VwGH vom 25.04.2013, 2011/10/0010
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Burgenländischen Landesumweltanwaltschaft in 7000 Eisenstadt, Europaplatz 1, gegen den Bescheid der Burgenländische Landesregierung vom , Zl. 5-N-B4438/4-2010, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. V Z und 2. B Z, beide in G, beide vertreten durch Beck Dörnhöfer Rechtsanwälte OG in 7000 Eisenstadt, Franz Liszt-Gasse 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Das Land Burgenland hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom wurde das Ansuchen der mitbeteiligten Parteien vom um Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer Einfriedung auf dem Grundstück Nr. 4431/48, KG Großhöflein, gemäß §§ 5 und 6 Burgenländisches Naturschutz- und Landschaftspflegegesetz 1990 (Bgld. NSchG) iVm § 20 Burgenländisches Raumplanungsgesetz 1969 abgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom gab die Burgenländische Landesregierung der dagegen von den mitbeteiligten Parteien erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 5 lit. a Z. 2 Bgld. NSchG Folge, hob den erstinstanzlichen Bescheid auf und wies den Antrag der mitbeteiligten Parteien zurück.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die mitbeteiligten Parteien hätten in ihrer Berufung ausgeführt, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück von der gesamten Familie als Hausgarten genutzt würde. Das Grundstück läge im Anschluss an den Wohnhausbereich des Sohnes der mitbeteiligten Parteien. Die Einzäunung sei zum Schutz der Obstbäume und der Gemüsepflanzen sowohl vor Wildschäden als auch vor Diebstahl erforderlich. Die geernteten Produkte würden dem Eigenbedarf der Familie dienen. Bei einer Besichtigung am sei festgestellt worden, dass sich im eingezäunten Bereich etliche junge Obstbäume, ein großes Gemüsebeet sowie eine Wiesenfläche mit Kinderspielgeräten befunden hätten. Vom Wohnhausbereich des Sohnes der mitbeteiligten Parteien führten Stufen in das verfahrensgegenständliche, höher liegende Grundstück. Die mitbeteiligten Parteien hätten dargelegt, dass das in ihrem Eigentum befindliche eingezäunte Grundstück von der ganzen Familie als Hausgarten genutzt werde. Im eingezäunten Bereich seien zahlreiche Obstbäume angepflanzt, weiters werde eine größere Fläche als Gemüsebeet bewirtschaftet. Die Einfriedung diene dem Schutz eines Hausgartens, der sich unmittelbar im Anschluss an das Grundstück, auf welchem das Wohnhaus des Sohnes der mitbeteiligten Parteien errichtet worden sei, befinde. Dass keine Eigentümeridentität bestehe, sei unerheblich, da durch die Verbindung der Grundstücke (Stiegen) ersichtlich sei, dass der Garten von den Hausbewohnern benutzt werde. Zwischen dem Wohnbereich und diesem Garten bestehe ein sachlicher und funktionaler Zusammenhang. Auch das Wohnhaus der mitbeteiligten Parteien befinde sich im Nahebereich des gegenständlichen Hausgartens.
Als Hausgärten würden Gärten zur Nahrungserzeugung, die von Familien bewirtschaftet würden und die mit ihrer Bandbreite pflanzlicher und oft auch tierischer Erzeugnisse zum Unterhalt dieser Familie beitrügen, bezeichnet. Dabei diene ein erheblicher Teil der Erzeugnisse eines Hausgartens dem Eigenbedarf der Familienmitglieder. Hausgärten lägen in unmittelbarer Nähe eines Wohnhauses. Sie würden auch als umzäuntes/eingegrenztes Stück Land an bzw. um das Haus zum Anpflanzen von Obst, Gemüse, Blumen und Ähnlichem definiert. § 5 lit. a Z. 2 Bgld. NSchG normiere die naturschutzbehördliche Bewilligungspflicht ausdrücklich nur für Einfriedungen, die nicht der Einzäunung von Hausgärten dienten. Da es sich gegenständlich um eine Einfriedung handle, die einen Hausgarten umzäune, sei der Ausnahmetatbestand des § 5 lit. a Z. 2 Bgld. NSchG erfüllt. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sei die tatsächliche Widmung des Grundstückes als "Grünfläche - landwirtschaftlich genutzt" aufgrund des "Vorliegens eines funktionalen Erfordernisses" und der tatsächlichen Nutzung unerheblich; einer gesonderten Widmung als "Hausgarten" bedürfe es daher nicht. Für die Errichtung der beantragten Einfriedung bedürfe es daher keiner naturschutzbehördlichen Bewilligung, sodass der Berufung Folge zu geben und das Ansuchen um Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zurückzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß § 3 des Gesetzes vom über die Burgenländische Landesumweltanwaltschaft, LGBl. Nr. 78/2002.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Das Burgenländische Naturschutz- und Landschaftspflegegesetz 1990, LGBl. Nr. 27/1991 idF LGBl. Nr. 7/2010 (Bgld. NSchG), lautet auszugsweise:
" § 5
Bewilligungspflichtige Vorhaben zum Schutze der freien Natur und Landschaft
Folgende Vorhaben bedürfen auf Flächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Wohn-, Dorf-, Geschäfts-, Industrie- und Betriebsgebiete, gemischte Baugebiete oder als Verkehrsflächen (§§ 14 Abs. 3 lit. a bis f, 15 Burgenländisches Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 18/1969) ausgewiesen sind, einer Bewilligung:
a) die Errichtung und Erweiterung von
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1. | … |
2. | Einfriedungen und Abgrenzungen aller Art; ausgenommen jedoch Einfriedungen von Hausgärten sowie Einfriedungen, die dem Schutze land- und forstwirtschaftlicher Kulturen oder der Nutztierhaltung im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes dienen, soferne diese dem Charakter des betroffenen Landschaftsraumes (§ 6 Abs. 1 lit. c) angepasst sind und ein sachlicher oder funktioneller Zusammenhang zwischen der Einfriedung und der Nutzung der Fläche für die Dauer des Bestehens der Einfriedung gegeben ist. |
b) …
§ 6
Voraussetzung für Bewilligungen
(1) Bewilligungen im Sinne des § 5 sind zu erteilen, wenn durch das Vorhaben oder die Maßnahme einschließlich des Verwendungszweckes nicht
a) das Landschaftsbild nachteilig beeinflußt wird,
b) das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachteilig beeinträchtigt wird oder dies zu erwarten ist oder
c) der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachteilig beeinträchtigt wird.
(2) …
(3) Eine nachteilige Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes ist jedenfalls gegeben, wenn durch eine Maßnahme oder ein Vorhaben
a) eine Bebauung außerhalb der geschlossenen Ortschaft vorgenommen werden soll, für die keine Notwendigkeit nach den Voraussetzungen des § 20 Abs. 4 und 5 des Bgld. Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969, nachgewiesen werden kann (Zersiedelung) oder Einfriedungen und Abgrenzungen aller Art gemäß § 5 lit. a Z 2 errichtet werden sollen, für die keine sachlich oder funktionell begründete Notwendigkeit im Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung der Fläche gegeben ist,
b) …"
2. Die Beschwerde macht geltend, das gegenständliche Grundstück sei im aktuellen Flächenwidmungsplan als "Grünland - landwirtschaftlich genutzt" ausgewiesen. Für die der Widmung als landwirtschaftliches Grundstück entsprechende Nutzung sei keine Einfriedung notwendig. Da keine Widmung als "Grünland-Hausgarten" vorliege und somit auch nicht die Voraussetzung für die in § 5 lit. a Z. 2 Bgld. NSchG vorgesehene Ausnahme von der Bewilligungspflicht gegeben sei, bedürfe die Einfriedung einer Bewilligung nach den Bestimmungen des Bgld. NSchG. Die Bewilligung sei aber - wie die Erstbehörde zutreffend ausgesprochen habe - wegen Widerspruchs zur Flächenwidmung nicht zu erteilen. Die belangte Behörde gehe zu Unrecht davon aus, dass nicht die Flächenwidmung (als Hausgarten), sondern die funktionalen Erfordernisse und die tatsächliche Nutzung eines Grundstückes - das im gegenständlichen Fall nicht direkt an das Haus des Errichters der Einfriedung anschließe und für diesen nur über öffentlichen Grund erreichbar sei - für die Bewilligungsfreiheit einer Einfriedung maßgeblich sei. Dabei lasse sie die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes außer Acht, wonach nur jene Fläche als Hausgarten angesehen werden könne, die direkt im Anschluss an ein Wohngebäude liege und dazu diene, von den Bewohnern als Garten genutzt zu werden. Würde man der Ansicht der belangten Behörde folgen, "müsste man kein einziges Grundstück umwidmen, da es ausreichen würde, dass der Eigentümer (oder auch ein Dritter) ein Grundstück 'tatsächlich', je nach seinem Bedürfnis", nutze.
3. Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:
3.1. Gemäß § 5 lit. a Z. 2 Bgld. NSchG bedürfen auf Flächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Wohn-, Dorf-, Geschäfts-, Industrie- und Betriebsgebiete, gemischte Baugebiete oder als Verkehrsflächen (§§ 14 Abs. 3 lit. a bis f, 15 Burgenländisches Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 18/1969) ausgewiesen sind, die Errichtung und Erweiterung von Einfriedungen und Abgrenzungen aller Art einer Bewilligung; davon ausgenommen sind jedoch Einfriedungen von Hausgärten sowie Einfriedungen, die dem Schutze land- und forstwirtschaftlicher Kulturen oder der Nutztierhaltung im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes dienen, soferne diese dem Charakter des betroffenen Landschaftsraumes (§ 6 Abs. 1 lit. c) angepasst sind und ein sachlicher oder funktioneller Zusammenhang zwischen der Einfriedung und der Nutzung der Fläche für die Dauer des Bestehens der Einfriedung gegeben ist.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kommt es demnach für die Frage, ob die Errichtung einer Einfriedung eines Hausgartens auf einer Fläche, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Wohn-, Dorf-, Geschäfts- , Industrie- und Betriebsgebiet, gemischtes Baugebiet oder als Verkehrsfläche ausgewiesen ist, einer naturschutzbehördlichen Bewilligung bedarf, nicht darauf an, ob für die betreffende Fläche eine Widmung als "Grünland-Hausgarten" vorliegt. Entscheidend ist vielmehr, ob es sich um die Einfriedung eines Hausgartens im Sinne der genannten Bestimmung handelt.
Auch der Verweis darauf, dass das gegenständliche Grundstück im aktuellen Flächenwidmungsplan als "Grünland - landwirtschaftlich genutzt" ausgewiesen und für die der Widmung als landwirtschaftliches Grundstück entsprechende Nutzung keine Einfriedung notwendig sei, vermag daran nichts zu ändern. Das Gesetz sieht es nämlich im Grunde des § 6 Abs. 1 lit. c iVm Abs. 3 lit. a Bgld. NSchG lediglich für die Erteilung einer Bewilligung einer § 5 lit. a Z. 2 leg. cit. unterfallenden Einfriedung u.a. als erforderlich an, dass der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nicht nachteilig beeinträchtigt wird, wobei eine derartige Beeinträchtigung jedenfalls gegeben ist, wenn durch eine Maßnahme oder ein Vorhaben Einfriedungen und Abgrenzungen aller Art gemäß § 5 lit. a Z. 2 leg. cit. errichtet werden sollen, für die keine sachlich oder funktionell begründete Notwendigkeit im Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung der Fläche gegeben ist. Dies setzt aber voraus, dass es sich überhaupt um eine bewilligungspflichtige Einfriedung im Sinne des § 5 lit. a Z. 2 leg. cit. handelt.
3.2. Gegen die Annahme der belangten Behörde, es handle sich im gegenständlichen Fall um eine von der Bewilligungspflicht ausgenommene Einfriedung eines Hausgartens im Sinne des § 5 lit. a Z. 2 Bgld. NSchG, wendet die Beschwerdeführerin lediglich ein, es könne nur jene Fläche als Hausgarten angesehen werden, die direkt im Anschluss an ein Wohngebäude liege und dazu diene, von den Bewohnern als Garten genutzt zu werden. Im gegenständlichen Fall schließe das Haus der Mitbeteiligten aber nicht direkt an die fragliche Fläche an und sei für diese nur über öffentlichen Grund erreichbar.
Dem ist zu erwidern, dass nach den Feststellungen der belangten Behörde, denen die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist, die betreffende Fläche direkt im Anschluss an ein mit einem Wohngebäude bebautes Grundstück liegt und (auch von dort aus) über Stufen für deren Bewohner zugänglich ist. Die Fläche dient auch dazu, (u.a.) von den Bewohnern des genannten Wohngebäudes (der Familie des Sohnes der Mitbeteiligten) genutzt zu werden. Davon ausgehend ist aber selbst bei Zugrundelegung des Begriffsverständnisses, das von der Beschwerdeführerin insoweit ins Treffen geführt wird, nicht ersichtlich, dass die betreffende Fläche von der belangten Behörde zu Unrecht dem Begriff des Hausgartens im Sinne des § 5 lit. a Z. 2 Bgld. NSchG unterstellt wurde. Auf den Umstand, dass die gegenständliche Fläche nicht direkt an das Haus der Mitbeteiligten anschließt und für diese nur über öffentlichen Grund erreichbar ist, kommt es demnach nicht (mehr) an, weil selbst unter der Annahme, dies schlösse die Beurteilung der gegenständlichen Fläche als eines im Zusammenhang mit dem Wohngebäude der Mitbeteiligten stehenden Hausgartens aus, damit das Vorliegen eines Hausgartens im Sinne des § 5 lit. a Z. 2 Bgld. NSchG nach dem oben Gesagten nicht in Frage gestellt wird.
4. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Ein Kostenzuspruch entsprechend dem Antrag der belangten Behörde findet nicht statt, weil die beschwerdeführende Partei ein Organ des Landes Burgenland ohne eigene Rechtspersönlichkeit ist und daher Identität des Rechtsträgers, dem Kosten zuzusprechen bzw. der zum Kostenersatz zu verpflichten wäre, vorliegt (vgl. etwa im Zusammenhang mit der Oberösterreichischen Umweltanwaltschaft das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/10/0164, mwN).
Wien, am