VwGH vom 21.12.2010, 2009/05/0051

VwGH vom 21.12.2010, 2009/05/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde des P S in Q, vertreten durch Mag. Michael Luszczak, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Grazer Straße 77/2, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-480/08, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: DgesmbH in Liquidation, in Q, vertreten durch Dr. Helmut Kientzl, Rechtsanwalt GmbH in 2700 Wiener Neustadt, Rudolf Diesel Straße 26), nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.301,50 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.489,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am bei der Baubehörde erster Instanz eingelangten Ansuchen beantragte die mitbeteiligte Bauwerberin die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines vollunterkellerten Wohnhauses mit 11 Wohnungen in sechs oberirdischen Geschossen sowie einem Kellergeschoss mit Tiefgarage, Einlagerungs- und Nebenräumen und einem im Hof vorgesehenen Nebengebäude auf der Liegenschaft S-straße 81.

Nach dem dem Bauansuchen beigeschlossenen Bescheid über die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vom sind für die vom Bauvorhaben betroffenen Grundstücke die Plandokumente (PD) Nr. 7117 und 7117K maßgebend. Demnach ist für die Baugrundstücke die Widmung Wohngebiet, Bauklasse III und geschlossene Bauweise festgesetzt. Für den hinteren Bereich ist ab 13 m von der Baulinie entfernt die gärtnerische Ausgestaltung angeordnet.

Plangemäß soll das zur Bewilligung eingereichte Wohnhaus in geschlossener Bauweise direkt an der Baulinie errichtet werden. Die gemäß § 81 Abs. 1 Bauordnung für Wien (BO) zu berechnende Gebäudehöhe soll straßenseitig 17,08 m und hofseitig 17,50 m betragen.

Der Beschwerdeführer ist als Wohnungseigentümer Miteigentümer des östlich an die Baugrundstücke angrenzenden Grundstückes mit der Adresse S-straße 83. Er wendete ein, dass das Bauvorhaben die zulässige Gebäudehöhe überschreite und die Errichtung der Balkone im zweiten Dachgeschoss unzulässig sei.

Mit Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den .... Bezirk vom wurde die erforderliche Bewilligung unwesentlicher Abweichungen von den Bebauungsvorschriften gemäß § 69 Abs. 1 lit. m BO erteilt. Demnach darf "der Neubau ... die zulässige Gebäudehöhe straßenseitig um 1,08 m und gartenseitig um 1,60 m überschreiten". Begründet wurde dies damit, dass bei Überschreitung der Gebäudehöhe im Bereich der Hoffront des Gebäudes an der S-straße keinerlei Beeinträchtigung der subjektivöffentlichen Anrainerrechte der direkt seitlich benachbarten Liegenschaften oder gar die Verschlechterung des Licht- und Sonneneinfalls derselben erkannt werden könne. Durch die Gebäudehöhenüberschreitung werde die Bebaubarkeit der angrenzenden Nachbarliegenschaften nicht beeinträchtigt, da der gesetzlich geforderte Lichteinfall auf diese Nachbarliegenschaften weiterhin als gesichert anzusehen sei.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom wurde unter Bezugnahme auf die Erteilung der erforderlichen Ausnahmebewilligung gemäß § 69 BO die beantragte baubehördliche Bewilligung gemäß § 70 BO erteilt.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, dass die Überschreitung der Gebäudehöhe nicht unwesentlich sei, zumal in gesetzwidriger Weise dadurch Kubatur gewonnen werde. Die Gebäudehöhenüberschreitung diene einzig dazu, weiteren Wohnraum zu schaffen. Der hofseitige Balkon im zweiten Dachgeschoss schließe direkt an eine Terrasse an und sei auf Grund der Gebäudehöhenüberschreitung zu hoch angesetzt. Auch gegen fünf freiwillige Stellplätze werde Einwand erhoben. Die dadurch entstehenden Emissionen und Immissionen seien nicht geprüft worden.

In dem von der Berufungsbehörde eingeholten Gutachten des Sachverständigen der MA 21B, Stadtteilplanung und Flächennutzung, wird ausgeführt:

"Das vorliegende Wohnbauvorhaben befindet sich im Nahbereich der Donau City und ist mit der U-Bahn Linie U 1 an das hochrangige öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen. Ein Anschluss ans Autobahnnetz (A 22) liegt ebenso vor.

Grundsätzlich wird festgestellt, dass für den vom Erholungsraum der Alten Donau sowie Neuen Donau umgebenen Bereich von K eine ausgezeichnete soziale Infrastruktur bzw. eine besondere stadträumliche Lage vorliegt.

Im Zuge der Bauverhandlung erfolgte im Rahmen der Baubewilligung gemäß § 69 BO für Wien die Angleichung der Gebäudehöhe an den Baubestand im Umfeld.

Eine wesentliche Zielsetzung bei der Ausarbeitung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes war die Vorsorge bzw. Schaffung von Flächen für den erforderlichen Wohnraum unter Beachtung der Bevölkerungsentwicklung und der Ansprüche der Bevölkerung an ein zeitgemäßes Wohnen.

Im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten entspricht das Bauvorhaben den Intentionen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes.

Im Hinblick auf die hohe Qualität des Standortes bezüglich des Wohnumfeldes steht das Wohnbauvorhaben den städtebaulichen Zielsetzungen der Stadtplanung nicht entgegen."

In seiner dazu abgegebenen Stellungnahme vom führte der Beschwerdeführer aus, es werde im Gutachten ausdrücklich auf die Ansprüche der Bevölkerung auf ein zeitgemäßes Wohnen sowie auf die Angleichung der Gebäudehöhe an den Baubestand im Umfeld hingewiesen. Das Bauvorhaben entspreche daher nicht den Intentionen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes. Für eine entsprechende Bewertung müsse die Behörde die beantragten Abweichungen zur Gebäudehöhe im Vergleich zu den Gebäudehöhen der umliegenden Gebäude heranziehen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung wurde nach Darstellung der Rechtslage ausgeführt, dass die Überschreitung der höchstzulässigen Gebäudehöhe schon auf Grund des unbeträchtlichen Ausmaßes von maximal 10 % nicht als wesentlich angesehen werden könne. Im Übrigen habe der für Fragen der Stadtteilplanung und Flächennutzung zuständige Amtssachverständige der MA 21B in seiner Stellungnahme vom festgehalten, dass die gegenständliche Überschreitung der höchstzulässigen Gebäudehöhe der Angleichung an die Höhenentwicklung des Baubestandes im Umfeld diene und der Zielsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes entspreche. Eine rechtliche Zielsetzung bei der Ausarbeitung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes sei die Vorsorge bzw. Schaffung von Flächen für den erforderlichen Wohnraum unter Beachtung der Bevölkerungsentwicklung und die Ansprüche der Bevölkerung an ein zeitgemäßes Wohnen gewesen. Im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten und im Hinblick auf die hohe Qualität des Standortes entspreche das Bauvorhaben den Intentionen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes. In diesem Sinne habe auch der für Fragen des Ortsbildschutzes zuständige Amtssachverständige der MA 19 in seiner Stellungnahme vom die Überschreitung der höchstzulässigen Gebäudehöhe befürwortet, zumal sich die projektierte Gebäudehöhe an jener des Nachbarobjektes orientiere. Das örtliche Stadtbild werde dadurch weder gestört noch beeinträchtigt. Der gegenständlichen Überschreitung der höchstzulässigen Gebäudehöhe könne daher unter Bedachtnahme auf das angeführte, nicht beträchtliche Ausmaß und im Hinblick auf die Sachverständigenausführungen keine dem geltenden Flächen- und Bebauungsplan unterlaufende Tendenz beigemessen werden. Zudem könne nicht erkannt werden, dass durch diese Abweichung von den Bebauungsvorschriften die Flächennutzung oder Aufschließung grundlegend anders werde. Der Beschwerdeführer sei den Ausführungen der Amtssachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten; er könne auch nicht ihre Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit durch treffende Argumente in Zweifel ziehen. Inwiefern das Gebäudehöhenprofil von ganz K für die Beurteilung heranzuziehen gewesen wäre, bleibe ebenso nicht nachvollziehbar wie der Verweis auf künftige Bauten, zumal das Vorliegen der Voraussetzungen des § 69 BO für jede Abweichung bzw. jedes Bauvorhaben für sich zu prüfen sei. Für den seitlich angrenzenden Beschwerdeführer könnten im Übrigen mit der Überschreitung der höchstzulässigen Gebäudehöhe keinerlei Beeinträchtigungen verbunden werden, zumal den Einreichplänen nicht entnommen werden könne, dass durch die Überschreitung der an die Liegenschaft des Beschwerdeführers anschließenden (seitlichen) Feuermauer der im § 78 Bauordnung für Wien geregelte "gesetzliche Lichteinfall" von 45 Grad (direkter Lichteinfall sowie seitlicher Lichteinfall bis zu einem Winkel von 30 Grad ) beeinflusst werden könnte. Zu bedenken sei, dass für die betroffenen Liegenschaften die geschlossene Bauweise festgelegt sei und keine Hauptfenster des Gebäudes des Beschwerdeführers gegen die betreffende Grundgrenze gerichtet seien bzw. bei einer die zulässige Bebaubarkeit ausnutzenden Bebauung gerichtet werden könnten. Eine Beeinträchtigung des gesetzlichen Lichteinfalls auf den konsensgemäßen Baubestand der unmittelbar seitlich angrenzenden Nachbarliegenschaft des Beschwerdeführers sowie auf diese Nachbarliegenschaft sei selbst durch die genehmigte Gebäudehöhenüberschreitung nicht möglich. Das Vorliegen der weiteren in § 69 Abs. 2 BO vorgesehenen Voraussetzungen für die erforderliche Ausnahmebewilligung gemäß § 69 Abs. 1 lit. m BO werde in der Begründung des Bescheides des Bauausschusses dargelegt und auch vom Beschwerdeführer in seiner Berufung nicht bestritten. Der Stellungnahme des für Stadtbildfragen zuständigen Amtssachverständigen der MA 19 sei zu entnehmen, dass durch die im vorliegenden Fall gegebene Überschreitung der höchstzulässigen Gebäudehöhe weder das örtliche Stadtbild gestört noch beeinträchtigt werde, zumal sich die Gebäudehöhe am Nachbarobjekt orientiere. Da weiters durch diese Abweichung von den Bebauungsvorschriften auch keine Überschreitung der bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entstehenden Emissionen zu erwarten sei und die beabsichtigte Flächennutzung sowie die Aufschließung des Baugrundstückes nicht grundlegend anders werde und den obigen Darlegungen sowie der Begründung des angefochtenen Bescheides auch jene Gründe zu entnehmen seien, die für die Abweichungen sprächen, lägen sämtliche in § 69 BO für die Gewährung der erforderlichen Ausnahmebewilligung nach lit. m dieser Gesetzesstelle vorgesehenen Voraussetzungen vor, zumal auch die dargelegten, für die gegenständliche Abweichung sprechenden Gründe überwögen. Die Erteilung der erforderlichen Ausnahmebewilligung gemäß § 69 Abs. 1 lit. m BO habe zur Folge, dass das Bauvorhaben mit den entsprechenden Bestimmungen der Bauordnung für Wien nicht mehr in Widerspruch stehe. Bezüglich der Balkone im zweiten Dachgeschoss sei auf § 84 Abs. 2 lit. a BO zu verweisen. Die Balkone wiesen im zweiten Dachgeschoss eine Ausladung über die Baufluchtlinie in die gärtnerisch auszugestaltende Fläche von maximal 1,50 m auf und nähmen nicht mehr als zwei Drittel der Breite der Hoffront in Anspruch. Zudem hielten die Balkone jeweils zu beiden Seiten einen Abstand von mindestens 3 m zu den Grundgrenzen ein. Die Balkone überragten nur hinsichtlich ihrer Geländer den zulässigen Dachumriss. Hierbei handle es sich um nicht raumbildende Gebäudeteile untergeordneten Ausmaßes im Sinne des § 81 Abs. 6 erster Satz BO und diese seien daher gemäß § 84 Abs. 2 lit. a BO zulässig. Insoweit der Beschwerdeführer nunmehr in seiner Berufung erstmalig gegen die fünf freiwilligen Stellplätze ein Vorbringen erstatte, habe er keine Parteistellung erlangt, da er diesbezüglich keine rechtzeitigen Einwendungen erhoben habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Beschwerdeführer replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Folgende Bestimmungen der Bauordnung für Wien (BO) in der Fassung vor der Techniknovelle 2007, LGBl. Nr. 24/2008, sind im Beschwerdefall von Bedeutung:

"§ 5. ...

(4) Über die Festsetzungen nach Abs. 2 und 3 hinaus können die Bebauungspläne zusätzlich enthalten:

...

h) Bestimmungen über die Gebäudehöhe, im Bauland bei Festsetzung einer Bauklasse nur bis zu deren Grenzen, ferner über die Höhe von sonstigen Baulichkeiten, sowie über die höchstens zulässige Zahl der Geschosse, die zur Gänze oder zu einem Teil über dem anschließenden Gelände liegen;

...

§ 69.

(1) Für einzelne Bauvorhaben hat die Behörde nach Maßgabe des Abs. 2 über die Zulässigkeit folgender Abweichungen von den Bebauungsvorschriften zu entscheiden:

...

m) das Überschreiten der gemäß § 5 Abs. 4 lit. h und gemäß § 77 Abs. 3 lit. c bestimmten sowie der bauklassenmäßigen Gebäudehöhe in allen Bauklassen, wenn das Interesse an der Gestaltung des örtlichen Stadtbildes nicht entgegensteht;

...

(2) Durch Abweichungen nach Abs. 1 darf die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des betroffenen Nachbarn nicht vermindert werden; an Emissionen darf nicht mehr zu erwarten sein, als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entsteht. Im Übrigen darf, abgesehen von den unter Abs. 1 näher genannten Voraussetzungen, von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nur unwesentlich abgewichen werden; es dürfen das vom Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild nicht störend beeinflusst und die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung nicht grundlegend anders werden. Die Gründe, die für die Abweichung sprechen, sind mit den Gründen, die dagegen sprechen, abzuwägen. Insbesondere ist auf den konsensgemäßen Baubestand der betroffenen Liegenschaft und der Nachbarliegenschaften sowie auf den Umstand, dass die Ausnahmebewilligung nur für die Bestanddauer des Baues gilt, Bedacht zu nehmen. Vom Bauwerber geltend gemachte Verpflichtungen aus Bundes- oder anderen Landesgesetzen sind zu berücksichtigen, desgleichen, ob die Abweichung einer zeitgemäßen Ausstattung oder der besseren barrierefreien Benützbarkeit des konsensgemäßen Baubestandes oder des geplanten Baues dienlich ist.

§ 77.

(3) Über jede Struktureinheit hat der Bebauungsplan folgende Festsetzungen zu enthalten:

...

c) die höchste zulässige Höhe, die die Gebäude und baulichen Anlagen haben dürfen.

...

§ 81.

(1) Bei Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie gilt bis zu einer Gebäudetiefe von 15 m als Gebäudehöhe der lotrechte Abstand von der festgesetzten Höhenlage der Verkehrsfläche bis zur obersten Schnittlinie der zulässigen Außenwandfläche der Straßenfront ohne Berücksichtigung vorspringender Gebäudeteile wie Gesimse, Erker und dergleichen mit der Oberfläche des Daches; nichtraumbildende Gebäudeteile und raumbildende Dachaufbauten gemäß Abs. 6 bleiben dabei außer Betracht. Zur Straßenfront gerichtete Giebelflächen zählen bei der Ermittlung der Gebäudehöhe mit. Weiters darf die zulässige Gebäudehöhe um höchstens 1,50 m überschritten werden, wenn diese Überschreitung innerhalb derselben Front flächenmäßig ausgeglichen wird; § 75 Abs. 4 ist einzuhalten. Dasselbe gilt für Gebäude an Verkehrsflächen, deren festgesetzte Höhenlage an der Gebäudefront nicht einheitlich ist. Der oberste Abschluss aller anderen Fronten darf den der Straßenfront nicht überschreiten, doch bleiben die der Dachform entsprechenden Giebelflächen an diesen anderen Fronten außer Betracht, und der oberste Abschluss des Daches darf keinesfalls höher als 7,5 m über der zulässigen Gebäudehöhe liegen, sofern der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt.

...

(6) Der nach den Abs. 1 bis 5 zulässige Gebäudeumriss darf durch einzelne, nicht raumbildende Gebäudeteile untergeordneten Ausmaßes überschritten werden; mit raumbildenden Dachaufbauten darf der Gebäudeumriss nur durch einzelne Dachgauben sowie im unbedingt notwendigen Ausmaß durch Aufzugstriebwerksräume und durch Stiegenhäuser überschritten werden. Die einzelnen Dachgauben müssen in ihren Ausmaßen und ihrem Abstand voneinander den Proportionen der Fenster der Hauptgeschosse sowie dem Maßstab des Gebäudes entsprechen. Die Dachgauben dürfen insgesamt höchstens ein Drittel der Länge der betreffenden Gebäudefront in Anspruch nehmen.

...

§ 84. ...

(2) Über Baufluchtlinien, in die Abstandsflächen und in die Vorgärten dürfen außerdem folgende Gebäudeteile vorragen:

a) auf eine Breite von höchstens einem Drittel der betreffenden Gebäudefront Erker, Balkone und Stiegenhausvorbauten, sofern die Ausladung aller dieser Bauteile höchstens 1,50 m beträgt und sie von den Nachbargrenzen einen Abstand von wenigstens 3 m einhalten; die sich daraus für Erker ergebende Kubatur an einer Gebäudefront kann unter Einhaltung dieser Ausladung und des Abstandes von den Nachbargrenzen an dieser Front frei angeordnet werden. An Gebäuden, deren Gebäudehöhe nach den Bestimmungen des § 75 Abs. 4 und 5 zu bemessen ist, dürfen solche Vorbauten an den Straßenfronten nur eine Ausladung von höchstens 1 m aufweisen. Darüber hinaus sind bis zu einem weiteren Drittel der Gebäudefront solche Balkone über gärtnerisch auszugestaltenden Flächen, ausgenommen Abstandsflächen, zulässig;

..."

Der Beschwerdeführer ist (Mit )Eigentümer einer dem Baugrundstück der mitbeteiligten Partei benachbarten Liegenschaft. Er hat rechtzeitig Einwendungen im Sinne des § 134 Abs. 3 zweiter Satz BO gegen das Bauvorhaben hinsichtlich der Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe sowie der flächenmäßigen Ausnützbarkeit des Bauplatzes erhoben.

Gemäß § 134a Abs. 1 BO werden subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

"a) Bestimmungen über den Abstand eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage von den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;


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b)
Bestimmungen über die Gebäudehöhe;
c)
Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;
d)
Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;
e)
Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;
f)
Bestimmungen, die den Nachbarn zu Emissionen berechtigen."
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes wendet sich der Beschwerdeführer -
wie schon im Verfahren vor der belangten Behörde - auch vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen die Gebäudehöhenüberschreitung des bewilligten Bauvorhabens. Durch die Überschreitung der Gebäudehöhe ergebe sich eine Kubaturgewinnung. Mit dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sei Bauklasse III festgeschrieben worden. Diese Bauklasse sei trotz mehrfacher Änderungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes beibehalten worden. Daraus ergebe sich eine klare und eindeutige Tendenz für die Wichtigkeit und Einhaltung dieser Gebäudehöhe. Eine Angleichung der gegenständlichen Gebäudehöhe an den Baubestand im Umfeld bedeute, dass bei allen derartigen Bauvorhaben in diesem Umfeld eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 69 BO gerechtfertigt wäre. Es sei nicht einsichtig, warum die hohe Qualität des Standortes bezüglich des Wohnumfeldes die Überschreitung der Gebäudehöhe im beantragten Ausmaß rechtfertigen würde, wie dies vom Sachverständigen angenommen werde. Die den geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan unterlaufende Tendenz werde dadurch verdeutlicht und verstärkt, dass eine Angleichung der Gebäudehöhe an den umliegenden Bestand und vor allem an die Nachbarliegenschaft S-straße 83 als Begründung angeführt werde. Auch das Argument, dass die Ansprüche der Bevölkerung an ein zeitgemäßes Wohnen die Gebäudehöhenüberschreitung rechtfertige, sei nicht stichhältig.
Nach §
69 Abs. 2 BO ist jede Abweichung von Bebauungsvorschriften gemäß Abs. 1 dieses Paragraphen für sich daraufhin zu prüfen, ob es sich um eine unwesentliche Abweichung handelt. Eine wesentliche Abweichung ist dann gegeben, wenn der Abweichung eine den Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan unterlaufende Tendenz innewohnt. Entscheidend ist dabei, ob und in welchem Umfang durch das zu bewilligende Bauvorhaben Abweichungen von den Bebauungsvorschriften erfolgen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0096, mwN). Die Prüfung der Wesentlichkeit hat sich an der jeweils festgelegten Beschränkung zu orientieren, von der abgewichen werden soll.
Die belangte Behörde ist ihrer aus §
69 Abs. 2 BO resultierenden Verpflichtung zur Interessenabwägung nachgekommen. Sie hat zutreffend die hier gegenständliche Überschreitung der gemäß § 75 Abs. 2 BO für die Bauklasse III mit höchstens 16 m festgesetzten Gebäudehöhe im Beschwerdefall deshalb für nicht wesentlich erachtet, weil damit das projektierte Gebäude jener des Nachbarobjektes angeglichen werden soll und damit die Überschreitung der höchst zulässigen Gebäudehöhe der Angleichung an die Höhenentwicklung des Baubestandes im Umfeld des bewilligten Vorhabens dient. Eine den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan unterlaufende Tendenz kann daher im Beschwerdefall mit der genehmigten Abweichung von den Bebauungsvorschriften nicht erkannt werden.
Die mit der Zulässigkeit der Gebäudehöhenüberschreitung einhergehende Vergrößerung der Kubatur kann für sich keine Unzulässigkeit des Bauvorhabens begründen, da eine Kubaturbeschränkung nicht normiert ist.
Liegen aber die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Ausnahmebewilligung vor, kann der beschwerdeführende Nachbar in seinem von ihm geltend gemachten subjektivenöffentlichen Recht nach §
134a Abs. 1 lit. b BO nicht mehr verletzt sein.
Ausgehend von der als zulässig erkannten Gebäudehöhe des Bauvorhabens erweisen sich die im zweiten Dachgeschoss vorgesehenen Balkone gemäß §
84 Abs. 2 lit. a BO als zulässig. Die Ausladung der Balkone über die Baufluchtlinie in die gärtnerisch auszugestaltende Fläche überschreitet nicht 1,50 m. Die Balkone nehmen auch nicht mehr als zwei Drittel der Breite der Hauptfront in Anspruch. Jeweils zu beiden Seiten halten diese Balkone einen Abstand von 3 m zu den Grundgrenzen ein. Der zulässige Dachumriss der Balkone wird nur von den Geländern überschritten; hierbei handelt es sich nicht um raumbildende Gebäudeteile gemäß § 81 Abs. 6 BO.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, wie auch schon im Verfahren vor der Berufungsbehörde, dass die Einreichpläne überklebt worden seien und ihm diesbezüglich kein Parteiengehör gewährt worden sei.
Die der erstinstanzlichen Baubewilligung vom 21.
Juli 2008 zu Grunde liegenden Einreichpläne vom erweisen sich als unbedenklich. Die gekennzeichneten Überklebungen auf den Einreichplänen sind im Hinblick auf die Markierungen bereits Gegenstand im Verfahren vor der Behörde erster Instanz gewesen. Im Berufungsverfahren wurden die Pläne nicht geändert. Aus den Plänen konnte sich der Beschwerdeführer die Informationen verschaffen, die zur Verfolgung seiner Nachbarrechte notwendig waren. Die behaupteten Verfahrensverletzungen liegen somit nicht vor.
In der mündlichen Verhandlung verwies der Beschwerdeführer auf Auswechslungspläne vom 5.
Oktober 2009, die insbesondere auch einen Wintergarten enthalten sollen und die der vorgelegten Fertigstellungsanzeige vom zugrunde lägen. Gegenstand dieses Verfahrens ist aber ausschließlich die mit Bescheid vom erteilte und die mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte Baubewilligung. Allenfalls davon abweichende Ausführungen können, wenn sie nicht rechtskräftig bewilligt sind, Gegenstand eines baupolizeilichen Verfahrens seien.
Die Behauptung, dass mit der Benützung der bewilligten Stellplätze unzulässige Immissionen bzw. Emissionen verbunden wären, wurde vom Beschwerdeführer erstmals in seiner Berufung erhoben.
Nach §
134 Abs. 3 dritter Satz BO erlangt ein Nachbar im Baubewilligungsverfahren Nachbar- und damit Parteistellung nur im Rahmen und im Umfang der rechtzeitig erhobenen rechtserheblichen Einwendungen und kann daher nur insoweit in seinen Rechten verletzt sein. Der Nachbar kann somit nur im Rahmen der von ihm erhobenen Einwendungen Parteistellung erlangen und auch nur insoweit Parteirechte beanspruchen. Ein über die erlangte Parteistellung hinausgehendes Berufungsvorbringen ist daher unzulässig. Ein solches unzulässiges Berufungsvorbringen hat zur Folge, dass der Berufungsbehörde eine meritorische Entscheidung darüber versagt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0059, m.w.N.).
Der ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführer hat bezüglich der aus der Benützung der bewilligten Stellplätze zu erwartenden Immissionsbelastung keine Einwendungen im Verfahren vor der Behörde erster Instanz erhoben und insoweit keine Parteistellung erlangt. Diese Präklusion ist auch vom Verwaltungsgerichtshof zu beachten (vgl.
die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 91/05/0060, und vom , Zl. 98/06/0229, u.a.).
Die Beschwerde war daher gemäß §
42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§
47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 21.
Dezember 2010