VwGH vom 18.06.2013, 2013/18/0050
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Eder, Mag. Feiel und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des SK in W, vertreten durch Mag. Martin Nemec, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Berggasse 21/7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/545.724/2007, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen japanischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8 und Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.
Begründend führte sie zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer am von Organen der Finanzbehörden in einem japanischen Lokal in Wien 1 beim Anrichten von Speisen hinter der Theke im Gastraum betreten worden sei. Er habe weder über einen Aufenthaltstitel noch über eine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz verfügt. Bei ihrer Vernehmung habe die Geschäftsführerin des Lokals angegeben, dass der Beschwerdeführer hier seit vier Monaten als Küchenhilfe arbeite. Dazu habe sie angemerkt, dass es sich beim Beschwerdeführer um ihren Lebensgefährten handle. Er bekomme dafür kein Gehalt, solle aber im Februar 2007 50 % der Gesellschaft übernehmen. Am sei der Beschwerdeführer - diesmal von Polizeibeamten - erneut in diesem Lokal angetroffen worden. Er sei mit weißer Kochhose und weißem Kochhemd bekleidet und mit der Zubereitung von Sushi beschäftigt gewesen. Erst seit sei der Beschwerdeführer im Bundesgebiet behördlich gemeldet.
Die belangte Behörde führte beweiswürdigend aus, dass der Verantwortung des Beschwerdeführers, er sei lediglich zur Bescheinigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten am im Lokal gewesen, um probeweise japanische Speisen anzurichten und habe dafür weder ein Entgelt erhalten noch sei er weisungsgebunden gewesen, keine Glaubwürdigkeit zukomme. Die Geschäftsführerin des Lokals habe niederschriftlich selbst angegeben, dass der Beschwerdeführer bereits seit vier Monaten als Küchenhilfe beschäftigt gewesen sei. Wenn der Beschwerdeführer weiters vorbringe, er sei Ende Februar 2007 nach Österreich zurückgekehrt, um mit der Geschäftsführerin die weitere Zusammenarbeit zu besprechen und habe bei dieser Besprechung lediglich auf Grund eines überdurchschnittlichen Arbeitsanfalls aus bloßer Gefälligkeit, unentgeltlich und ohne Weisungen unterworfen zu sein, kurzfristig in der Küche ausgeholfen, stehe dem nicht nur entgegen, dass er bereits am erneut über den Flughafen Wien-Schwechat nach Österreich eingereist gewesen sei, sondern auch, dass - wie bereits am - im Lokal erneut auch zwei andere Fremde bei unrechtmäßiger Beschäftigung betreten worden seien. In beiden Fällen sei vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien in dem gegen die Geschäftsführerin geführten Verwaltungsstrafverfahren die unrechtmäßige Beschäftigung festgestellt worden. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte unentgeltliche Gefälligkeitsdienst erscheine somit nicht glaubwürdig, weil er bereits zuvor bei gleichartiger Beschäftigung - die nach Angabe der Geschäftsführerin bereits vier Monate gedauert haben solle - betreten worden sei. Es erscheine auch unglaubwürdig, dass der Beschwerdeführer in der Küche eines Lokals Sushi zubereite, ohne in den Geschäftsbetrieb auch nur irgendwie eingebunden zu sein oder irgendwelchen Weisungen zu unterliegen. Dies widerspreche jedenfalls der Lebenserfahrung. Leistungsempfänger sei letztlich die (das Lokal führende) GmbH gewesen und lege der Beschwerdeführer auch nicht dar, auf Grund welcher besonderen Umstände er ein besonderes Naheverhältnis zu dieser GmbH habe, die einen Gefälligkeitsdienst auch nur ansatzweise glaubhaft erscheinen lassen würden.
Davon ausgehend erachtete die belangte Behörde rechtlich den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 8 iVm Abs. 5 FPG als verwirklicht, sodass die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbots - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 61 und 66 FPG - im Grunde des § 60 Abs. 1 FPG gegeben seien. Es sei - so führte die belangte Behörde weiter aus - letztlich auch unerheblich, ob der Beschwerdeführer für seine Arbeitsleistung ein Entgelt erhalten habe, weil ihm aus seiner Tätigkeit jedenfalls ein Entgeltanspruch erwachsen sei.
Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 66 FPG hielt die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer nach der Aktenlage ledig sei und keine Sorgepflichten habe. Familiäre Bindungen zum Bundesgebiet seien nicht geltend gemacht worden. Als japanischer Staatsangehöriger sei er zu einem sichtvermerksfreien Aufenthalt für die Dauer von sechs Monaten, außer für Erwerbstätigkeit, befugt. Auf Grund der festgestellten Beschäftigung sei sein Aufenthalt allein aus diesem Grund unrechtmäßig. Zwar sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben auszugehen. Dieser Eingriff erweise sich jedoch als zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und zur Verhinderung von Schwarzarbeit, dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein ebenso hoher Stellenwert zu, wie den die Beschäftigung von Fremden regelnden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Gegen diese Vorschriften habe der Beschwerdeführer gravierend verstoßen. Seine privaten Interessen seien keinesfalls ausgeprägt; ein allfällig noch aufrechter durchgehender Aufenthalt im Bundesgebiet sei jedenfalls unrechtmäßig. Daran könne auch nichts ändern, dass der Beschwerdeführer am einen Aufenthaltstitel als "Schlüsselkraft" beantragt habe, weil ihm dieser bis dato nicht erteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe daher keinen rechtmäßigen Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt und könne auch auf keine familiären Bindungen verweisen. Eine besondere Integration des Beschwerdeführers sei somit nicht festzustellen. Den privaten Interessen komme deshalb kein derartiges Gewicht zu, dass demgegenüber die öffentlichen Interessen in den Hintergrund zu treten hätten. Dass dem Beschwerdeführer das Verlassen des Bundesgebiets und eine Heimreise nicht möglich wäre, sei nicht geltend gemacht worden.
Abschließend hielt die belangte Behörde fest, dass mangels sonstiger, besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände auch keine Veranlassung bestehe, von der Erlassung des Aufenthaltsverbots im Rahmen des zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen und vor Ablauf der (mit fünf Jahren) festgesetzten Frist nicht erwartet werden könne, dass die für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Gründe weggefallen seien würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage bei seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei jeweils um die zu diesem Zeitpunkt (Mai 2010) geltende Fassung, nämlich BGBl. I Nr. 135/2009.
Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat gemäß § 60 Abs. 2 Z 8 FPG zu gelten, wenn ein Fremder (u.a.) von einem Organ der Abgabenbehörde nach Maßgabe der Bestimmungen des AVOG bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausüben dürfen. Gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung kommt einer Betretung gemäß Abs. 2 Z 8 die Mitteilung einer Abgabenbehörde nach Maßgabe der Bestimmungen des AVOG oder einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Unzulässigkeit der Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gleich, sofern der Fremde bei dieser Beschäftigung von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes betreten worden ist.
Der Beschwerdeführer wendet gegen die Beurteilung der belangten Behörde im Wesentlichen ein, dass sie im Hinblick auf seine Lebensgemeinschaft mit der Geschäftsführerin von einem bloßen Gefälligkeitsdienst hätte ausgehen müssen, der von ihm unentgeltlich und ohne Weisungen unterworfen gewesen zu sein erbracht worden sei. Die belangte Behörde hätte daher kein dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterliegendes Arbeitsverhältnis annehmen dürfen.
Der vorliegende Fall gleicht somit insofern in Sachverhalt und Rechtsfrage jenem, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0057, betreffend das Strafverfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gegen die erwähnte Geschäftsführerin zugrunde lag. Aus den in diesem Erkenntnis angeführten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ist es auch im gegenständlichen Fall nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde nicht von einem bloßen Gefälligkeitsdienst ausging.
Entgegen der Darstellung in der Beschwerde gab die Geschäftsführerin der das Lokal führenden GmbH niederschriftlich an, dass der Beschwerdeführer - zum Zeitpunkt der ersten Betretung - bereits seit vier Monaten als Küchenhilfe im Lokal gearbeitet habe. Hiefür habe er zwar kein Gehalt bekommen, er solle aber im Februar 2007 50 % der Gesellschaft übernehmen. Die belangte Behörde hat daher zu Recht keinen Gefälligkeitsdienst mehr angenommen.
Soweit der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel geltend macht, dass die belangte Behörde die Geschäftsführerin nicht einvernommen habe, obwohl er ihre zeugenschaftliche Einvernahme zum Beweis seines Vorbringens, wonach er lediglich unentgeltlich im Rahmen eines kurzfristigen Gefälligkeitsdienstes für seine Lebensgefährtin tätig geworden sei, beantragt habe, fehlt es diesem Vorbringen an einer ausreichenden Relevanzdarstellung. Die belangte Behörde gab nämlich auch im angefochtenen Bescheid die niederschriftlichen Angaben der Geschäftsführerin im Verwaltungsverfahren wieder, wonach der Beschwerdeführer seit vier Monaten als Küchenhilfe gearbeitet habe und im Februar 2007 50 % der Gesellschaft übernehmen solle. Auf diese Aussage der Geschäftsführerin geht die Beschwerde nicht weiter ein. Der Beschwerdeführer legte aber auch nicht dar, weshalb diese Zeugin bei einer (neuerlichen) Einvernahme durch die belangte Behörde den Sachverhalt nun hätte anders darstellen sollen. Es ist daher nicht als relevanter Mangel zu erkennen, wenn die belangte Behörde von einer neuerlichen Einvernahme der bereits niederschriftlich zum Sachverhalt vernommenen Geschäftsführerin absah.
Zusammengefasst erweist es sich somit nicht als rechtswidrig, wenn die belangte Behörde angesichts der Umstände bei der Betretung des Beschwerdeführers am und der dabei von der Geschäftsführerin getätigten Angaben sowie seiner abermaligen Betretung am auf Grund einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Beweiswürdigung und eines von relevanten Mängeln freien Verfahrens zur Auffassung gelangte, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 8 FPG erfüllt sei, was die Gefährdungsannahme des § 60 Abs. 1 FPG indiziert.
Zur Interessenabwägung der belangten Behörde verweist der Beschwerdeführer auf seine Lebensgemeinschaft mit der Geschäftsführerin und wendet ein, dass die Betretung bereits "viele Jahre" zurückliege. Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer jedoch eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. So stellte die belangte Behörde zu Recht darauf ab, dass der Beschwerdeführer noch nie über einen Aufenthaltstitel für einen dauerhaften Aufenthalt im Inland verfügt hat. Der Beschwerdeführer konnte daher nicht davon ausgehen, diese Beziehung auf Dauer in Österreich führen zu können. Auch rechtmäßige Bindungen zum heimischen Arbeitsmarkt konnte der Beschwerdeführer für sich nicht ins Treffen führen. Entgegen der Beschwerdeansicht lag das - wiederholte - Fehlverhalten aber auch noch nicht so lange zurück, dass die belangte Behörde bereits von einer maßgeblichen Minderung der öffentlichen Interessen hätte ausgehen müssen. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie annahm, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet im vorliegenden Fall die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbots nicht überwiegen.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
FAAAE-87490