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VwGH vom 11.11.2011, 2011/09/0154

VwGH vom 11.11.2011, 2011/09/0154

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der D H in W, vertreten durch Dr. Herbert Heigl und Mag. Willibald Berger, Rechtsanwälte in 4614 Marchtrenk, Linzer Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-252729/13/Py/Hu, betreffend Bestrafung nach dem AuslBG (weitere Parteien: Bundesministerin für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Beschwerdeführerin - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - schuldig erkannt, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der A-GmbH in W zu verantworten, dass am der ungarische Staatsangehörige V mit Reinigungsarbeiten im Bereich des Pflanzenraumes entlang der Osttangente an der Adresse dieses Unternehmens in W beschäftigt worden sei, obwohl für ihn keine der im Einzelnen näher genannten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen sei.

Über die Beschwerdeführerin wurde wegen Verletzung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG eine Geldstrafe in Höhe von EUR 2.000,-- (im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden) verhängt.

In ihrer Bescheidbegründung stellte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges im Wesentlichen fest, dass der ungarische Staatsangehörige V am bei gärtnerischen Hilfstätigkeiten (Unkraut jäten, Entfernung des Laubes) am Grünstreifen des Betriebsgeländes der A-GmbH entlang der Osttangente (in) W beobachtet worden sei. Die Arbeiten seien von ihm gemeinsam mit G, einem Arbeitnehmer der A-GmbH, durchgeführt worden. V sollte dafür als Entgelt einen Stundenlohn in Höhe von 10 Euro erhalten. Auf Grund der großen Grünflächen am Firmengelände sollten die Arbeiten längere Zeit andauern. Das für die Arbeiten erforderliche Werkzeug (Rechen, Besen, Mülltonne) sei von der Beschwerdeführerin beigestellt worden. V sei immer dann, wenn Kehrarbeiten, Müllarbeiten oder Reinigungsarbeiten auf dem Gelände durchzuführen gewesen seien, von der Beschwerdeführerin telefonisch kontaktiert worden. Wo dann welche Arbeit konkret zu verrichten gewesen sei, sei ihm jeweils von der Beschwerdeführerin oder deren Bruder mitgeteilt worden.

Dem Einwand der Beschwerdeführerin, wonach der der Ausländer seine Tätigkeit in Erfüllung eines Werkvertrages verrichtet habe, hielt die belangte Behörde entgegen, dass die (Arbeits)Leistungen von V von der Beschwerdeführerin nach Erforderlichkeit abgerufen und von ihm lediglich Hilfsarbeiten verrichten worden seien, dem vorgelegten Werksvertrag eine konkrete individualisierte Leistung nicht zu entnehmen sei, die Arbeiten ausschließlich mit Material bzw. Werkzeug der Beschwerdeführerin und im Arbeitsverbund mit einem Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin durchgeführt worden seien sowie ein gewährleistungstauglicher Erfolg der Tätigkeit nicht erkennbar und die Entlohnung auf Grund eines vereinbarten Stundensatzes erfolgt sei.

Unter Zugrundelegung dessen erachtete die belangte Behörde das Vorliegen der objektiven und der subjektiven Tatseite der inkriminierten Verwaltungsübertretung als erwiesen und legte im Weiteren ihre Strafbemessungsgründe dar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie Erstattung der Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/09/0190, mwN).

Insofern sich die Beschwerdeführerin neuerlich mit dem Vorliegen eines Werkvertrages verantwortet, ist ihr zu antworten:

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für den Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0003, mwN).

Der wesentlich auf den Aussagen des in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Beamten der Finanzpolizei und des Zeugen V beruhende Sachverhalt, wonach der Ungar zu diesen und ähnlichen Hilfsarbeiten über telefonischen Kontakt seitens der Beschwerdeführerin bei Bedarf herangezogen und ihm dann (erst) konkrete Anweisung über die jeweils zu verrichtenden Tätigkeiten erteilt worden seien sowie die Bezahlung nach Stunden erfolgt sei, weist vor dem Hintergrund des Fehlens eines im Vorhinein bestimmbaren Werkes (das im vorgelegten "Werkvertrag" mit "Durchführung von Hausbetreuungsleistungen im Zeitraum ab 0.10.2009 bis " umschriebenen Tätigkeitsfeld ist ohne konkrete Umschreibung von Art, Ort und Umfang - auch im Zusammenhang mit den vorgelegten stundenweisen Abrechnungen von Einzelleistungen - keine Abgrenzung eines Werkes) in eindeutiger Weise auf eine Integration dieses Ungarn in die Arbeitsorganisation der A-GmbH hin. Diesen wie auch den übrigen Feststellungen zu den Arbeitsbedingungen von V ist die Beschwerde nicht entgegengetreten.

Bei den gegenständlichen gärtnerischen Arbeiten handelt es sich nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs. 4 AuslBG) um Hilfsarbeiten bzw. einfache manipulative Tätigkeiten. Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, die überdies im Firmengeländebereich der A-GmbH erbracht werden, dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/18/0129, mwN).

Insofern die Beschwerdeführerin auch unionsrechtliche Bedenken gegen die Qualifikation der gegenständlichen Beschäftigung als arbeitnehmerähnliches Verhältnis geltend macht, ist ihr zu antworten, dass - im hier maßgeblichen Zeitraum - Ungarn ihre Tätigkeit als "EU-Bürger mit Gewerbescheinen" in Österreich nur im Falle der Erbringung von Dienstleistungen als Selbständige ausüben durften. Einerseits bezieht sich § 373a GewO nur auf die in § 1 GewO genannten Tätigkeiten; nach dessen Abs. 2 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Andererseits besteht hinsichtlich der Merkmale etwa des AuslBG, des AÜG, der GewO und der hg. Rechtsprechung zur Abgrenzung von selbständiger zu unselbständiger Tätigkeit zwischen Unionsrecht und innerstaatlichem Recht kein Unterschied, weil es allein auf das Unterordnungsverhältnis ankommt (vgl. mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0163, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0350). Damit verstößt es auch nicht gegen das Unionsrecht, dass in jenen Fällen, in denen eine solche Überprüfung ergibt, dass in Wahrheit eine unzulässige unselbständige Beschäftigung vorliegt, eine Verwaltungsstrafe verhängt wird.

Die belangte Behörde ist sohin zu Recht von einer Beschäftigung des Ungarn in einem Unterordnungsverhältnis ausgegangen, sodass es insgesamt keinen Bedenken begegnet, wenn die belangte Behörde im Ergebnis zur Annahme einer unselbständigen Tätigkeit des V gelangt ist.

Soweit die Beschwerdeführerin aus der erforderlichen Prüfung des Vorliegens von Dokumenten nach dem AuslBG seitens des Arbeitgebers eine unzulässige Diskriminierung ausländischer gegenüber inländischen Arbeitnehmern ableitet, kann ihr nicht gefolgt werden, wie auch für sie aus dem in der Beschwerde dazu herangezogenen , nichts zu gewinnen ist: In diesem Erkenntnis hat der EuGH lediglich ausgesprochen, dass es gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt, wenn die Eintragung bestimmter Gesellschaften, an denen Angehörige der neuen Mitgliedstaaten beteiligt sind, im Firmenbuch von der vorherigen Feststellung der Selbständigkeit durch das Arbeitsmarktservice oder von der vorherigen Vorlage eines Befreiungsscheines anhängig gemacht wird. Er hat aber ausdrücklich festgehalten, dass eine Überprüfung, ob bestimmte Tätigkeiten tatsächlich selbständig oder doch im Rahmen einer unselbständigen Beschäftigung ausgeübt werden, zulässig ist (Rn. 40 des genannten Erkenntnisses).

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am