VwGH vom 25.04.2013, 2013/18/0047

VwGH vom 25.04.2013, 2013/18/0047

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Eder, Mag. Feiel und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des S, vertreten durch Mag. Martin Dohnal, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 24/13, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 2312/05, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheirateter kroatischer Staatsangehöriger, wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom wegen der Vergehen der (teilweise schweren) Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt.

Im Hinblick auf diese Verurteilung erließ die Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom gegen den Beschwerdeführer gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 48 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 (FrG) ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.

Mit dem angefochtenen, über die dagegen erhobene Berufung ergangenen Bescheid vom änderte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, dass sie den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet auswies.

Die belangte Behörde führte zur Begründung - soweit hier relevant - aus, dass dem Beschwerdeführer nach seiner Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin am eine Niederlassungsbewilligung "begünstigter Drittstaatsangehöriger - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" erteilt und in weiterer Folge bis verlängert worden sei.

Der Beschwerdeführer habe sich zuletzt bis rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten; ihm sei noch kein weiterer Aufenthaltstitel erteilt worden. Ein zuletzt am gestellter "Erstantrag" für den Aufenthaltszweck Familienangehöriger sei von der Aufenthaltsbehörde "abgelehnt" worden.

Im Rahmen ihrer rechtlichen Beurteilung sah die belangte Behörde, weil der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel verfüge, die Voraussetzungen zur Erlassung einer Ausweisung nach § 53 FPG als erfüllt an.

Mit näherer Begründung legte die belangte Behörde im Rahmen ihrer Interessenabwägung nach § 66 FPG in der Folge auch dar, weshalb eine Ausweisung trotz des damit verbundenen Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dringend geboten und zulässig sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage bei seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei jeweils um die zu diesem Zeitpunkt (April 2010) geltende Fassung, nämlich BGBl. I Nr. 135/2009.

Unter der Überschrift "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" ordnet § 53 Abs. 1 FPG an, dass Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Die Rechtmäßigkeit richtet sich dabei nach § 31 FPG, gemäß dessen Abs. 1 Z 7 sich ein Fremder rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt. § 24 Abs. 1 dritter Satz NAG sieht vor, dass ein Fremder nach rechtzeitiger Stellung eines Antrags auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels, unbeschadet fremdenpolizeilicher Bestimmungen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist. Für die Rechtslage nach dem FrG (somit vor dem ) enthielt § 31 Abs. 4 FrG eine gleichartige Regelung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/23/0667).

Der Beschwerdeführer brachte ausweislich der Verwaltungsakten, wie er in der Beschwerde der Sache nach zutreffend aufzeigt, am - und damit rechtzeitig vor Ablauf seiner zuletzt bis gültigen Niederlassungsbewilligung - einen Verlängerungsantrag ein. Über diesen wurde im Hinblick auf das (zunächst) anhängige Aufenthaltsverbotsverfahren nicht entschieden.

Der von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten Annahme, der Beschwerdeführer halte sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, stand daher § 24 Abs. 1 NAG entgegen. An dieser Beurteilung vermag auch ein später eingebrachter und bereits negativ beschiedener weiterer Antrag nichts zu ändern. Damit erweist sich eine auf § 53 Abs. 1 FPG gestützte Ausweisung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts als nicht zulässig (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/18/0513, und vom , Zl. 2009/18/0507). Es wäre nur - bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen - eine Ausweisung nach § 54 Abs. 1 FPG in Betracht gekommen.

Darüber hinaus hätte die belangte Behörde im Hinblick auf die seit der erstinstanzlichen Entscheidung vom bis zur Erlassung der Berufungsentscheidung im April 2010 vergangene Zeit aber auch die Entscheidungsgrundlage zu verbreitern und dem Beschwerdeführer - wie er insoweit zu Recht moniert - Gelegenheit zu geben gehabt, für die Gefährdungsprognose und die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet maßgebliche Änderungen seiner aktuellen Situation vorzutragen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2012/18/0173; vom , 2012/18/0183, sowie vom , Zl. 2011/23/0356).

Der angefochtene Bescheid war nach dem Gesagten daher wegen der - vorrangig wahrzunehmenden - Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am