VwGH vom 31.08.2016, 2013/17/0861

VwGH vom 31.08.2016, 2013/17/0861

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Senatspräsident Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Bamminger, über die Beschwerde des H K in R, vertreten durch Mag. Johannes Polt, Rechtsanwalt in 3580 Horn, Prager Straße 5/I/11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-LE.4.3.2/0042-I/2/2013, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit i.A. Agrarmarketingbeiträge, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Bescheid vom eines Organs der Agrarmarkt Austria (in der Folge: AMA) wurden dem Beschwerdeführer Agrarmarketingbeiträge in der Höhe von EUR 7.058,17 vorgeschrieben.

Der Bescheid wurde mittels Rückscheinbriefes (RSb) zugestellt und von einem Organ der Österreichischen Post AG am an der Abgabestelle an einen Mitbewohner übergeben.

Mit Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer

1. einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen

Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen

den Bescheid vom ,

2. einen Antrag auf Aufhebung der Rechtskraft und der

Vollstreckbarkeit des Bescheides vom und erhob

3. Berufung gegen den Bescheid vom .

Begründend verwies er insbesondere darauf, dass der Bescheid vom erst am seinem ausgewiesenen Vertreter zugestellt worden sei und davor keine gesetzmäßige Zustellung erfolgt sei.

Mit Bescheid eines Organs der AMA vom wurde

1. der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen

Stand als unbegründet abgewiesen,

2. der Antrag auf Aufhebung der Rechtskraft und der

Vollstreckbarkeit (als unberechtigt) zurückgewiesen sowie

3. die Berufung gegen die Beitragsvorschreibung mit

Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde aufgrund der mit dem Vorlageantrag vom vorgenommenen Bekämpfung dieses Bescheids vom

1. unter Spruchpunkt I. die Berufung hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO als unbegründet abgewiesen,

2. unter Spruchpunkt II. der Antrag auf Aufhebung der Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit des Bescheides vom gemäß § 226 Abs 1 BAO "als unberechtigt" zurückgewiesen und

3. unter Spruchpunkt III. die Berufung gegen den Abgabenbescheid vom "als unbegründet abgewiesen".

Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt II. aus, dass aufgrund der Zustellung des Bescheides vom am die Vollstreckbarkeit mit ex lege eingetreten sei. Die Vollstreckbarkeit hemmende Ansuchen, wie ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO, seien nicht gestellt worden. Daher sei der Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Das gemäß Art 151 Abs 51 Z 9 B-VG ins Verfahren eingetretene Bundesverwaltungsgericht hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung BGBl I Nr 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall, in dem der angefochtene Bescheid am zugestellt wurde, zu (§ 4 Abs 1 VwGbk-ÜG greift im vorliegenden Fall nicht ein).

Der Beschwerdeführer erachtet sich ausdrücklich (nur) in dem Recht auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit des Bescheides vom verletzt.

Die mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides erfolgte Erledigung betreffend die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Abgabenfestsetzungsverfahren und die mit Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides erfolgte inhaltliche Erledigung der Berufung gegen die Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen sind somit nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens.

Eine Verletzung in vom ausdrücklich erklärten Beschwerdepunkt umfassten Recht auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit könnte lediglich durch Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides betreffend die Zurückweisung des Antrages auf Aufhebung der Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit des Bescheides vom gemäß § 226 BAO bewirkt werden.

Hiezu ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 21i Abs 1 des Bundesgesetzes über die Errichtung der Marktordnungsstelle "Agrarmarkt Austria" (AMA-Gesetz 1992), BGBl Nr 376/1992, im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zuletzt geändert durch BGBl I Nr 108/2001, oblag die Erhebung des in den §§ 21a ff AMA-Gesetz 1992 geregelten Beitrags der AMA. Gemäß § 21i Abs 2 AMA-Gesetz 1992 in der genannten Fassung war gegen Bescheide der AMA auf Grund des Abschnitts über den Agrarmarketingbeitrag eine Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zulässig.

Gemäß § 21i Abs 3 AMA-Gesetz 1992 waren die AMA und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft bei der Vollziehung dieses Abschnitts Abgabenbehörden im Sinne des § 49 Abs 1 BAO in der jeweils geltenden Fassung. Daraus ergab sich auch die Anwendbarkeit der BAO im Verfahren betreffend die Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen (§ 1 Abs 2 BAO).

Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides bestätigte die belangte Behörde die Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit durch die Behörde erster Instanz.

§ 226 BAO lautet:

"Vollstreckbarkeit

Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, sind in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete und der Abgabenbehörde bekanntgegebene Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt."

Durch die mit der Bestätigung der erstinstanzlichen Zurückweisung erfolgte Entscheidung in der Sache wurde der Beschwerdeführer dann nicht in dem allein geltend gemachten Recht auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit verletzt, wenn sich die Zurückweisung als zutreffend erweist.

Die Vollstreckbarkeit von Abgaben setzt - mit Ausnahme von Selbstbemessungsabgaben - deren bescheidmäßige Festsetzung voraus ( Ritz, BAO-Kommentar5, § 226 Tz 1). Die Rechtskraft der Abgabenvorschreibung ist hingegen keine Voraussetzung für die Vollstreckbarkeit.

Einbringungsmaßnahmen bezüglich vollstreckbarer Abgaben dürfen nicht gesetzt werden, soweit die Einbringung gehemmt ist (vgl § 230 BAO sowie Ritz , aaO, § 226 Tz 2).

Einwendungen betreffend die Vollstreckbarkeit einer Abgabe können im Vollstreckungsverfahren gemäß § 13 Abs 1 AbgEO erhoben werden (vgl , vom , 2000/15/0147, und vom , 2001/17/0078, sowie Ritz , aaO, § 226 Tz 3, mit Hinweis auf Reeger/Stoll , AbgEO, 48 ff).

Einen außerhalb eines Abgabenvollstreckungsverfahrens gesondert zu erledigenden Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit, wie er hier gestellt wurde, kennt die BAO nicht.

Der Antrag auf "Aufhebung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit" wurde daher von der erstinstanzlichen Behörde zu Recht zurückgewiesen. Daher wurde der Beschwerdeführer auch durch die Bestätigung dieser Zurückweisung nicht in seinen Rechten verletzt.

Soweit der Beschwerdeführer meint, es wäre eine Umdeutung seines Antrags vom (in Richtung eines Antrags auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO vorzunehmen gewesen) oder ein Verbesserungsauftrag zu erteilen gewesen, ist er darauf zu verweisen, dass die Umdeutung klar formulierter Anträge (auch) im Bereich des Verfahrens nach der BAO nicht in Betracht kommt. Bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten ist es unzulässig, entgegen dem erklärten Willen der Partei ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar erschlossen werden kann (vgl ). Die Manuduktionspflicht der Abgabenbehörden erfordert ebenfalls nicht, die - noch dazu wie im Beschwerdefall anwaltlich vertretenen - Abgabepflichtigen auf für ihre Interessen allenfalls günstigere Anträge hinzuweisen (vgl zB auch , zu einem Antrag eines Gesamtschuldners auf Nachsicht im Verhältnis zu einem Antrag auf Entlassung aus der Gesamtschuld, oder vom , 2008/13/0039, betreffend einen Fristverlängerungsantrag, der zweckmäßigerweise nicht in dem konkreten Verfahren, sondern in einem anderen Verfahren zu stellen gewesen wäre).

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

3. Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit der nach § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014, noch anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl I 2008/455.

Wien, am