VwGH vom 17.02.2016, 2013/17/0890
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Senatspräsident Dr. Köhler und Hofrätin Mag.a Dr. Nussbaumer-Hinterauer als Richter und Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde 1. des J S in W (zu 2013/17/0890 und 2013/17/0891) und 2. der A A in W (zu 2013/17/0892), beide vertreten durch Dr. Maria Brandstetter, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Stephansplatz 4/Stiege VIII, gegen die Bescheide der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien 1. vom , Zl ABK - 246/2012 (2013/17/0890), zu 2. vom , Zl ABK - 269595/2013 (2013/17/0891), und 3. vom , Zl ABK - 79165/2013 (2013/17/0892), jeweils betreffend Vergnügungssteuer nach Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer zu 2013/17/0890 und 2013/17/0891 Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.692,80 und der Beschwerdeführerin zu 2013/17/0892 Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Dem Beschwerdeführer zu 2013/17/0890 und 2013/17/0891 wurden vom Magistrat der Stadt Wien mit zwei Bescheiden gemäß § 6 Abs 1 (Wiener) Vergnügungssteuergesetz 2005 - VGSG für das Halten eines Spielapparates mit Hunde- und Pferderennen für Mai 2007 bis September 2010 und Juni 2012 bis Jänner 2013 Vergnügungssteuer vorgeschrieben. Weiters wurde jeweils ein Verspätungszuschlag gemäß § 210 Abs 1 BAO bzw ein Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs 1 und 2 BAO auferlegt.
Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom wurde der Beschwerdeführerin zu 2013/17/0892 für das Halten eines Spielapparates mit Hunde- und Pferderennen für die Monate Mai 2007 bis September 2010 eine Vergnügungssteuer in der Höhe von EUR 57.400,- vorgeschrieben. Gleichzeitig wurde gemäß § 135 BAO ein Verspätungszuschlag und gemäß § 217 Abs 1 und 2 BAO ein Säumniszuschlag auferlegt.
Die beschwerdeführenden Parteien erhoben Berufung gegen diese erstinstanzlichen Bescheide. Mit den hier angefochtenen Erkenntnissen der belangten Behörde wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen.
Begründend stellte die belangte Behörde in den drei Erkenntnissen weitgehend übereinstimmend zunächst die wesentlichen Bestimmungen des Vergnügungssteuergesetzes 2005 - VGSG, LGBl für Wien Nr 56/2005 dar und gab die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Spielapparatebegriff wieder. Sodann stellte sie fest, dass es sich bei der in den Bescheiden näher beschriebenen Anlage um einen Apparat handle, bei dem ein Gewinn in Geld oder Geldeswert erzielt werden könne. Es stehe unbestritten fest, dass im Spiellokal Bildschirme zur Darstellung der Quoten, Wettmöglichkeiten und Rennergebnisse für Hunde- und Pferderennen und zur Vorführung der Rennen sowie ein gemeinsames EDV-System (Computer, Bildschirm, Drucker und Tastatur) vorhanden gewesen seien. Um zu spielen, habe der Spieler einen Mitarbeiter kontaktieren müssen, der den Spieleinsatz entgegengenommen, den Tipp in den Computer eingegeben und damit im System verbucht habe. Hierüber sei sodann ein Beleg ausgedruckt worden. Hinsichtlich der näheren Ausgestaltung der Anlage und des detaillierten Ablaufs der Veranstaltung werde auf das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien verwiesen. Da keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorlägen, sei bezüglich des Sachverhalts den Angaben der jeweiligen beschwerdeführenden Partei zu folgen.
Aus der hg Rechtsprechung (Hinweis auf , und vom , 2011/17/0222) ergebe sich, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Anlage um einen Spielapparat handle, da es auf die Art der technischen Einrichtung zur Vermeidung von Umgehungen nicht ankomme. Zur Abgrenzung zwischen Wette und Spiel und zur Zulässigkeit der Festsetzung von Vergnügungssteuer für virtuelle Pferde- und Hunderennen wurde auf das Erkenntnis , verwiesen.
Dem Vorbringen, dass die Hunde- bzw Pferderennen von jedermann im Internet abgerufen werden könnten, sei zu entgegnen, dass es nicht darauf ankomme, dass ein Spiel auch an anderen Orten möglich sei.
Gegen diese Bescheide richten sie dich vorliegenden Beschwerden, mit denen inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Akten nach Vorlage der Verwaltungsakten in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. In den Beschwerdefällen sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
2.2. Hinsichtlich der maßgebenden Bestimmungen ist auf die Wiedergabe der Regelungen des Wiener Vergnügungssteuergesetzes, LGBl Nr 56/2005, im hg Erkenntnis vom , 2013/17/0593, zu verweisen.
2.3. Die Beschwerdefälle gleichen hinsichtlich des Sachverhalts und der maßgeblichen Rechtsfragen jenem, über den mit dem genannten Erkenntnis vom zu entscheiden war. Gemäß § 43 Abs 2 VwGG wird daher auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
Die belangte Behörde hat auch in den vorliegenden Bescheiden die Angaben der jeweiligen beschwerdeführenden Partei zu Grunde gelegt, aber wie in dem dem Erkenntnis 2013/17/0593 zu Grunde liegenden Fall ohne gesonderte Begründung gegensätzliche Feststellungen dahingehend getroffen, dass das Spiel, auf welches nach den Angaben der beschwerdeführenden Parteien die spielenden Personen keinen Einfluss hatten, "auf Grund des Angebotes des Spielenden" in Gang gesetzt worden und "über einen Bildschirm das Rennen, das über Gewinn und Verlust des Spielenden entscheidet, abgespielt" worden sei. Die angefochtenen Bescheide lassen daher ebenfalls eindeutige und nachvollziehbare Feststellungen zur Funktionsweise der im Lokal der Beschwerdeführer betriebenen Anlagen und zum konkreten Spielablauf vermissen.
Die belangte Behörde hat daher auch in den vorliegenden Bescheiden ihre Annahme, dass ein Spielapparat im Sinne des § 6 Abs 1 VGSG vorliege, nicht ausreichend begründet.
2.4. Die vorliegenden Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 2014.
Wien, am