VwGH vom 28.06.2016, 2013/17/0875

VwGH vom 28.06.2016, 2013/17/0875

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag.a Nussbaumer-Hinterauer als Richterinnen beziehungsweise Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Beschwerde des R P in H bei B, vertreten durch Dr. Rudolf Riegler, Rechtsanwalt in 2460 Bruck/Leitha, Hauptplatz 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , GZ BMLFUW-LE./0327- III/8/2013, betreffend "Investitionen gemäß Weinmarktordnung", zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (AMA) vom wurde dem Beschwerdeführer die Investitionsbeihilfe in Höhe von EUR 16.320,30 gewährt.

Hinsichtlich der Technologien zur Rotweinverarbeitung wurde begründend ausgeführt, der Auszahlungsbetrag errechne sich aus den vorgelegten Rechnungsbelegen. Es seien EUR 7.000,-- an anrechenbaren Kosten anerkannt worden. Die Beihilfenhöhe betrage 40 % der förderbaren Investitionssumme. Die maximal förderbare Investitionssumme betrage EUR 150.000,--.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin führte er aus, am sei von ihm ein Antrag auf Investitionsförderung gemäß der Weinmarktordnung gestellt worden. Zwei Tage später am sei die Auftragserteilung und Anzahlung an die Firma G erfolgt. Irrtümlich sei die "Anzahlung" aber mit dem Datum anstatt von der Firma G ausgestellt worden. Es handle sich somit um eine Verwechslung des Monats und daher um einen Fehler der Firma G. Dieser sei weder vom Beschwerdeführer noch vom zuständigen Kontrollorgan (DI G) bemerkt worden. Der Berufung sei die korrekte Anzahlungsrechnung mit dem richtigen Rechnungsdatum, ausgestellt von der Firma G, beigelegt. Er beantrage, den bekämpften Bescheid dahin abzuändern, dass die Anzahlungsrechnung Nr 01/P (EUR 17.500,- - netto) und die Rechnung Nr 2010/100 (EUR 1.500,-- netto) in die Förderabrechnung einfließen und die Beträge in die Fördersumme eingerechnet werden. Beigelegt war die angeführte Anzahlungsrechnung, die vom datierte und in der der Erhalt des Betrages von EUR 21.000,-- in bar bestätigt wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom wurde die Berufung gemäß § 66 Abs 4 AVG abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, gegen den Auszahlungsbescheid der AMA betreffend Investitionen gemäß Weinmarktordnung - Maßnahme Technologien zur Rotweinverarbeitung - sei vom Beschwerdeführer Berufung eingebracht worden, weil die Rechnungen Nr 01/P und Nr 2010/100 der Firma G nicht für eine Beihilfe berücksichtigt worden seien.

Am habe der Beschwerdeführer die Genehmigung seines ersten Antrages auf Gewährung einer Investitionsbeihilfe erhalten. Gemäß § 25 der Verordnung zur Durchführung von gemeinschaftlichen Marktordnungsmaßnahmen im Weinbereich, BGBl II Nr 112/2010, dürfe mit der Investition erst nach deren bescheidmäßiger Genehmigung gemäß § 23 Abs 8 leg cit begonnen werden. Bei Anträgen, welche im Weinwirtschaftsjahr 2008/2009 eingebracht würden, könne jedoch bereits nach der Bewertung der Nachvollziehbarkeit der Angaben durch die Bezirksstelle der Landwirtschaftskammer beziehungswiese in Oberösterreich und Kärnten durch das Amt der Landesregierung gemäß § 23 Abs 5 leg cit mit der Investition begonnen werden.

Diese Bewertung sei beim Antrag des Beschwerdeführers am erfolgt. Vor diesem Datum habe nicht mit der Investition begonnen werden dürfen. Für die Beurteilung des Zeitpunktes des Beginns der Investition seien insbesondere das Datum Bezug habender Rechnungsbelege, Lieferscheine oä maßgeblich.

Nach dem Abschluss der Arbeiten an der Investitionsmaßnahme sei von der Bezirksbauernkammer (BBK ) die Fertigstellung der Investitionen vor Ort geprüft und dieser Prüfbericht samt dazugehörigen Rechnungen an die belangte Behörde übermittelt worden.

Die Rechnung Nr 2010/100 der Firma G weise für drei Gärtanks einen Nettobetrag von EUR 19.000,-- aus.

Mit Rechnung Nr 01/P der Firma G sei eine Akontozahlung für diese Edelstahltanks von brutto EUR 21.000,-- (netto EUR 17.500,--) geleistet worden. Diese Rechnung sei mit datiert und mit dem Vermerk "Zahlung: Betrag EUR 21.000,-- in bar, am dankend erhalten" sowie einem Stempel der Firma G samt Unterschrift versehen gewesen.

Mit dem Vorliegen des Rechnungsdatums und dem Datum des Zahlungseinganges werde dokumentiert, dass mit der Investition vor der Bewertung der Nachvollziehbarkeit der Angaben durch die Bezirksstelle der Landwirtschaftskammer begonnen worden sei. Aus diesem Grund seien die Rechnungen der Firma G über drei Gärtanks mit Nettokosten von EUR 19.000,-- nicht für die Gewährung einer Beihilfe berücksichtigt worden.

In der Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, es handle sich bei dem Rechnungsdatum und der Bestätigung über die Zahlung jeweils um einen Irrtum. Es sei der Monat verwechselt worden. Weiters sei dieser Fehler auch vom Kontrollorgan der BBK nicht bemerkt worden. Die Firma G stelle nunmehr eine Anzahlungsrechnung mit dem "richtigen" Rechnungsdatum aus.

Für die belangte Behörde sei nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die Korrektur des Rechnungs- und Zahlungsdatums erfolgt sei.

Außerdem sei nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage der Prüfer der BBK ein etwaiges "falsches" Rechnungs- und Zahlungsdatum hätte bemerken sollen.

Seitens der belangten Behörde sei auszuführen, dass die Unterschrift rechtswirksam gewesen und ein nicht weiter als durch einen Irrtum begründetes Abgehen vom Inhalt nicht nachvollziehbar sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Das gemäß Art 151 Abs 51 Z 9 B-VG eingetretene Bundesverwaltungsgericht legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF BGBl I Nr 122/2013 sind im Beschwerdefall die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Die Beschwerde bringt vor, bei richtiger Anwendung der Bestimmungen des AVG und Durchführung eines ordnungsgemäßen Beweisverfahrens hätte sich die belangte Behörde eingehend und von Amts wegen mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie es zur unrichtigen Datierung der Anzahlungsrechnung Nr 01/P durch die Firma G gekommen sei. Der Beschwerdeführer habe dazu vorgebracht, dass das richtige Rechnungsdatum laute. Die belangte Behörde hätte den Beschwerdeführer als rechtsunkundige und rechtsfreundlich nicht vertretene Person im Rahmen der bestehenden Anleitungspflicht daher auch anleiten müssen, eventuell weitere Beweisanträge zur Ermittlung der materiellen Wahrheit zu stellen, etwa die Ladung und Einvernahme der Zeugen G und DI G, Vorlage des Zahlungsbelegs und dergleichen. Dies gelte nach herrschender Auffassung auch dort, wo die Nachweispflicht einer Partei situiert (gemeint wohl: statuiert) sei. Das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers habe sich auf eine Sachverhaltsfrage bezogen, für die Ermittlung des Sachverhalts gelte die Offizialmaxime zur Erforschung der materiellen Wahrheit. Diesen Verpflichtungen sei die belangte Behörde nicht nachgekommen. Der Beschwerdeführer habe durch die Vorlage der berichtigten Rechnung die Anspruchsgrundlage ausreichend belegt. Die belangte Behörde hätte den Beschwerdeführer zur Wahrung seines rechtlichen Gehörs vor Erlassung des Berufungsbescheides zumindest über die Wertung seines Berufungsvorbringens und die beabsichtigte Erledigung in Kenntnis setzen und ihm eine angemessene Frist zur Erbringung einer Stellungnahme beziehungsweise einer Verbesserung seines Berufungsvorbringens einräumen müssen. In einer folgenden Stellungnahme hätte er auch noch zusätzliche Beweisanträge zur Aufklärung des Sachverhaltes stellen können, was jedenfalls zu einem anderen Verfahrensergebnis hätte führen können. Bei Einbringung eines Förderantrages nehme die zuständige Bezirksbauernkammer eine Beratung und Überprüfung des Antrages vor. Diese Beratung und Überprüfung habe tatsächlich stattgefunden, wobei üblicherweise der zulässige Beginn der Investitionen erörtert werde. Fallweise träten Irrtümer oder Fehler bei der Abfassung eines Schriftstückes auf, die den Betroffenen - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - nicht sofort auffallen müssten. Die belangte Behörde habe den Beweiswert der korrigierten Rechnung rein abstrakt bewertet, wodurch - wenn überhaupt - lediglich eine vorgreifende Beweiswürdigung vorgenommen worden sei. Die Unterlassung eines Beweisverfahrens in einer entscheidungswesentlichen Frage stelle ein Indiz für eine gleichheitswidrige und willkürliche Vollziehung dar. Die belangte Behörde habe § 25 der Verordnung zur Durchführung von gemeinschaftlichen Marktordnungsmaßnahmen im Weinbereich (BGBl II Nr 112/2010) nicht gesetzmäßig angewendet. Ohne Ermittlungsverfahren sei es ebenso möglich, die korrigierte Rechnung zugrunde zu legen und die beantragte Förderung zuzuerkennen.

Nach der hg Rechtsprechung hat die Behörde die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhalts von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl etwa ). Hat die Partei nicht nur ganz allgemeine, sondern konkrete, sachbezogene Behauptungen aufgestellt, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich oder unschlüssig sind, so hat sie die Behörde vorerst zu einer solchen Präzisierung und Konkretisierung ihres Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die es ihr - nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens - ermöglichen, zu beurteilen, ob die von der Partei aufgestellten Behauptungen zutreffen oder nicht (vgl , mwN). Liegen einander widersprechende Beweisergebnisse vor, muss die Behörde in der Begründung des Bescheids, soll diese dem Gesetz entsprechen, im Einzelnen Stellung nehmen und schlüssig darlegen, was sie dazu veranlasst hat, dem einen mehr Vertrauen entgegenzubringen als dem anderen (vgl , mwN).

Der belangten Behörde ist betreffend den Zeitpunkt des Beginns der der Investition zu Grund liegenden Arbeiten zunächst jene Rechnung vorgelegen, die mit datiert war. Der Beschwerdeführer brachte in der Berufung allerdings vor, der Antrag auf Investitionsförderung sei von ihm am gestellt worden. Zwei Tage später am sei die Auftragserteilung und Anzahlung an die Firma G erfolgt. Bei Rechnungslegung habe die Firma G den Monat verwechselt und irrtümlich "Februar" statt "März" angeführt. Der Beschwerdeführer legte die von der Firma G korrigierte Rechnung mit dem Rechnungsdatum vor. Er beantragte auch diese Rechnung in die Fördersumme einzubeziehen.

Der belangten Behörde lagen somit im Zeitpunkt ihrer Entscheidung die zunächst mit ausgestellte und die mit der Berufung vorgelegte, korrigierte Rechnung der Firma G mit dem Datum vor. Sie durfte daher ohne konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der korrigierten Rechnung, ohne jegliches Beweisverfahren zum Berufungsvorbringen betreffend die irrtümliche Anführung des Monats Februar statt März durchzuführen (zB durch Einvernahme des Beschwerdeführers oder von Mitarbeitern der Firma G) und ohne eine schlüssige und nachvollziehbare Begründung nicht von der Unrichtigkeit der korrigierten Rechnung ausgehen. Die belangte Behörde hätte im Sinne der zuvor angeführten hg Rechtsprechung nach Durchführung der notwendigen Ermittlungen - allenfalls unter Aufforderung des Beschwerdeführers zur Erstattung weiterer Beweisanbote - schlüssig begründet darlegen müssen, weshalb sie von der Richtigkeit der einen oder der anderen Rechnung ausging. Die Ausführungen der belangten Behörde in diesem Zusammenhang erfüllen diese Anforderungen nicht.

Bereits aufgrund dieser Erwägungen belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dieser war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 idF BGBl II Nr 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil mit dem Pauschbetrag für den Schriftsatzaufwand auch die Umsatzsteuer abgegolten wird (vgl zB ).

Wien, am