VwGH vom 26.03.2015, 2013/17/0876
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Holeschofsky, Senatspräsident Dr Köhler und Hofrätin Maga Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Maga Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der D M in Wien, vertreten durch Dr Maria Brandstetter, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Stephansplatz 4/VIII, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , UVS- 07/F/61/15082/2012, betreffend Übertretung des Wiener Vergnügungssteuergesetzes 2005, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit erstinstanzlichem Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der P GmbH (als Eigentümerin, Aufstellerin und Lokalinhaberin) mit Sitz an einer näher angegebenen Adresse in Wien unterlassen, den in einem näher genannten Betrieb in Wien gehaltenen Apparat der Type "virtuelle Hunderennen" für die Monate November 2010 bis März 2011 mit dem Betrag von monatlich je EUR 1.400,-- zur Vergnügungssteuer anzumelden und diese zu entrichten. Sie habe dadurch die Vergnügungssteuer für diese Zeit mit dem Betrag von monatlich je EUR 1.400,--, somit insgesamt um EUR 7.000,-- verkürzt und dadurch eine Verwaltungsübertretung begangen. Wegen Übertretung des § 14 Abs 2 und § 17 Abs 3 in Verbindung mit § 19 Abs 1 des Vergnügungssteuergesetzes 2005 (VGSG) im Zusammenhalt mit § 9 Abs 1 VStG wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 3.500,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Tagen und zwölf Stunden, verhängt.
Auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit welchem die belangte Behörde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung die Berufung als unbegründet abwies.
Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Inhalts der Berufung der Beschwerdeführerin und Wiedergabe der wesentlichen Bestimmungen des Wiener Vergnügungssteuergesetzes 2005 - VGSG aus, es stehe fest, dass die P GmbH für die im Betrieb in 1100 Wien, L-Platz, durchgeführten "virtuellen Hunderennen" für die Monate November 2010 bis März 2011 jedenfalls bis zum keine Vergnügungssteuer abgeführt habe. Weiters stehe fest, dass mit Berufungsbescheid der Abgabenberufungskommission vom , Zl ABK-156/2012, die Abgabepflicht festgestellt und für das Halten einer Anlage zur Durchführung von Ausspielungen auf aufgezeichnete Hunderennen im Betrieb L-Platz der P GmbH eine Vergnügungssteuer im Betrage von EUR 7.000,-- vorgeschrieben worden sei und ausgesprochen worden sei, dass die Abgabe bereits fällig gewesen sei.
Seitens des Magistrats der Stadt Wien, MA 6, sei am Tatort eine Revision durchgeführt und in einem darüber angefertigten Protokoll festgehalten worden, dass es sich bei der im Wettlokal vorgefundenen technischen Einrichtung um einen Spielapparat der Type "M-computeranimiert" im Sinn des Vergnügungssteuergesetzes 2005 gehandelt habe.
In der Folge gab die belangte Behörde eingehend die gegenständliche technische Einrichtung und die damit für die Kunden auf einem Flachbildschirm verfolgbar gemachten Hunderennen und die dabei dem Kunden gegebenen Informationen wieder. Auf dem Bildschirm seien die angebotene Quote für jeden Teilnehmer an dem virtuellen Hunderennen und eine vierstellige Zahl, welche die Ergebnisse der letzten vier Rennen angegeben habe, ersichtlich gemacht worden. Bei den virtuellen Rennen habe es sich um von der Firma S hergestellte (programmierte) - also keine tatsächlich stattfindenden - Rennen gehandelt und auch die zusätzlichen Informationen wie Name, Form und Trainer des Hundes seien von der Firma S bereitgestellt worden. Der Start der Rennen sei automatisch erfolgt und weder die Kunden, noch der Vermittler oder das Unternehmen, das die auf dem Bildschirm angezeigte Quote festgelegt habe, hätten Einfluss auf den Ausgang des Rennens gehabt. Nach Rennende habe der Angestellte im Wettbüro den Barcode am Wettschein einlesen und feststellen können, ob ein Gewinn vorgelegen sei oder nicht. Die Beschwerdeführerin habe die Vergnügungssteuerpflicht im Wesentlichen mit der Behauptung bestritten, es handle sich bei der technischen Einrichtung nicht um einen Spielapparat im Sinne des § 6 Abs 1 VGSG. Es liege ihrer Auffassung nach eine sonstige Wette im Sinne des § 1270 ABGB vor.
In der rechtlichen Beurteilung setzte sich die belangte Behörde mit dem Begriff des Spielapparats im Sinne des § 6 Abs 1 VGSG auseinander und stellte einschlägige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zur Besteuerung von Spielapparaten, insbesondere nach dem VGSG, dar. Mit näherer Begründung kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass es sich bei der gegenständlichen Anlage um einen Spielapparat im Sinne des § 1 Abs 1 Z 3 bzw § 6 VGSG in der Fassung LGBl für Wien Nr 58/2009 handle.
Nach Ausführungen zur Strafbemessung resümierte die belangte Behörde, dass somit unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungsgründe spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Das gemäß Art 151 Abs 51 Z 9 B-VG zuständig gewordene Verwaltungsgericht Wien hat die Verwaltungsakten vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung BGBl I Nr 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Bestrafung wegen Übertretung des § 14 Abs 2 und § 17 Abs 3 in Verbindung mit § 19 Abs 1 Wiener Vergnügungssteuergesetz 2004 (VGSG) mit dem Argument, die Anlage, die von der Abgabenbehörde als Spielapparat im Sinne des § 1 in Verbindung mit § 6 VGSG qualifiziert worden sei, sei kein derartiger Spielapparat.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Zunächst ist festzustellen, dass der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid genannte Bescheid der Abgabenberufungskommission vom , Zl ABK-156/2012, mit dem die Abgabe für den hier gegenständlichen Zeitraum festgesetzt wurde, mit Erkenntnis vom , 2013/17/0473, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde.
Zur Wirkung dieser Aufhebung für das vorliegende Verfahren ist Folgendes auszuführen:
Die Vergnügungssteuer ist gemäß § 17 Abs 1 VGSG vom Unternehmer dem Magistrat längstens bis zum 15. des Folgemonats für den unmittelbar vorausgehenden Monat zu erklären und zu entrichten. Sie ist daher eine Selbstbemessungsabgabe. Die Bestrafung wegen Verletzung der Verpflichtung nach § 17 VGSG gemäß § 19 Abs 1 VGSG setzt daher nicht voraus, dass die Abgabe bereits (rechtskräftig) vorgeschrieben worden wäre. Bei dieser Rechtslage führt die Aufhebung des (wegen der nicht rechtzeitig erfolgten Erklärung und Entrichtung ergangenen) Abgabenbescheides nicht zwingend auch zum Wegfall der Rechtsgrundlage eines Strafbescheids gemäß § 19 Abs 1 VGSG. Die Abgabenvorschreibung stellt keinen Grundlagenbescheid dar, auf dessen Bestand die gegenständliche Bestrafung notwendigerweise aufbauen musste.
Unabdingbare Voraussetzung der Strafbarkeit nach § 19 Abs 1 in Verbindung mit § 14 Abs 2 und § 17 Abs 3 VGSG ist jedoch das Halten eines abgabepflichtigen Spielapparats. Dies ist als Vorfrage im Strafverfahren zu beurteilen. Die belangte Behörde hat sich in diesem Sinne im vorliegenden Strafverfahren auch nicht allein auf den (im Zeitpunkt ihrer Entscheidung) rechtskräftigen Bescheid der Abgabenberufungskommission vom gestützt, sondern die Verletzung der sich aus § 14 Abs 2 und § 17 Abs 3 VGSG ergebenden Verpflichtungen (insbesondere im Hinblick auf den Einwand, es liege kein Spielapparat vor) ausführlich selbst geprüft und eine solche bejaht.
Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch in seinem Erkenntnis vom , 2013/17/0593, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird, dargelegt hat, sind durch die in § 1 Abs 1 Z 3 in Verbindung mit § 6 VGSG normierte Steuerpflicht für die "veranstaltete Vergnügung" des Haltens von Spielapparaten nur Spielapparate umfasst, denen nach ihrer Funktion ein ausreichender Unterhaltungswert (eine Vergnügungskomponente) im Sinne des in diesem Erkenntnis dargestellten finanzausgleichsrechtlichen Begriffsverständnisses innewohnt.
Die belangte Behörde hat auch im vorliegenden Verfahren keine Feststellungen getroffen, die eine Aussage darüber, ob die Anlage eine über eine dezentrale Wettannahme hinausgehende Funktion erfüllt, erlauben würden.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.
Wien, am