VwGH vom 29.07.2015, 2013/17/0853

VwGH vom 29.07.2015, 2013/17/0853

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde des H K in F, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , IIIa-241.163, betreffend Festsetzung einer Kriegsopferabgabe für den Zeitraum März bis August 2011, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Der Bürgermeister der Marktgemeinde F als Abgabenbehörde erster Instanz setzte mit Bescheiden vom 23.

und auf Grundlage der §§ 2 Abs 4, 3 Abs 4, 6 Abs 6 Vorarlberger Kriegsopferabgabegesetz (im Folgenden: KriegsopferabgabeG) die vom Beschwerdeführer zu entrichtende Kriegsopferabgabe für das Aufstellen oder den Betrieb von je einem Wettterminal an den Standorten S 22 und F 18 im Zeitraum März bis August 2011 mit EUR 700,-- pro Terminal und Monat, in Summe daher mit EUR 4.200,-- je Standort, zuzüglich 2 % Säumniszuschlag, fest.

2.1. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen des Beschwerdeführers keine Folge.

2.2. Sie ging dabei von nachstehenden wesentlichen Feststellungen aus:

Mit Bescheid vom erteilte die Vorarlberger Landesregierung dem Beschwerdeführer eine Bewilligung nach den §§ 2 Abs 1 und Abs 2 lit b, 3 Abs 1 und Abs 5 Vorarlberger Wettengesetz (im Folgenden: WettenG) zur Ausübung der Tätigkeit als Buchmacher oder Totalisateur unter anderem an den Standorten F 18 und S 22, befristet bis . Der Beschwerdeführer legte dabei gemäß § 6 WettenG eine auf ihn lautende Bankgarantie über EUR 125.000,-- vor.

Der Beschwerdeführer schien im relevanten Zeitraum als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der K GmbH (im Folgenden nur: GmbH) im Firmenbuch auf, als deren Geschäftszweig der Spielautomatenbetrieb angegeben ist. Laut dem Zentralen Gewerberegister hat die GmbH seit 1994 eine Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe "Automatenverleih"; seit verfügte sie über eine - mit wieder beendete - Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Wettannahme" an einem Standort in L. Weiters hat sie seit eine Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" an einem Standort in M sowie seit eine ebensolche Berechtigung an einem Standort in S.

Die bescheidmäßige Festsetzung der Kriegsopferabgabe erfolgte gegenüber dem Beschwerdeführer, weil dieser über die Buchmacherbewilligung für die Standorte F 18 und S 22 verfügte.

Der Beschwerdeführer brachte in den Berufungen nicht vor, dass er nicht der Abgabepflichtige sei; selbst auf Anfrage der belangten Behörde zur Klärung der Betreiberkonstellation erhob er keine diesbezüglichen Einwände. Erst nachdem in anderen Verfahren die Berufungsbehörde im Frühjahr 2012 auf Grund der Gewerbeberechtigung der GmbH und der nicht ausreichend geklärten Betreiberkonstellation Rechtsmitteln Folge gegeben hatte, erhob er am (erstmals) derartige Einwände.

2.3. In der - mit weiteren Feststellungen und mit der Beweiswürdigung verbundenen - rechtlichen Würdigung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:

2.3.1. Der Einwand der fehlenden Abgabenschuldnereigenschaft wegen mangelnder Klärung der Betreiberkonstellation und ausschließlicher Vermittlung der Wettkunden durch die GmbH sei nicht begründet:

Nach § 2 Abs 4 KriegsopferabgabeG sei für das Aufstellen oder den Betrieb von Wettterminals jene Person abgabepflichtig, die hierfür eine Bewilligung nach dem WettenG habe oder haben müsste.

Vorliegend habe der Beschwerdeführer, der alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH (gewesen) sei, über eine entsprechende Buchmacherbewilligung für die beiden Standorte verfügt; die dafür notwendige Bankgarantie habe auf ihn gelautet. Er habe auch die fehlende Abgabepflicht im Berufungsverfahren zunächst nicht behauptet; erst im August 2012 habe er die fehlende Klärung der Betreiberkonstellation eingewendet. Dies sei nur deshalb geschehen, weil die Behörde zuvor in anderen Verfahren den Rechtsmitteln im Hinblick auf die Gewerbeberechtigung der GmbH und die ungeklärte Betreiberkonstellation Folge gegeben habe.

Was die Abgabepflicht für die Monate März und April 2011 betreffe, so habe die GmbH bis über keine einschlägige Gewerbeberechtigung verfügt. Die Abgabepflicht für diese beiden Monate - wobei bereits der zeitweise Betrieb für die Einbeziehung eines ganzen Monats ausreiche - treffe daher jedenfalls den Beschwerdeführer. Ab Mai 2011 habe die GmbH zwar über eine Gewerbeberechtigung verfügt, dem Beschwerdeführer sei es aber nicht gelungen, sein Vorbringen zur angeblich fehlenden Betreibereigenschaft nachzuweisen, habe er doch trotz Aufforderung keine entsprechenden Informationen und Unterlagen beigebracht. Die belangte Behörde sei daher zum Ergebnis gelangt, dass nicht die GmbH als Wettvermittlerin aufgetreten sei, sondern der Beschwerdeführer als Buchmacher im Rahmen seiner Bewilligung die Wettabschlüsse allein (ohne Dazwischentreten einer anderen Person als Vermittler) mit den Wettkunden getätigt und auf diese Weise die Wettterminals betrieben habe.

2.3.2. Der Einwand der fehlenden Qualifikation der technischen Einrichtungen als Wettterminals nach dem WettenG sei ebenso nicht berechtigt:

Gemäß § 1 Abs 5 WettenG sei ein Wettterminal eine technische Einrichtung, die geeignet sei, einer Person unmittelbar die Teilnahme an einer Wette zu ermöglichen. Maßgebliches Kriterium sei, dass der Kunde den Wettgegenstand und den Wetteinsatz am Gerät selbst bestimmen könne. Auf die - davon losgelöste, allenfalls auch nachträgliche - Entrichtung des Wetteinsatzes komme es nicht an. Kein Wettterminal liege indessen vor, wenn die Einrichtung ausschließlich vom Personal des Wettunternehmers bedient werde und in einem für den Kunden nicht bestimmten oder nicht zugänglichen Bereich aufgestellt sei. Das Abstellen auf die abstrakte Eignung zur unmittelbaren Wettteilnahme sei geboten, um eine Umgehung durch ein technisch nicht erforderliches Dazwischentreten einer anderen Person zu vermeiden.

Soweit der Beschwerdeführer die Möglichkeit zur unmittelbaren Wettteilnahme bestreite, weil das Hinzutreten einer dritten Person notwendig sei (auf den Geräten erscheine der Hinweis, dass die Aufsicht zu rufen sei, wenn eine Wette abgeschlossen werden solle), handle es sich dabei um ein technisch nicht erforderliches Dazwischentreten einer anderen Person. Im Ergebnis werde über diese Zwischenschaltung des Lokalbetreibers bloß der Wetteinsatz im Vorhinein bezahlt, die Festlegung der Wette und die Auswahl des Wetteinsatzes erfolge bereits davor. Demnach sei eine unmittelbare Wettteilnahme gewährleistet.

Im Übrigen seien allfällige verbleibende Zweifel an der Qualifikation der Wettterminals dem Beschwerdeführer anzulasten, habe dieser doch die eingeforderte Bedienungsanleitung nicht vorgelegt.

2.3.3. Dem Einwand der verfassungswidrigen Besteuerung der Wettterminals auf Grund von Verstößen gegen das Finanz-Verfassungsgesetz und den Gleichheitsgrundsatz komme ebenso keine Berechtigung zu:

Der Verfassungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom , G 6/12, ausgesprochen, dass die §§ 2 Abs 4, 3 Abs 4, 5 Abs 1 Satz 2 und 6 Abs 6 KriegsopferabgabeG, in der Fassung LGBl Nr 9/2011, nicht als verfassungswidrig aufgehoben würden, eine gleichheitswidrige Besteuerung nicht vorliege und der Betrag von EUR 700,-- monatlich unbedenklich sei (so auch das Erkenntnis des ). Weiters sei klargestellt worden, dass die Länder bzw Gemeinden Abgaben im Zusammenhang mit Wetten erheben dürften, wenn die übrigen finanzverfassungs- bzw finanzausgleichsrechtlichen Bedingungen erfüllt seien. Steuergegenstand sei dabei das aufgestellte bzw betriebene Wettterminal, also die technische Einrichtung, die den Wettabschluss in einer bestimmten Form ermögliche.

2.4. Insgesamt sei daher der Beschwerdeführer als Abgabepflichtiger zu erachten. Die Behörde habe ihm zu Recht für die an den beiden Standorten unstrittig aufgestellten Wettterminals eine Kriegsopferabgabe von EUR 700,-- monatlich vorgeschrieben.

3.1. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde gemäß Art 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof.

3.2. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom , B 1085/2013, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Soweit der Beschwerdeführer eine Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen des KriegsopferabgabeG und des WettenG behaupte, lasse das Vorbringen im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (vgl VfSlg 19.638/2012 (= G 6/12); B 1316/2012 vom ) eine Rechtsverletzung als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

3.3. In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofs ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheids.

3.4. Das in das Verfahren eingetretene Landesverwaltungsgericht Vorarlberg legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde sowie Zuerkennung von Schriftsatz- und Vorlageaufwand.

Der Beschwerdeführer erstattete eine Replik.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die vorliegende Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof noch vor dem dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten, sodass gemäß § 8 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des B-VG und des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung weiter anzuwenden sind.

5.1. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, bei den gegenständlichen Wettgeräten habe es sich um keine Wettterminals gehandelt, weil sie nicht geeignet gewesen seien, unmittelbar die Teilnahme an einer Wette zu ermöglichen. Die Wette habe nicht ohne Dazwischentreten eines Dritten platziert werden können, sei doch am Bildschirm angezeigt worden: "Bitte Aufsicht rufen, um die Wette abzuschließen".

5.2. Der Beschwerdefall gleicht hinsichtlich des Sachverhalts als auch hinsichtlich der anzuwendenden Rechtslage jenem Beschwerdefall, der mit dem hg Erkenntnis vom , 2013/17/0847, entschieden wurde, sodass gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf die Gründe dieses Erkenntnisses verwiesen werden kann.

Auch im vorliegenden Beschwerdefall konnten nach den Feststellungen der belangten Behörde die Kunden sowohl den Wettgegenstand als auch den Wetteinsatz selbständig wählen. Soweit auf dem Bildschirm der Hinweis erschien, dass die Aufsicht zu rufen sei, wenn eine Wette abgeschlossen werden solle, handelte es sich um eine technisch nicht erforderliche Zwischenschaltung des Lokalbetreibers zur Bezahlung des Wetteinsatzes im Vorhinein, die dem Zahlungsvorgang vorangehende Festlegung des Wettgegenstands und die Auswahl des Wetteinsatzes waren davon nicht betroffen.

Demnach war aber die Wettteilnahme ohne Dazwischentreten einer anderen Person (vor allem fand keine ausschließliche Bedienung durch das Personal und keine Beschränkung des Zutritts statt) durch selbständige Bestimmung des Wettgegenstands und des Wetteinsatzes durch den Kunden möglich. Das zwischenzeitige Einschalten des Betreibers diente bloß der Entrichtung des Entgelts und war dem Vorliegen eines Wettterminals nicht abträglich, blieb doch die Eingabe der eine Wettteilnahme bestimmenden Elemente unmittelbar dem Kunden vorbehalten.

6.1. Der Beschwerdeführer releviert, nicht er, sondern die GmbH sei Veranstalter gewesen, die Abgabe sei daher gegenüber der falschen Person vorgeschrieben worden. Wie aus seinen Stellungnahmen und den vorgelegten Urkunden zweifelsfrei hervorgehe, sei die GmbH Betreiber der Wettterminals gewesen.

6.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat im bereits angeführten Erkenntnis vom dargelegt, dass es bei der Bestimmung des Steuerpflichtigen nicht darauf ankommt, ob dieser der Betreiber der Geräte ist. § 2 Abs 4 KriegsopferabgabeG stellt nämlich ausschließlich auf das Vorliegen einer Bewilligung nach dem WettenG oder auf die Erforderlichkeit einer solchen ab. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, im Abgabenzeitraum für die in Rede stehenden Standorte eine Bewilligung nach dem WettenG gehabt zu haben, sodass er im Ergebnis zu Recht als Abgabepflichtiger in Anspruch genommen wurde.

7.1. Der Beschwerdeführer rügt - wie in seiner Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof - unter dem Gesichtspunkt einer Verfassungswidrigkeit infolge Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, dass zwar der Aufsteller oder Betreiber eines Wettterminals auf Grundlage einer Bewilligung nach dem WettenG abgabepflichtig sei, ein Aufsteller oder Betreiber auf Grundlage einer Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Ausschluss der Tippannahme" jedoch von der Abgabepflicht befreit sei.

7.2. In Ansehung dieses Vorbringens kann auf die - eine Behandlung der Beschwerde ablehnende - Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom , B 1085/2013, verwiesen werden (vgl bereits Punkt 3.2.).

8. Die Beschwerde war daher insgesamt als unbegründet abzuweisen (§ 42 Abs 1 VwGG).

8.1. Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte nach § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. In der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl ).

8.2. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455, die gemäß § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, idF BGBl II Nr 8/2014, weiter anzuwenden ist.

Wien, am