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VwGH 28.02.2012, 2011/09/0149

VwGH 28.02.2012, 2011/09/0149

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde 1. der AG in E, 2. der RR GmbH in W, beide vertreten durch Mag. Stephan Hemetsberger, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Hietzinger Hauptstraße 158, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-07/A/6/1104/2010-12, UVS-07/AV/6/1822/2010, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesministerin für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde die Erstbeschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit zur Vertretung nach außen Berufene der G GmbH (die Zweitbeschwerdeführerin) mit dem Sitz in W zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin von bis die polnische Staatsangehörige IA mit Reinigungsarbeiten wie Staubsaugen, Staubwischen, Blumen gießen sowie Müll entsorgen beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen sei.

Die Erstbeschwerdeführerin habe dadurch eine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.900,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und 20 Stunden) verhängt.

Ferner wurde ausgesprochen, dass die G GmbH für die mit diesem Bescheid über die zur Vertretung nach außen berufene Erstbeschwerdeführerin verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand hafte.

Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom , B 312, 313/11-3, ihre Behandlung ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführenden Parteien versuchen, durch ausgewählte Teile aus der Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde die Beweiswürdigung und die Sachverhaltsfeststellung an sich zu erschüttern, und damit zu anderen Sachverhalten (z.B. im Hinblick auf "Arbeitszeiten und Arbeitsumfang", das "Eigentum" an Betriebsmitteln), bzw. einer anderen rechtlichen Beurteilung zu gelangen.

Wenngleich sich die von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltselemente im angefochtenen Bescheid etwas verstreut (so auch in der rechtlichen Beurteilung) finden, so ist doch (nicht zuletzt im Zusammenhang mit den wörtlich wiedergegebenen Aussagen der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Personen) unzweifelhaft zu erkennen, von welchem Sachverhalt die belangte Behörde ausgegangen ist.

Ausgehend davon hält die von den beschwerdeführenden Parteien angestrebte Bewertung der Tätigkeit der IA als selbständige Tätigkeit einer näheren Betrachtung nicht stand:

Zum Begriff der Beschäftigung nach dem AuslBG (samt Abgrenzung zum Werkvertrag und zum freien Dienstvertrag) wird (stellvertretend für viele Erkenntnisse) gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/09/0219 mwN, verwiesen.

Insofern die beschwerdeführenden Parteien auf die Gewerbeberechtigung der Polin hinweisen, ist ihnen zu entgegnen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkannt hat, ist der bloß formale Umstand, dass die Polin im Besitz einer österreichischen Gewerbeberechtigung war, für die Beurteilung ihrer sachverhaltsmäßig festgestellten Tätigkeit dahingehend, ob eine Beschäftigung nach dem AuslBG vorliegt oder nicht, nicht maßgeblich (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/18/0129). Ausländer, die formell im Besitz von Gewerbeberechtigungen waren, nach der nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt vorzunehmenden Beurteilung ihrer Tätigkeit aber de facto nicht selbständig sind, sind nicht vom Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen.

Weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus den im Akt einliegenden "Rechnungen" ist ein im Vorhinein bestimmtes, klar umrissenes Werk zu erkennen. Es reicht nicht hin, in einem "Werkvertrag" nur den Rahmen für im Einzelfall abgeschlossene Vertragsverhältnisse abzustecken, wenn es an der für eine Zuordnung zu einem bestimmten Vertragstyp erforderlichen Bestimmtheit der Leistungen fehlt.

Die beschwerdeführenden Parteien sind vor allem an die Aussage der IA zu erinnern, dass ihr "tatsächlich für jeden einzelnen Tag bestimmt wurde, wo" sie "zu arbeiten habe". Es ergibt sich aus den vorgelegten "Rechnungen", dass IA während des Zeitraumes von mehreren Monaten regelmäßig bei der Reinigung der selben Objekte ("Bank S, E, B") eingesetzt wurde. Schon daraus ergibt sich, dass die Polin unter Einordnung in die Betriebsorganisation der G GmbH regelmäßig täglich aufs Neue zur Erfüllung der der G GmbH erteilten Daueraufträge auf Reinigung bestimmter Objekte verwendet wurde.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargelegten und zutreffenden Gründen handelte es sich bei den von IA für die Zweitbeschwerdeführerin (bzw. deren Auftraggeber) an verschiedenen Einsatzorten (die jeweils von den Beschwerdeführern vorgegeben wurden) verrichteten und von den beschwerdeführenden Parteien bzw. deren Auftraggebern kontrollierten Reinigungstätigkeiten um manuelle Hilfstätigkeiten, die im Rahmen eines unselbständigen Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit erbracht worden sind. Atypische Umstände, die einer solchen Beurteilung der in Einbindung in die betriebliche Organisation der G GmbH geleisteten manuellen Hilfstätigkeiten entgegen stehen würden, sind nicht ersichtlich, zumal IA nicht werbend am Markt aufgetreten ist, über keine unternehmerische Infrastruktur oder eine eigene betriebliche Organisation und auch nicht über nennenswerte Betriebsmittel verfügt hat, keine eigenen unternehmerischen Entscheidungen getroffen hat und sie ausschließlich für die zweitbeschwerdeführende Partei gearbeitet hat (vgl. zum Ganzen etwa das Reinigungsarbeiten betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0038). Nicht zuletzt weisen auch die Regelmäßigkeit und längere Dauer (mehrere Monate) sowie der von Seiten der G GmbH "vorgeschlagene" Stundenlohn auf die Unselbständigkeit der IA hin. Der Hinweis der beschwerdeführenden Parteien auf eine "Vertretungsmöglichkeit" der IA versagt, weil IA für den Fall der Erkrankung nur "annahm", dass sie "jemanden schicken hätte müssen" und ein Vertretungsfall tatsächlich nie eingetreten ist. Die Aussage der IA, "wenn die Materialien in den einzelnen Objekten ausgegangen sind, habe ich es der Sekretärin im jeweiligen Objekt gesagt oder auch der Frau GA mitgeteilt, abhängig davon, welche Putzmittel gerade gefehlt haben", erlangt nur dann Sinn, wenn das Material nicht allein von IA, sondern auch von der Auftraggeberseite zur Verfügung gestellt wurde.

Letztendlich ist auch IA nach dem Gesamtzusammenhalt ihrer Aussagen nicht davon ausgegangen, dass sie als selbständige Unternehmerin für die G GmbH tätig gewesen sei.

Gegen den Haftungsausspruch wird außer der formellen Anfechtungserklärung inhaltlich nichts eingewendet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2012:2011090149.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAE-87343