VwGH vom 27.01.2010, 2009/04/0305
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des H in I, vertreten durch Dr. Nikolaus Mair, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 43, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom , Zl. 91.508/045755-I/3/09, betreffend Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0130, verwiesen. Demnach hat die belangte Behörde im ersten Rechtsgang den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" gemäß § 2 Z. 4 des Ingenieurgesetzes 2006 (IngG 2006) abgewiesen, weil dieser im Hinblick auf seine Ausbildung (Reifeprüfung an der Handelsakademie zuzüglich der Meisterprüfung für das Handwerk Kraftfahrzeugtechnik) nicht nachgewiesen habe, dass er im Sinne der zitierten Bestimmung über gleichwertige fachliche Kenntnisse, wie sie (u.a.) an den höheren technischen Lehranstalten bis zur Reifeprüfung vermittelt würden, verfüge. Mit dem zitierten Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den diesbezüglichen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf, weil es die belangte Behörde (ausgehend von der unzutreffenden Rechtsansicht, die Frage der Gleichwertigkeit der Ausbildung sei schon wegen des "systematischen Aufbaus der Berufsausbildung" zu verneinen) unterlassen habe, die Vergleichbarkeit der Ausbildung anhand der Lehrpläne zu beurteilen. Weiters wies der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis darauf hin, dass die erst in der Gegenschrift nachgetragene Begründung, der Beschwerdeführer habe zum Nachweis der Gleichwertigkeit seiner Ausbildung keine Prüfungszeugnisse öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter inländischer Schulen vorgelegt, den angefochtenen Bescheid nicht tragen könne, dies auch deshalb, weil konkrete Feststellungen über die Schulen, in denen der Beschwerdeführer seine fachliche Ausbildung erlangt habe, fehlten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" (neuerlich) ab. In der Begründung führt sie nun das (im ersten Rechtsgang lediglich in der Gegenschrift vorgebrachte) Fehlen entsprechender Prüfungszeugnisse öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter inländischer Schulen, aus denen eine Gleichwertigkeit der Kenntnisse abgeleitet werden könne, ins Treffen. Dazu stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer habe als Nachweise seiner fachlichen Kenntnisse einerseits das Prüfungszeugnis der Wirtschaftskammer Tirol/Lehrlingsstelle über die Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Kraftfahrzeugmechaniker vom und andererseits das Meisterprüfungszeugnis der Meisterprüfungsstelle der Wirtschaftskammer Tirol über die Meisterprüfung für das Handwerk Kraftfahrzeugtechniker vom vorgelegt. Bei beiden Zeugnissen handle es sich nicht um Prüfungszeugnisse öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter inländischer Schulen (Hinweis auf § 8 Schulorganisationsgesetz bzw. § 14 Privatschulgesetz). Da aber gemäß § 4 Abs. 2 Z. 4 IngG 2006 die Gleichwertigkeit fachlicher und allgemeiner Kenntnisse nur durch Prüfungszeugnisse öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter inländischer Schulen nachgewiesen werden könne, habe der Beschwerdeführer schon das "Formalerfordernis" der letztgenannten Bestimmung nicht erfüllt, sodass sich weitere (inhaltliche) Ermittlungen erübrigten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die bereits im Vorerkenntnis, Zl. 2009/04/0130, wiedergegebenen Rechtsvorschriften sind für den nunmehr zu überprüfenden Ersatzbescheid weiterhin maßgebend. Fallbezogen ist daher die Verleihung der vom Beschwerdeführer beantragten Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" davon abhängig, ob er im Sinne des § 2 Z. 4 IngG 2006 gleichwertige fachliche und allgemeine Kenntnisse nachgewiesen hat, wie sie an den höheren technischen und gewerblichen oder höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten bis zur Reife- und Diplomprüfung vermittelt werden (lit. a).
Diese Kenntnisse sind nachzuweisen, indem dem Antrag Prüfungszeugnisse öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter inländischer Schulen anzuschließen sind (§ 4 Abs. 2 Z. 4 IngG 2006).
Der Beschwerdeführer macht mit seiner Beschwerde im Wesentlichen geltend, die belangte Behörde habe es trotz der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im zitierten Vorerkenntnis, Zl. 2009/04/0130, unterlassen, eine Beurteilung der Gleichwertigkeit seiner Kenntnisse anhand der entsprechenden Lehrpläne vorzunehmen. Vielmehr erschöpfe sich die Begründung des angefochtenen Bescheides in einer "Formalbegründung", ohne dass der Sachverhalt näher geprüft worden sei. Schon aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden ergebe sich, dass er als Kfz-Techniker-Meister schon an sich über ausreichende fachliche und allgemeine Kenntnisse verfüge. So sei er auf Grund der GewO 1994 zur Konstruktion und Entwicklung von Fahrzeugen und Komponenten bis hin zu Leichtflugzeugen berechtigt.
Vor diesem Hintergrund ist zunächst zu prüfen, ob die belangte Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Ersatzbescheides die im Vorerkenntnis, Zl. 2009/04/0130, dargelegte Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes beachtet hat, an die sie gemäß § 63 VwGG gebunden war. Die Bindung der Behörde erstreckt sich dabei nur auf jene Fragen, zu denen sich der Verwaltungsgerichtshof geäußert hat, sowie auf die Frage ihrer Zuständigkeit als notwendige Voraussetzung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes; auch der Verwaltungsgerichtshof selbst hat in einem weiteren, den selben Fall betreffenden Beschwerdeverfahren diese Bindung zu beachten (vgl das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/03/0096 mwN).
Wie erwähnt hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Vorerkenntnis unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass die (inhaltliche) Beurteilung der Frage, ob die Kenntnisse des Beschwerdeführers gleichwertig im Sinne des § 2 Z. 4 lit. a IngG 2006 sind, eine Auseinandersetzung mit den Lehrplänen erfordert. Was hingegen die Nichterfüllung der Voraussetzung des § 4 Abs. 2 Z. 4 IngG 2006 betrifft, so hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis ausgeführt, dass deren Fehlen schon im Bescheid und nicht erst in der Gegenschrift sowie anhand von Feststellungen zu begründen ist.
Dieser Rechtsansicht hat die belangte Behörde entsprochen: Im angefochtenen Ersatzbescheid hat sie von der inhaltlichen Beurteilung der Gleichwertigkeit der fachlichen Kenntnisse des Beschwerdeführers, die ein Eingehen auf die Lehrpläne erfordert hätte, deshalb Abstand genommen, weil schon die Voraussetzung dafür, nämlich die Vorlage von Prüfungszeugnissen öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter inländischer Schulen betreffend die fachlichen Kenntnisse des Beschwerdeführers, unterblieben sei. Der Beschwerdeführer habe, so die belangte Behörde in ihren nunmehrigen Sachverhaltsfeststellungen, die fachlichen Kenntnisse lediglich durch Zeugnisse der Wirtschaftskammer Tirol belegt, somit entgegen § 4 Abs. 2 Z. 4 IngG 2006 nicht durch Prüfungszeugnisse von Schulen der erwähnten Art. Letzterem tritt der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht entgegen.
§ 4 Abs. 2 Z. 4 IngG 2006 verlangt vom Antragsteller, die Gleichwertigkeit seiner Kenntnisse im Sinne des § 2 Z. 4 leg. cit. (hier: der fachlichen Kenntnisse) durch Prüfungszeugnisse öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter inländischer Schulen nachzuweisen (anders demgegenüber das Ingenieurgesetz 1973, BGBl. Nr. 457/1972, das in seinem § 3 Abs. 2 lit. d zum Nachweis der Kenntnisse nicht nur Prüfungszeugnisse der genannten Art, sondern alternativ eine Prüfung durch Sachverständige vorsah; vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/04/0336). Da unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer dieser Voraussetzung nicht entsprochen hat, ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass unter diesen Umständen eine inhaltliche Beurteilung der Kenntnisse des Beschwerdeführers zu unterbleiben hatte. Verfassungsrechtliche Bedenken, wie sie etwa dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 404/96 u.a., VfSlg. 14.865, zu Grunde lagen, stellen sich im gegebenen Zusammenhang nicht.
Schon auf Grund des Beschwerdevorbringens ergibt sich daher, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, sodass die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen war.
Wien, am
Fundstelle(n):
GAAAE-87241