VwGH 19.01.2010, 2009/05/0067
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | B-VG Art130 Abs2; GebrauchsabgabeG Wr 1966 §4 Abs1; GebrauchsabgabeG Wr 1966 §4 Abs2; VwGG §42 Abs2 Z1; VwRallg; |
RS 1 | In § 4 Abs. 1 Wr GebrauchsabgabeG 1966 werden für die dort geregelten Widerrufsfälle die behördlichen Zuständigkeiten durch die Wendungen "Der Magistrat hat ..." (erster Satz) sowie "Weiters ist ..." zu widerrufen (zweiter Satz) in einer der Behörde klar kein Ermessen einräumenden Bindung an das Gesetz umschrieben, während - davon abgesetzt - die behördliche Zuständigkeit für den in § 4 Abs. 2 leg.cit. geregelten Widerrufsfall nicht mit einer dieselbe Bindung indizierenden Formulierung, sondern unter Verwendung des typischerweise Ermessen einräumenden Wortes "kann" normiert wird. Hätte der Gesetzgeber auch für den Widerrufsfall nach § 4 Abs. 2 Wr GebrauchsabgabeG 1966 eine strikte gesetzliche Bindung der Behörde vorsehen wollen, hätte er eine Formulierung wie in den Widerrufsfällen des § 4 Abs. 1 leg. cit. gewählt. Damit erhärtet die gesetzessystematische Betrachtung den auf Grund der Verwendung des Wortes "kann" - somit des Wortlauts - gegebenen Befund, dass § 4 Abs. 2 Wr GebrauchsabgabeG 1966 der Behörde Ermessen einräumt. |
Normen | B-VG Art130 Abs2; GebrauchsabgabeG Wr 1966 §4 Abs2; GebrauchsabgabeG Wr 1966 TPC4; GebrauchsabgabeG Wr 1966 TPC5; MRKZP 01te Art1; VwRallg; |
RS 2 | Dem Umstand, dass eine Gebrauchserlaubnis nach dem Tarifpost C 4 oder C 5 in einem Kalenderjahr nicht mindestens 60 Tage betrieblich genutzt worden ist, kommt grundsätzlich nicht der Charakter des absoluten Widerrufsgrundes zu, sondern dieser soll "bloß" eine Ermessensleitlinie bilden; das Vorliegen dieser Voraussetzung kann den Widerruf der Bewilligung zur Folge haben, muss diese Konsequenz aber nicht unbedingt nach sich ziehen. Die Ausgestaltung der Widerrufsfrage als Ermessensentscheidung soll der Behörde offenkundig bei Vorliegen der besagten Nichtnutzung - die für einen Widerruf spricht - einen gewissen Spielraum einräumen. Welche Gesichtspunkte in die behördliche Ermessensentscheidung einzufließen haben, sodass allenfalls ungeachtet des Vorliegens der in § 4 Abs. 2 Wr GebrauchsabgabeG 1966 umschriebenen Nichtnutzung kein Widerruf erfolgen könnte, sagt das Gesetz nicht ausdrücklich. Allerdings lässt § 4 Abs. 2 leg. cit. Spielraum für eine Bedachtnahme auf die Umstände des konkreten Falles, die dafür maßgeblich waren, dass eine betriebliche Nutzung nicht mindestens an 60 Tagen im Kalenderjahr gegeben war, zumal nach Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur MRK auch öffentlich-rechtliche Ansprüche wie die aus einer Gebrauchserlaubnis, denen eine Gegenleistung des Anspruchsberechtigten gegenübersteht, vom Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums erfasst werden (Hinweis auf Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, 2007, Rz 1478 f). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des A E in Wien, vertreten durch Dr. Silke Beetz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilerstätte 13/28, gegen den Bescheid des Berufungssenats der Stadt Wien vom , Zl. MA 64- 1433/2008, betreffend Widerruf einer Gebrauchserlaubnis (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die dem Beschwerdeführer mit dem Bescheid des Magistrats der Stadt Wien (MA 59) vom erteilte Gebrauchserlaubnis für einen transportablen Straßenverkaufsstand in Wien 8, Alserstraße vor ONr. 27, gemäß § 4 Abs. 2 des Wiener Gebrauchsabgabengesetz 1966 - GAG, LGBl Nr. 20 idgF, widerrufen.
Begründend wurde Folgendes ausgeführt:
Laut Auskunft der MA 59 sei mit der Aufstellung des Verkaufsstandes im Herbst 2006 begonnen worden. Bei einer Überprüfung nach mehreren Beschwerden von Anrainern sei festgestellt worden, dass der Verkaufsstand nicht bewilligungsgemäß aufgestellt gewesen sei. Am sei der Stand entfernt worden. Zum Zeitpunkt der Entfernung seien die Arbeiten zur Errichtung des Verkaufsstandes noch nicht vollständig abgeschlossen gewesen. Der Verkaufsstand sei nie in Betrieb gewesen. Mit Bescheid der MA 59 vom sei die Gebrauchserlaubnis für den Verkaufsstand widerrufen worden. Gegen diesen Widerrufsbescheid habe der Beschwerdeführer Berufung erhoben. Mit Berufungsbescheid vom sei der Widerruf behoben worden. Der Berufungsbescheid sei dem Beschwerdeführer am zugestellt worden.
Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien (MA 59) vom sei erneut der Widerruf der gegenständlichen Gebrauchserlaubnis ausgesprochen worden.
In der dagegen gerichteten Berufung habe der Beschwerdeführer unter anderem ausgeführt, es wäre ihm nicht zuzumuten gewesen, einen Stand aufzustellen oder zu betreiben, während er keine Sicherheit gehabt hätte, ob der erstinstanzliche Widerrufsbescheid von der belangten Behörde bestätigt oder behoben würde. Weiters sei sein Antrag auf Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung zurückgewiesen worden, weil der Beschwerdeführer Unterlagen nicht rechtzeitig vorgelegt hätte. Dies wäre ihm jedoch auf Grund einer Erkrankung nicht möglich gewesen. Das Aufstellen und Betreiben des Standes ohne Betriebsanlagenbewilligung hätte jedoch zu einem Verwaltungsstrafverfahren geführt, was der Beschwerdeführer nicht in Kauf nehmen hätte können. Daher sei es ihm de facto nicht möglich gewesen, den Stand aufzustellen, ohne gesetzliche Bestimmungen zu verletzen. Die Erstbehörde hätte zudem nicht ausreichend begründet, aus welchen Gründen der Eingriff in ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers erfolgt wäre. Es müsste eine sachliche Rechtfertigung vorliegen, welche stärker wiegen würde als der Anspruch des Beschwerdeführers auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis, wenn durch den beabsichtigten Gebrauch keine öffentlichen Interessen iSd § 2 Abs 2 des Wiener Gebrauchsabgabengesetz 1966 - GAG beeinträchtigt würden. Die Behörde hätte keine Angaben darüber gemacht, aus welchen Gründen sie von ihrem Ermessen dahingehend Gebrauch gemacht hätte, dass der Bescheid widerrufen werden könnte.
Zu diesem Berufungsvorbringen führt die belangte Behörde aus, vorliegend sei unbestritten, dass die dem Beschwerdeführer erteilte Gebrauchserlaubnis im Jahr 2007 überhaupt nie betrieblich genutzt worden sei. Zumindest nach dem Ergehen des den ersten Widerrufsbescheid behebenden Berufungsbescheides wäre es dem Beschwerdeführer durchaus zumutbar gewesen, seinen Stand wieder aufzustellen und zu betreiben, weil er ab diesem Zeitpunkt jedenfalls keine Rechtsunsicherheit mehr einwenden habe können. Der Umstand, dass für den Betrieb des Verkaufsstandes mehrere Bewilligungen nach verschiedenen Gesetzen erforderlich seien und diese vom Beschwerdeführer nicht rechtzeitig eingeholt worden seien, sei im Verfahren nach dem GAG nicht zu berücksichtigen.
§ 4 Abs. 2 GAG sehe als Voraussetzung für einen Widerruf der Gebrauchserlaubnis nur vor, dass diese an (mindestens) 60 Tagen im Jahr betrieblich nicht genützt worden sei. Aus welchem Grund diese Nutzung nicht erfolgt sei, sei nicht entscheidungsrelevant. Daher seien auch die vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren angebotenen Beweise zum Betriebsanlagenverfahren bzw. zu seiner Erkrankung (durch die ihm eine rechtzeitige Vorlage von Unterlagen in diesem Verfahren nicht möglich gewesen wäre) im Verfahren nach dem GAG nicht zu berücksichtigen gewesen. Der Beschwerdeführer habe die Gebrauchserlaubnis seit Rechtskraft des Bewilligungsbescheides vom bis zur Rechtskraft des vorliegenden Berufungsbescheides inne gehabt, weil der Widerrufsbescheid vom nicht rechtskräftig geworden sei. Die Bestimmung, wonach der Widerruf bis zum Ende des dem Kalenderjahr, in dem keine 60-tägige Nutzung erfolgt sei, folgenden Jahres auszusprechen sei, stelle einen Schutz des Bewilligungsinhabers vor einem Widerruf dar, der sich auf weiter zurückliegende Jahre beziehe.
Schließlich sei festzuhalten, dass nicht alle Gesetzesbestimmungen, in denen der Gesetzgeber das Wort "kann" verwende, ein Ermessen der Behörde bedeuteten. Im vorliegenden Fall seien die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Widerruf unbestritten gegeben gewesen. Es sei daher von der Behörde in diesem Fall mit einem Widerruf vorzugehen gewesen. Im Sinn des Gleichheitsgrundsatzes hätte die Behörde auch in gleichgelagerten Fällen einen Widerspruch auszusprechen.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtete der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach ihrer Ablehnung dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom , B 1507/08).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wurde Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
1.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. 4 GAG lautet:
"Erlöschen der Wirksamkeit der Gebrauchserlaubnis § 4 (1) Der Magistrat hat die Gebrauchserlaubnis zu
widerrufen, wenn ein nachträglich entstandener Versagungsgrund nach § 2 Abs. 2 bekannt wird, sofern nicht die Vorschreibung von Bedingungen, Befristungen oder Auflagen für die Ausübung des bewilligten Gebrauches ausreicht. Weiters ist die Gebrauchserlaubnis bei wiederholter Bestrafung wegen Übertretungen dieses Gesetzes oder wegen Nichteinhaltung der gemäß § 2 Abs. 2 auferlegten Verpflichtung zu widerrufen. Durch den Widerruf erlischt die Gebrauchserlaubnis.
(2) Eine Gebrauchserlaubnis nach der Tarifpost C 4 oder C 5 kann der Magistrat außerdem widerrufen, wenn sie in einem Kalenderjahr nicht mindestens an sechzig Tagen betrieblich genutzt worden ist. Mit dem Widerruf, der bis zum Ende des diesem Kalenderjahr folgenden Jahres auszusprechen ist, erlischt die Gebrauchserlaubnis.
(3) Die Gebrauchserlaubnis nach § 3 Abs. 2 erlischt, sofern sie einer physischen Person erteilt wurde, außerdem im Zeitpunkt der Beendigung der Abhandlung der Verlassenschaft des früheren Erlaubnisträgers und bei einer Mehrheit von physischen Personen im Zeitpunkt der Beendigung der zuletzt abgehandelten Verlassenschaft; wurde die Gebrauchserlaubnis einer juristischen Person, einer eingetragenen Erwerbsgesellschaft oder einer Personengesellschaft nach Handelsrecht erteilt, so erlischt sie mit dem Aufhören der Rechtspersönlichkeit der juristischen Person, mit der Auflösung der eingetragenen Erwerbsgesellschaft oder mit der Auflösung der Personengesellschaft.
(4) Die Gebrauchserlaubnis erlischt überdies im Zeitpunkt des Einlangens einer Verzichtserklärung beim Magistrat. Ein Verzicht liegt auch dann vor, wenn die Gebrauchsabgabe binnen zwei Monaten nach Fälligkeit ohne Angabe von Gründen nicht entrichtet wird und außerdem für die annähernd gleiche Stelle, auf die sich die Gebrauchserlaubnis bezieht, eine neue Gebrauchserlaubnis beantragt worden ist. In derartigen Fällen wird der Verzicht im Zeitpunkt der Erteilung der neuen Gebrauchserlaubnis wirksam.
(5) In den Fällen des § 3 Abs. 1 erlischt die Gebrauchserlaubnis ferner mit der Beseitigung des Bauteiles, auf den sich die Gebrauchserlaubnis bezieht.
(6) Weiters erlischt die Gebrauchserlaubnis, wenn die Abgabe nicht spätestens sechs Monate nach Fälligkeit bzw. nach Ablauf eines bewilligten Zahlungsaufschubes bzw. nach Ablauf einer für die Entrichtung der Abgabe gemäß §§ 160 Abs. 3 und 160 a Abs. 5 der Wiener Abgabenordnung - WAO, eingeräumten Nachfrist entrichtet wird.
(7) Die Gebrauchserlaubnis erlischt, wenn hinsichtlich der den Gegenstand der Gebrauchserlaubnis betreffenden Fläche die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 entfallen."
2.2. Das Vorbringen, die belangte Behörde habe § 4 Abs. 2 GAG entgegen dem Gesetz (zusammengefasst) nicht als Ermessensbestimmung gehandhabt, führt die Beschwerde zum Erfolg.
Der belangten Behörde ist einzuräumen, dass die Verwendung des Wortes "kann" ein "Müssen" iS einer Verpflichtung (vgl. etwa die Textierung des Art. 20 Abs. 1 B-VG) oder ein "Dürfen" iS einer Ermächtigung ausdrücken kann (vgl. Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, 2007, Rz 575 ff, insbesondere 576). Allerdings ist mit der Verwendung des Wortes "kann" typischerweise die Einräumung von Ermessen verbunden (vgl. Walter u.a., aaO).
Wie die Systematik des § 4 GAG zeigt, trifft letzteres auch für die vorliegend maßgebliche Regelung des § 4 Abs. 2 leg. cit. zu. In § 4 Abs. 1 GAG werden für die dort geregelten Widerrufsfälle die behördlichen Zuständigkeiten durch die Wendungen "Der Magistrat hat ..." (erster Satz) sowie "Weiters ist ..." zu widerrufen (zweiter Satz) in einer der Behörde klar kein Ermessen einräumenden Bindung an das Gesetz umschrieben, während - davon abgesetzt - die behördliche Zuständigkeit für den in § 4 Abs. 2 leg.cit. geregelten Widerrufsfall nicht mit einer dieselbe Bindung indizierenden Formulierung, sondern unter Verwendung des typischerweise Ermessen einräumenden Wortes "kann" normiert wird.
Hätte der Gesetzgeber auch für den Widerrufsfall nach § 4 Abs. 2 GAG eine strikte gesetzliche Bindung der Behörde vorsehen wollen, hätte er eine Formulierung wie in den Widerrufsfällen des § 4 Abs. 1 leg. cit. gewählt. Damit erhärtet die gesetzessystematische Betrachtung den auf Grund der Verwendung des Wortes "kann" - somit des Wortlauts - gegebenen Befund, dass § 4 Abs. 2 GAG der Behörde Ermessen einräumt. Das hat die belangte Behörde offensichtlich verkannt.
Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht dazu berechtigt, dieses Ermessen an Stelle der belangten Behörde zu üben. Im fortgesetzten Verfahren wird daher die belangte Behörde auf der Grundlage des Art. 130 Abs. 2 B-VG die Regelung des § 4 Abs. 2 GAG im Sinn des Gesetzes anzuwenden haben. Ermessensregelungen lassen der Behörde die Wahl zwischen mehreren möglichen Lösungen, die rechtlich gleichwertig sind. Das entbindet sie freilich nicht von der Verpflichtung, den für ihre Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt bei entsprechender Wahrung des Parteiengehörs (§ 45 AVG) festzustellen und in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Gesetz erforderlich ist (vgl. dazu und zum Folgenden das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/01/1156, Slg.Nr. 14.919 A). Dabei kommt dem Umstand, dass eine Gebrauchserlaubnis nach dem Tarifpost C 4 oder C 5 in einem Kalenderjahr nicht mindestens 60 Tage betrieblich genutzt worden ist, grundsätzlich nicht der Charakter des absoluten Widerrufsgrundes zu, sondern dieser soll "bloß" eine Ermessensleitlinie bilden; das Vorliegen dieser Voraussetzung kann den Widerruf der Bewilligung zur Folge haben, muss diese Konsequenz aber nicht unbedingt nach sich ziehen. Die Ausgestaltung der Widerrufsfrage als Ermessensentscheidung soll der Behörde offenkundig bei Vorliegen der besagten Nichtnutzung - die für einen Widerruf spricht - einen gewissen Spielraum einräumen. Welche Gesichtspunkte in die behördliche Ermessensentscheidung einzufließen haben, sodass allenfalls ungeachtet des Vorliegens der in § 4 Abs. 2 GAG umschriebenen Nichtnutzung kein Widerruf erfolgen könnte, sagt das Gesetz nicht ausdrücklich. Allerdings lässt § 4 Abs. 2 leg. cit. Spielraum für eine Bedachtnahme auf die Umstände des konkreten Falles, die dafür maßgeblich waren, dass eine betriebliche Nutzung nicht mindestens an 60 Tagen im Kalenderjahr gegeben war, zumal nach Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK auch öffentlich-rechtliche Ansprüche wie die aus einer Gebrauchserlaubnis, denen eine Gegenleistung des Anspruchsberechtigten gegenübersteht, vom Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums erfasst werden (vgl. Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, 2007, Rz 1478 f).
2.3. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil von der genannten Verordnung (vgl. § 1 Z. 1 lit. a) für den vorliegend gebührenden Schriftsatz als Ersatz des Schriftsatzaufwandes der im Spruch genannte Pauschalbetrag festgesetzt wurde.
Wien, am
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Normen | B-VG Art130 Abs2; GebrauchsabgabeG Wr 1966 §4 Abs1; GebrauchsabgabeG Wr 1966 §4 Abs2; GebrauchsabgabeG Wr 1966 TPC4; GebrauchsabgabeG Wr 1966 TPC5; MRKZP 01te Art1; VwGG §42 Abs2 Z1; VwRallg; |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Ermessen VwRallg8 Besondere Rechtsgebiete Ermessen |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2010:2009050067.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAE-87456