VwGH vom 25.04.2013, 2013/18/0067
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Eder, Mag. Feiel und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des Z, vertreten durch Dr. Alice Hoch, Rechtsanwältin in 2361 Laxenburg, Schlossplatz 12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/295.684/2010, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom wurde der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs. 2, 130 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt, wobei ein Teil von zwölf Monaten bedingt nachgesehen wurde, weil er gemeinsam mit einem Mittäter im August 2009 Kameras und Drucker im Gesamtwert von EUR 79.326,-- Verfügungsberechtigten eines Güterbeförderungsunternehmens gestohlen hatte.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom erließ die belangte Behörde im Hinblick auf diese Verurteilung gegen den Beschwerdeführer gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.
In ihrer Begründung führte die belangte Behörde über die Darstellung der Verurteilung und der dieser zu Grunde liegenden Straftat hinaus zusammengefasst aus, dass dem Beschwerdeführer im Hinblick auf seinen Großvater, dem die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden sei, erstmals eine ab gültige Niederlassungsbewilligung erteilt und sein Aufenthaltstitel in der Folge bis verlängert worden sei. Der Beschwerdeführer sei ledig und ohne Sorgepflichten. Familiäre Bindungen würden zu seiner Mutter bestehen, mit der er im gemeinsamen Haushalt zusammenwohne, sowie zu seinem Vater, der ebenfalls in Wien lebe. Dass es familiäre Bindungen auch zu den in Wien zumindest gemeldeten Großeltern gebe, habe der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht. Einer Erwerbstätigkeit gehe er (mit Unterbrechungen) erst seit zwei Jahren nach.
Die belangte Behörde erachtete auf Grund der dargestellten Verurteilung des Beschwerdeführers den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG für erfüllt und bejahte deshalb die Gefährlichkeitsprognose nach § 60 Abs. 1 FPG.
Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 66 FPG ging die belangte Behörde von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers aus, der jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich zur Verhinderung weiterer Straftaten und zum Schutz des Eigentums Dritter, dringend geboten und deshalb zulässig sei. Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers lasse seine Geringschätzung maßgeblicher Rechtsvorschriften erkennen, weshalb auch eine zu seinen Gunsten ausfallende Verhaltensprognose nicht möglich sei. Die privaten Interessen des Beschwerdeführers - die sich aus seiner Aufenthaltsdauer, seiner Berufstätigkeit und den familiären Bindungen ergeben würden - seien zwar keinesfalls zu unterschätzen, aber auch nicht besonders ausgeprägt. Der Beschwerdeführer habe auch nicht geltend gemacht, dass ihm ein Verlassen des Bundesgebiets oder eine Rückkehr in seine Heimat nicht möglich wären. Da es sich bei dem erst nach Erreichen der Volljährigkeit nach Österreich gekommenen Beschwerdeführer um einen offenbar gesunden Mann im arbeitsfähigen Alter handle, sei ihm eine Reintegration in seinem Heimatstaat auch zumutbar.
Mangels besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände sah die belangte Behörde schließlich keine Möglichkeit, von der Erlassung des Aufenthaltsverbots im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens Abstand zu nehmen. Vor Ablauf der festgesetzten Dauer könne auch nicht erwartet werden, dass der für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgebliche Grund weggefallen sein werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage bei seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die zu diesem Zeitpunkt (September 2010) geltende Fassung, nämlich BGBl. I Nr. 135/2009.
Nach § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 FPG hat als bestimmte, eine Gefährdungsannahme im Sinn des Abs. 1 rechtfertigende Tatsache (u.a.) zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist.
Ausgehend von der im angefochtenen Bescheid dargestellten und vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung ist der von der belangten Behörde herangezogene Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG unzweifelhaft erfüllt.
Die Beschwerde wendet gegen die Gefährdungsprognose im Sinn des § 60 Abs. 1 FPG jedoch ein, dass "keine Vielzahl von Verurteilungen" vorliegen würde und entgegen der Ansicht der belangten Behörde kein gravierendes Fehlverhalten gegeben sei, das die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde.
Vorweg ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass nach der Aktenlage zwar Anhaltspunkte bestehen, dass dem Beschwerdeführer angesichts des ihm am erteilten Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt-EG" die Rechtsstellung eines "langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen" zukam, gegen den eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nur bei Vorliegen der im § 56 FPG genannten Voraussetzungen zulässig ist (vgl. dazu grundlegend das Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0603). Selbst in diesem Fall wurde der Beschwerdeführer durch die Beurteilung der belangten Behörde ausschließlich nach § 60 FPG fallbezogen nicht in Rechten verletzt, weil in Anbetracht der gegen ihn ergangenen Verurteilung wegen eines Verbrechens und des diesem Schuldspruch zu Grunde liegenden Verhaltens jedenfalls auch das Vorliegen der im § 56 FPG umschriebenen Gefährdung zu bejahen war. So hat der Beschwerdeführer nicht nur in mehreren Angriffen Eigentumsdelikte mit einer erheblichen Schadenssumme gesetzt, sondern die Straftaten dabei überdies in der Absicht vorgenommen, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Entgegen der Beschwerdeansicht stellte die belangte Behörde auch nicht bloß auf den Umstand der Verurteilung ab, sondern beschrieb ausreichend konkret die dieser zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen und schloss daraus auf das sich für den Beschwerdeführer ergebende Persönlichkeitsbild und die von ihm ausgehende Gefährlichkeit.
Der von der Beschwerde angesprochene "Zeitraum seit der Delinquenz" von etwa einem Jahr war bei Erlassung des angefochtenen Bescheids - auch angesichts der erst am erfolgten Entlassung aus der Strafhaft - keineswegs bereits so lange, dass die belangte Behörde auf eine wesentliche Minderung oder gar den Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung hätte schließen müssen.
Im Übrigen wendet sich der Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommene Interessenabwägung und verweist dazu auf seinen langen Inlandsaufenthalt, seine soziale und berufliche Integration und den mit einer Aufenthaltsbeendigung verbundenen Eingriff in sein Familienleben.
Mit diesem Vorbringen werden jedoch keine Umstände aufgezeigt, auf welche die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid noch nicht ausreichend Bedacht genommen hätte. Auch wenn der - bereits erwachsene - Beschwerdeführer nach wie vor mit seiner Mutter im gemeinsamen Haushalt wohnt, ist diese familiäre Beziehung - wie jene zu den übrigen in Österreich lebenden Verwandten - schon durch die Volljährigkeit der beteiligten Personen zu relativieren. Im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Straftaten der vorliegenden Art ging die belangte Behörde zu Recht davon aus, dass das verhängte Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei und die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet die gegenläufigen öffentlichen Interessen nicht überwiegen würden.
Entgegen der Beschwerdeansicht ist der angefochtene Bescheid auch ausreichend begründet.
Die Beschwerde zeigt schließlich auch keine Gründe auf, wonach das Ermessen durch die belangte Behörde nicht in gesetzmäßiger Weise ausgeübt worden wäre.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
JAAAE-87574