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VwGH vom 10.12.2021, Ra 2020/17/0013

VwGH vom 10.12.2021, Ra 2020/17/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, die Hofrätinnen Mag. Dr. H. Zehetner, Mag. Liebhart-Mutzl und Dr. Koprivnikar sowie den Hofrat Dr. Terlitza als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des J Z in F, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom , LVwG 30.23-2284/2018-30, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), zu Recht erkannt:

Spruch

I. 1. Die in BGBl. I Nr. 55/2020 gemäß § 38a Abs. 2 VwGG kundgemachten Rechtsfragen werden wie folgt beantwortet:

Die Rechtsgrundlagen

i) für die Verhängung von Geldstrafen gemäß § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 13/2014,

ii) für die Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 16 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, im Zusammenhang mit der Verhängung von Geldstrafen gemäß § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG und

iii) für die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 Abs. 2 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 33/2013,

sind grundsätzlich mit dem Unionsrecht (insbesondere Art. 56 AEUV und Art. 49 Abs. 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) vereinbar.

I. 2. Auf die mit der Kundmachung eintretenden, in § 38a Abs. 4 VwGG genannten Rechtsfolgen wird verwiesen.

I. 3. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung der Spruchpunkte I.1. und I.2. im Bundesgesetzblatt, Teil II, verpflichtet.

II. 1. Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

II. 2. Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

11. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, die von ihm als Geschäftsführer vertretene A GmbH habe vom 30. April bis zum verbotene Ausspielungen in einem näher genannten Lokal mit insgesamt zehn Glücksspielautomaten unternehmerisch zugänglich gemacht und dadurch insgesamt zehn Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG begangen. Die A GmbH habe die Veranstaltung der verbotenen Ausspielungen in ihrem Lokal geduldet und an der Auszahlung erzielter Spielgewinne dadurch mitgewirkt, dass sie das Personal zur Auszahlung von Gewinnen angehalten habe. Die A GmbH hafte für die verhängten Geldstrafen sowie für die Verfahrenskosten. Gemäß § 52 Abs. 2 GSpG verhängte die belangte Behörde zehn Geldstrafen in der Höhe von jeweils € 10.000,-- sowie zehn Ersatzfreiheitsstrafen in der Höhe von jeweils drei Tagen und verpflichtete den Revisionswerber zusätzlich zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 10.000,--.

22.1. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) wies die vom Revisionswerber gegen das behördliche Straferkenntnis erhobene Beschwerde im ersten Rechtsgang sowohl hinsichtlich des Schuldspruches als auch hinsichtlich des Strafausspruches mit näherer Begründung ab. Der Verwaltungsgerichtshof hob dieses Erkenntnis im Umfang seines Ausspruchs über die Strafe sowie die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens und des Beschwerdeverfahrens wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf; im Übrigen wies der Verwaltungsgerichtshof die Revision zurück (). Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dem angefochtenen Erkenntnis seien Feststellungen zu der den höheren (vierten) Strafsatz begründenden Vortat nicht zu entnehmen. Da das Verwaltungsgericht weder die „einschlägigen Vorstrafen“ näher darstelle noch eine Begründung für die Heranziehung des vierten Strafsatzes des § 52 Abs. 2 GSpG vornehme, liege ein Begründungsmangel vor, welcher einen revisiblen Verfahrensmangel darstelle.

32.2. In der Folge gab das Verwaltungsgericht mit dem im fortgesetzten Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis der Beschwerde des Revisionswerbers im Zusammenhang mit dem Strafausmaß dahingehend Folge, dass es in Anwendung von § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG zehn Geldstrafen zu jeweils € 4.000,-- sowie zehn Ersatzfreiheitsstrafen zu je einem Tag verhängte. Der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren (§ 64 VStG) wurde mit € 4.000,-- festgesetzt (Spruchpunkt I.). Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren schrieb das Verwaltungsgericht keine Kosten vor. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für unzulässig (Spruchpunkt II.).

43.1. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

53.2. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Ab- bzw. Zurückweisung der Revision beantragte.

63.3. Mit Beschluss vom , Ra 2020/17/0013, hat der Verwaltungsgerichtshof den Gerichtshof der Europäischen Union um die Beantwortung folgender Fragen ersucht:

„1) Hat das nationale Gericht in einem Strafverfahren, das zum Schutze einer Monopolregelung geführt wird, die von ihm anzuwendende Strafsanktionsnorm im Lichte der Dienstleistungsfreiheit zu prüfen, wenn es bereits zuvor die Monopolregelung entsprechend den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes geprüft hat und diese Prüfung ergeben hat, dass die Monopolregelung gerechtfertigt ist?

2) Für den Fall der Bejahung der ersten Frage:

2a) Ist Art. 56 AEUV dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche für das unternehmerische Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz zwingend die Verhängung einer Geldstrafe pro Glücksspielautomat ohne absolute Höchstgrenze der Gesamtsumme der verhängten Geldstrafen vorsieht?

2b) Ist Art. 56 AEUV dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche für das unternehmerische Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz die Verhängung einer Mindeststrafe in der Höhe von € 3.000,-- pro Glücksspielautomat zwingend vorsieht?

2c) Ist Art. 56 AEUV dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche für das unternehmerische Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe pro Glücksspielautomat ohne absolute Höchstgrenze der Gesamtsumme der verhängten Ersatzfreiheitsstrafen vorsieht?

2d) Ist Art. 56 AEUV dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche im Fall der Bestrafung wegen des unternehmerischen Zugänglichmachens verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 10% der verhängten Geldstrafen vorsieht?

3) Für den Fall der Verneinung der ersten Frage:

3a) Ist Art. 49 Abs. 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche für das unternehmerische Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz zwingend die Verhängung einer Geldstrafe pro Glücksspielautomat ohne absolute Höchstgrenze der Gesamtsumme der verhängten Geldstrafen vorsieht?

3b) Ist Art. 49 Abs. 3 GRC dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche für das unternehmerische Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz die Verhängung einer Mindeststrafe in der Höhe von € 3.000,-- pro Glücksspielautomat zwingend vorsieht?

3c) Ist Art. 49 Abs. 3 GRC dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche für das unternehmerische Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe pro Glücksspielautomat ohne absolute Höchstgrenze der Gesamtsumme der verhängten Ersatzfreiheitsstrafen vorsieht?

3d) Ist Art. 49 Abs. 3 GRC dahingehend auszulegen, dass er einer nationalen Norm entgegensteht, welche im Fall der Bestrafung wegen des unternehmerischen Zugänglichmachens verbotener Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 10% der verhängten Geldstrafen vorsieht?“.

73.4. Der Verwaltungsgerichtshof hat am weiters folgenden Beschluss gemäß § 38a VwGG gefasst:

„I. Beim Verwaltungsgerichtshof besteht Grund zur Annahme, dass im Sinne des § 38a Abs. 1 VwGG eine erhebliche Anzahl von Revisionen eingebracht werden wird, in denen gleichartige Rechtsfragen zu lösen sind: Es geht um die Fragen, ob § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz Glücksspielgesetz - GSpG sowie im Zusammenhang mit der Verhängung von Geldstrafen gemäß § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz leg. cit., die §§ 16 und 64 VStG gegen Unionsrecht (Art. 56 AEUV sowie Art. 49 Abs. 3 GRC) verstoßen und ob die vor dem Verwaltungsgerichtshof in Revision gezogene Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark wegen der allenfalls daraus folgenden Unanwendbarkeit ohne gesetzliche Grundlage ergangen ist.

II. Zur Beantwortung der in Spruchpunkt I. genannten Rechtsfragen hat der Verwaltungsgerichtshof § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, idF BGBl. I Nr. 13/2014, sowie § 16 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 und § 64 Abs. 2 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 33/2013, anzuwenden.

III. Der Verwaltungsgerichtshof wird die Rechtsfragen in dem zu Ra 2020/17/0013 protokollierten Revisionsverfahren behandeln.

IV. Der Bundeskanzler ist gemäß § 38a Abs. 2 VwGG zur unverzüglichen Kundmachung des Spruches dieses Beschlusses im Bundesgesetzblatt verpflichtet. Auf die mit der Kundmachung eintretenden, in § 38a Abs. 3 VwGG genannten Rechtsfolgen, wird verwiesen.“

8Die Bundesministerin für EU und Verfassung hat diesen Beschluss am im Bundesgesetzblatt kundgemacht (BGBl. I Nr. 55/2020).

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

9A. Zur Zulässigkeit

10Die Revision erweist sich als zulässig, weil sie unter Berufung auf das Maksimovic u.a., C-64/18, u.a., geltend macht, dass die Bestrafung des Revisionswerbers nach dem gestaffelten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG sowie die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafen dem unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zuwiderlaufe; es gebe keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob das erwähnte Urteil einer uneingeschränkten Anwendung des § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG entgegenstehe.

11B. Die maßgebliche Rechtslage

121. Unionsrecht:

131.1. Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Konsolidierte Fassung; AEUV), ABl. C 326/49 vom , lautet (auszugsweise):

DIENSTLEISTUNGEN

Artikel 56

(ex-Artikel 49 EGV)

Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.

Das Europäische Parlament und der Rat können gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschließen, dass dieses Kapitel auch auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Union ansässig sind.“

141.2. Art. 49 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), C 364/1 vom , lautet (auszugsweise):

Artikel 49

Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen

1. [...]

2. [...]

3. Das Strafmaß darf gegenüber der Straftat nicht unverhältnismäßig sein.“

152. Innerstaatliches Recht

162.1. Das Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 13/2014 und BGBl. I Nr. 118/2015, lautet (auszugsweise):

Ausspielungen

§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele,

1.die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2.bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und Verwaltungsstrafbestimmungen

3.bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

[...]

(4) Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.

[...]

Aufsicht

§ 19. 1) Der Bundesminister für Finanzen hat den Konzessionär auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder des Konzessionsbescheides oder sonstiger Bescheide oder Verordnungen, die auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassen worden sind, zu überwachen. Zu diesem Zweck kann der Bundesminister für Finanzen in die Bücher und Schriften des Konzessionärs Einsicht nehmen; er kann Überprüfungen an Ort und Stelle vornehmen oder durch Abschlußprüfer oder sonstige sachverständige Personen vornehmen lassen und vom Konzessionär Auskünfte über Geschäftsvorfälle, die Vorlage von Zwischenabschlüssen und von Ausweisen in bestimmter Form und Gliederung verlangen; solchen Verlangen hat der Konzessionär unverzüglich nachzukommen. Organe und Personen, deren sich der Bundesminister für Finanzen zur Ausübung seines Aufsichtsrechtes bedient, dürfen die Geschäftsräume des Konzessionärs betreten und haben sich zu Beginn der Amtshandlung unaufgefordert durch Vorlage eines schriftlichen Prüfungsauftrages auszuweisen. Die Kosten der Überwachung trägt der Konzessionär; der Bundesminister für Finanzen hat den jährlichen Personal- und Sachaufwand für die Überwachung des Konzessionärs gemäß der WFA-FinAV, BGBl. II Nr. 490/2012, in der Fassung der Kundmachung BGBl. II Nr. 78/2019, mit Bescheid zu bemessen und dem Konzessionär innerhalb von drei Monaten nach Ablauf jedes Quartals zur Zahlung innerhalb von 14 Tagen vorzuschreiben.

[...]

(7) Der Bundesminister für Finanzen hat bei der Aufsicht nach Abs. 1 zur Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung die Bestimmungen der § 8 Abs. 5, § 9 Abs. 4, § 9a Abs. 2 bis 5, § 18, § 19 Abs. 3, § 24 Abs. 5, § 25 Abs. 2 und 5 bis 10, § 26, § 31 Abs. 1, 2 und 3 Z 1, § 32, § 33, § 37, § 38, § 40 Abs. 2 bis 4 FM-GwG [= Finanzmarkt-Geldwäschegesetz] sinngemäß anzuwenden.

(8) [...]

[...]

Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1.wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;

[...]

(2) Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6 000 Euro bis zu 60 000 Euro zu verhängen.“

172.2. In der Regierungsvorlage zur Einführung dieser Strafsätze in § 52 Abs. 2 GSpG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 13/2014 findet sich folgende Begründung (RV 24 BlgNR 25. GP, 22 f):

„Zur Sicherstellung einer wirksamen Vollziehung sind aus Gründen der General- und Spezialprävention empfindliche Strafen erforderlich. Diese sollen dem durch die Tat erzielbaren wirtschaftlichen Nutzen begegnen und so das illegale Angebot zunehmend unattraktiv machen und weiter zurückdrängen. Aus diesem Grund wird eine Staffelung der zu verhängenden Strafen je nach Schwere des Eingriffes (Anzahl der Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstände) bzw. Häufigkeit der Eingriffe (Wiederholungsfall) und eine Mindeststrafenregelung sowie die Erhöhung des Maximalstrafbetrages normiert. Die Strafdrohung ist nach der Schädlichkeit dadurch differenziert, dass bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen die dreifache Mindeststrafe vorgesehen ist. Dadurch wird einerseits die typischerweise damit einhergehende organisierte (und mit qualifizierter Strafhöhe im Wiederholungsfall auch wiederholte) Übertretung des Gesetzes erfasst und andererseits dem typischerweise damit einhergehenden wirtschaftlichen Nutzen aus dem strafbaren Verhalten begegnet“.

182.3. Die im Revisionsfall maßgeblichen Bestimmungen des VStG (§ 16 in der Stammfassung BGBl. Nr. 52/1991, § 19 idF BGBl. I Nr. 33/2013, § 20 in der Stammfassung BGBl. Nr. 52/1991, § 64 Abs. 1 und 2 idF BGBl. I Nr. 33/2013) lauten auszugsweise:

„Ersatzfreiheitsstrafe

§ 16. (1) Wird eine Geldstrafe verhängt, so ist zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

(2) Die Ersatzfreiheitsstrafe darf das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

[...]

Strafbemessung

§ 19. 1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

[...]

Außerordentliche Milderung der Strafe

§ 20. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

[...]

Kosten des Strafverfahrens

§ 64. (1) In jedem Straferkenntnis ist auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

(2) Dieser Beitrag ist für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.

[...]“.

19C. Die Revision ist im Ergebnis begründet.

201. Der EuGH hat aufgrund des Vorlagebeschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2020/17/0013, mit Urteil vom , MT, C-231/20, Folgendes erkannt:

„1. Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass das nationale Gericht, das mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer wegen Verstoßes gegen das Glücksspielmonopol verhängten Sanktion befasst ist, in einem Verfahren über die Verhängung von Sanktionen wegen eines solchen Verstoßes speziell prüfen muss, ob die in der anwendbaren Regelung vorgesehenen Sanktionen unter Berücksichtigung der konkreten Methoden für deren Bestimmung mit Art. 56 AEUV vereinbar sind.

2. Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die im Fall der unternehmerischen Zugänglichmachung verbotener Ausspielungen Folgendes zwingend vorsieht:

-die Festsetzung einer Mindestgeldstrafe für jeden nicht bewilligten Glücksspielautomaten ohne Höchstgrenze der Gesamtsumme der verhängten Geldstrafen, sofern der Gesamtbetrag der verhängten Geldstrafen nicht außer Verhältnis zu dem durch die geahndeten Taten erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil steht;

-die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe für jeden nicht bewilligten Glücksspielautomaten ohne Höchstgrenze der Gesamtdauer der verhängten Ersatzfreiheitsstrafen, sofern die Dauer der tatsächlich verhängten Ersatzfreiheitsstrafe im Hinblick auf die Schwere der festgestellten Taten nicht übermäßig lang ist, und

-einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen, sofern dieser Beitrag im Hinblick auf die tatsächlichen Kosten eines solchen Verfahrens weder überhöht ist noch das in Art. 47 der Charta verankerte Recht auf Zugang zu den Gerichten verletzt.“

21Im Revisionsfall ist daher das Sanktionssystem des § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG iVm. der Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 16 VStG sowie die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG im Hinblick auf Art. 56 AEUV gesondert zu prüfen (vgl. MT, Rn. 34).

22Der EuGH hat zur Durchführung dieser Prüfung im letztgenannten Urteil weiters Folgendes ausgeführt:

„37 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Festlegung von Sanktionen im Bereich der Glücksspiele zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, dass aber das Unionsrecht dieser Zuständigkeit nach ständiger Rechtsprechung Schranken setzt, da solche Regelungen die durch das Unionsrecht garantierten Grundfreiheiten nicht beschränken dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Sjöberg und Gerdin, C-447/08 und C-448/08, EU:C:2010:415, Rn. 49, sowie vom , ZW, C-454/19, EU:C:2020:947, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind alle Maßnahmen, die die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs untersagen, behindern oder weniger attraktiv machen, als Beschränkungen dieser Freiheit zu verstehen (Urteil vom , Maksimovic u. a., C-64/18, C-140/18, C-146/18 und C-148/18, EU:C:2019:723, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39 Insoweit ist eine nationale Regelung wie die des Ausgangsverfahrens, die vorsieht, dass im Fall der Nichteinhaltung von Verpflichtungen, die für sich genommen den freien Dienstleistungsverkehr beschränken, gegen den Erbringer von Dienstleistungen Sanktionen verhängt werden, geeignet, die Ausübung dieser Freiheit weniger attraktiv zu machen, und stellt somit eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Maksimovic u. a., C-64/18, C-140/18, C-146/18 und C-148/18, EU:C:2019:723, Rn. 33 und 34).

40 Gleichwohl können nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs nationale Maßnahmen, die geeignet sind, die Ausübung der durch den AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, zulässig sein, wenn sie zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und wenn sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteil vom , Maksimovic u. a., C-64/18, C-140/18, C-146/18 und C-148/18, EU:C:2019:723, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41 Der Gerichtshof hat im Übrigen klargestellt, dass es den Mitgliedstaaten freisteht, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen. Jedoch müssen die von ihnen vorgeschriebenen Beschränkungen den sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Sjöberg und Gerdin, C-447/08 und C-448/08, EU:C:2010:415, Rn. 39).

42 Zudem ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wenn sich ein Mitgliedstaat auf zwingende Gründe des Allgemeininteresses beruft, um eine Regelung zu rechtfertigen, die geeignet ist, die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit zu behindern, diese im Unionsrecht vorgesehene Rechtfertigung im Licht der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts und insbesondere der nunmehr durch die Charta garantierten Grundrechte auszulegen. Die vorgesehenen Ausnahmen können daher für die betreffende nationale Regelung nur dann gelten, wenn sie im Einklang mit den Grundrechten steht, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat (Urteil vom , Pfleger u. a., C-390/12, EU:C:2014:281, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43 Hierzu ist erstens festzustellen, dass - soweit das Unionsrecht die Mitgliedstaaten ermächtigt, von Art. 56 AEUV abzuweichen und Beschränkungen für die Erbringung von Glücksspieldienstleistungen aufzuerlegen, und sofern diese Beschränkungen zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen, sie geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, - davon auszugehen ist, dass die Verhängung von verwaltungsrechtlichen oder strafrechtlichen Sanktionen zur Durchsetzung dieser Beschränkungen denselben zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entspricht wie die genannten Beschränkungen.

44 Zweitens ist festzustellen, dass die Verhängung von verwaltungsrechtlichen oder strafrechtlichen Sanktionen wegen Verstoßes gegen eine die Erbringung von Glücksspieldienstleistungen beschränkende Regelung grundsätzlich die Einhaltung dieser Regelung zu gewährleisten vermag und daher geeignet ist, die Erreichung des hiermit verfolgten Ziels zu gewährleisten.

45 Außerdem muss drittens die Härte der verhängten Sanktionen der Schwere der mit ihnen geahndeten Taten entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gewährleistet, zugleich aber nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , OPR-Finance, C-679/18, EU:C:2020:167, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung), wobei sich eine solche Anforderung insbesondere aus dem in Art. 49 Abs. 3 der Charta verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Strafen ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Menci, C-524/15, EU:C:2018:197, Rn. 55).

46 Was als Erstes die Verhängung einer Mindestgeldstrafe für jeden nicht bewilligten Glücksspielautomaten betrifft, ist nicht ersichtlich, dass eine solche Sanktion für sich genommen im Hinblick auf die Schwere der fraglichen Taten unverhältnismäßig wäre, da, wie die österreichische Regierung ausführt, von illegalem Automatenglücksspiel, das sich behördlichen Kontrollen naturgemäß entzieht und in welchem Bereich die zum Spielerschutz getroffenen gesetzlichen Vorkehrungen nicht überprüft werden können, eine besonders hohe Sozialschädlichkeit ausgehen kann, wobei der Gerichtshof bereits darauf hingewiesen hat, dass die Ausspielungen zu Ausgaben verleiten, die schädliche persönliche und soziale Folgen haben können (Urteil vom , Schindler, C-275/92, EU:C:1994:119, Rn. 60, vgl. ebenfalls in diesem Sinne Urteile vom , Placanica u. a., C-338/04, C-359/04 und C-360/04, EU:C:2007:133, Rn. 47, vom , Sporting Exchange, C-203/08, EU:C:2010:307, Rn. 27, sowie vom , Dickinger und Ömer, C-347/09, EU:C:2011:582, Rn. 45).

47 Was die Höhe dieser Mindestgeldstrafe angeht, ist es Sache des nationalen Gerichts, bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Sanktion das Verhältnis zwischen der Höhe der möglichen Geldstrafe und dem wirtschaftlichen Gewinn aus der begangenen Tat zu berücksichtigen, um die Verantwortlichen von der Begehung einer solchen Tat abzuschrecken (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , K. M. [Gegen den Kapitän eines Schiffs verhängte Sanktionen], C-77/20, EU:C:2021:112, Rn. 49). Es muss sich jedoch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vergewissern, dass der auf diese Weise festgesetzte Mindestbetrag nicht außer Verhältnis zu diesem Vorteil steht.

48 Zu dem Umstand, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung keine Höchstgrenze der Gesamtsumme der verhängten Geldstrafen vorsieht, ist festzustellen, dass zwar die Festsetzung einer Mindestgeldstrafe in Verbindung mit der Kumulation von Geldstrafen ohne Höchstgrenze, wenn die Tat mehrere nicht bewilligte Glücksspielautomaten betrifft, zur Verhängung finanzieller Sanktionen in erheblicher Höhe führen kann.

49 Wie jedoch sowohl das vorlegende Gericht, das sich auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage stützt, mit der die in § 52 Abs. 2 GSpG genannten Strafhöhen eingeführt wurden, als auch die österreichische und die belgische Regierung sowie die Kommission ausgeführt haben, ermöglicht es eine solche Maßnahme u. a., dem durch die geahndeten Taten erzielbaren wirtschaftlichen Nutzen zu begegnen und so das illegale Angebot zunehmend unattraktiv zu machen, so dass sie als solche nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Es ist jedoch auch Sache des nationalen Gerichts, sich zu vergewissern, dass die Gesamtsumme der verhängten Geldstrafen nicht außer Verhältnis zu diesem Vorteil steht.

50 Was als Zweites die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe betrifft, ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass die Verhängung einer solchen Sanktion an sich im Hinblick auf Art und Schwere der in Rede stehenden Taten unverhältnismäßig wäre, da sie, wie die österreichische Regierung ausführt, gewährleisten soll, dass diese Taten im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wirksam geahndet werden können.

51 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Verhängung einer solchen Sanktion in jedem Einzelfall durch stichhaltige Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein muss (vgl. in diesem Sinne EGMR, , Lacatus/Schweiz, CE:ECHR:2021:0119JUD001406515, § 110), da diese angesichts der daraus resultierenden Folgen für die betroffene Person besonders schwerwiegend ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Maksimovic u. a., C-64/18, C-140/18, C-146/18 und C 148/18, EU:C:2019:723, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52 Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass die Ersatzfreiheitsstrafe bei Verwaltungsübertretungen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden pro Übertretung höchstens zwei Wochen betragen darf.

53 Insoweit ist festzustellen, dass - wenn jeder Glücksspielautomat oder Eingriffsgegenstand die Verhängung einer solchen Ersatzfreiheitsstrafe nach sich ziehen kann und die anwendbare Regelung keine Höchstgrenze der Gesamtdauer der zulässigen Ersatzfreiheitsstrafen vorsieht - die Kumulation solcher Sanktionen zur Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von erheblicher Dauer führen kann, die möglicherweise nicht der Schwere der festgestellten Übertretungen entspricht, für die die geltende Regelung nur Geldstrafen vorsieht. Es obliegt dem vorlegenden Gericht, zu prüfen, ob dies im Hinblick auf die Dauer der tatsächlich verhängten Ersatzfreiheitsstrafe der Fall ist.

54 In diesem Zusammenhang hat die österreichische Regierung ausgeführt, dass eine allgemeine Untergrenze für Ersatzfreiheitsstrafen nicht bestehe, da eine solche Strafe der verhängten Geldstrafe entsprechen müsse.

55 Ein solcher Umstand kann jedoch nicht ausschlaggebend sein, da eine Ersatzfreiheitsstrafe nicht allein dadurch im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stehen kann, dass mitgliedstaatliche Behörden sie nach freiem Ermessen herabsetzen können (vgl. entsprechend Urteil vom , Google Ireland, C-482/18, EU:C:2020:141, Rn. 53).

56 Was als Drittes die Vorschreibung eines Beitrags zu den Kosten des Verfahrens in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Gerichtsgebühren grundsätzlich zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Gerichtssystems beitragen, da sie eine Finanzierungsquelle für die gerichtliche Tätigkeit der Mitgliedstaaten darstellen (Urteil vom , Toma und Biroul Executorului Judecătoresc Horațiu-Vasile Cruduleci, C-206/15, EU:C:2016:499, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Vorschreibung eines solchen Beitrags an sich gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt.

57 Es ist indes Sache des vorlegenden Gerichts, sich zu vergewissern, dass ein solcher Beitrag zu den Kosten, da er auf der Grundlage eines Prozentsatzes der Höhe der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben wird, bei der konkreten Festsetzung seiner Höhe und angesichts der fehlenden Höchstgrenze dieser Geldstrafe im Hinblick auf die tatsächlichen Kosten eines solchen Verfahrens weder überhöht ist noch das in Art. 47 der Charta verankerte Recht auf Zugang zu den Gerichten verletzt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Otis u. a., C-199/11, EU:C:2012:684, Rn. 48).“

232. Die Einrichtung staatlicher Monopole ist eine Maßnahme, die den in Art. 56 AEUV verbürgten freien Dienstleistungsverkehr und die in Art. 49 AEUV verbürgte Niederlassungsfreiheit beschränkt. Eine solche Monopolregelung, die insbesondere den Vorteil bietet, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, kann jedoch zur Verwirklichung von im Allgemeininteresse liegenden Zielen dienen (vgl. z.B.  Markus Stoß ua, C-316/07, Rn. 79).

24Solche „zwingenden Gründe des Allgemeininteresses“ sind Verbraucherschutz, Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen (vgl.  Pfleger, C-390/12, Rn. 41, mwN), wobei Art. 56 AEUV einer Regelung entgegensteht, die nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen (vgl. Pfleger, Rn. 56).

25Nach der Rechtsprechung des EuGH stellen die Verhinderung und die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung legitime Ziele dar, zu deren Erreichung sich die Mitgliedstaaten sowohl auf internationaler als auch auf Unionsebene verpflichtet haben (vgl.  Jyske Bank Gibraltar Ltd., C-212/11, Rn. 62). Dabei ist die Bekämpfung der Geldwäsche, die Teil des Ziels des Schutzes der öffentlichen Ordnung ist, ein legitimes Ziel, das eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen kann (vgl. Jyske Bank Gibraltar Ltd., Rn. 64, mwN).

26Die Mitgliedstaaten verfügen nach dieser Judikatur „im Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben. Soweit die von der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Voraussetzungen im Übrigen beachtet werden, ist es Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten in Bezug auf Spiele und Wetten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen“ (vgl. in diesem Sinne Pfleger, Rn. 45, mwN).

27Sofern die Beschränkungen für Glücksspieldienstleistungen den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen, ist davon auszugehen, dass auch die Verhängung von Sanktionen zur Durchsetzung dieser Beschränkungen denselben zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entspricht (vgl. MT, Rn. 43).

283. Zur Verhängung von Geldstrafen gemäß § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG in Verbindung mit dem VStG:

293.1. Jede der in § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG inkriminierten Handlungen bildet in Ansehung jedes einzelnen Glücksspielautomaten (oder anderen Eingriffsgegenstandes) eine eigene Verwaltungsübertretung, für die im Sinne des § 22 VStG nebeneinander Strafen zu verhängen sind (vgl. z.B. , mwN).

303.2. Im Revisionsfall hat das Verwaltungsgericht im Rahmen der Bemessung der Geldstrafen den Strafrahmen des § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG angewendet, der im Falle des unternehmerisch Zugänglichmachens verbotener Ausspielungen für jede Übertretung eine Mindeststrafe von € 3.000,-- und eine Höchststrafe von € 30.000,-- vorsieht.

31Wenn es § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verbietet, Glücksspiele ohne Konzession und damit auch ohne Aufsicht hinsichtlich des Spielerschutzes zu veranstalten, zu organisieren, unternehmerisch zugänglich zu machen oder sich an ihnen als Unternehmer zu beteiligen, so tragen, wie der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH zur Prüfung der Zulässigkeit der Einrichtung eines Glücksspielmonopols mehrfach ausgesprochen hat, u.a. die Festlegung des normativen Rahmens für die behördliche Aufsicht in § 50 GSpG und die damit einhergehende strikte behördliche Kontrolle ausreichend Sorge dafür, dass die Ziele des Gesetzgebers (v.a. Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung) tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden (vgl. , 0049, mwN): Übertretungen des GSpG müssen wirkungsvoll geahndet werden, um dem mit einem Konzessionssystem kombinierten Monopolsystem zum Durchbruch zu verhelfen, weil es andernfalls wirkungslos wäre. Die Beachtung des Monopols (seiner Effizienz) ist vielmehr nach der Rechtsprechung des EuGH sicherzustellen (vgl. Stoß ua, Rn. 84ff).

32Die Verhängung von Sanktionen wegen des Verstoßes gegen eine die Erbringung von Glücksspieldienstleistungen beschränkende Regelung vermag nämlich grundsätzlich die Einhaltung dieser Regelungen zu gewährleisten und ist daher geeignet, die Erreichung der verfolgten Ziele (v.a. Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung) zu gewährleisten (vgl. MT, Rn. 44).

333.3. Bei den in § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG umschriebenen Übertretungen handelt es sich daher nicht etwa um die Übertretungen bloßer Ordnungsvorschriften, die administrativen Zwecken dienen. Vielmehr soll das Monopol gegen Personen gesichert werden, die keine Regelungen hinsichtlich des Spielerschutzes einzuhalten haben und sich keiner Aufsicht (etwa im Hinblick auf die Unterbindung von Geldwäsche, vgl. § 19 Abs. 7 GSpG) zu unterwerfen haben. Sanktioniert wird beispielsweise das Veranstalten verbotener Ausspielungen mit Glücksspielapparaten, die notorisch ein besonders hohes Suchtpotential und daher eine besonders hohe Gefährlichkeit mit sich bringen (vgl. auch hiezu , 0049, Rn. 79). § 52 Abs. 2 GSpG stellt dabei auf die Anzahl der Eingriffsgegenstände (insbes. auf die Anzahl der Glücksspielautomaten) ab.

34§ 52 Abs. 2 GSpG ist geeignet, die mit dem GSpG verfolgten Ziele der Verhinderung verbotener Glücksspiele zu erreichen und eine tatsächliche Befolgung der Vorschriften des GSpG sicherzustellen, weil die Bestimmung so ausgestaltet ist, dass sie abschreckend wirkt (vgl. zur Eignung erneut MT, Rn. 44).

35Die Höhe der Summe der Strafen ergibt sich nach den bisherigen Ausführungen aus der Anzahl der verwendeten Glücksspielautomaten (oder Eingriffsgegenstände).

363.4. Wie der EuGH weiters ausgeführt hat, ist die Verhängung einer Mindestgeldstrafe für jeden nicht bewilligten Glücksspielautomaten aufgrund der Schwere der Übertretungen nicht unverhältnismäßig: Von illegalem Automatenglücksspiel, das sich der behördlichen Kontrolle naturgemäß entzieht und in dem die zum Spielerschutz getroffenen gesetzlichen Vorkehrungen nicht überprüft werden können, geht eine besondere Sozialschädlichkeit aus (vgl. MT, Rn. 46).

373.5.1. Die gesetzlichen Mindestgeldstrafen in § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG sind daher selbst in jenen Fällen, in denen - mangels Höchstgrenze im Fall der Kumulation - vor den Übertretungen zunächst nicht gesagt werden kann, wie hoch die Summe der Geldstrafen insgesamt ausfallen wird, vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Gewinns aus den begangenen Taten, der umso höher ausfällt, je mehr Geräte aufgestellt werden, sowie der gebotenen Abschreckung grundsätzlich nicht unverhältnismäßig.

383.5.2. Nach der Judikatur des EuGH ist jedoch bei der Anwendung im Einzelfall sicherzustellen, dass bei jeder Bemessung der festzusetzenden Geldstrafen vor dem Hintergrund der jeweiligen Strafzumessungsgründe nach den Vorgaben des VStG die Geldstrafen nicht außer Verhältnis zu dem durch die geahndeten Taten erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil stehen.

394. Zur Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 16 VStG bei Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG:

404.1. Gemäß § 16 Abs. 1 VStG ist für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe zwingend eine Ersatzfreiheitsstrafe nach den Regelungen der Strafbemessung festzusetzen. Gemäß § 16 Abs. 2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG (Bemessung der Freiheitsstrafe) nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

41Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind nur bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (§ 19 Abs. 2 letzter Satz VStG).

424.2. § 52 Abs. 2 GSpG sieht weder eine Freiheitsstrafe vor, noch ist für die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von § 16 Abs. 2 VStG Abweichendes vorgesehen (vgl. ). Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt daher maximal zwei Wochen pro Übertretung.

434.3. Der Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe setzt gemäß § 54b VStG voraus, dass die Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist (). Uneinbringlichkeit liegt dann vor, wenn der Bestrafte wirtschaftlich außerstande ist, die Geldstrafe zu bezahlen (vgl. VfSlg. 12.255/1990).

44Von einer Uneinbringlichkeit wird üblicherweise nicht auszugehen sein, wenn eine andere Person für die verhängte(n) Geldstrafe(n) haftet, was etwa beim Ausspruch der Haftung einer juristischen Person gemäß § 9 Abs. 7 VStG der Fall ist. Erst wenn sich die Erfolglosigkeit der Vollstreckung auch gegen die haftende Person herausstellt, ist der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe zulässig (vgl. Walter/Thienel (2000), Verwaltungsverfahrensgesetze II 1122 f).

454.3. Die gesetzliche Normierung von Ersatzfreiheitsstrafen ist angesichts der Art und Schwere der Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG nicht von Vorneherein unverhältnismäßig, weil diese Sanktion gewährleisten soll, dass diese Taten auch im Fall der - wegen der infolge der üblicherweise ausgesprochenen Haftung zwar unwahrscheinlichen - Uneinbringlichkeit der Geldstrafen wirksam geahndet werden können (vgl. MT, Rn. 50). Nach der Rechtsprechung des EuGH könnte jedoch die Kumulation solcher Sanktionen zu einer Summe von Ersatzfreiheitsstrafen von erheblicher Dauer führen, die möglicherweise nicht der Schwere der festgestellten Übertretungen entspricht, für die die geltende Regelung nur Geldstrafen vorsieht (vgl. MT, Rn. 53). Es ist daher im Einzelfall in Anwendung des § 16 VStG sicherzustellen, dass dies nicht der Fall ist.

465. Zur Vorschreibung eines Verfahrenskostenbeitrages gemäß § 64 Abs. 2 VStG:

47Hinsichtlich der Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens hat der EuGH ausgesprochen, dass solche Gebühren zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Gerichtssystems beitragen, weil sie eine Finanzierungsquelle für die gerichtliche Tätigkeit der Mitgliedstaaten darstellen. Die nationalen Gerichte hätten jedoch im Einzelfall zu beachten, dass die konkrete Festsetzung im Hinblick auf die tatsächlichen Kosten weder überhöht ist noch den Zugang zu den Gerichten verletzt (vgl. MT, Rn. 56 f). Dass der nach einem fixen, verhältnismäßig geringen Prozentsatz der wegen des unternehmerischen Zugänglichmachens verbotener Ausspielungen nach dem GSpG verhängten Geldstrafe für jeden Glückspielautomaten (oder Eingriffsgegenstand) - und damit für jede Übertretung - gemäß § 64 Abs. 2 VStG zu bemessende Verfahrenskostenbeitrag - was seine Gesamtsumme anlangt - im Ergebnis überhöht wäre, ist wegen des bei einer größeren Anzahl solcher Geräte im Regelfall höheren Verfahrensaufwands nicht zu erkennen. Das Unionsrecht steht daher der Vorschreibung eines Verfahrenskostenbeitrags nach den Vorgaben des § 64 VStG grundsätzlich nicht entgegen.

486.1. Zusammengefasst sind daher die in BGBl. I Nr. 55/2020 kundgemachten Rechtsfragen wie folgt zu beantworten:

49Die Rechtsgrundlagen

i) für die Verhängung von Geldstrafen gemäß § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG,

ii) für die Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 16 VStG im Zusammenhang mit der Verhängung von Geldstrafen gemäß § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG und

iii) für die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 Abs. 2 VStG

sind grundsätzlich mit dem Unionsrecht (insbesondere Art. 56 AEUV und Art. 49 Abs. 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) vereinbar.

506.2. Sofern im Einzelfall außerordentliche Umstände vorliegen, die vom Gesetzgeber bei der Erstellung des gesetzlichen Strafrahmens bzw. der Normierung des Verfahrenskostenbeitrages nicht hinreichend berücksichtigt worden sind und bei denen auch mit der Anwendung des § 20 VStG nicht das Auslangen gefunden werden kann, ist bei der Anwendung dieser Rechtsgrundlagen sicherzustellen, dass die jeweils bemessene Geldstrafe und die Gesamtsumme der verhängten Geldstrafen nicht außer Verhältnis zum durch die geahndeten Taten erzielbaren wirtschaftlichen Nutzen stehen, sowie, dass die Dauer der tatsächlich verhängten Ersatzfreiheitsstrafen der Schwere der Übertretungen entspricht und dass der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens nicht überhöht ist.

517. Für den Revisionsfall folgt daraus:

527.1. Die Notwendigkeit der Verhängung einer Mindeststrafe in Höhe von € 3.000,-- für jede erfolgte Übertretung mit einem Glücksspielgerät (oder Eingriffsgegenstand) ist im vorliegenden Fall bei insgesamt zehn Übertretungen als verhältnismäßig anzusehen, weil die Aufstellung so vieler Glücksspielgeräte (oder Eingriffsgegenstände) notorisch zu einer besonders ergiebigen Einnahmequelle aus illegalem Glücksspiel führt, die effektiv verhindert werden muss. Im Revisionsfall wurden keine Ersatzfreiheitsstrafen von erheblicher Gesamtdauer festgesetzt, sodass schon aus diesem Grund keine Unverhältnismäßigkeit zu erkennen ist.

53Dennoch erweist sich das angefochtene Erkenntnis im Ergebnis als rechtswidrig.

547.2. Die Strafbemessung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist: Die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht hat dabei zunächst die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat zu bewerten. In der Folge sind bei der Strafbemessung die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

557.3. Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht für die zehn Übertretungen zehn Geldstrafen zu jeweils € 4.000,-- sowie zehn Ersatzfreiheitsstrafen zu je einem Tag festgesetzt. Es ist demnach bei der Bemessung der jeweiligen Geldstrafe über den Mindestbetrag von € 3.000,-- pro Gerät hinausgegangen. Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, der Revisionswerber habe erstmals eine Übertretung gemäß § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG begangen. Da keine einschlägigen Vorstrafen zum dritten Strafsatz vorlägen, habe dies von der belangten Behörde nicht als erschwerend gewertet werden dürfen, und es sei der dritte Strafsatz heranzuziehen. Aufgrund der Tatsache, dass der Revisionswerber zum Kontrollzeitpunkt zehn illegale Glücksspielgeräte aufgestellt gehabt habe, habe jedoch mit der Verhängung der Mindeststrafe von € 3.000,-- pro Gerät nicht das Auslagen gefunden werden können und eine Strafe von € 4.000,-- pro Gerät verhängt werden müssen. Diese sei im untersten Bereich des Strafrahmens gelegen und als tat- und schuldangemessen anzusehen.

56Diese Begründung zeigt, dass das Verwaltungsgericht die Rechtslage verkannt hat.

57Mit seiner Strafbemessung setzt sich das Verwaltungsgericht nämlich über das sich aus § 19 Abs. 2 erster Satz VStG ergebende Doppelverwertungsverbot hinweg, wonach die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe nur so weit bei der Bemessung der Strafe zu berücksichtigen sind, als sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen (vgl. ). Die für den Tatbestand oder den Strafsatz relevanten Umstände dürfen also nicht noch zusätzlich als Strafzumessungsgründe berücksichtigt werden (z.B. , mwN).

58Da im Revisionsfall die Anzahl der Glücksspielautomaten bereits für den anzuwendenden Strafsatz relevant ist, hätte das Verwaltungsgericht die konkrete Anzahl nicht auch noch bei der Strafbemessung berücksichtigen dürfen. Der Gesetzgeber hat diese Umstände bereits durch die Gliederung der Strafsätze mit ihren unterschiedlichen Strafrahmen entsprechend gewichtet (vgl. hiezu hinsichtlich Übertretungen der StVO 1960: ; hinsichtlich Übertretungen des AuslBG: ).

59Indem das Verwaltungsgericht die Strafbemessung nicht im Sinne des Gesetzes vornahm, belastete es sein Erkenntnis, das nur die Straffrage und die damit untrennbar verbundenen Aussprüche über Verfahrenskostenbeiträge umfasst, mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

607.4. Für das fortzusetzende Verfahren ist das Verwaltungsgericht darauf hinzuweisen, dass es bei der Bemessung der Strafen (auch) den Milderungsgrund der langen Verfahrensdauer einzubeziehen haben wird (vgl. z.B. ).

618.1. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

628.2. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020170013.L00

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