei der Bemessung von Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung ist gemäß § 6 Abs. 1 Sbg. MSG das Einkommen des Hilfesuchenden zu berücksichtigen. Handelt es sich dabei um ein Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden, so ist für die damit verbundenen Aufwendungen gemäß § 6 Abs. 4 Z. 2 Sbg. MSG ein Freibetrag in der Höhe von 18 % des Mindeststandards für Alleinstehende zu berücksichtigen. Zur letztgenannten Bestimmung halten die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (Nr. 687 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtags, 2. Session der 14. Gesetzgebungsperiode, S. 42) Folgendes fest:

"Ein wesentliches Element stellt schließlich der nach Abs. 4 vorgesehene Berufsfreibetrag aus Erwerbstätigkeit dar. Dieser soll für erwerbstätige Leistungsbezieher und -bezieherinnen jene Arbeitsanreize schaffen, die vielfach für eine erfolgreiche (Wieder )Eingliederung in den Arbeitsmarkt notwendig oder zumindest aber hilfreich sind. Damit wird auch der mit einem Berufseinkommen verbundene Entlastungseffekt für den öffentlichen Kostenträger honoriert."

Durch die Einräumung des Freibetrags gemäß § 6 Abs. 4 Sbg. MSG soll somit ein Anreiz für Hilfsbedürftige geschaffen werden, ein Erwerbseinkommen zu erzielen und damit die Erforderlichkeit von Transferleistungen der öffentlichen Hand hintanzuhalten bzw. zu vermindern. Diesem Zweck widerspräche es, den Freibetrag nicht nur bei entgeltlicher Erwerbstätigkeit einkommensmindernd zu berücksichtigen, sondern auch bei einem - die öffentliche Hand weiterhin belastenden - Transfereinkommen.

Die Beschwerdeführerin nimmt im Rahmen einer vom AMS gewährten beruflichen Rehabilitationsmaßnahme an einem Arbeitstraining teil, das sie auf eine Tätigkeit am freien Arbeitsmarkt vorbereiten soll. In diesem Rahmen erhält sie vom AMS eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes. Bei der der Beschwerdeführerin zufließenden Beihilfe handelt es sich um ein Transfereinkommen und somit nicht um ein "Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit" im Sinn von § 6 Abs. 4 Sbg. MSG. Nach den obigen Ausführungen hat sie daher keinen Anspruch auf Einräumung des Freibetrags nach § 6 Abs. 4 Sbg. MSG.

Hinzugefügt sei, dass die Beschwerdeführerin nach dem Akteninhalt vom AMS neben der Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts auch eine Beihilfe zu den Kursnebenkosten erhält, die im angefochtenen Bescheid nicht als Einkommen der Beschwerdeführerin berücksichtigt worden ist.

Da sich die Beschwerde nach dem Gesagten als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
GAAAE-87604